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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Zweites Vierteljahr.

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(Österreichs Arbeit in Bosnien und der Herzegowina

haftigkeit vor den Anhäufungen des Mammons: es ist besser, daß der eigne
Staat mit fünf Fingern von ihnen nimmt, als daß der fremde sie mit vollen
Händen davon trägt. Mau weiß aus der Geschichte, wie der eindringende
Eroberer die Hilfsquellen eines Landes aufzufinden und sie nicht sprudeln,
sondern strömen zu machen versteht. Mus; daran erinnert werden, wie der große
Napoleon das arme Preußen unter die Darusche Druckpumpe genommen hat?
In Holland hatten die großen Kaufleute mit ihren Behörden um Quentchen ge¬
schachert, aber den französischen Intendanten schleppten sie es zentnerweise zu.

In frühern Zeiten war die Armut Deutschlands sprichwörtlich; jetzt be¬
ginnt mau von seinem Reichtume zu reden. Jedenfalls hat er einen Umfang
angenommen, der im Interesse des Staats noch viel größere Anbohruugen
verträgt, als worüber jetzt seine Besitzer klagen. Als Miquel vor Jahren seine
Finanzreform durchsetzte, da hieß es, daß die Brutalität eiues solchen Ver¬
fahrens die Kapitalisten zwingen werde, das Land ihrer Geburt zu verlassen
und in der Fremde Zuflucht vor den Bedrängnissen der Heimat zu suchen.
Als ob in der Fremde die Berge auf sie fallen und die Hügel über sie stürzen
würden, um sie zu schützen, und als ob nicht auch dort der Steuereiutreiber
im Schatten des Thales einherwandelte, vielleicht mit einer noch zähem
Schraube, als die das deutsche Gesetz seinen Beamten in die Hand giebt. In
den beiden ersten Dritteln des Mittelalters waren vorzugsweise die Juden die
Geldleute, aber man hat nicht davon gehört, daß sie trotz der grausamsten
Unterdrückung, die es hauptsächlich auf ihren Reichtum abgesehen hatte, dauernd
aus den Ländern weggezogen wären, wo es was zu verdienen gab.

Seit der Zeit haben sich christliche Mammonsjäger eine ebenso zähe Haut
angelebt, vielleicht eine noch zähere und weniger durchlässige. Denn die Juden
bezahlen nicht bloß ihre Staatssteuern, sondern haben auch viel für ihre all¬
gemeinen Zwecke nationaler oder religiöser Natur übrig. Außer der römischen
Kirche giebt es vielleicht keinen Verband, der über mächtigere Geldmittel ge¬
hste, als die sich um die ganze Welt spannende israelitische Allianz. An ihren
Früchten, heißt es, sollt ihr sie erkennen, und warum sollte man nicht auch ein
Beispiel an ihnen nehmen? Aber wo und wann hat man davon gehört, daß sich
das deutsche Kapital mit seinen Mitteln für eine große nationale Idee ins Zeug
geworfen Hütte? _ (Schluß folgt)




Österreichs Arbeit in Bosnien und der Herzegowina
(Schluß)

esondre Verdienste erwarb sich die österreichische Negierung um
das Land durch die Austilgung der Rinderpest, was ihr schon
in den ersten drei Jahren gelang; um das Land vor ihr zu
schützen, wird noch jetzt die Grenzsperre gegen Montenegro und
Novibazar aufrecht erhalten, während aus Serbien Vieh nur bei
Vardischte eingelassen wird. Natürlich hat die Bevölkerung diese Maßnahmen
schwer empfunden, und besonders hart war auch die Regelung der vielfach


(Österreichs Arbeit in Bosnien und der Herzegowina

haftigkeit vor den Anhäufungen des Mammons: es ist besser, daß der eigne
Staat mit fünf Fingern von ihnen nimmt, als daß der fremde sie mit vollen
Händen davon trägt. Mau weiß aus der Geschichte, wie der eindringende
Eroberer die Hilfsquellen eines Landes aufzufinden und sie nicht sprudeln,
sondern strömen zu machen versteht. Mus; daran erinnert werden, wie der große
Napoleon das arme Preußen unter die Darusche Druckpumpe genommen hat?
In Holland hatten die großen Kaufleute mit ihren Behörden um Quentchen ge¬
schachert, aber den französischen Intendanten schleppten sie es zentnerweise zu.

In frühern Zeiten war die Armut Deutschlands sprichwörtlich; jetzt be¬
ginnt mau von seinem Reichtume zu reden. Jedenfalls hat er einen Umfang
angenommen, der im Interesse des Staats noch viel größere Anbohruugen
verträgt, als worüber jetzt seine Besitzer klagen. Als Miquel vor Jahren seine
Finanzreform durchsetzte, da hieß es, daß die Brutalität eiues solchen Ver¬
fahrens die Kapitalisten zwingen werde, das Land ihrer Geburt zu verlassen
und in der Fremde Zuflucht vor den Bedrängnissen der Heimat zu suchen.
Als ob in der Fremde die Berge auf sie fallen und die Hügel über sie stürzen
würden, um sie zu schützen, und als ob nicht auch dort der Steuereiutreiber
im Schatten des Thales einherwandelte, vielleicht mit einer noch zähem
Schraube, als die das deutsche Gesetz seinen Beamten in die Hand giebt. In
den beiden ersten Dritteln des Mittelalters waren vorzugsweise die Juden die
Geldleute, aber man hat nicht davon gehört, daß sie trotz der grausamsten
Unterdrückung, die es hauptsächlich auf ihren Reichtum abgesehen hatte, dauernd
aus den Ländern weggezogen wären, wo es was zu verdienen gab.

Seit der Zeit haben sich christliche Mammonsjäger eine ebenso zähe Haut
angelebt, vielleicht eine noch zähere und weniger durchlässige. Denn die Juden
bezahlen nicht bloß ihre Staatssteuern, sondern haben auch viel für ihre all¬
gemeinen Zwecke nationaler oder religiöser Natur übrig. Außer der römischen
Kirche giebt es vielleicht keinen Verband, der über mächtigere Geldmittel ge¬
hste, als die sich um die ganze Welt spannende israelitische Allianz. An ihren
Früchten, heißt es, sollt ihr sie erkennen, und warum sollte man nicht auch ein
Beispiel an ihnen nehmen? Aber wo und wann hat man davon gehört, daß sich
das deutsche Kapital mit seinen Mitteln für eine große nationale Idee ins Zeug
geworfen Hütte? _ (Schluß folgt)




Österreichs Arbeit in Bosnien und der Herzegowina
(Schluß)

esondre Verdienste erwarb sich die österreichische Negierung um
das Land durch die Austilgung der Rinderpest, was ihr schon
in den ersten drei Jahren gelang; um das Land vor ihr zu
schützen, wird noch jetzt die Grenzsperre gegen Montenegro und
Novibazar aufrecht erhalten, während aus Serbien Vieh nur bei
Vardischte eingelassen wird. Natürlich hat die Bevölkerung diese Maßnahmen
schwer empfunden, und besonders hart war auch die Regelung der vielfach


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[0364] (Österreichs Arbeit in Bosnien und der Herzegowina haftigkeit vor den Anhäufungen des Mammons: es ist besser, daß der eigne Staat mit fünf Fingern von ihnen nimmt, als daß der fremde sie mit vollen Händen davon trägt. Mau weiß aus der Geschichte, wie der eindringende Eroberer die Hilfsquellen eines Landes aufzufinden und sie nicht sprudeln, sondern strömen zu machen versteht. Mus; daran erinnert werden, wie der große Napoleon das arme Preußen unter die Darusche Druckpumpe genommen hat? In Holland hatten die großen Kaufleute mit ihren Behörden um Quentchen ge¬ schachert, aber den französischen Intendanten schleppten sie es zentnerweise zu. In frühern Zeiten war die Armut Deutschlands sprichwörtlich; jetzt be¬ ginnt mau von seinem Reichtume zu reden. Jedenfalls hat er einen Umfang angenommen, der im Interesse des Staats noch viel größere Anbohruugen verträgt, als worüber jetzt seine Besitzer klagen. Als Miquel vor Jahren seine Finanzreform durchsetzte, da hieß es, daß die Brutalität eiues solchen Ver¬ fahrens die Kapitalisten zwingen werde, das Land ihrer Geburt zu verlassen und in der Fremde Zuflucht vor den Bedrängnissen der Heimat zu suchen. Als ob in der Fremde die Berge auf sie fallen und die Hügel über sie stürzen würden, um sie zu schützen, und als ob nicht auch dort der Steuereiutreiber im Schatten des Thales einherwandelte, vielleicht mit einer noch zähem Schraube, als die das deutsche Gesetz seinen Beamten in die Hand giebt. In den beiden ersten Dritteln des Mittelalters waren vorzugsweise die Juden die Geldleute, aber man hat nicht davon gehört, daß sie trotz der grausamsten Unterdrückung, die es hauptsächlich auf ihren Reichtum abgesehen hatte, dauernd aus den Ländern weggezogen wären, wo es was zu verdienen gab. Seit der Zeit haben sich christliche Mammonsjäger eine ebenso zähe Haut angelebt, vielleicht eine noch zähere und weniger durchlässige. Denn die Juden bezahlen nicht bloß ihre Staatssteuern, sondern haben auch viel für ihre all¬ gemeinen Zwecke nationaler oder religiöser Natur übrig. Außer der römischen Kirche giebt es vielleicht keinen Verband, der über mächtigere Geldmittel ge¬ hste, als die sich um die ganze Welt spannende israelitische Allianz. An ihren Früchten, heißt es, sollt ihr sie erkennen, und warum sollte man nicht auch ein Beispiel an ihnen nehmen? Aber wo und wann hat man davon gehört, daß sich das deutsche Kapital mit seinen Mitteln für eine große nationale Idee ins Zeug geworfen Hütte? _ (Schluß folgt) Österreichs Arbeit in Bosnien und der Herzegowina (Schluß) esondre Verdienste erwarb sich die österreichische Negierung um das Land durch die Austilgung der Rinderpest, was ihr schon in den ersten drei Jahren gelang; um das Land vor ihr zu schützen, wird noch jetzt die Grenzsperre gegen Montenegro und Novibazar aufrecht erhalten, während aus Serbien Vieh nur bei Vardischte eingelassen wird. Natürlich hat die Bevölkerung diese Maßnahmen schwer empfunden, und besonders hart war auch die Regelung der vielfach

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_237285/364>, abgerufen am 29.04.2024.