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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Erstes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

liebe Religion wertlos wäre, wenn sich ihre Wirkung aus die Beglückung dieser
wenigen beschränkte. Übrigens lehrt Kirchbach nur, Jesus habe das jenseitige Reich,
die Fortdauer nach dem Tode, nicht verkündigt, nicht, er habe das Jenseits ge¬
leugnet; und Kirchbach leugnet es auch selbst nicht. Er schreibt u. a.: "Ob Gott
ist oder nicht ist, ob wir ihn durch Schlüsse nachweisen können oder nicht, diese
Schulfuchserfrage hat Jesus ebensowenig interessiert, wie etwa der freie Wille und
dergleichen. Zu behaupten: Gott ist in dem Sinne, wie etwa die Sterne sind,
würde eine Vermessenheit sein für jeden, der die Grenzen unsers Erkennens beob¬
achtet j?1 hat. Im populären atheistischen Sinne behaupten: Gott ist nicht, würde
eine ebensolche wissenschaftliche Unverschämtheit sein. Wir können keins von beiden
wissen." Wir begrüßen das Buch als einen Anfang unbefangner und beinahe
vorurteilsloser Würdigung der Bibel in den Kreisen der Nichtpositiven.


Albert Ritters Buch Christus der Erlöser

(Österreichische Verlagsanstalt
in Linz, Wien und Leipzig, 1903) ist ganz anders angelegt als das von Kirchbach.
Während dieses der Hauptsache nach neutestamentliche Exegese enthält, gibt jenes
einen Abriß der religiösen und der philosophischen Entwicklung der Menschheit,
Schilderungen der gegenwärtigen Lage und Zukunftsprogramme. Aber in einigen
ihrer Ergebnisse stimmen beide überein. Auch Ritter hält die Religion Jesu für
die absolute Religion, das bisherige Christentum für Paulinismus und erklärt, es
sei die höchste Zeit, endlich einmal mit der christlichen Religion Ernst zu machen.
Als das größte Hindernis ihrer Ausbreitung erscheint ihm die römische Hierarchie,
die vernichtet werden müsse; los von Rom! ist seine Losung; die Reformkatholiken
verspottet er. Der Protestantismus sei ja auch nur Paulinismus und seine gegen¬
wärtige Lage jämmerlich, aber er habe dem Christentum wenigstens den Weg be¬
reitet. In einigen andern seiner Ansichten wird ihm Kirchbach kaum beistimmen.
Er schätzt das Alte Testament gering, sieht im Christentum "die höchste Blüte des
arischen Weltverstehens," bekennt sich zur modernen Rassenlehre, preist Gobineau,
Chamberlain und -- Tolstoi, will aber vom Antisemitismus nichts wissen, sondern
meint, für einen Krieg gegen vier Fronten: Rom, "die sozialen Verhältnisse, das
Mischlingstum" und den "alle Begeisterung und Hoffnung vergiftenden jüdischen
Hohn" sei das Ariertum nicht stark genug; man müsse das ungeheure geistige und
materielle Kapital der Juden annektieren, indem man sie in unsrer Rasse aufgehn
lasse; das werde nicht schwierig sein, weil sie noch viel "amoritisches" Blut hätten,
also den Ariern stammverwandt seien. Mit der Verbreitung der wahren Religion
aber müsse man endlich einmal energisch vorgehn (wie Herr Combes wohl?). "Die
Wahrheit darf gegen den Irrtum keine Toleranz kennen . . . was soll denn da
Gutes daran sein, daß jeder nach seiner eignen Fayon dumme Einbildungen hegen
darf?" Wer entscheidet aber, was Wahrheit, was dumme Einbildung ist? Herr
Albert Ritter natürlich. Nun hat er ja für den negativen Teil seiner Entscheidung,
den Kampf gegen Rom, viele Millionen Bundesgenossen; dafür wird es mit dem
positiven Teile, der Aufrichtung des neuen Gottesreichs, desto mehr hapern. Für eine
Religion, die Gobineaus, Dührings oder Chamberlains Rassentheorie, Tolstoiismus
und Philosemitismus vereinigt, findet er kein Dutzend Jünger unter den modernen
Geistern.

Wir fügen hier noch den Titel eines der Bücher an, für deren Besprechung
uns der Raum fehlt: Die Ethik Jesu von Eduard Grimm. (Hamburg, Grefe
und Tiedemcinn, 1903.) Es ist aus Vorträgen entstanden, die der Verfasser im
Auftrage der Hamburger Oberschulbehörde gehalten hat. Ein Abschnitt davon war
schon im Protestantenblatt veröffentlicht worden.


Neuere Logik.

Die alte aristotelische Logik wird immer ein unentbehrliches
Mittel bleiben, den Gebildeten von mäßiger Fassungskraft im Gebiete der Verstandes¬
operationen zu orientieren und vor groben Fehlschlüssen zu bewahren. Aber die
neuere Forschung hat doch so viel neues psychologisches Material zusammengetragen,


Maßgebliches und Unmaßgebliches

liebe Religion wertlos wäre, wenn sich ihre Wirkung aus die Beglückung dieser
wenigen beschränkte. Übrigens lehrt Kirchbach nur, Jesus habe das jenseitige Reich,
die Fortdauer nach dem Tode, nicht verkündigt, nicht, er habe das Jenseits ge¬
leugnet; und Kirchbach leugnet es auch selbst nicht. Er schreibt u. a.: „Ob Gott
ist oder nicht ist, ob wir ihn durch Schlüsse nachweisen können oder nicht, diese
Schulfuchserfrage hat Jesus ebensowenig interessiert, wie etwa der freie Wille und
dergleichen. Zu behaupten: Gott ist in dem Sinne, wie etwa die Sterne sind,
würde eine Vermessenheit sein für jeden, der die Grenzen unsers Erkennens beob¬
achtet j?1 hat. Im populären atheistischen Sinne behaupten: Gott ist nicht, würde
eine ebensolche wissenschaftliche Unverschämtheit sein. Wir können keins von beiden
wissen." Wir begrüßen das Buch als einen Anfang unbefangner und beinahe
vorurteilsloser Würdigung der Bibel in den Kreisen der Nichtpositiven.


Albert Ritters Buch Christus der Erlöser

(Österreichische Verlagsanstalt
in Linz, Wien und Leipzig, 1903) ist ganz anders angelegt als das von Kirchbach.
Während dieses der Hauptsache nach neutestamentliche Exegese enthält, gibt jenes
einen Abriß der religiösen und der philosophischen Entwicklung der Menschheit,
Schilderungen der gegenwärtigen Lage und Zukunftsprogramme. Aber in einigen
ihrer Ergebnisse stimmen beide überein. Auch Ritter hält die Religion Jesu für
die absolute Religion, das bisherige Christentum für Paulinismus und erklärt, es
sei die höchste Zeit, endlich einmal mit der christlichen Religion Ernst zu machen.
Als das größte Hindernis ihrer Ausbreitung erscheint ihm die römische Hierarchie,
die vernichtet werden müsse; los von Rom! ist seine Losung; die Reformkatholiken
verspottet er. Der Protestantismus sei ja auch nur Paulinismus und seine gegen¬
wärtige Lage jämmerlich, aber er habe dem Christentum wenigstens den Weg be¬
reitet. In einigen andern seiner Ansichten wird ihm Kirchbach kaum beistimmen.
Er schätzt das Alte Testament gering, sieht im Christentum „die höchste Blüte des
arischen Weltverstehens," bekennt sich zur modernen Rassenlehre, preist Gobineau,
Chamberlain und — Tolstoi, will aber vom Antisemitismus nichts wissen, sondern
meint, für einen Krieg gegen vier Fronten: Rom, „die sozialen Verhältnisse, das
Mischlingstum" und den „alle Begeisterung und Hoffnung vergiftenden jüdischen
Hohn" sei das Ariertum nicht stark genug; man müsse das ungeheure geistige und
materielle Kapital der Juden annektieren, indem man sie in unsrer Rasse aufgehn
lasse; das werde nicht schwierig sein, weil sie noch viel „amoritisches" Blut hätten,
also den Ariern stammverwandt seien. Mit der Verbreitung der wahren Religion
aber müsse man endlich einmal energisch vorgehn (wie Herr Combes wohl?). „Die
Wahrheit darf gegen den Irrtum keine Toleranz kennen . . . was soll denn da
Gutes daran sein, daß jeder nach seiner eignen Fayon dumme Einbildungen hegen
darf?" Wer entscheidet aber, was Wahrheit, was dumme Einbildung ist? Herr
Albert Ritter natürlich. Nun hat er ja für den negativen Teil seiner Entscheidung,
den Kampf gegen Rom, viele Millionen Bundesgenossen; dafür wird es mit dem
positiven Teile, der Aufrichtung des neuen Gottesreichs, desto mehr hapern. Für eine
Religion, die Gobineaus, Dührings oder Chamberlains Rassentheorie, Tolstoiismus
und Philosemitismus vereinigt, findet er kein Dutzend Jünger unter den modernen
Geistern.

Wir fügen hier noch den Titel eines der Bücher an, für deren Besprechung
uns der Raum fehlt: Die Ethik Jesu von Eduard Grimm. (Hamburg, Grefe
und Tiedemcinn, 1903.) Es ist aus Vorträgen entstanden, die der Verfasser im
Auftrage der Hamburger Oberschulbehörde gehalten hat. Ein Abschnitt davon war
schon im Protestantenblatt veröffentlicht worden.


Neuere Logik.

Die alte aristotelische Logik wird immer ein unentbehrliches
Mittel bleiben, den Gebildeten von mäßiger Fassungskraft im Gebiete der Verstandes¬
operationen zu orientieren und vor groben Fehlschlüssen zu bewahren. Aber die
neuere Forschung hat doch so viel neues psychologisches Material zusammengetragen,


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[0194] Maßgebliches und Unmaßgebliches liebe Religion wertlos wäre, wenn sich ihre Wirkung aus die Beglückung dieser wenigen beschränkte. Übrigens lehrt Kirchbach nur, Jesus habe das jenseitige Reich, die Fortdauer nach dem Tode, nicht verkündigt, nicht, er habe das Jenseits ge¬ leugnet; und Kirchbach leugnet es auch selbst nicht. Er schreibt u. a.: „Ob Gott ist oder nicht ist, ob wir ihn durch Schlüsse nachweisen können oder nicht, diese Schulfuchserfrage hat Jesus ebensowenig interessiert, wie etwa der freie Wille und dergleichen. Zu behaupten: Gott ist in dem Sinne, wie etwa die Sterne sind, würde eine Vermessenheit sein für jeden, der die Grenzen unsers Erkennens beob¬ achtet j?1 hat. Im populären atheistischen Sinne behaupten: Gott ist nicht, würde eine ebensolche wissenschaftliche Unverschämtheit sein. Wir können keins von beiden wissen." Wir begrüßen das Buch als einen Anfang unbefangner und beinahe vorurteilsloser Würdigung der Bibel in den Kreisen der Nichtpositiven. Albert Ritters Buch Christus der Erlöser (Österreichische Verlagsanstalt in Linz, Wien und Leipzig, 1903) ist ganz anders angelegt als das von Kirchbach. Während dieses der Hauptsache nach neutestamentliche Exegese enthält, gibt jenes einen Abriß der religiösen und der philosophischen Entwicklung der Menschheit, Schilderungen der gegenwärtigen Lage und Zukunftsprogramme. Aber in einigen ihrer Ergebnisse stimmen beide überein. Auch Ritter hält die Religion Jesu für die absolute Religion, das bisherige Christentum für Paulinismus und erklärt, es sei die höchste Zeit, endlich einmal mit der christlichen Religion Ernst zu machen. Als das größte Hindernis ihrer Ausbreitung erscheint ihm die römische Hierarchie, die vernichtet werden müsse; los von Rom! ist seine Losung; die Reformkatholiken verspottet er. Der Protestantismus sei ja auch nur Paulinismus und seine gegen¬ wärtige Lage jämmerlich, aber er habe dem Christentum wenigstens den Weg be¬ reitet. In einigen andern seiner Ansichten wird ihm Kirchbach kaum beistimmen. Er schätzt das Alte Testament gering, sieht im Christentum „die höchste Blüte des arischen Weltverstehens," bekennt sich zur modernen Rassenlehre, preist Gobineau, Chamberlain und — Tolstoi, will aber vom Antisemitismus nichts wissen, sondern meint, für einen Krieg gegen vier Fronten: Rom, „die sozialen Verhältnisse, das Mischlingstum" und den „alle Begeisterung und Hoffnung vergiftenden jüdischen Hohn" sei das Ariertum nicht stark genug; man müsse das ungeheure geistige und materielle Kapital der Juden annektieren, indem man sie in unsrer Rasse aufgehn lasse; das werde nicht schwierig sein, weil sie noch viel „amoritisches" Blut hätten, also den Ariern stammverwandt seien. Mit der Verbreitung der wahren Religion aber müsse man endlich einmal energisch vorgehn (wie Herr Combes wohl?). „Die Wahrheit darf gegen den Irrtum keine Toleranz kennen . . . was soll denn da Gutes daran sein, daß jeder nach seiner eignen Fayon dumme Einbildungen hegen darf?" Wer entscheidet aber, was Wahrheit, was dumme Einbildung ist? Herr Albert Ritter natürlich. Nun hat er ja für den negativen Teil seiner Entscheidung, den Kampf gegen Rom, viele Millionen Bundesgenossen; dafür wird es mit dem positiven Teile, der Aufrichtung des neuen Gottesreichs, desto mehr hapern. Für eine Religion, die Gobineaus, Dührings oder Chamberlains Rassentheorie, Tolstoiismus und Philosemitismus vereinigt, findet er kein Dutzend Jünger unter den modernen Geistern. Wir fügen hier noch den Titel eines der Bücher an, für deren Besprechung uns der Raum fehlt: Die Ethik Jesu von Eduard Grimm. (Hamburg, Grefe und Tiedemcinn, 1903.) Es ist aus Vorträgen entstanden, die der Verfasser im Auftrage der Hamburger Oberschulbehörde gehalten hat. Ein Abschnitt davon war schon im Protestantenblatt veröffentlicht worden. Neuere Logik. Die alte aristotelische Logik wird immer ein unentbehrliches Mittel bleiben, den Gebildeten von mäßiger Fassungskraft im Gebiete der Verstandes¬ operationen zu orientieren und vor groben Fehlschlüssen zu bewahren. Aber die neuere Forschung hat doch so viel neues psychologisches Material zusammengetragen,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_292796/194>, abgerufen am 06.05.2024.