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Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

also den friedlichen Tendenzen der deutschen Politik zuwider sein und eine weitere
unerträgliche Vergrößerung der russischen und der englischen Weltmacht herbei¬
" führen.

Über die Lage im Jangtsekiangtal

meldete der Petersburger Korre¬
spondent einer Berliner Tageszeitung vor einigen Wochen ans Grund des dem
Fürsten Uchtomsky aus "Hankoi" zugegangnen Berichtes: ". . . Die sogenannte
geheime Verbindung des "Ältesten Bruders" beginnt wieder zu arbeiten, und die
neuen Vizekönige in Nanking und Mschan sind zwar tätige Beamte, finden aber
beim Volk wenig Autorität. Gefahrdrohend ist auch eine Verbindung "Gälao hol",
deren Zentrum die Provinz Chunan ist ..."
"

Wo liegen nun die als "Hankoi und "Atschan" bezeichneten Orte?

Anstatt "Hankok" findet man auf englischen Karten "Hcmkow," auf deutschen
und auf der Karte des Russen Welcher "Hnnkon" an der Mündung des Han in
den Jcmg-the. Offenbar ist auch diese Stadt gemeint, denn sie ist der Hauptsitz
der großen russischen Tee-Exportgeschäfte."

Für "Mschan" könnte irrtümlich leicht "Jtschang -- oberhalb Hankou --
genommen werden, während "Wutschcmg" gemeint ist. Denn Wntschang ist die
Residenz des Vizekönigs der beiden Hu-Provinzen, nämlich: Hu-pe und Huncin --
dem "Chunan" des Korrespondenten.""

Verbindung des "Ältesten Bruders -- soll wohl heißen des "Ältern Bruders,
das ist Ko-lao-doel, anstatt dessen der Korrespondent "Gälao hol" schreibt.

Der Verbindung Ko-lao-doel gehören vornehmlich die Hunanlente an, die
das Hauptkontingent für das Militär stellen und Neuerungen immer am wenigsten
zugänglich waren. Aller Wahrscheinlichkeit nach hat sich diese mächtige Partei der
Hunanleute in Nanking nach dem Tode ihres Landsmannes, des Vizekönigs Liu-
Kun-M, der endgiltigen Ernennung des zur Reform neigenden bekannten Chang-
Chi-Tung zum Vizekönig von Nanking widersetzt. Jedenfalls wirkte das Edikt vom
6. Dezember 1902 überraschend, wodurch Wei-Kunng-Tao, ein von Liu empfohlner
Hunanmann, zum Vizekonig von Nanking ernannt wurde.

Im übrigen ist der Zweck solcher chinesischen Geheimbünde dem größern Teil
der Mitglieder ziemlich gleichgiltig. In Unkenntnis der persönlichen Freiheit
-- die chinesische Sprache kennt das Wort "Freiheit" überhaupt nicht -- und
daran gewöhnt, ihr persönliches Menschenrecht mit Füßen getreten zu sehen, sucht
die Mehrzahl der Chinesen in solchen Vereinigungen nur Schutz und Existenz-
fristnng. So arten diese Gesellschaften denn leicht zu Briganten- und Piratentum
aus, denen sich mit Vorliebe entlassene Soldaten anschließen, die kein Handwerk
erlernt haben und bei der Überzahl arbeitsfähiger Menschen ohne hinreichende
Beschäftigung kein andres Mittel zum Lebensunterhalt finden. Stifter und Leiter
solcher Gesellschaften sind dagegen größtenteils stellenlose Liternten, d. h. Gelehrte,
die, stolz auf ihr Studium der alten Klassiker und Chinas alter Kultur, mit Ver¬
achtung und Hochmut auf jede ihren Verdienst schmälernde Neuerung und auf
die "Fremden," als Träger der modernen Kultur, hinabsehen.

Aus solchen Persönlichkeiten setzt sich auch die Gesellschaft des Ältern Bruders,
die Ko-lao-doel zusammen, die der Korrespondent "Gälao hol" nennt.

Seine Meldung zeigt recht deutlich, wie wünschenswert es für den deutschen
Zeitungsleser ist, daß chinesische, in unsre Sprache übertragne Namen einheitlich
geschrieben werden. Andernfalls kann ohne Hinzufügung chinesischer Charaktere
^icht arge Verwirrung hervorgerufen werden.

Da aber die Kenntnis der chinesischen Sprache doch nur bei verhältnismäßig
wenigen Zeitungslesern vorausgesetzt werden darf, so wird auch die Hinzufügung
chinesischer Charaktere mir in Fachzeitschriften von Wert sein. Ich möchte deshalb
vorschlagen, daß man sich in unsern Tageszeitungen wenigstens der Schreibweise
eines allgemein verbreiteten deutschen Konversationslexikons bedient.


von Reihen stein
Maßgebliches und Unmaßgebliches

also den friedlichen Tendenzen der deutschen Politik zuwider sein und eine weitere
unerträgliche Vergrößerung der russischen und der englischen Weltmacht herbei¬
" führen.

Über die Lage im Jangtsekiangtal

meldete der Petersburger Korre¬
spondent einer Berliner Tageszeitung vor einigen Wochen ans Grund des dem
Fürsten Uchtomsky aus „Hankoi" zugegangnen Berichtes: „. . . Die sogenannte
geheime Verbindung des »Ältesten Bruders« beginnt wieder zu arbeiten, und die
neuen Vizekönige in Nanking und Mschan sind zwar tätige Beamte, finden aber
beim Volk wenig Autorität. Gefahrdrohend ist auch eine Verbindung »Gälao hol«,
deren Zentrum die Provinz Chunan ist ..."
"

Wo liegen nun die als „Hankoi und „Atschan" bezeichneten Orte?

Anstatt „Hankok" findet man auf englischen Karten „Hcmkow," auf deutschen
und auf der Karte des Russen Welcher „Hnnkon" an der Mündung des Han in
den Jcmg-the. Offenbar ist auch diese Stadt gemeint, denn sie ist der Hauptsitz
der großen russischen Tee-Exportgeschäfte."

Für „Mschan" könnte irrtümlich leicht „Jtschang — oberhalb Hankou —
genommen werden, während „Wutschcmg" gemeint ist. Denn Wntschang ist die
Residenz des Vizekönigs der beiden Hu-Provinzen, nämlich: Hu-pe und Huncin —
dem „Chunan" des Korrespondenten.""

Verbindung des „Ältesten Bruders — soll wohl heißen des „Ältern Bruders,
das ist Ko-lao-doel, anstatt dessen der Korrespondent „Gälao hol" schreibt.

Der Verbindung Ko-lao-doel gehören vornehmlich die Hunanlente an, die
das Hauptkontingent für das Militär stellen und Neuerungen immer am wenigsten
zugänglich waren. Aller Wahrscheinlichkeit nach hat sich diese mächtige Partei der
Hunanleute in Nanking nach dem Tode ihres Landsmannes, des Vizekönigs Liu-
Kun-M, der endgiltigen Ernennung des zur Reform neigenden bekannten Chang-
Chi-Tung zum Vizekönig von Nanking widersetzt. Jedenfalls wirkte das Edikt vom
6. Dezember 1902 überraschend, wodurch Wei-Kunng-Tao, ein von Liu empfohlner
Hunanmann, zum Vizekonig von Nanking ernannt wurde.

Im übrigen ist der Zweck solcher chinesischen Geheimbünde dem größern Teil
der Mitglieder ziemlich gleichgiltig. In Unkenntnis der persönlichen Freiheit
— die chinesische Sprache kennt das Wort „Freiheit" überhaupt nicht — und
daran gewöhnt, ihr persönliches Menschenrecht mit Füßen getreten zu sehen, sucht
die Mehrzahl der Chinesen in solchen Vereinigungen nur Schutz und Existenz-
fristnng. So arten diese Gesellschaften denn leicht zu Briganten- und Piratentum
aus, denen sich mit Vorliebe entlassene Soldaten anschließen, die kein Handwerk
erlernt haben und bei der Überzahl arbeitsfähiger Menschen ohne hinreichende
Beschäftigung kein andres Mittel zum Lebensunterhalt finden. Stifter und Leiter
solcher Gesellschaften sind dagegen größtenteils stellenlose Liternten, d. h. Gelehrte,
die, stolz auf ihr Studium der alten Klassiker und Chinas alter Kultur, mit Ver¬
achtung und Hochmut auf jede ihren Verdienst schmälernde Neuerung und auf
die „Fremden," als Träger der modernen Kultur, hinabsehen.

Aus solchen Persönlichkeiten setzt sich auch die Gesellschaft des Ältern Bruders,
die Ko-lao-doel zusammen, die der Korrespondent „Gälao hol" nennt.

Seine Meldung zeigt recht deutlich, wie wünschenswert es für den deutschen
Zeitungsleser ist, daß chinesische, in unsre Sprache übertragne Namen einheitlich
geschrieben werden. Andernfalls kann ohne Hinzufügung chinesischer Charaktere
^icht arge Verwirrung hervorgerufen werden.

Da aber die Kenntnis der chinesischen Sprache doch nur bei verhältnismäßig
wenigen Zeitungslesern vorausgesetzt werden darf, so wird auch die Hinzufügung
chinesischer Charaktere mir in Fachzeitschriften von Wert sein. Ich möchte deshalb
vorschlagen, daß man sich in unsern Tageszeitungen wenigstens der Schreibweise
eines allgemein verbreiteten deutschen Konversationslexikons bedient.


von Reihen stein
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[0689] Maßgebliches und Unmaßgebliches also den friedlichen Tendenzen der deutschen Politik zuwider sein und eine weitere unerträgliche Vergrößerung der russischen und der englischen Weltmacht herbei¬ " führen. Über die Lage im Jangtsekiangtal meldete der Petersburger Korre¬ spondent einer Berliner Tageszeitung vor einigen Wochen ans Grund des dem Fürsten Uchtomsky aus „Hankoi" zugegangnen Berichtes: „. . . Die sogenannte geheime Verbindung des »Ältesten Bruders« beginnt wieder zu arbeiten, und die neuen Vizekönige in Nanking und Mschan sind zwar tätige Beamte, finden aber beim Volk wenig Autorität. Gefahrdrohend ist auch eine Verbindung »Gälao hol«, deren Zentrum die Provinz Chunan ist ..." " Wo liegen nun die als „Hankoi und „Atschan" bezeichneten Orte? Anstatt „Hankok" findet man auf englischen Karten „Hcmkow," auf deutschen und auf der Karte des Russen Welcher „Hnnkon" an der Mündung des Han in den Jcmg-the. Offenbar ist auch diese Stadt gemeint, denn sie ist der Hauptsitz der großen russischen Tee-Exportgeschäfte." Für „Mschan" könnte irrtümlich leicht „Jtschang — oberhalb Hankou — genommen werden, während „Wutschcmg" gemeint ist. Denn Wntschang ist die Residenz des Vizekönigs der beiden Hu-Provinzen, nämlich: Hu-pe und Huncin — dem „Chunan" des Korrespondenten."" Verbindung des „Ältesten Bruders — soll wohl heißen des „Ältern Bruders, das ist Ko-lao-doel, anstatt dessen der Korrespondent „Gälao hol" schreibt. Der Verbindung Ko-lao-doel gehören vornehmlich die Hunanlente an, die das Hauptkontingent für das Militär stellen und Neuerungen immer am wenigsten zugänglich waren. Aller Wahrscheinlichkeit nach hat sich diese mächtige Partei der Hunanleute in Nanking nach dem Tode ihres Landsmannes, des Vizekönigs Liu- Kun-M, der endgiltigen Ernennung des zur Reform neigenden bekannten Chang- Chi-Tung zum Vizekönig von Nanking widersetzt. Jedenfalls wirkte das Edikt vom 6. Dezember 1902 überraschend, wodurch Wei-Kunng-Tao, ein von Liu empfohlner Hunanmann, zum Vizekonig von Nanking ernannt wurde. Im übrigen ist der Zweck solcher chinesischen Geheimbünde dem größern Teil der Mitglieder ziemlich gleichgiltig. In Unkenntnis der persönlichen Freiheit — die chinesische Sprache kennt das Wort „Freiheit" überhaupt nicht — und daran gewöhnt, ihr persönliches Menschenrecht mit Füßen getreten zu sehen, sucht die Mehrzahl der Chinesen in solchen Vereinigungen nur Schutz und Existenz- fristnng. So arten diese Gesellschaften denn leicht zu Briganten- und Piratentum aus, denen sich mit Vorliebe entlassene Soldaten anschließen, die kein Handwerk erlernt haben und bei der Überzahl arbeitsfähiger Menschen ohne hinreichende Beschäftigung kein andres Mittel zum Lebensunterhalt finden. Stifter und Leiter solcher Gesellschaften sind dagegen größtenteils stellenlose Liternten, d. h. Gelehrte, die, stolz auf ihr Studium der alten Klassiker und Chinas alter Kultur, mit Ver¬ achtung und Hochmut auf jede ihren Verdienst schmälernde Neuerung und auf die „Fremden," als Träger der modernen Kultur, hinabsehen. Aus solchen Persönlichkeiten setzt sich auch die Gesellschaft des Ältern Bruders, die Ko-lao-doel zusammen, die der Korrespondent „Gälao hol" nennt. Seine Meldung zeigt recht deutlich, wie wünschenswert es für den deutschen Zeitungsleser ist, daß chinesische, in unsre Sprache übertragne Namen einheitlich geschrieben werden. Andernfalls kann ohne Hinzufügung chinesischer Charaktere ^icht arge Verwirrung hervorgerufen werden. Da aber die Kenntnis der chinesischen Sprache doch nur bei verhältnismäßig wenigen Zeitungslesern vorausgesetzt werden darf, so wird auch die Hinzufügung chinesischer Charaktere mir in Fachzeitschriften von Wert sein. Ich möchte deshalb vorschlagen, daß man sich in unsern Tageszeitungen wenigstens der Schreibweise eines allgemein verbreiteten deutschen Konversationslexikons bedient. von Reihen stein

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_240381/689>, abgerufen am 04.05.2024.