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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Erstes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

seinen Schutz gestellt und ihnen diesen Schutz zugesagt hat, darf sie nicht mit den
Kosten dieses Schutzes belasten. Diese Kosten sind militärische und liegen somit
der Militärverwaltung ob. Selbstverständlich können die Schntztruppen nicht auf
das Heer und seine Präsenzstärke in Anrechnung gebracht werden. Die Organisation
und die Friedensstärke des Heeres beruhen auf den Anforderungen, die die Mobil¬
machung stellt, und die Schutztruppen kommen für die Landesverteidigung der Heimat
nicht in Betracht. Sie müßten deshalb ebenso wie das Reichsmilitärgericht auf
einem gesonderten Etat neben dem Militäretat geführt werden. Für diese Etats
des engern Reichsdienstes hätte der Kriegsminister als Stellvertreter des Reichs¬
kanzlers zu fungieren.

Selbstverständlich müssen dabei die "Schutztruppen" bis zu einem gewissen
Grade unter die Gouverneure gestellt bleiben, schon damit die Führer nicht neben
dem Gouverneur Politik und etwaige Expeditionen auf eigne Faust machen; in jeder
andern Hinsicht bleiben sie aber Teile des Heeres und unterliegen der Jnspiziernng
durch eine für sie als zentrale Kommandostelle zu errichtende Inspektion. Für die
Kolonialverwaltung wäre es ein großer Nutzen, wenn sie davon entlastet würde,
dagegen in allen Personalfragen freiern Spielraum erhielte, namentlich auch in,
Austausch zwischen der Zentralverwaltung und dem Außendienst in den Kolonien.
Die gesamte Laufbahn innerhalb des Kolonialdienstes würde dadurch wesentlich anders
und sachgemäßer werden, und die Kosten des militärischen Schutzes, die heute die
Kolonien in völlig unsachgemäßer Weise belasten, verschwänden von einer Stelle,
auf die sie gar nicht gehören. Die Frage ist heute selbstverständlich noch nicht
spruchreif und steht vollständig im Rahmen der akademischen Erörterung. Vielleicht
wird sie auch das Plenum des Reichstags bei der zweite" Lesung des Etats be¬
schäftigen. Der Herervaufstand und die traurig große Zahl der Opfer werden
hoffentlich das Gute zur Folge haben, daß in die Handhabung unsers Kolonial¬
"Z" wesens ein neuer frischer Zug kommt. Es wird hohe Zeit dazu.






Herausgegeben von Johannes Grunow in Leipzig
Verlag von Fr. Wilh. Grunow in Leipzig -- Druck von Karl Mnrquart in Leipzig



Maßgebliches und Unmaßgebliches

seinen Schutz gestellt und ihnen diesen Schutz zugesagt hat, darf sie nicht mit den
Kosten dieses Schutzes belasten. Diese Kosten sind militärische und liegen somit
der Militärverwaltung ob. Selbstverständlich können die Schntztruppen nicht auf
das Heer und seine Präsenzstärke in Anrechnung gebracht werden. Die Organisation
und die Friedensstärke des Heeres beruhen auf den Anforderungen, die die Mobil¬
machung stellt, und die Schutztruppen kommen für die Landesverteidigung der Heimat
nicht in Betracht. Sie müßten deshalb ebenso wie das Reichsmilitärgericht auf
einem gesonderten Etat neben dem Militäretat geführt werden. Für diese Etats
des engern Reichsdienstes hätte der Kriegsminister als Stellvertreter des Reichs¬
kanzlers zu fungieren.

Selbstverständlich müssen dabei die „Schutztruppen" bis zu einem gewissen
Grade unter die Gouverneure gestellt bleiben, schon damit die Führer nicht neben
dem Gouverneur Politik und etwaige Expeditionen auf eigne Faust machen; in jeder
andern Hinsicht bleiben sie aber Teile des Heeres und unterliegen der Jnspiziernng
durch eine für sie als zentrale Kommandostelle zu errichtende Inspektion. Für die
Kolonialverwaltung wäre es ein großer Nutzen, wenn sie davon entlastet würde,
dagegen in allen Personalfragen freiern Spielraum erhielte, namentlich auch in,
Austausch zwischen der Zentralverwaltung und dem Außendienst in den Kolonien.
Die gesamte Laufbahn innerhalb des Kolonialdienstes würde dadurch wesentlich anders
und sachgemäßer werden, und die Kosten des militärischen Schutzes, die heute die
Kolonien in völlig unsachgemäßer Weise belasten, verschwänden von einer Stelle,
auf die sie gar nicht gehören. Die Frage ist heute selbstverständlich noch nicht
spruchreif und steht vollständig im Rahmen der akademischen Erörterung. Vielleicht
wird sie auch das Plenum des Reichstags bei der zweite» Lesung des Etats be¬
schäftigen. Der Herervaufstand und die traurig große Zahl der Opfer werden
hoffentlich das Gute zur Folge haben, daß in die Handhabung unsers Kolonial¬
»Z" wesens ein neuer frischer Zug kommt. Es wird hohe Zeit dazu.






Herausgegeben von Johannes Grunow in Leipzig
Verlag von Fr. Wilh. Grunow in Leipzig — Druck von Karl Mnrquart in Leipzig



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[0382] Maßgebliches und Unmaßgebliches seinen Schutz gestellt und ihnen diesen Schutz zugesagt hat, darf sie nicht mit den Kosten dieses Schutzes belasten. Diese Kosten sind militärische und liegen somit der Militärverwaltung ob. Selbstverständlich können die Schntztruppen nicht auf das Heer und seine Präsenzstärke in Anrechnung gebracht werden. Die Organisation und die Friedensstärke des Heeres beruhen auf den Anforderungen, die die Mobil¬ machung stellt, und die Schutztruppen kommen für die Landesverteidigung der Heimat nicht in Betracht. Sie müßten deshalb ebenso wie das Reichsmilitärgericht auf einem gesonderten Etat neben dem Militäretat geführt werden. Für diese Etats des engern Reichsdienstes hätte der Kriegsminister als Stellvertreter des Reichs¬ kanzlers zu fungieren. Selbstverständlich müssen dabei die „Schutztruppen" bis zu einem gewissen Grade unter die Gouverneure gestellt bleiben, schon damit die Führer nicht neben dem Gouverneur Politik und etwaige Expeditionen auf eigne Faust machen; in jeder andern Hinsicht bleiben sie aber Teile des Heeres und unterliegen der Jnspiziernng durch eine für sie als zentrale Kommandostelle zu errichtende Inspektion. Für die Kolonialverwaltung wäre es ein großer Nutzen, wenn sie davon entlastet würde, dagegen in allen Personalfragen freiern Spielraum erhielte, namentlich auch in, Austausch zwischen der Zentralverwaltung und dem Außendienst in den Kolonien. Die gesamte Laufbahn innerhalb des Kolonialdienstes würde dadurch wesentlich anders und sachgemäßer werden, und die Kosten des militärischen Schutzes, die heute die Kolonien in völlig unsachgemäßer Weise belasten, verschwänden von einer Stelle, auf die sie gar nicht gehören. Die Frage ist heute selbstverständlich noch nicht spruchreif und steht vollständig im Rahmen der akademischen Erörterung. Vielleicht wird sie auch das Plenum des Reichstags bei der zweite» Lesung des Etats be¬ schäftigen. Der Herervaufstand und die traurig große Zahl der Opfer werden hoffentlich das Gute zur Folge haben, daß in die Handhabung unsers Kolonial¬ »Z" wesens ein neuer frischer Zug kommt. Es wird hohe Zeit dazu. Herausgegeben von Johannes Grunow in Leipzig Verlag von Fr. Wilh. Grunow in Leipzig — Druck von Karl Mnrquart in Leipzig

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_292796/382>, abgerufen am 05.05.2024.