Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Erstes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Maßgebliches und Unmaßgebliches

Jetzt scheint auch in den Kreisen des "vierten Standes," dem sein mächtiger
Aufschwung manchen ehrlichen Idealisten zugeführt hat, die Erkenntnis allmählich
aufzudämmern, daß die gewissenlose Agitationspolitik der alten Rattenfänger den
Ast abzusägen wohl geeignet ist, auf dem eben der vierte Stand selbst sitzt, und
man muß doch sagen, mit Behagen und Selbstgefühl sitzt. Es ist ihm ja seit
zwanzig Jahren von denen, die er verachtet, in immer neuen Tönen gesagt worden,
daß man es mit ihm gut meine und seine berechtigten Forderungen, so weit es
das Wohl der Gesamtheit erlaubt, berücksichtigen und erfüllen wolle.

Die Erkenntnis dämmert auch den mit Übelwollen genährten Massen auf, daß
die Kapitalisten nicht bloß Ausbeuter sind, und daß die Religion nicht bloß Pfaffen¬
trug ist, und daß die Affenlehre naturwissenschaftlicher Religionsstifter, wie Haeckel,
nicht bloß Wissenschaft ist. Glück auf! Wenn diese Einsicht erstarkt, werden sich
die "Volksschranzen" mehr und mehr als das, was sie sind, enthüllen. Die Mög¬
lichkeit zu ehrlicher Zusammenarbeit für das Wohl des Ganzen, die billige Aner¬
kennung der Tatsache, daß es im Staatsleben sehr verschiedene, aber gleichberechtigte
Interessen gibt, wird festere Gestalt gewinnen. Das Gefühl des Unbehagens, das
jetzt wie ein beißender Nebel in alle öffentlichen Verhältnisse dringt, wird der Er¬
kenntnis weichen, daß getrennt marschieren das vereinte schlagen nicht aufhebt. Ja,
H. wird das geschehn? I^borsnms!


Ein Besuch im Vatikan.

Wie der Vatikan als geistiger und weltlicher
Mittelpunkt der katholischen Kirche seit alters her ein besondres Interesse bean¬
sprucht hat, das auch nach dem 20. September 1870, dem Falle des weltlichen
Papato, wenn auch unter veränderten Verhältnissen bestehn blieb, so hielt auch jetzt
wieder das langsame Dahinsiechen des greifen Leos des Dreizehnter, der trotz seiner
94 Jahre wiederholt schwere Krankheitsfälle wunderbar überstanden hatte, die ganze
zivilisierte Welt in Spannung, daß sogar wichtige politische Ereignisse vollständig
in den Hintergrund gedrängt wurden. Und wie groß die aufrichtige Teilnahme
an seiner letzten schweren Krankheit war, die diesen längst geschwächten Körper nun
doch dahinraffte, bewiesen die vielen tausend telegraphischen Erkundigungen während
der Krankheit und die Beileidsdcpeschen bei seinem Ableben, die von Fürsten, Städten
und Korporationen der ganzen Welt bei seinem treuen Kanzler, dein unbeugsamen
Kardinal Rampolla, einliefen.

So bekannt auch der Se. Peter, die größte und prächtigste Kirche der Christen¬
heit, und einzelne Teile des Vatikans mit seinen retchen Sammlungen sind, so wenig
weiß man von den Prunk- und Staatsgemächern im Vatikan, die sehr schwer zugänglich
sind, und die außer bei Audienzen wohl selten der Fuß eines Unberufnen betreten
hat. Seit das Konklave den Kardinal G. Sarto zum Nachfolger für den Stuhl
Petri erwählt hat, ist das Interesse für diese geheimnisvolle Welt und die Wohnung
Pius des Zehnten gewachsen. So verlohnt es sich Wohl, die prächtigen Räume
zu beschreiben, die wir während unsres langjährigen Aufenthalts in der ewigen
Stadt wiederholt zu besuchen Gelegenheit gehabt hatten, zumal da bisher noch nicht
viel über sie in die Öffentlichkeit gelangt sein dürfte.

Rechts neben der Peterskirche sieht man einen umfangreichen Komplex von
Gebäuden, aus denen sich vor den andern ein mächtiger fast quadratischer Palast
besonders hervorhebt, der im zweiten Stock die Wohnung des verstorbnen Papstes
und darüber (im letzten Stockwerk) die seines damaligen energischen Kanzlers enthielt.
Während die Fenster dieser Wohnungen nach dem Petersplatz hinausgehn, liegeu die
Staatsgemächer, die ebenfalls im zweiten Stock sind, nach den innern Höfen, also
nach Osten und Norden zu. Der Weg von der Bronzetür, dem allgemeinen Eingange
zum Vatikan, bis zur obern Wachtstube der Schweizer dauert wohl eine Viertel¬
stunde, da man bei den verschiedensten Posten, die Tür und Treppe bewacht
halten, sich genau ausweisen muß. Über die nusgetretue heilige Treppe rechts
hinauf gelangt man zu dem schon von außen deutlich erkennbaren Damasushof, der


Maßgebliches und Unmaßgebliches

Jetzt scheint auch in den Kreisen des „vierten Standes," dem sein mächtiger
Aufschwung manchen ehrlichen Idealisten zugeführt hat, die Erkenntnis allmählich
aufzudämmern, daß die gewissenlose Agitationspolitik der alten Rattenfänger den
Ast abzusägen wohl geeignet ist, auf dem eben der vierte Stand selbst sitzt, und
man muß doch sagen, mit Behagen und Selbstgefühl sitzt. Es ist ihm ja seit
zwanzig Jahren von denen, die er verachtet, in immer neuen Tönen gesagt worden,
daß man es mit ihm gut meine und seine berechtigten Forderungen, so weit es
das Wohl der Gesamtheit erlaubt, berücksichtigen und erfüllen wolle.

Die Erkenntnis dämmert auch den mit Übelwollen genährten Massen auf, daß
die Kapitalisten nicht bloß Ausbeuter sind, und daß die Religion nicht bloß Pfaffen¬
trug ist, und daß die Affenlehre naturwissenschaftlicher Religionsstifter, wie Haeckel,
nicht bloß Wissenschaft ist. Glück auf! Wenn diese Einsicht erstarkt, werden sich
die „Volksschranzen" mehr und mehr als das, was sie sind, enthüllen. Die Mög¬
lichkeit zu ehrlicher Zusammenarbeit für das Wohl des Ganzen, die billige Aner¬
kennung der Tatsache, daß es im Staatsleben sehr verschiedene, aber gleichberechtigte
Interessen gibt, wird festere Gestalt gewinnen. Das Gefühl des Unbehagens, das
jetzt wie ein beißender Nebel in alle öffentlichen Verhältnisse dringt, wird der Er¬
kenntnis weichen, daß getrennt marschieren das vereinte schlagen nicht aufhebt. Ja,
H. wird das geschehn? I^borsnms!


Ein Besuch im Vatikan.

Wie der Vatikan als geistiger und weltlicher
Mittelpunkt der katholischen Kirche seit alters her ein besondres Interesse bean¬
sprucht hat, das auch nach dem 20. September 1870, dem Falle des weltlichen
Papato, wenn auch unter veränderten Verhältnissen bestehn blieb, so hielt auch jetzt
wieder das langsame Dahinsiechen des greifen Leos des Dreizehnter, der trotz seiner
94 Jahre wiederholt schwere Krankheitsfälle wunderbar überstanden hatte, die ganze
zivilisierte Welt in Spannung, daß sogar wichtige politische Ereignisse vollständig
in den Hintergrund gedrängt wurden. Und wie groß die aufrichtige Teilnahme
an seiner letzten schweren Krankheit war, die diesen längst geschwächten Körper nun
doch dahinraffte, bewiesen die vielen tausend telegraphischen Erkundigungen während
der Krankheit und die Beileidsdcpeschen bei seinem Ableben, die von Fürsten, Städten
und Korporationen der ganzen Welt bei seinem treuen Kanzler, dein unbeugsamen
Kardinal Rampolla, einliefen.

So bekannt auch der Se. Peter, die größte und prächtigste Kirche der Christen¬
heit, und einzelne Teile des Vatikans mit seinen retchen Sammlungen sind, so wenig
weiß man von den Prunk- und Staatsgemächern im Vatikan, die sehr schwer zugänglich
sind, und die außer bei Audienzen wohl selten der Fuß eines Unberufnen betreten
hat. Seit das Konklave den Kardinal G. Sarto zum Nachfolger für den Stuhl
Petri erwählt hat, ist das Interesse für diese geheimnisvolle Welt und die Wohnung
Pius des Zehnten gewachsen. So verlohnt es sich Wohl, die prächtigen Räume
zu beschreiben, die wir während unsres langjährigen Aufenthalts in der ewigen
Stadt wiederholt zu besuchen Gelegenheit gehabt hatten, zumal da bisher noch nicht
viel über sie in die Öffentlichkeit gelangt sein dürfte.

Rechts neben der Peterskirche sieht man einen umfangreichen Komplex von
Gebäuden, aus denen sich vor den andern ein mächtiger fast quadratischer Palast
besonders hervorhebt, der im zweiten Stock die Wohnung des verstorbnen Papstes
und darüber (im letzten Stockwerk) die seines damaligen energischen Kanzlers enthielt.
Während die Fenster dieser Wohnungen nach dem Petersplatz hinausgehn, liegeu die
Staatsgemächer, die ebenfalls im zweiten Stock sind, nach den innern Höfen, also
nach Osten und Norden zu. Der Weg von der Bronzetür, dem allgemeinen Eingange
zum Vatikan, bis zur obern Wachtstube der Schweizer dauert wohl eine Viertel¬
stunde, da man bei den verschiedensten Posten, die Tür und Treppe bewacht
halten, sich genau ausweisen muß. Über die nusgetretue heilige Treppe rechts
hinauf gelangt man zu dem schon von außen deutlich erkennbaren Damasushof, der


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0500" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/293297"/>
            <fw type="header" place="top"> Maßgebliches und Unmaßgebliches</fw><lb/>
            <p xml:id="ID_2803"> Jetzt scheint auch in den Kreisen des &#x201E;vierten Standes," dem sein mächtiger<lb/>
Aufschwung manchen ehrlichen Idealisten zugeführt hat, die Erkenntnis allmählich<lb/>
aufzudämmern, daß die gewissenlose Agitationspolitik der alten Rattenfänger den<lb/>
Ast abzusägen wohl geeignet ist, auf dem eben der vierte Stand selbst sitzt, und<lb/>
man muß doch sagen, mit Behagen und Selbstgefühl sitzt. Es ist ihm ja seit<lb/>
zwanzig Jahren von denen, die er verachtet, in immer neuen Tönen gesagt worden,<lb/>
daß man es mit ihm gut meine und seine berechtigten Forderungen, so weit es<lb/>
das Wohl der Gesamtheit erlaubt, berücksichtigen und erfüllen wolle.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_2804"> Die Erkenntnis dämmert auch den mit Übelwollen genährten Massen auf, daß<lb/>
die Kapitalisten nicht bloß Ausbeuter sind, und daß die Religion nicht bloß Pfaffen¬<lb/>
trug ist, und daß die Affenlehre naturwissenschaftlicher Religionsstifter, wie Haeckel,<lb/>
nicht bloß Wissenschaft ist. Glück auf! Wenn diese Einsicht erstarkt, werden sich<lb/>
die &#x201E;Volksschranzen" mehr und mehr als das, was sie sind, enthüllen. Die Mög¬<lb/>
lichkeit zu ehrlicher Zusammenarbeit für das Wohl des Ganzen, die billige Aner¬<lb/>
kennung der Tatsache, daß es im Staatsleben sehr verschiedene, aber gleichberechtigte<lb/>
Interessen gibt, wird festere Gestalt gewinnen. Das Gefühl des Unbehagens, das<lb/>
jetzt wie ein beißender Nebel in alle öffentlichen Verhältnisse dringt, wird der Er¬<lb/>
kenntnis weichen, daß getrennt marschieren das vereinte schlagen nicht aufhebt. Ja,<lb/><note type="byline"> H.</note> wird das geschehn?  I^borsnms! </p><lb/>
          </div>
          <div n="2">
            <head> Ein Besuch im Vatikan.</head>
            <p xml:id="ID_2805"> Wie der Vatikan als geistiger und weltlicher<lb/>
Mittelpunkt der katholischen Kirche seit alters her ein besondres Interesse bean¬<lb/>
sprucht hat, das auch nach dem 20. September 1870, dem Falle des weltlichen<lb/>
Papato, wenn auch unter veränderten Verhältnissen bestehn blieb, so hielt auch jetzt<lb/>
wieder das langsame Dahinsiechen des greifen Leos des Dreizehnter, der trotz seiner<lb/>
94 Jahre wiederholt schwere Krankheitsfälle wunderbar überstanden hatte, die ganze<lb/>
zivilisierte Welt in Spannung, daß sogar wichtige politische Ereignisse vollständig<lb/>
in den Hintergrund gedrängt wurden. Und wie groß die aufrichtige Teilnahme<lb/>
an seiner letzten schweren Krankheit war, die diesen längst geschwächten Körper nun<lb/>
doch dahinraffte, bewiesen die vielen tausend telegraphischen Erkundigungen während<lb/>
der Krankheit und die Beileidsdcpeschen bei seinem Ableben, die von Fürsten, Städten<lb/>
und Korporationen der ganzen Welt bei seinem treuen Kanzler, dein unbeugsamen<lb/>
Kardinal Rampolla, einliefen.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_2806"> So bekannt auch der Se. Peter, die größte und prächtigste Kirche der Christen¬<lb/>
heit, und einzelne Teile des Vatikans mit seinen retchen Sammlungen sind, so wenig<lb/>
weiß man von den Prunk- und Staatsgemächern im Vatikan, die sehr schwer zugänglich<lb/>
sind, und die außer bei Audienzen wohl selten der Fuß eines Unberufnen betreten<lb/>
hat. Seit das Konklave den Kardinal G. Sarto zum Nachfolger für den Stuhl<lb/>
Petri erwählt hat, ist das Interesse für diese geheimnisvolle Welt und die Wohnung<lb/>
Pius des Zehnten gewachsen. So verlohnt es sich Wohl, die prächtigen Räume<lb/>
zu beschreiben, die wir während unsres langjährigen Aufenthalts in der ewigen<lb/>
Stadt wiederholt zu besuchen Gelegenheit gehabt hatten, zumal da bisher noch nicht<lb/>
viel über sie in die Öffentlichkeit gelangt sein dürfte.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_2807" next="#ID_2808"> Rechts neben der Peterskirche sieht man einen umfangreichen Komplex von<lb/>
Gebäuden, aus denen sich vor den andern ein mächtiger fast quadratischer Palast<lb/>
besonders hervorhebt, der im zweiten Stock die Wohnung des verstorbnen Papstes<lb/>
und darüber (im letzten Stockwerk) die seines damaligen energischen Kanzlers enthielt.<lb/>
Während die Fenster dieser Wohnungen nach dem Petersplatz hinausgehn, liegeu die<lb/>
Staatsgemächer, die ebenfalls im zweiten Stock sind, nach den innern Höfen, also<lb/>
nach Osten und Norden zu. Der Weg von der Bronzetür, dem allgemeinen Eingange<lb/>
zum Vatikan, bis zur obern Wachtstube der Schweizer dauert wohl eine Viertel¬<lb/>
stunde, da man bei den verschiedensten Posten, die Tür und Treppe bewacht<lb/>
halten, sich genau ausweisen muß. Über die nusgetretue heilige Treppe rechts<lb/>
hinauf gelangt man zu dem schon von außen deutlich erkennbaren Damasushof, der</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0500] Maßgebliches und Unmaßgebliches Jetzt scheint auch in den Kreisen des „vierten Standes," dem sein mächtiger Aufschwung manchen ehrlichen Idealisten zugeführt hat, die Erkenntnis allmählich aufzudämmern, daß die gewissenlose Agitationspolitik der alten Rattenfänger den Ast abzusägen wohl geeignet ist, auf dem eben der vierte Stand selbst sitzt, und man muß doch sagen, mit Behagen und Selbstgefühl sitzt. Es ist ihm ja seit zwanzig Jahren von denen, die er verachtet, in immer neuen Tönen gesagt worden, daß man es mit ihm gut meine und seine berechtigten Forderungen, so weit es das Wohl der Gesamtheit erlaubt, berücksichtigen und erfüllen wolle. Die Erkenntnis dämmert auch den mit Übelwollen genährten Massen auf, daß die Kapitalisten nicht bloß Ausbeuter sind, und daß die Religion nicht bloß Pfaffen¬ trug ist, und daß die Affenlehre naturwissenschaftlicher Religionsstifter, wie Haeckel, nicht bloß Wissenschaft ist. Glück auf! Wenn diese Einsicht erstarkt, werden sich die „Volksschranzen" mehr und mehr als das, was sie sind, enthüllen. Die Mög¬ lichkeit zu ehrlicher Zusammenarbeit für das Wohl des Ganzen, die billige Aner¬ kennung der Tatsache, daß es im Staatsleben sehr verschiedene, aber gleichberechtigte Interessen gibt, wird festere Gestalt gewinnen. Das Gefühl des Unbehagens, das jetzt wie ein beißender Nebel in alle öffentlichen Verhältnisse dringt, wird der Er¬ kenntnis weichen, daß getrennt marschieren das vereinte schlagen nicht aufhebt. Ja, H. wird das geschehn? I^borsnms! Ein Besuch im Vatikan. Wie der Vatikan als geistiger und weltlicher Mittelpunkt der katholischen Kirche seit alters her ein besondres Interesse bean¬ sprucht hat, das auch nach dem 20. September 1870, dem Falle des weltlichen Papato, wenn auch unter veränderten Verhältnissen bestehn blieb, so hielt auch jetzt wieder das langsame Dahinsiechen des greifen Leos des Dreizehnter, der trotz seiner 94 Jahre wiederholt schwere Krankheitsfälle wunderbar überstanden hatte, die ganze zivilisierte Welt in Spannung, daß sogar wichtige politische Ereignisse vollständig in den Hintergrund gedrängt wurden. Und wie groß die aufrichtige Teilnahme an seiner letzten schweren Krankheit war, die diesen längst geschwächten Körper nun doch dahinraffte, bewiesen die vielen tausend telegraphischen Erkundigungen während der Krankheit und die Beileidsdcpeschen bei seinem Ableben, die von Fürsten, Städten und Korporationen der ganzen Welt bei seinem treuen Kanzler, dein unbeugsamen Kardinal Rampolla, einliefen. So bekannt auch der Se. Peter, die größte und prächtigste Kirche der Christen¬ heit, und einzelne Teile des Vatikans mit seinen retchen Sammlungen sind, so wenig weiß man von den Prunk- und Staatsgemächern im Vatikan, die sehr schwer zugänglich sind, und die außer bei Audienzen wohl selten der Fuß eines Unberufnen betreten hat. Seit das Konklave den Kardinal G. Sarto zum Nachfolger für den Stuhl Petri erwählt hat, ist das Interesse für diese geheimnisvolle Welt und die Wohnung Pius des Zehnten gewachsen. So verlohnt es sich Wohl, die prächtigen Räume zu beschreiben, die wir während unsres langjährigen Aufenthalts in der ewigen Stadt wiederholt zu besuchen Gelegenheit gehabt hatten, zumal da bisher noch nicht viel über sie in die Öffentlichkeit gelangt sein dürfte. Rechts neben der Peterskirche sieht man einen umfangreichen Komplex von Gebäuden, aus denen sich vor den andern ein mächtiger fast quadratischer Palast besonders hervorhebt, der im zweiten Stock die Wohnung des verstorbnen Papstes und darüber (im letzten Stockwerk) die seines damaligen energischen Kanzlers enthielt. Während die Fenster dieser Wohnungen nach dem Petersplatz hinausgehn, liegeu die Staatsgemächer, die ebenfalls im zweiten Stock sind, nach den innern Höfen, also nach Osten und Norden zu. Der Weg von der Bronzetür, dem allgemeinen Eingange zum Vatikan, bis zur obern Wachtstube der Schweizer dauert wohl eine Viertel¬ stunde, da man bei den verschiedensten Posten, die Tür und Treppe bewacht halten, sich genau ausweisen muß. Über die nusgetretue heilige Treppe rechts hinauf gelangt man zu dem schon von außen deutlich erkennbaren Damasushof, der

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_292796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_292796/500
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_292796/500>, abgerufen am 06.05.2024.