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Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Viertes Vierteljahr.

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Zur Geschichte des Deutschen Wörterbuchs
der Brüder Grimm")

in die Fortsetzung des Deutschen Wörterbuchs in raschem Fluß
zu bringen, regte auf der Hallischen Philologenversammlung von
18et7 Professor Julius Zacher, der Vorsitzende der germa¬
nistischen Sektion, in dieser eine Behandlung der Frage an. Damals
waren die ersten drei Bünde bis korseuc?) vollendet, und zwar
I) von Wilhelm Grimm, der mit dem Buchstaben genau, und ohne daß ein
Wörtchen fehlte, zu Ende gelangt war, als ihn der Tod wegnahm (1859), das
übrige vou Jakob Grimm; von diesem stammten noch zwei Hefte des vierten
Bandes: bei truobt hatte auch er die Feder aus der Hand gelegt (1863).
In seine Arbeit war Weigand eingetreten; endlich waren vom fünften Bande (K)
sechs Hefte erschienen, von Rudolf Hildebrand, der das Werk von Anfang an
durch Übernahme der Korrektur gefördert und dann, mit Jakob Grimms Ein¬
willigung, der ihm auch Material an die Hand gab, diesen Buchstaben selb¬
ständig übernommen hatte. Zusammen waren also nach vierzehnjähriger Vor¬
bereitung, von 1838 an, und uach fünfzehnjährigen Druck, von 1852 an,
einunddreißig Hefte fertig. "Sollte, so führte Zacher unter anderen damals aus,
in der bisherigen Weise weitergearbeitet werden, so würden mindestens noch
dreißig Jahre bis zur Vollendung vergehn. und die meisten der bisherigen Ab¬
nehmer darüber hinsterben. Es ist durchgreifende und nachhaltige Hufe nötig.
Die germanistische Sektion hat das Recht und die Pflicht, sich dieser Augelegeichett
ernstlich anzunehmen und auf Herbeiführung einer solchen Hilfe hmzuarveltem Das
Grimmsche Wörterbuch ist ein Nationalwcrk ersten Ranges, die Brüder Grünen
haben seine würdige Fortsetzung und Vollendung den deutschen Gelehrten und dem
deutschen Volke als eine Pictütspflicht hinterlassen, in ihm ist gleichsam die Ehre der
vaterländischen Wissenschaft und des deutschen Namens verpfändet, durch seine An¬
regung sind ringsnm bei den Nachbarvölkern, Holländern. Engländern. Franzosen,
Italienern, ähnliche, ihm nacheifernde Werke entstanden oder noch in der Aus¬
führung begriffen, es ist eine Zusammenfassung der ganzen, gewaltigen deutschen
Sprachmacht, jener Macht, die die Hauptgrundlage der hohen geistigen Entwick¬
lung Deutschlands bildet, die hauptsächlich die nationale Einheit erhalten und
die politische vorbereitet hat. Folglich ist es nur gerecht und billig, daß ihm
zu seiner Förderung und Vollendung eine ausreichende nationale Unterstützung
aus Staatsmitteln zuteil werde." Diese Darlegungen führten eine Eingabe ein
das Präsidium des Norddeutschen Bundes herbei, durch die unmittelbar die
Bewilligung einer jährlichen staatlichen Beihilfe, mittelbar die Übertragung von



Vortrag, gehalten i" der Germanistischen Sektion der Hallischen Philologcnversminnlung
et- Oktober 1903.


Zur Geschichte des Deutschen Wörterbuchs
der Brüder Grimm")

in die Fortsetzung des Deutschen Wörterbuchs in raschem Fluß
zu bringen, regte auf der Hallischen Philologenversammlung von
18et7 Professor Julius Zacher, der Vorsitzende der germa¬
nistischen Sektion, in dieser eine Behandlung der Frage an. Damals
waren die ersten drei Bünde bis korseuc?) vollendet, und zwar
I) von Wilhelm Grimm, der mit dem Buchstaben genau, und ohne daß ein
Wörtchen fehlte, zu Ende gelangt war, als ihn der Tod wegnahm (1859), das
übrige vou Jakob Grimm; von diesem stammten noch zwei Hefte des vierten
Bandes: bei truobt hatte auch er die Feder aus der Hand gelegt (1863).
In seine Arbeit war Weigand eingetreten; endlich waren vom fünften Bande (K)
sechs Hefte erschienen, von Rudolf Hildebrand, der das Werk von Anfang an
durch Übernahme der Korrektur gefördert und dann, mit Jakob Grimms Ein¬
willigung, der ihm auch Material an die Hand gab, diesen Buchstaben selb¬
ständig übernommen hatte. Zusammen waren also nach vierzehnjähriger Vor¬
bereitung, von 1838 an, und uach fünfzehnjährigen Druck, von 1852 an,
einunddreißig Hefte fertig. „Sollte, so führte Zacher unter anderen damals aus,
in der bisherigen Weise weitergearbeitet werden, so würden mindestens noch
dreißig Jahre bis zur Vollendung vergehn. und die meisten der bisherigen Ab¬
nehmer darüber hinsterben. Es ist durchgreifende und nachhaltige Hufe nötig.
Die germanistische Sektion hat das Recht und die Pflicht, sich dieser Augelegeichett
ernstlich anzunehmen und auf Herbeiführung einer solchen Hilfe hmzuarveltem Das
Grimmsche Wörterbuch ist ein Nationalwcrk ersten Ranges, die Brüder Grünen
haben seine würdige Fortsetzung und Vollendung den deutschen Gelehrten und dem
deutschen Volke als eine Pictütspflicht hinterlassen, in ihm ist gleichsam die Ehre der
vaterländischen Wissenschaft und des deutschen Namens verpfändet, durch seine An¬
regung sind ringsnm bei den Nachbarvölkern, Holländern. Engländern. Franzosen,
Italienern, ähnliche, ihm nacheifernde Werke entstanden oder noch in der Aus¬
führung begriffen, es ist eine Zusammenfassung der ganzen, gewaltigen deutschen
Sprachmacht, jener Macht, die die Hauptgrundlage der hohen geistigen Entwick¬
lung Deutschlands bildet, die hauptsächlich die nationale Einheit erhalten und
die politische vorbereitet hat. Folglich ist es nur gerecht und billig, daß ihm
zu seiner Förderung und Vollendung eine ausreichende nationale Unterstützung
aus Staatsmitteln zuteil werde." Diese Darlegungen führten eine Eingabe ein
das Präsidium des Norddeutschen Bundes herbei, durch die unmittelbar die
Bewilligung einer jährlichen staatlichen Beihilfe, mittelbar die Übertragung von



Vortrag, gehalten i» der Germanistischen Sektion der Hallischen Philologcnversminnlung
et- Oktober 1903.
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[0645] [Abbildung] Zur Geschichte des Deutschen Wörterbuchs der Brüder Grimm") in die Fortsetzung des Deutschen Wörterbuchs in raschem Fluß zu bringen, regte auf der Hallischen Philologenversammlung von 18et7 Professor Julius Zacher, der Vorsitzende der germa¬ nistischen Sektion, in dieser eine Behandlung der Frage an. Damals waren die ersten drei Bünde bis korseuc?) vollendet, und zwar I) von Wilhelm Grimm, der mit dem Buchstaben genau, und ohne daß ein Wörtchen fehlte, zu Ende gelangt war, als ihn der Tod wegnahm (1859), das übrige vou Jakob Grimm; von diesem stammten noch zwei Hefte des vierten Bandes: bei truobt hatte auch er die Feder aus der Hand gelegt (1863). In seine Arbeit war Weigand eingetreten; endlich waren vom fünften Bande (K) sechs Hefte erschienen, von Rudolf Hildebrand, der das Werk von Anfang an durch Übernahme der Korrektur gefördert und dann, mit Jakob Grimms Ein¬ willigung, der ihm auch Material an die Hand gab, diesen Buchstaben selb¬ ständig übernommen hatte. Zusammen waren also nach vierzehnjähriger Vor¬ bereitung, von 1838 an, und uach fünfzehnjährigen Druck, von 1852 an, einunddreißig Hefte fertig. „Sollte, so führte Zacher unter anderen damals aus, in der bisherigen Weise weitergearbeitet werden, so würden mindestens noch dreißig Jahre bis zur Vollendung vergehn. und die meisten der bisherigen Ab¬ nehmer darüber hinsterben. Es ist durchgreifende und nachhaltige Hufe nötig. Die germanistische Sektion hat das Recht und die Pflicht, sich dieser Augelegeichett ernstlich anzunehmen und auf Herbeiführung einer solchen Hilfe hmzuarveltem Das Grimmsche Wörterbuch ist ein Nationalwcrk ersten Ranges, die Brüder Grünen haben seine würdige Fortsetzung und Vollendung den deutschen Gelehrten und dem deutschen Volke als eine Pictütspflicht hinterlassen, in ihm ist gleichsam die Ehre der vaterländischen Wissenschaft und des deutschen Namens verpfändet, durch seine An¬ regung sind ringsnm bei den Nachbarvölkern, Holländern. Engländern. Franzosen, Italienern, ähnliche, ihm nacheifernde Werke entstanden oder noch in der Aus¬ führung begriffen, es ist eine Zusammenfassung der ganzen, gewaltigen deutschen Sprachmacht, jener Macht, die die Hauptgrundlage der hohen geistigen Entwick¬ lung Deutschlands bildet, die hauptsächlich die nationale Einheit erhalten und die politische vorbereitet hat. Folglich ist es nur gerecht und billig, daß ihm zu seiner Förderung und Vollendung eine ausreichende nationale Unterstützung aus Staatsmitteln zuteil werde." Diese Darlegungen führten eine Eingabe ein das Präsidium des Norddeutschen Bundes herbei, durch die unmittelbar die Bewilligung einer jährlichen staatlichen Beihilfe, mittelbar die Übertragung von Vortrag, gehalten i» der Germanistischen Sektion der Hallischen Philologcnversminnlung et- Oktober 1903.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_242067/645>, abgerufen am 05.05.2024.