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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Viertes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

blieben sind, und daß die Kalvinisten des winzigen Hollands zu der Zeit, wo sie
der spanischen Weltmacht siegreichen Widerstand leisteten, auch noch die katholische
Mehrheit ihres kleinen Staates daniederznhalten hatten, denn -- es klingt un¬
glaublich, ist aber, wie Wenzclbnrger nachgewiesen hat, wahr -- die Reformierten
blieben bis ins siebzehnte Jahrhundert hinein in der Minderheit. Diese Thatsache
ist so merkwürdig und dabei so unbekannt, daß wir die entscheidende Stelle aus
dem zweiten Bande seiner Geschichte der Niederlande (S. 809) abschreiben müssen,
"Trotz aller Gewaltmaßregeln war es nicht gelungen, den Katholizismus so zu
vertilgen, wie dies in katholischen Ländern mit dem Protestantismus geschehn ist;
zur Zeit Oldenbarnevelts bilden die Katholiken seiner Behauptung nach noch die
Mehrheit, und zwar nicht nur in Gelderlaud, Friesland, Overyssel, Groningen und
Utrecht, sondern selbst in Holland, wo in einer Konferenz von Prädikcmten und
Deputierten im Jahre 1587 konstatiert wurde, daß nicht der zehnte Teil der
Einwohner der Provinz reformiert sei, und 1618 gab Oldenbarnevelt dem englischen
Gesandten Carletvn die Versicherung, daß die Papisten noch immer den reichsten
und migeseheusten Teil der Bevölkerung bildeten, und daß die Protestanten nicht
den dritten Teil der Bewohner ausmachten. Und dennoch hat diese Minderheit
den andern Teil zu rechtlosen Staatsbürgern herabgedrückt, die kein öffentliches
Amt bekleiden durften, aber zu den öffentlichen Lasten und den vom Kriege ge¬
forderten Opfern in derselben Weise herangezogen wurden wie die Protestanten."
Holland beweist also die Unüberwindlichkeit eines wirklich vorhandnen religiösen
Glaubens in doppelter Weise, indem weder die Spanier den Kalvinismus, noch
die Kalvinisten den Katholizismus auszurotten vermocht haben. -- Auch der letzte
Teil von Näheres Schrift enthält trotz seiner ganz unangemessenen Kürze (5 Seiten!)
meist nur statistische Angaben, die mit dem Tiroler Deutschtum wenig zu thun haben;
nur die kurzen Angaben über den Unterschied in der Lage der deutschen und der
welschen Weinbauern und über die wirtschaftlichen Ursachen der Ausbreitring der
italienischen Sprache und Nationalität gehören hierher, und diese waren zu einer
ausführlichen Darstellung zu erweitern gewesen. Möge ein wirklicher Historiker
den interessanten und wichtigen Gegenstand anpacken! Die Nabertsche Stoffsammlung
wird ihm dabei einige Dienste leisten.


Philosophische Schriften. Wilhelm Wundt

gliedert seine Einleitung
in die Philosophie (Leipzig, Wilhelm Engelmann, 1901) in drei Abschnitte.
Der erste behandelt "die Aufgabe und das System der Philosophie" und beweist,
daß sie keineswegs durch die Ausbildung der Einzelwisseuschaften ihr Dasein und
ihre Berechtigung eingebüßt hat. Sie ist "die allgemeine Wissenschaft, welche die
durch die Einzelwissenschaften vermittelten Erkenntnisse zu einem widerspruchslosen
System zu vereinigen und die vou der Wissenschaft benützten allgemeinen Methoden
und Voraussetzungen des Erkennens auf ihre Prinzipien zurückzuführen hat." Der
zweite Abschnitt giebt eine vortreffliche kurz gefaßte Geschichte der Philosophie, in
der anch die patristische und die scholastische Periode gebührend gewürdigt werden. Die
Kirchenlehre charakterisiert folgender Satz: "Gegenüber allen Tendenzen, die entweder
darauf ausgehn, den Glanbensinhalt zu rationalisieren, oder bemüht sind, ihm eine
anschauliche, der Phantasie zugängliche mystische Form zu geben, ist das Streben
der sieghaften Lehre immer dahin gerichtet, die Glaubenslehre als eine absolut
mystische festzuhalten, welche ebensowenig von dem Verstände begriffen wie von der
Phantasie anschaulich vorgestellt werden könne. Der rationalistischen und der phan¬
tastisch-mystischen setzt die orthodoxe Lehre die rein mystische Auffassung gegenüber."
Der dritte Abschnitt stellt die Hnuptrichtungen der Philosophie dar, die erkenntnis-
theoretischen (Empirismus, Nationalismus, Kritizismus), die metaphysische" (Mate¬
rialismus, Idealismus, Realismus) und die ethischen (heteronome, transcendente
und immanente Moralsysteme). Im Nationalismus werden wieder drei Richtungen
unterschieden: der Aprivrismus, der Ontvlogismus und der Panlogismus. Die
Begründer des Panlogismus sind Fichte und Hegel. Wenn den zweiten Wundt


Maßgebliches und Unmaßgebliches

blieben sind, und daß die Kalvinisten des winzigen Hollands zu der Zeit, wo sie
der spanischen Weltmacht siegreichen Widerstand leisteten, auch noch die katholische
Mehrheit ihres kleinen Staates daniederznhalten hatten, denn — es klingt un¬
glaublich, ist aber, wie Wenzclbnrger nachgewiesen hat, wahr — die Reformierten
blieben bis ins siebzehnte Jahrhundert hinein in der Minderheit. Diese Thatsache
ist so merkwürdig und dabei so unbekannt, daß wir die entscheidende Stelle aus
dem zweiten Bande seiner Geschichte der Niederlande (S. 809) abschreiben müssen,
„Trotz aller Gewaltmaßregeln war es nicht gelungen, den Katholizismus so zu
vertilgen, wie dies in katholischen Ländern mit dem Protestantismus geschehn ist;
zur Zeit Oldenbarnevelts bilden die Katholiken seiner Behauptung nach noch die
Mehrheit, und zwar nicht nur in Gelderlaud, Friesland, Overyssel, Groningen und
Utrecht, sondern selbst in Holland, wo in einer Konferenz von Prädikcmten und
Deputierten im Jahre 1587 konstatiert wurde, daß nicht der zehnte Teil der
Einwohner der Provinz reformiert sei, und 1618 gab Oldenbarnevelt dem englischen
Gesandten Carletvn die Versicherung, daß die Papisten noch immer den reichsten
und migeseheusten Teil der Bevölkerung bildeten, und daß die Protestanten nicht
den dritten Teil der Bewohner ausmachten. Und dennoch hat diese Minderheit
den andern Teil zu rechtlosen Staatsbürgern herabgedrückt, die kein öffentliches
Amt bekleiden durften, aber zu den öffentlichen Lasten und den vom Kriege ge¬
forderten Opfern in derselben Weise herangezogen wurden wie die Protestanten."
Holland beweist also die Unüberwindlichkeit eines wirklich vorhandnen religiösen
Glaubens in doppelter Weise, indem weder die Spanier den Kalvinismus, noch
die Kalvinisten den Katholizismus auszurotten vermocht haben. — Auch der letzte
Teil von Näheres Schrift enthält trotz seiner ganz unangemessenen Kürze (5 Seiten!)
meist nur statistische Angaben, die mit dem Tiroler Deutschtum wenig zu thun haben;
nur die kurzen Angaben über den Unterschied in der Lage der deutschen und der
welschen Weinbauern und über die wirtschaftlichen Ursachen der Ausbreitring der
italienischen Sprache und Nationalität gehören hierher, und diese waren zu einer
ausführlichen Darstellung zu erweitern gewesen. Möge ein wirklicher Historiker
den interessanten und wichtigen Gegenstand anpacken! Die Nabertsche Stoffsammlung
wird ihm dabei einige Dienste leisten.


Philosophische Schriften. Wilhelm Wundt

gliedert seine Einleitung
in die Philosophie (Leipzig, Wilhelm Engelmann, 1901) in drei Abschnitte.
Der erste behandelt „die Aufgabe und das System der Philosophie" und beweist,
daß sie keineswegs durch die Ausbildung der Einzelwisseuschaften ihr Dasein und
ihre Berechtigung eingebüßt hat. Sie ist „die allgemeine Wissenschaft, welche die
durch die Einzelwissenschaften vermittelten Erkenntnisse zu einem widerspruchslosen
System zu vereinigen und die vou der Wissenschaft benützten allgemeinen Methoden
und Voraussetzungen des Erkennens auf ihre Prinzipien zurückzuführen hat." Der
zweite Abschnitt giebt eine vortreffliche kurz gefaßte Geschichte der Philosophie, in
der anch die patristische und die scholastische Periode gebührend gewürdigt werden. Die
Kirchenlehre charakterisiert folgender Satz: „Gegenüber allen Tendenzen, die entweder
darauf ausgehn, den Glanbensinhalt zu rationalisieren, oder bemüht sind, ihm eine
anschauliche, der Phantasie zugängliche mystische Form zu geben, ist das Streben
der sieghaften Lehre immer dahin gerichtet, die Glaubenslehre als eine absolut
mystische festzuhalten, welche ebensowenig von dem Verstände begriffen wie von der
Phantasie anschaulich vorgestellt werden könne. Der rationalistischen und der phan¬
tastisch-mystischen setzt die orthodoxe Lehre die rein mystische Auffassung gegenüber."
Der dritte Abschnitt stellt die Hnuptrichtungen der Philosophie dar, die erkenntnis-
theoretischen (Empirismus, Nationalismus, Kritizismus), die metaphysische» (Mate¬
rialismus, Idealismus, Realismus) und die ethischen (heteronome, transcendente
und immanente Moralsysteme). Im Nationalismus werden wieder drei Richtungen
unterschieden: der Aprivrismus, der Ontvlogismus und der Panlogismus. Die
Begründer des Panlogismus sind Fichte und Hegel. Wenn den zweiten Wundt


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[0116] Maßgebliches und Unmaßgebliches blieben sind, und daß die Kalvinisten des winzigen Hollands zu der Zeit, wo sie der spanischen Weltmacht siegreichen Widerstand leisteten, auch noch die katholische Mehrheit ihres kleinen Staates daniederznhalten hatten, denn — es klingt un¬ glaublich, ist aber, wie Wenzclbnrger nachgewiesen hat, wahr — die Reformierten blieben bis ins siebzehnte Jahrhundert hinein in der Minderheit. Diese Thatsache ist so merkwürdig und dabei so unbekannt, daß wir die entscheidende Stelle aus dem zweiten Bande seiner Geschichte der Niederlande (S. 809) abschreiben müssen, „Trotz aller Gewaltmaßregeln war es nicht gelungen, den Katholizismus so zu vertilgen, wie dies in katholischen Ländern mit dem Protestantismus geschehn ist; zur Zeit Oldenbarnevelts bilden die Katholiken seiner Behauptung nach noch die Mehrheit, und zwar nicht nur in Gelderlaud, Friesland, Overyssel, Groningen und Utrecht, sondern selbst in Holland, wo in einer Konferenz von Prädikcmten und Deputierten im Jahre 1587 konstatiert wurde, daß nicht der zehnte Teil der Einwohner der Provinz reformiert sei, und 1618 gab Oldenbarnevelt dem englischen Gesandten Carletvn die Versicherung, daß die Papisten noch immer den reichsten und migeseheusten Teil der Bevölkerung bildeten, und daß die Protestanten nicht den dritten Teil der Bewohner ausmachten. Und dennoch hat diese Minderheit den andern Teil zu rechtlosen Staatsbürgern herabgedrückt, die kein öffentliches Amt bekleiden durften, aber zu den öffentlichen Lasten und den vom Kriege ge¬ forderten Opfern in derselben Weise herangezogen wurden wie die Protestanten." Holland beweist also die Unüberwindlichkeit eines wirklich vorhandnen religiösen Glaubens in doppelter Weise, indem weder die Spanier den Kalvinismus, noch die Kalvinisten den Katholizismus auszurotten vermocht haben. — Auch der letzte Teil von Näheres Schrift enthält trotz seiner ganz unangemessenen Kürze (5 Seiten!) meist nur statistische Angaben, die mit dem Tiroler Deutschtum wenig zu thun haben; nur die kurzen Angaben über den Unterschied in der Lage der deutschen und der welschen Weinbauern und über die wirtschaftlichen Ursachen der Ausbreitring der italienischen Sprache und Nationalität gehören hierher, und diese waren zu einer ausführlichen Darstellung zu erweitern gewesen. Möge ein wirklicher Historiker den interessanten und wichtigen Gegenstand anpacken! Die Nabertsche Stoffsammlung wird ihm dabei einige Dienste leisten. Philosophische Schriften. Wilhelm Wundt gliedert seine Einleitung in die Philosophie (Leipzig, Wilhelm Engelmann, 1901) in drei Abschnitte. Der erste behandelt „die Aufgabe und das System der Philosophie" und beweist, daß sie keineswegs durch die Ausbildung der Einzelwisseuschaften ihr Dasein und ihre Berechtigung eingebüßt hat. Sie ist „die allgemeine Wissenschaft, welche die durch die Einzelwissenschaften vermittelten Erkenntnisse zu einem widerspruchslosen System zu vereinigen und die vou der Wissenschaft benützten allgemeinen Methoden und Voraussetzungen des Erkennens auf ihre Prinzipien zurückzuführen hat." Der zweite Abschnitt giebt eine vortreffliche kurz gefaßte Geschichte der Philosophie, in der anch die patristische und die scholastische Periode gebührend gewürdigt werden. Die Kirchenlehre charakterisiert folgender Satz: „Gegenüber allen Tendenzen, die entweder darauf ausgehn, den Glanbensinhalt zu rationalisieren, oder bemüht sind, ihm eine anschauliche, der Phantasie zugängliche mystische Form zu geben, ist das Streben der sieghaften Lehre immer dahin gerichtet, die Glaubenslehre als eine absolut mystische festzuhalten, welche ebensowenig von dem Verstände begriffen wie von der Phantasie anschaulich vorgestellt werden könne. Der rationalistischen und der phan¬ tastisch-mystischen setzt die orthodoxe Lehre die rein mystische Auffassung gegenüber." Der dritte Abschnitt stellt die Hnuptrichtungen der Philosophie dar, die erkenntnis- theoretischen (Empirismus, Nationalismus, Kritizismus), die metaphysische» (Mate¬ rialismus, Idealismus, Realismus) und die ethischen (heteronome, transcendente und immanente Moralsysteme). Im Nationalismus werden wieder drei Richtungen unterschieden: der Aprivrismus, der Ontvlogismus und der Panlogismus. Die Begründer des Panlogismus sind Fichte und Hegel. Wenn den zweiten Wundt

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_238787/116>, abgerufen am 02.05.2024.