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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Drittes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

des Prozesses zu bemächtigen und vor einem preußischen Gerichtshofe ein regel¬
rechtes Ankläger-erfahren gegen Rußland und die russische Regierung zu etablieren.
So etwas zuzulassen, kann nicht die Aufgabe preußischer Gerichte sein. Gegen die
auf einer Berliner Volksversammlung mit großem Gepolter vorgetragne Absicht,
den Kampf gegen die russische Regierung mit allen Mitteln weiterführen zu wollen,
wird sich hoffentlich ein starker Riegel finden.

Zu der Notiz im vorigen Reichsspiegel über die Niederschrift .König
Wilhelms zu Horttz am 5. Juli 1866 ist ergänzend zu bemerken, daß die erste
Veröffentlichung nicht dnrch Lettow-Vorbeck, sondern, durch Sybel geschehe" ist. In
seiner "Begründung des Deutschen Reichs" V, 221 findet sich die betreffende
Notiz. Bemerkenswert ist, daß während der König die "Abtretung" der hanno-
verschen Erbansprüche auf Braunschweig verlangt, Vismarck vier Tage später in
einem Erlaß an den Gesandten Grafen von der Goltz in Paris, Pardubitz. 9. Juli
"die Anerkennung unsrer Suecessionsansprüche aus Braunschweig" (durch Hannover)
unter den von Preußen aufzustellenden Bedingungen unfführt. (Ebenda S. 250.)


*s* '


Zukunftspädagogik.

Eine Übersicht über die zahllosen Vorschläge zu eiuer
Erziehungs- und Schulreform und ihre Sichtung nach dem Grade der Brauchbarkeit
ist keine ganz unnütze Arbeit. Wilhelm Münch hat sie in einem Buche versucht,
das sich zunächst dnrch seinen in Anbetracht der Stoffmasse kleinen Umfang empfiehlt:
Zukunftspädagogik. Utopien, Ideale, Möglichkeiten. (Berlin, Georg Reimer, 1904.)
Das Utopische, meint er, dürfe man nicht verspotten, dem revolutionär Klingenden
nicht die Ohren verschließen, denn es lasse sich nicht genau voraus bestimmen, was
in Zukunft einmal möglich sein wird, und von Fachmännern werde immer jede tief¬
greifende Änderung als revolutionär verschrien, möge sie auch noch so notwendig
sein. Überdies wiederholten unsre modernen Schulrevolutiouäre vielfach nur, ohne
es zu ahnen, was schon die Autoritäten des Pädagogischen Jahrhunderts und die
großen Geister einer entferntem Vergangenheit gesagt und gefordert hätten. Er
hat aus der unübersehbaren Fülle nur herausgegriffen, was ihm das originellste
zu sein schien, und die ausgewählten Reformatoren nicht nach der Zeitfolge geordnet,
sondern so, daß das Radikalste den Anfang macht und allmählich das Maßvolle
und Praktischere zu Worte kommt. Er beginnt demgemäß mit der Schwedin Ellen
Key, der man jetzt so oft in deutschen Zeitschriften begegnet, und zeigt, wie sich in
ihr Revolutionäres mit Reaktionärem auf das wunderlichste verbindet. Von ihrem
Studienplan sagt er: "Man könnte sich über manchen dieser Punkte mit ihr ver¬
ständigen, wenn bei dieser Schriftstellerin zum Verständigen so viel Neigung wäre
wie zum Verblüffen." Es folgen einige bei uus wenig bekannte Franzosen, dann
der Amerikaner John Dewey, und die Reihe der Deutschen, unter denen wir auch
Natorp finden, beginnt mit Güßfeldt und Gurlitt. Seine eignen Vorschläge, praktische
Ausblicke nennt er sie, leitet er mit einer Abgrenzung ein. "Zu hoch gehen alle
Erwartungen, die eine völlige Erneuerung des erzieherischen Geistes in der gesamten
Nation oder Gesellschaft einschließen, eine Periode des reifen Bewußtseins, des ge¬
klärten reinen Wollens bei den Erziehenden kommen sehen, eine Einsicht und Selbst¬
beherrschung auch der bloß natürlichen Erzieher, wie sie allein der Aufgabe wirklich
entspräche, die Herrschaft einer edel sozialen Gesinnung als Frucht und als Grund¬
lage allgemein guter Erziehung. Schwerlich Wertvolles könnte man erwarten bei
der Durchführung solcher Vorschläge, bei denen man glaubt, die Grundlagen der
bestehenden Organisation nur umkehren zu müssen, um das Rechte aufbauen zu
können. . . . Daß man verwickelte Fragen der Unterrichtsorganisation zu leicht
nimmt, ist eine weitere Art der Verfehlung bei vielen der angeführten Vorschläge. . . .
Ungerechtigkeit schließt in vielen Fällen die Beurteilung der bestehenden Schulerziehung
ein. Als Wirkung der Schule wird nicht selten hingestellt, was vielmehr Wirkung


Maßgebliches und Unmaßgebliches

des Prozesses zu bemächtigen und vor einem preußischen Gerichtshofe ein regel¬
rechtes Ankläger-erfahren gegen Rußland und die russische Regierung zu etablieren.
So etwas zuzulassen, kann nicht die Aufgabe preußischer Gerichte sein. Gegen die
auf einer Berliner Volksversammlung mit großem Gepolter vorgetragne Absicht,
den Kampf gegen die russische Regierung mit allen Mitteln weiterführen zu wollen,
wird sich hoffentlich ein starker Riegel finden.

Zu der Notiz im vorigen Reichsspiegel über die Niederschrift .König
Wilhelms zu Horttz am 5. Juli 1866 ist ergänzend zu bemerken, daß die erste
Veröffentlichung nicht dnrch Lettow-Vorbeck, sondern, durch Sybel geschehe» ist. In
seiner „Begründung des Deutschen Reichs" V, 221 findet sich die betreffende
Notiz. Bemerkenswert ist, daß während der König die „Abtretung" der hanno-
verschen Erbansprüche auf Braunschweig verlangt, Vismarck vier Tage später in
einem Erlaß an den Gesandten Grafen von der Goltz in Paris, Pardubitz. 9. Juli
„die Anerkennung unsrer Suecessionsansprüche aus Braunschweig" (durch Hannover)
unter den von Preußen aufzustellenden Bedingungen unfführt. (Ebenda S. 250.)


*s* '


Zukunftspädagogik.

Eine Übersicht über die zahllosen Vorschläge zu eiuer
Erziehungs- und Schulreform und ihre Sichtung nach dem Grade der Brauchbarkeit
ist keine ganz unnütze Arbeit. Wilhelm Münch hat sie in einem Buche versucht,
das sich zunächst dnrch seinen in Anbetracht der Stoffmasse kleinen Umfang empfiehlt:
Zukunftspädagogik. Utopien, Ideale, Möglichkeiten. (Berlin, Georg Reimer, 1904.)
Das Utopische, meint er, dürfe man nicht verspotten, dem revolutionär Klingenden
nicht die Ohren verschließen, denn es lasse sich nicht genau voraus bestimmen, was
in Zukunft einmal möglich sein wird, und von Fachmännern werde immer jede tief¬
greifende Änderung als revolutionär verschrien, möge sie auch noch so notwendig
sein. Überdies wiederholten unsre modernen Schulrevolutiouäre vielfach nur, ohne
es zu ahnen, was schon die Autoritäten des Pädagogischen Jahrhunderts und die
großen Geister einer entferntem Vergangenheit gesagt und gefordert hätten. Er
hat aus der unübersehbaren Fülle nur herausgegriffen, was ihm das originellste
zu sein schien, und die ausgewählten Reformatoren nicht nach der Zeitfolge geordnet,
sondern so, daß das Radikalste den Anfang macht und allmählich das Maßvolle
und Praktischere zu Worte kommt. Er beginnt demgemäß mit der Schwedin Ellen
Key, der man jetzt so oft in deutschen Zeitschriften begegnet, und zeigt, wie sich in
ihr Revolutionäres mit Reaktionärem auf das wunderlichste verbindet. Von ihrem
Studienplan sagt er: „Man könnte sich über manchen dieser Punkte mit ihr ver¬
ständigen, wenn bei dieser Schriftstellerin zum Verständigen so viel Neigung wäre
wie zum Verblüffen." Es folgen einige bei uus wenig bekannte Franzosen, dann
der Amerikaner John Dewey, und die Reihe der Deutschen, unter denen wir auch
Natorp finden, beginnt mit Güßfeldt und Gurlitt. Seine eignen Vorschläge, praktische
Ausblicke nennt er sie, leitet er mit einer Abgrenzung ein. „Zu hoch gehen alle
Erwartungen, die eine völlige Erneuerung des erzieherischen Geistes in der gesamten
Nation oder Gesellschaft einschließen, eine Periode des reifen Bewußtseins, des ge¬
klärten reinen Wollens bei den Erziehenden kommen sehen, eine Einsicht und Selbst¬
beherrschung auch der bloß natürlichen Erzieher, wie sie allein der Aufgabe wirklich
entspräche, die Herrschaft einer edel sozialen Gesinnung als Frucht und als Grund¬
lage allgemein guter Erziehung. Schwerlich Wertvolles könnte man erwarten bei
der Durchführung solcher Vorschläge, bei denen man glaubt, die Grundlagen der
bestehenden Organisation nur umkehren zu müssen, um das Rechte aufbauen zu
können. . . . Daß man verwickelte Fragen der Unterrichtsorganisation zu leicht
nimmt, ist eine weitere Art der Verfehlung bei vielen der angeführten Vorschläge. . . .
Ungerechtigkeit schließt in vielen Fällen die Beurteilung der bestehenden Schulerziehung
ein. Als Wirkung der Schule wird nicht selten hingestellt, was vielmehr Wirkung


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[0309] Maßgebliches und Unmaßgebliches des Prozesses zu bemächtigen und vor einem preußischen Gerichtshofe ein regel¬ rechtes Ankläger-erfahren gegen Rußland und die russische Regierung zu etablieren. So etwas zuzulassen, kann nicht die Aufgabe preußischer Gerichte sein. Gegen die auf einer Berliner Volksversammlung mit großem Gepolter vorgetragne Absicht, den Kampf gegen die russische Regierung mit allen Mitteln weiterführen zu wollen, wird sich hoffentlich ein starker Riegel finden. Zu der Notiz im vorigen Reichsspiegel über die Niederschrift .König Wilhelms zu Horttz am 5. Juli 1866 ist ergänzend zu bemerken, daß die erste Veröffentlichung nicht dnrch Lettow-Vorbeck, sondern, durch Sybel geschehe» ist. In seiner „Begründung des Deutschen Reichs" V, 221 findet sich die betreffende Notiz. Bemerkenswert ist, daß während der König die „Abtretung" der hanno- verschen Erbansprüche auf Braunschweig verlangt, Vismarck vier Tage später in einem Erlaß an den Gesandten Grafen von der Goltz in Paris, Pardubitz. 9. Juli „die Anerkennung unsrer Suecessionsansprüche aus Braunschweig" (durch Hannover) unter den von Preußen aufzustellenden Bedingungen unfführt. (Ebenda S. 250.) *s* ' Zukunftspädagogik. Eine Übersicht über die zahllosen Vorschläge zu eiuer Erziehungs- und Schulreform und ihre Sichtung nach dem Grade der Brauchbarkeit ist keine ganz unnütze Arbeit. Wilhelm Münch hat sie in einem Buche versucht, das sich zunächst dnrch seinen in Anbetracht der Stoffmasse kleinen Umfang empfiehlt: Zukunftspädagogik. Utopien, Ideale, Möglichkeiten. (Berlin, Georg Reimer, 1904.) Das Utopische, meint er, dürfe man nicht verspotten, dem revolutionär Klingenden nicht die Ohren verschließen, denn es lasse sich nicht genau voraus bestimmen, was in Zukunft einmal möglich sein wird, und von Fachmännern werde immer jede tief¬ greifende Änderung als revolutionär verschrien, möge sie auch noch so notwendig sein. Überdies wiederholten unsre modernen Schulrevolutiouäre vielfach nur, ohne es zu ahnen, was schon die Autoritäten des Pädagogischen Jahrhunderts und die großen Geister einer entferntem Vergangenheit gesagt und gefordert hätten. Er hat aus der unübersehbaren Fülle nur herausgegriffen, was ihm das originellste zu sein schien, und die ausgewählten Reformatoren nicht nach der Zeitfolge geordnet, sondern so, daß das Radikalste den Anfang macht und allmählich das Maßvolle und Praktischere zu Worte kommt. Er beginnt demgemäß mit der Schwedin Ellen Key, der man jetzt so oft in deutschen Zeitschriften begegnet, und zeigt, wie sich in ihr Revolutionäres mit Reaktionärem auf das wunderlichste verbindet. Von ihrem Studienplan sagt er: „Man könnte sich über manchen dieser Punkte mit ihr ver¬ ständigen, wenn bei dieser Schriftstellerin zum Verständigen so viel Neigung wäre wie zum Verblüffen." Es folgen einige bei uus wenig bekannte Franzosen, dann der Amerikaner John Dewey, und die Reihe der Deutschen, unter denen wir auch Natorp finden, beginnt mit Güßfeldt und Gurlitt. Seine eignen Vorschläge, praktische Ausblicke nennt er sie, leitet er mit einer Abgrenzung ein. „Zu hoch gehen alle Erwartungen, die eine völlige Erneuerung des erzieherischen Geistes in der gesamten Nation oder Gesellschaft einschließen, eine Periode des reifen Bewußtseins, des ge¬ klärten reinen Wollens bei den Erziehenden kommen sehen, eine Einsicht und Selbst¬ beherrschung auch der bloß natürlichen Erzieher, wie sie allein der Aufgabe wirklich entspräche, die Herrschaft einer edel sozialen Gesinnung als Frucht und als Grund¬ lage allgemein guter Erziehung. Schwerlich Wertvolles könnte man erwarten bei der Durchführung solcher Vorschläge, bei denen man glaubt, die Grundlagen der bestehenden Organisation nur umkehren zu müssen, um das Rechte aufbauen zu können. . . . Daß man verwickelte Fragen der Unterrichtsorganisation zu leicht nimmt, ist eine weitere Art der Verfehlung bei vielen der angeführten Vorschläge. . . . Ungerechtigkeit schließt in vielen Fällen die Beurteilung der bestehenden Schulerziehung ein. Als Wirkung der Schule wird nicht selten hingestellt, was vielmehr Wirkung

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_294416/309>, abgerufen am 28.04.2024.