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Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Drittes Vierteljahr.

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vom Bücherkanfen und von Bücherprcisen in Deutschland

Kurse zu veräußern vermag. Eine tatsächliche Wertverringeruug entsteht nur,
wenn Teile des Vermögens, worauf die Papiere ausgegeben wurden, verloren
gegangen sind oder eine Vermiudruug ihres Tauschwerth erlitten haben.

(Schluß folgt)




Oven Vücherkausen und von Bücherpreisen
in Deutschland

meer diesem Titel hatte jüngst Professor Friedrich Paulsen Er¬
örterungen in der Nationalzcitnng veröffentlicht, die sich mit
alten Klagen beschäftigen und in dem Bestreben, für manche
Mißstände auf dem Büchermarkt Besserung anzubahnen, auf die
Zustände im Bücherverlag und Büchervertrieb im allgemeinen
kritisch und wegweisend eingehn. Dabei hatte Professor Paulsen manches sehr
Nichtige und sehr Gute gesagt, aber auch manches ganz Wunderliche und
Schiefe, wie es ja zu geschehen pflegt, wenn man über Dinge spricht, die man
uicht ganz ergründet hat. Entgegen getreten war ihm insbesondre als Ver¬
teidiger des angegriffnen Buchhandels in kluger und sachkundiger Weise der
Vcrlagsbuchhändler Dr. W. Ruprecht. Bei der Kontroverse, die sich entsponnen
hat, hat man sich von dem Ausgangspunkt entfernt und diesen schließlich ganz
beiseite gelassen, hat sich dagegen auf Gebiete begeben, die zum Teil so wenig
aufgeklärt sind, daß sich jede Meinung mit Zähigkeit festhalten und durch
Stichprobe": beweisen läßt, während erst eine ganz umfassende Statistik Klar¬
heit schaffen könnte, bei der man alle "Faktoren" und "Momente," die mit¬
spielen, richtig ins Auge faßte. Es sind insbesondre die Fragen gemeint, ob
die Vücherpreise in Deutschland eine steigende oder eine fallende "Tendenz"
ausweisen, ob sie in vernünftiger oder in unvernünftiger Weise angesetzt werden,
wie sich die deutscheu Preise zu den ausländischen verhalten usw. Da ist mit
einer Anzahl Stichproben weder hüben noch drüben etwas bewiesen. Die klare
und erschöpfende Statistik aber wird voraussichtlich ergeben, daß so außer¬
ordentlich viel Umstünde der verschiedensten Art in Betracht kommen, daß sich
allgemeine Grundsätze gar uicht aufstellen lassen für einen ganz rationellen
Betrieb: was in dem einen Fall rationell erscheinen wird, wird in dem andern
auch dem überzeugtestcu Tadler der behaupteten Mißwirtschaft als Unsinn
erscheinen, und man wird, wie auf andern Gebieten des menschlichen Lebens,
zu der Resignation kommen, daß es immer Leute geben wird, die rationell
verfahren, und andre, die das Gegenteil tun, und daß es dafür keine Abhilfe
gibt, außer wenn man die individuelle Freiheit überhaupt auf dem Polizei-
Wege aufhebt. Es ist mir die Frage, ob denn der Vernunft zum Siege ver-
holfen sein wird.

Inzwischen ist nnn in der allerletzten Zeit Professor Bücher mit einer


vom Bücherkanfen und von Bücherprcisen in Deutschland

Kurse zu veräußern vermag. Eine tatsächliche Wertverringeruug entsteht nur,
wenn Teile des Vermögens, worauf die Papiere ausgegeben wurden, verloren
gegangen sind oder eine Vermiudruug ihres Tauschwerth erlitten haben.

(Schluß folgt)




Oven Vücherkausen und von Bücherpreisen
in Deutschland

meer diesem Titel hatte jüngst Professor Friedrich Paulsen Er¬
örterungen in der Nationalzcitnng veröffentlicht, die sich mit
alten Klagen beschäftigen und in dem Bestreben, für manche
Mißstände auf dem Büchermarkt Besserung anzubahnen, auf die
Zustände im Bücherverlag und Büchervertrieb im allgemeinen
kritisch und wegweisend eingehn. Dabei hatte Professor Paulsen manches sehr
Nichtige und sehr Gute gesagt, aber auch manches ganz Wunderliche und
Schiefe, wie es ja zu geschehen pflegt, wenn man über Dinge spricht, die man
uicht ganz ergründet hat. Entgegen getreten war ihm insbesondre als Ver¬
teidiger des angegriffnen Buchhandels in kluger und sachkundiger Weise der
Vcrlagsbuchhändler Dr. W. Ruprecht. Bei der Kontroverse, die sich entsponnen
hat, hat man sich von dem Ausgangspunkt entfernt und diesen schließlich ganz
beiseite gelassen, hat sich dagegen auf Gebiete begeben, die zum Teil so wenig
aufgeklärt sind, daß sich jede Meinung mit Zähigkeit festhalten und durch
Stichprobe«: beweisen läßt, während erst eine ganz umfassende Statistik Klar¬
heit schaffen könnte, bei der man alle „Faktoren" und „Momente," die mit¬
spielen, richtig ins Auge faßte. Es sind insbesondre die Fragen gemeint, ob
die Vücherpreise in Deutschland eine steigende oder eine fallende „Tendenz"
ausweisen, ob sie in vernünftiger oder in unvernünftiger Weise angesetzt werden,
wie sich die deutscheu Preise zu den ausländischen verhalten usw. Da ist mit
einer Anzahl Stichproben weder hüben noch drüben etwas bewiesen. Die klare
und erschöpfende Statistik aber wird voraussichtlich ergeben, daß so außer¬
ordentlich viel Umstünde der verschiedensten Art in Betracht kommen, daß sich
allgemeine Grundsätze gar uicht aufstellen lassen für einen ganz rationellen
Betrieb: was in dem einen Fall rationell erscheinen wird, wird in dem andern
auch dem überzeugtestcu Tadler der behaupteten Mißwirtschaft als Unsinn
erscheinen, und man wird, wie auf andern Gebieten des menschlichen Lebens,
zu der Resignation kommen, daß es immer Leute geben wird, die rationell
verfahren, und andre, die das Gegenteil tun, und daß es dafür keine Abhilfe
gibt, außer wenn man die individuelle Freiheit überhaupt auf dem Polizei-
Wege aufhebt. Es ist mir die Frage, ob denn der Vernunft zum Siege ver-
holfen sein wird.

Inzwischen ist nnn in der allerletzten Zeit Professor Bücher mit einer


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[0419] vom Bücherkanfen und von Bücherprcisen in Deutschland Kurse zu veräußern vermag. Eine tatsächliche Wertverringeruug entsteht nur, wenn Teile des Vermögens, worauf die Papiere ausgegeben wurden, verloren gegangen sind oder eine Vermiudruug ihres Tauschwerth erlitten haben. (Schluß folgt) Oven Vücherkausen und von Bücherpreisen in Deutschland meer diesem Titel hatte jüngst Professor Friedrich Paulsen Er¬ örterungen in der Nationalzcitnng veröffentlicht, die sich mit alten Klagen beschäftigen und in dem Bestreben, für manche Mißstände auf dem Büchermarkt Besserung anzubahnen, auf die Zustände im Bücherverlag und Büchervertrieb im allgemeinen kritisch und wegweisend eingehn. Dabei hatte Professor Paulsen manches sehr Nichtige und sehr Gute gesagt, aber auch manches ganz Wunderliche und Schiefe, wie es ja zu geschehen pflegt, wenn man über Dinge spricht, die man uicht ganz ergründet hat. Entgegen getreten war ihm insbesondre als Ver¬ teidiger des angegriffnen Buchhandels in kluger und sachkundiger Weise der Vcrlagsbuchhändler Dr. W. Ruprecht. Bei der Kontroverse, die sich entsponnen hat, hat man sich von dem Ausgangspunkt entfernt und diesen schließlich ganz beiseite gelassen, hat sich dagegen auf Gebiete begeben, die zum Teil so wenig aufgeklärt sind, daß sich jede Meinung mit Zähigkeit festhalten und durch Stichprobe«: beweisen läßt, während erst eine ganz umfassende Statistik Klar¬ heit schaffen könnte, bei der man alle „Faktoren" und „Momente," die mit¬ spielen, richtig ins Auge faßte. Es sind insbesondre die Fragen gemeint, ob die Vücherpreise in Deutschland eine steigende oder eine fallende „Tendenz" ausweisen, ob sie in vernünftiger oder in unvernünftiger Weise angesetzt werden, wie sich die deutscheu Preise zu den ausländischen verhalten usw. Da ist mit einer Anzahl Stichproben weder hüben noch drüben etwas bewiesen. Die klare und erschöpfende Statistik aber wird voraussichtlich ergeben, daß so außer¬ ordentlich viel Umstünde der verschiedensten Art in Betracht kommen, daß sich allgemeine Grundsätze gar uicht aufstellen lassen für einen ganz rationellen Betrieb: was in dem einen Fall rationell erscheinen wird, wird in dem andern auch dem überzeugtestcu Tadler der behaupteten Mißwirtschaft als Unsinn erscheinen, und man wird, wie auf andern Gebieten des menschlichen Lebens, zu der Resignation kommen, daß es immer Leute geben wird, die rationell verfahren, und andre, die das Gegenteil tun, und daß es dafür keine Abhilfe gibt, außer wenn man die individuelle Freiheit überhaupt auf dem Polizei- Wege aufhebt. Es ist mir die Frage, ob denn der Vernunft zum Siege ver- holfen sein wird. Inzwischen ist nnn in der allerletzten Zeit Professor Bücher mit einer

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_241213/419>, abgerufen am 15.05.2024.