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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Viertes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

großen Entscheidungen zu zeigen, daß sie noch die alte geblieben und des Ruhmes
der Väter nicht unwert geworden sei. Der letzte und in seiner Bedeutung seitdem
unerreicht gebliebne Repräsentant des Armeegedankens ist Roon gewesen; schade, daß
sich das bei der Enthüllung seines Denkmals nicht aussprechen ließ.

Der Straßburger Landesausschuß hat nun tatsächlich den Beschluß gefaßt, daß
Elsaß-Lothringen als "eigner Bundesstaat zu konstituieren und den andern Reichs-
gliedcrn verfassungsrechtlich gleichzustellen sei." Ein unmöglicherer Beschluß konnte
im heutigen Deutschen Reiche kaum gefaßt werdeu. Es ist ein verspäteter Nieder¬
schlag der seit den siebziger Jahren dort von preußischen und nichtpreußischen
Beamten ausgegebnen Losung: Los von Berlin! Oberpräsident von Moeller,
Manteuffel, Hohenlohe, sie wollten alle von der "Berliner Einmischung" nichts
wissen oder nur so weit, als sie ihnen bequem war, ein großer Teil ihrer Unter¬
gebnen erst recht nicht. Es war immerhin ein zwar leichtes, aber nicht unbedenk¬
liches Spiel, die Berliner Zentralstellen nebst dem Reichstag als die Ursache aller
Hindernisse für die Beglückung des Reichslandes darzustellen. In Berlin hatte
man eben Größeres als die Straßburger Kirchturminteressen ins Auge zu fassen.
Als zum Beispiel der Paßzwciug an der französischen Grenze eingeführt werden
sollte, wehrte sich Fürst Hohenlohe mit Macht gegen die unpopuläre Maßregel,
bis Bismarck ihm schreiben ließ, alle deutschen Regierungen hätten sofort zugestimmt,
nur der Statthalter von Elsaß-Lothringen mache ihm Schwierigkeiten. Da ver¬
stummte der Widerspruch. Die Tendenz im Reichslande wird immer darauf ge¬
richtet sein, in Straßburg ein neues Nest der Zaunkönige zu erbauen, und es kaun
nie schwer halten, die Landesvertretung zu veranlassen, dazu Ja und Amen zu
sagen, die begreiflicherweise den Reichstag ebenso ungern als höhere Instanz über
sich sieht, wie die Straßburger Verwaltung den Reichskanzler und den Bundesrat.
Aber diese Instanzen ausmerzen, würde den ersten Schritt in der Richtung auf die
Rückkehr zum Dreißigjährigen Kriege bedeuten. Wir glauben nicht, daß sich dazu
irgend ein Glied des Reiches bereit findet. Dem Reiche in seiner Gesamtheit sollte
eine so unglaubliche Politik nicht erst zugemutet werden. Das berühmte Rathaus
v "H" on Schildn können wir in unsern Tagen wirklich nicht mehr bauen.




Der Verleger Georg Müller in München

benutzt ein kleines Mi߬
geschick, das einem unsrer Mitarbeiter widerfahren ist, dazu, die ungeheuerlichsten
Vorwürfe auf die Grenzboten zu schleudern. Der Sachverhalt ist der, daß in
unserm Artikel "Kaiser und Kanzler" in Heft 37 und 38 einige kurze Stellen,
alles in allem etwa 25 Zeilen, soviel wir sehen, in einem 20 Seiten langen Artikel
(die Seite zu 45 Zeilen!) Sätze und Ausdrücke wiedergeben, die in einer bei Müller
erschienenen anonymen Broschüre "Der Kaiser, die Kultur und die Kunst" vor- -
kommen. Unser Mitarbeiter versichert uns, daß er rein aus Versehen unterlassen
habe, an dieser Stelle die Broschüre zu nennen, deren Besprechung noch hatte er¬
folgen sollen; er hatte in den Tagen, als er an seinem Artikel -- der ein Glied
einer ganzen Artikelreihe bildet -- arbeitete, die übrigens beachtenswerte Broschüre
bei ihrem Erscheinen zum Teil gelesen, und hatte dabei gesehen, daß er in mancher
Hinsicht mit ihr übereinstimme; daraus erklärt sich die Übereinstimmung in einer
Reihe von Gedanken und Ausdrücken in Broschüre und Grenzbotenartikel, die aber
gänzlich unwesentlich für den übrigens vollständig selbständigen Inhalt des Artikels
sind. Selbstverständlich hatte die Redaktion keine Ahnung davon, daß überhaupt
Entlehnungen in irgend einem Umfange, willkürliche oder unwillkürliche, geschehen
seien, sie würde sonst ihren Mitarbeiter darauf aufmerksam gemacht haben, daß
die Broschüre als Quelle genannt werden sollte, anch wenn das nach dem Gesetz
nicht geboten gewesen wäre.

Diese geringfügige Unterlassung, die natürlich sofort durch nachträgliche Nennung
der Quelle gut gemacht worden wäre, wenn der Verleger der Broschüre die Re-


Grenzboten IV 1904 32
Maßgebliches und Unmaßgebliches

großen Entscheidungen zu zeigen, daß sie noch die alte geblieben und des Ruhmes
der Väter nicht unwert geworden sei. Der letzte und in seiner Bedeutung seitdem
unerreicht gebliebne Repräsentant des Armeegedankens ist Roon gewesen; schade, daß
sich das bei der Enthüllung seines Denkmals nicht aussprechen ließ.

Der Straßburger Landesausschuß hat nun tatsächlich den Beschluß gefaßt, daß
Elsaß-Lothringen als „eigner Bundesstaat zu konstituieren und den andern Reichs-
gliedcrn verfassungsrechtlich gleichzustellen sei." Ein unmöglicherer Beschluß konnte
im heutigen Deutschen Reiche kaum gefaßt werdeu. Es ist ein verspäteter Nieder¬
schlag der seit den siebziger Jahren dort von preußischen und nichtpreußischen
Beamten ausgegebnen Losung: Los von Berlin! Oberpräsident von Moeller,
Manteuffel, Hohenlohe, sie wollten alle von der „Berliner Einmischung" nichts
wissen oder nur so weit, als sie ihnen bequem war, ein großer Teil ihrer Unter¬
gebnen erst recht nicht. Es war immerhin ein zwar leichtes, aber nicht unbedenk¬
liches Spiel, die Berliner Zentralstellen nebst dem Reichstag als die Ursache aller
Hindernisse für die Beglückung des Reichslandes darzustellen. In Berlin hatte
man eben Größeres als die Straßburger Kirchturminteressen ins Auge zu fassen.
Als zum Beispiel der Paßzwciug an der französischen Grenze eingeführt werden
sollte, wehrte sich Fürst Hohenlohe mit Macht gegen die unpopuläre Maßregel,
bis Bismarck ihm schreiben ließ, alle deutschen Regierungen hätten sofort zugestimmt,
nur der Statthalter von Elsaß-Lothringen mache ihm Schwierigkeiten. Da ver¬
stummte der Widerspruch. Die Tendenz im Reichslande wird immer darauf ge¬
richtet sein, in Straßburg ein neues Nest der Zaunkönige zu erbauen, und es kaun
nie schwer halten, die Landesvertretung zu veranlassen, dazu Ja und Amen zu
sagen, die begreiflicherweise den Reichstag ebenso ungern als höhere Instanz über
sich sieht, wie die Straßburger Verwaltung den Reichskanzler und den Bundesrat.
Aber diese Instanzen ausmerzen, würde den ersten Schritt in der Richtung auf die
Rückkehr zum Dreißigjährigen Kriege bedeuten. Wir glauben nicht, daß sich dazu
irgend ein Glied des Reiches bereit findet. Dem Reiche in seiner Gesamtheit sollte
eine so unglaubliche Politik nicht erst zugemutet werden. Das berühmte Rathaus
v "H" on Schildn können wir in unsern Tagen wirklich nicht mehr bauen.




Der Verleger Georg Müller in München

benutzt ein kleines Mi߬
geschick, das einem unsrer Mitarbeiter widerfahren ist, dazu, die ungeheuerlichsten
Vorwürfe auf die Grenzboten zu schleudern. Der Sachverhalt ist der, daß in
unserm Artikel „Kaiser und Kanzler" in Heft 37 und 38 einige kurze Stellen,
alles in allem etwa 25 Zeilen, soviel wir sehen, in einem 20 Seiten langen Artikel
(die Seite zu 45 Zeilen!) Sätze und Ausdrücke wiedergeben, die in einer bei Müller
erschienenen anonymen Broschüre „Der Kaiser, die Kultur und die Kunst" vor- -
kommen. Unser Mitarbeiter versichert uns, daß er rein aus Versehen unterlassen
habe, an dieser Stelle die Broschüre zu nennen, deren Besprechung noch hatte er¬
folgen sollen; er hatte in den Tagen, als er an seinem Artikel — der ein Glied
einer ganzen Artikelreihe bildet — arbeitete, die übrigens beachtenswerte Broschüre
bei ihrem Erscheinen zum Teil gelesen, und hatte dabei gesehen, daß er in mancher
Hinsicht mit ihr übereinstimme; daraus erklärt sich die Übereinstimmung in einer
Reihe von Gedanken und Ausdrücken in Broschüre und Grenzbotenartikel, die aber
gänzlich unwesentlich für den übrigens vollständig selbständigen Inhalt des Artikels
sind. Selbstverständlich hatte die Redaktion keine Ahnung davon, daß überhaupt
Entlehnungen in irgend einem Umfange, willkürliche oder unwillkürliche, geschehen
seien, sie würde sonst ihren Mitarbeiter darauf aufmerksam gemacht haben, daß
die Broschüre als Quelle genannt werden sollte, anch wenn das nach dem Gesetz
nicht geboten gewesen wäre.

Diese geringfügige Unterlassung, die natürlich sofort durch nachträgliche Nennung
der Quelle gut gemacht worden wäre, wenn der Verleger der Broschüre die Re-


Grenzboten IV 1904 32
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[0243] Maßgebliches und Unmaßgebliches großen Entscheidungen zu zeigen, daß sie noch die alte geblieben und des Ruhmes der Väter nicht unwert geworden sei. Der letzte und in seiner Bedeutung seitdem unerreicht gebliebne Repräsentant des Armeegedankens ist Roon gewesen; schade, daß sich das bei der Enthüllung seines Denkmals nicht aussprechen ließ. Der Straßburger Landesausschuß hat nun tatsächlich den Beschluß gefaßt, daß Elsaß-Lothringen als „eigner Bundesstaat zu konstituieren und den andern Reichs- gliedcrn verfassungsrechtlich gleichzustellen sei." Ein unmöglicherer Beschluß konnte im heutigen Deutschen Reiche kaum gefaßt werdeu. Es ist ein verspäteter Nieder¬ schlag der seit den siebziger Jahren dort von preußischen und nichtpreußischen Beamten ausgegebnen Losung: Los von Berlin! Oberpräsident von Moeller, Manteuffel, Hohenlohe, sie wollten alle von der „Berliner Einmischung" nichts wissen oder nur so weit, als sie ihnen bequem war, ein großer Teil ihrer Unter¬ gebnen erst recht nicht. Es war immerhin ein zwar leichtes, aber nicht unbedenk¬ liches Spiel, die Berliner Zentralstellen nebst dem Reichstag als die Ursache aller Hindernisse für die Beglückung des Reichslandes darzustellen. In Berlin hatte man eben Größeres als die Straßburger Kirchturminteressen ins Auge zu fassen. Als zum Beispiel der Paßzwciug an der französischen Grenze eingeführt werden sollte, wehrte sich Fürst Hohenlohe mit Macht gegen die unpopuläre Maßregel, bis Bismarck ihm schreiben ließ, alle deutschen Regierungen hätten sofort zugestimmt, nur der Statthalter von Elsaß-Lothringen mache ihm Schwierigkeiten. Da ver¬ stummte der Widerspruch. Die Tendenz im Reichslande wird immer darauf ge¬ richtet sein, in Straßburg ein neues Nest der Zaunkönige zu erbauen, und es kaun nie schwer halten, die Landesvertretung zu veranlassen, dazu Ja und Amen zu sagen, die begreiflicherweise den Reichstag ebenso ungern als höhere Instanz über sich sieht, wie die Straßburger Verwaltung den Reichskanzler und den Bundesrat. Aber diese Instanzen ausmerzen, würde den ersten Schritt in der Richtung auf die Rückkehr zum Dreißigjährigen Kriege bedeuten. Wir glauben nicht, daß sich dazu irgend ein Glied des Reiches bereit findet. Dem Reiche in seiner Gesamtheit sollte eine so unglaubliche Politik nicht erst zugemutet werden. Das berühmte Rathaus v "H" on Schildn können wir in unsern Tagen wirklich nicht mehr bauen. Der Verleger Georg Müller in München benutzt ein kleines Mi߬ geschick, das einem unsrer Mitarbeiter widerfahren ist, dazu, die ungeheuerlichsten Vorwürfe auf die Grenzboten zu schleudern. Der Sachverhalt ist der, daß in unserm Artikel „Kaiser und Kanzler" in Heft 37 und 38 einige kurze Stellen, alles in allem etwa 25 Zeilen, soviel wir sehen, in einem 20 Seiten langen Artikel (die Seite zu 45 Zeilen!) Sätze und Ausdrücke wiedergeben, die in einer bei Müller erschienenen anonymen Broschüre „Der Kaiser, die Kultur und die Kunst" vor- - kommen. Unser Mitarbeiter versichert uns, daß er rein aus Versehen unterlassen habe, an dieser Stelle die Broschüre zu nennen, deren Besprechung noch hatte er¬ folgen sollen; er hatte in den Tagen, als er an seinem Artikel — der ein Glied einer ganzen Artikelreihe bildet — arbeitete, die übrigens beachtenswerte Broschüre bei ihrem Erscheinen zum Teil gelesen, und hatte dabei gesehen, daß er in mancher Hinsicht mit ihr übereinstimme; daraus erklärt sich die Übereinstimmung in einer Reihe von Gedanken und Ausdrücken in Broschüre und Grenzbotenartikel, die aber gänzlich unwesentlich für den übrigens vollständig selbständigen Inhalt des Artikels sind. Selbstverständlich hatte die Redaktion keine Ahnung davon, daß überhaupt Entlehnungen in irgend einem Umfange, willkürliche oder unwillkürliche, geschehen seien, sie würde sonst ihren Mitarbeiter darauf aufmerksam gemacht haben, daß die Broschüre als Quelle genannt werden sollte, anch wenn das nach dem Gesetz nicht geboten gewesen wäre. Diese geringfügige Unterlassung, die natürlich sofort durch nachträgliche Nennung der Quelle gut gemacht worden wäre, wenn der Verleger der Broschüre die Re- Grenzboten IV 1904 32

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_295218/243>, abgerufen am 03.05.2024.