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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Drittes Vierteljahr.

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Im Lande der tausend Seen

ihm in solchen Fällen Stücke zu Gesicht, die sich nicht auf seinen Sprengel
beziehen, sondern auf ein andres Gebiet; dann muß er dem Eigentümer an¬
geben, wie sich diese Stücke verwerten lassen. Solchen Aufgaben aber ist nur
der gewachsen, der durch eigne Arbeit mit dem Stande und den Fortschritten
der historischen Wissenschaft vertraut ist. Außerdem aber hätte Sybel noch
sagen können, daß das Diensteinkommen der Archivbeamten nur für Militär-
anwürter, also Snbalternbeamte, genüge, und daß man deshalb den Archivaren
eine literarische Nebenbeschäftigung nicht verwehren dürfe. Hiermit berühren
wir den wundesten Fleck in Sybels Verwaltung, nämlich die Rang- und
Gehaltveryültnisse ^"tut fötal. .




Im Lande der tausend ^een
Benvenuto Sartorius Erinnerungen von (Schluß)
4. Andrea, Parikalla --punkaharjo--Nyslott. Rückfahrt über den großen
salina, Zvillmannsstranb--Lauritsala

MM
MZpunkaharjo, "die Perle Finnlands," ist nächst dem Jmatra das
Ziel fast aller das Land der tausend Seen bereisenden Touristen.
Ich sage, nächst dem Jmatra, denn da der Ausflug weit längere
Zeit in Anspruch nimmt, ist es nicht jedem möglich, dieses wunder¬
bare weltferne kleine Paradies aufzusuchen. Eine Fahrt nach
> Punkaharjo beansprucht drei Tage, der Jmatra dagegen ist durch
die vor einem Jahrzehnt erbaute Eisenbahn dem Petersburger ganz nahe gerückt.
Der von dem großen Touristenschwarm bevorzugte Weg nach Punkaharjo führt
über Willmannsstrand-Nyslvtt. Entweder man macht die ganze Fahrt von Wiborg
aus mit dem Dampfer, sodaß dem Reisenden die Gelegenheit geboten ist, das
Saimakanalnetz in seiner ganzen Ausdehnung kennen zu lernen, oder man be¬
nutzt die von der Helsingforser Linie abzweigende Seitenbahn nach Willmanns-
strand, wodurch die Reise um mehr als zehn Stunden abgekürzt wird.

Da es uns reizte, einmal etwas weniger breitgetretne Wege zu wandeln
und die Gelegenheit wahrzunehmen, Land und Leute kennen zu lernen, hatten
wir uns mit Hilfe landeskundiger Freunde eine kleine Rundreise zusammen¬
gestellt, die allerdings etwas anstrengend ist, wenigstens wenn sie in so ge¬
drängter Zeit ausgeführt wird, wie wir es taten.

Noch etwas verschlafen ließen wir uns in früher Morgenstunde von
einem alten Bootsmann über den See rudern und erreichten noch glücklich
den halb sieben Uhr aus Wiborg abfahrenden Jmcitrazug. Die erste Halte¬
stelle, Taili, liegt an einem waldumschlossenen weitausgedehnter See, die
Gegend ist sehr malerisch und soll hervorragend schöne Felspartien aufweisen,
wie uns ein Mitreisender erzählte. Im ganzen bietet die anderthalbstündige
Fahrt bis Andrea wenig Abwechslung.

Andrea selbst liegt entzückend schön am Ufer des zum breiten schiff¬
baren Fluß angewachsnen Wuoksen, den die Bahn hier auf einer impo¬
santen, kühngespannten eisernen Brücke überschreitet, wobei man nach beiden
Seiten hin malerische Einblicke in das tiefemschneidende Flußtal hat, das von
zahlreichen Villen belebt ist. Andrea ist der Ausgangspunkt der Dampfschiff-


Grenzboten HI 1904 45
Im Lande der tausend Seen

ihm in solchen Fällen Stücke zu Gesicht, die sich nicht auf seinen Sprengel
beziehen, sondern auf ein andres Gebiet; dann muß er dem Eigentümer an¬
geben, wie sich diese Stücke verwerten lassen. Solchen Aufgaben aber ist nur
der gewachsen, der durch eigne Arbeit mit dem Stande und den Fortschritten
der historischen Wissenschaft vertraut ist. Außerdem aber hätte Sybel noch
sagen können, daß das Diensteinkommen der Archivbeamten nur für Militär-
anwürter, also Snbalternbeamte, genüge, und daß man deshalb den Archivaren
eine literarische Nebenbeschäftigung nicht verwehren dürfe. Hiermit berühren
wir den wundesten Fleck in Sybels Verwaltung, nämlich die Rang- und
Gehaltveryültnisse ^»tut fötal. .




Im Lande der tausend ^een
Benvenuto Sartorius Erinnerungen von (Schluß)
4. Andrea, Parikalla —punkaharjo—Nyslott. Rückfahrt über den großen
salina, Zvillmannsstranb—Lauritsala

MM
MZpunkaharjo, „die Perle Finnlands," ist nächst dem Jmatra das
Ziel fast aller das Land der tausend Seen bereisenden Touristen.
Ich sage, nächst dem Jmatra, denn da der Ausflug weit längere
Zeit in Anspruch nimmt, ist es nicht jedem möglich, dieses wunder¬
bare weltferne kleine Paradies aufzusuchen. Eine Fahrt nach
> Punkaharjo beansprucht drei Tage, der Jmatra dagegen ist durch
die vor einem Jahrzehnt erbaute Eisenbahn dem Petersburger ganz nahe gerückt.
Der von dem großen Touristenschwarm bevorzugte Weg nach Punkaharjo führt
über Willmannsstrand-Nyslvtt. Entweder man macht die ganze Fahrt von Wiborg
aus mit dem Dampfer, sodaß dem Reisenden die Gelegenheit geboten ist, das
Saimakanalnetz in seiner ganzen Ausdehnung kennen zu lernen, oder man be¬
nutzt die von der Helsingforser Linie abzweigende Seitenbahn nach Willmanns-
strand, wodurch die Reise um mehr als zehn Stunden abgekürzt wird.

Da es uns reizte, einmal etwas weniger breitgetretne Wege zu wandeln
und die Gelegenheit wahrzunehmen, Land und Leute kennen zu lernen, hatten
wir uns mit Hilfe landeskundiger Freunde eine kleine Rundreise zusammen¬
gestellt, die allerdings etwas anstrengend ist, wenigstens wenn sie in so ge¬
drängter Zeit ausgeführt wird, wie wir es taten.

Noch etwas verschlafen ließen wir uns in früher Morgenstunde von
einem alten Bootsmann über den See rudern und erreichten noch glücklich
den halb sieben Uhr aus Wiborg abfahrenden Jmcitrazug. Die erste Halte¬
stelle, Taili, liegt an einem waldumschlossenen weitausgedehnter See, die
Gegend ist sehr malerisch und soll hervorragend schöne Felspartien aufweisen,
wie uns ein Mitreisender erzählte. Im ganzen bietet die anderthalbstündige
Fahrt bis Andrea wenig Abwechslung.

Andrea selbst liegt entzückend schön am Ufer des zum breiten schiff¬
baren Fluß angewachsnen Wuoksen, den die Bahn hier auf einer impo¬
santen, kühngespannten eisernen Brücke überschreitet, wobei man nach beiden
Seiten hin malerische Einblicke in das tiefemschneidende Flußtal hat, das von
zahlreichen Villen belebt ist. Andrea ist der Ausgangspunkt der Dampfschiff-


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[0343] Im Lande der tausend Seen ihm in solchen Fällen Stücke zu Gesicht, die sich nicht auf seinen Sprengel beziehen, sondern auf ein andres Gebiet; dann muß er dem Eigentümer an¬ geben, wie sich diese Stücke verwerten lassen. Solchen Aufgaben aber ist nur der gewachsen, der durch eigne Arbeit mit dem Stande und den Fortschritten der historischen Wissenschaft vertraut ist. Außerdem aber hätte Sybel noch sagen können, daß das Diensteinkommen der Archivbeamten nur für Militär- anwürter, also Snbalternbeamte, genüge, und daß man deshalb den Archivaren eine literarische Nebenbeschäftigung nicht verwehren dürfe. Hiermit berühren wir den wundesten Fleck in Sybels Verwaltung, nämlich die Rang- und Gehaltveryültnisse ^»tut fötal. . Im Lande der tausend ^een Benvenuto Sartorius Erinnerungen von (Schluß) 4. Andrea, Parikalla —punkaharjo—Nyslott. Rückfahrt über den großen salina, Zvillmannsstranb—Lauritsala MM MZpunkaharjo, „die Perle Finnlands," ist nächst dem Jmatra das Ziel fast aller das Land der tausend Seen bereisenden Touristen. Ich sage, nächst dem Jmatra, denn da der Ausflug weit längere Zeit in Anspruch nimmt, ist es nicht jedem möglich, dieses wunder¬ bare weltferne kleine Paradies aufzusuchen. Eine Fahrt nach > Punkaharjo beansprucht drei Tage, der Jmatra dagegen ist durch die vor einem Jahrzehnt erbaute Eisenbahn dem Petersburger ganz nahe gerückt. Der von dem großen Touristenschwarm bevorzugte Weg nach Punkaharjo führt über Willmannsstrand-Nyslvtt. Entweder man macht die ganze Fahrt von Wiborg aus mit dem Dampfer, sodaß dem Reisenden die Gelegenheit geboten ist, das Saimakanalnetz in seiner ganzen Ausdehnung kennen zu lernen, oder man be¬ nutzt die von der Helsingforser Linie abzweigende Seitenbahn nach Willmanns- strand, wodurch die Reise um mehr als zehn Stunden abgekürzt wird. Da es uns reizte, einmal etwas weniger breitgetretne Wege zu wandeln und die Gelegenheit wahrzunehmen, Land und Leute kennen zu lernen, hatten wir uns mit Hilfe landeskundiger Freunde eine kleine Rundreise zusammen¬ gestellt, die allerdings etwas anstrengend ist, wenigstens wenn sie in so ge¬ drängter Zeit ausgeführt wird, wie wir es taten. Noch etwas verschlafen ließen wir uns in früher Morgenstunde von einem alten Bootsmann über den See rudern und erreichten noch glücklich den halb sieben Uhr aus Wiborg abfahrenden Jmcitrazug. Die erste Halte¬ stelle, Taili, liegt an einem waldumschlossenen weitausgedehnter See, die Gegend ist sehr malerisch und soll hervorragend schöne Felspartien aufweisen, wie uns ein Mitreisender erzählte. Im ganzen bietet die anderthalbstündige Fahrt bis Andrea wenig Abwechslung. Andrea selbst liegt entzückend schön am Ufer des zum breiten schiff¬ baren Fluß angewachsnen Wuoksen, den die Bahn hier auf einer impo¬ santen, kühngespannten eisernen Brücke überschreitet, wobei man nach beiden Seiten hin malerische Einblicke in das tiefemschneidende Flußtal hat, das von zahlreichen Villen belebt ist. Andrea ist der Ausgangspunkt der Dampfschiff- Grenzboten HI 1904 45

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_294416/343>, abgerufen am 28.04.2024.