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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Viertes Vierteljahr.

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sie, wenn Robert Garde wirklich um sie werben sollte, nicht sofort "ja" sagen wolle.
Sich diesem dummen stolzen Menschen geradezu in die Arme werfen -- nein!

Warum hatte nur der Hauptmann so furchtbare Eile gehabt, fortzukommen,
ehe sie mit ihrem Kaffee fertig gewesen war? Hatte er vielleicht Angst gehabt,
ein Stück Wegs Gesellschaft zu bekommen? Ach du lieber Gott! -- Sie pflegte
nicht zu verlaugei?, daß sie irgend jemand begleitete! . . . Sie war Gott sei Dank
gewohnt, allein durchzukommen.


10

Die gute Frau Briare, die philanthropisch und außerdem auch etwas religiös
angelegt war, hatte noch spät im Herbst einen Nähverein zum Besten der "Weihnachts¬
kobolde" eingerichtet, und die Dame" versammelten sich darum regelmäßig am Mitt¬
woch einmal auf Groß-Markby und das anbrennt in der Villa. "Als gesellige
Zusammenkunft betrachtet -- schrieb Elu freimütig an ihre Schwester -- sind diese
Nähvereine nicht viel besser als die Kasfeevisiten in Lennsjö. Und überdies wird
verlangt, daß man Strümpfe strickt. Du kannst dir keinen Begriff davon macheu,
was für merkwürdige Fersen daran sind."

Immerhin war die "allgemeine Stimmung" dabei von der Art, von der die gute
Tante Ada zu sagen pflegte: Wenn man nur ein wenig Liebe zur Arbeit mitbringt.

Ja, das ist es ja, was Segen bringen soll, sagte die Pröpstin beistimmend.
Bei solchen Gelegenheiten erinnerte sie sich an die Forderungen, die ihr Titel an
sie stellte. Sonst fiel es ihr ein wenig schwer -- dies gab sie vor jedem, der
es hören wollte, offenherzig zu --, die Ansprüche zu erfüllen, die die Zeit an
sie stellte. Der selige Garde, Pflegte sie zu sage", wäre nie so impertinent ge¬
wesen, die Leute nach ihrem Seelenheil zu fragen, was ja heutzutage fast ^ In
riZukur ist.

Aber Mutter, sagte Fräulein Bibbi vorwurfsvoll, das Verlangen nach Ver¬
tiefung und Wahrheit hat sich eben seit jenen Zeiten sehr entwickelt.

Ja ja, erwiderte die alte Dame verletzt. Es ist, wie ich sage: man kommt
nicht mehr mit. Aber dein Vater, mein Kind, ist viele Jahre lang Hofprediger
gewesen, ehe er Propst wurde. Er wußte, was sich schickte. Die Königin Desideria
hat oft Karten mit ihm gespielt.

Solche Einschaltungen waren Ellis Freude an den Nähabenden; sonst hätte
man sich eben nach Lennsjö versetzt glauben können.

Die andern Damen vergnügten sich nicht viel besser als die aufrichtige Elu
über die philanthropischen Kattnnschürzen und all das Gerede über die Fersen. Frau
Olga steckte apathisch die Nadel in ein Stück Dowlas und zog sie ebenso apathisch
wieder heraus, bis sie nahe daran war, vor lauter Gähnen die Mundsperre zu be¬
kommen; und Julie nahte, als gelte es ihr Leben, nur damit sie nicht genötigt
war, aufzusehen oder zu sprechen. Aber niemand hatte den Mut, bei so einem
"Zweck" fern zu bleiben.

Dann gab es Wein und Backwerk -- die Pröpstin war wie ein Schulmädchen
auf Süßigkeiten aus --, und wenn die Teestunde kam, erschienen die Herren, und
dann schlug die Stunde der Erlösung.

Den gewohnten Tee mit belegten Brötchen und Kakeh hatte man an diesen
Mittwochen in ein solides Abendessen von drei Gängen und einen reichlichen "kalten
Tisch" als Vorspeise verwandelt. Die Pröpstin machte ja in dieser Beziehung An¬
sprüche, und es ging nicht an, nur mit ein paar belegten Broden aufzuwarten, wenn
sie dasaß und Aal K Daube und als xiseo as rSÄ"tan<:v einen gefüllten Puten
erwartete. Sie machte nämlich kein Hehl daraus, daß sie das "neumodische Hunger¬
system" nicht "goutiere."

nett und sauber wie ein paar echte Kellnerinnen erschienen die beiden jungen
Mädchen, und da war besonders Dagny in ihrem Element.

Darf ich Ihnen nicht noch einmal einschenken, Herr Rechtsanwalt? Sie haben
ja erst eine Tasse getrunken!


Die Damen auf N5arti>^>

sie, wenn Robert Garde wirklich um sie werben sollte, nicht sofort „ja" sagen wolle.
Sich diesem dummen stolzen Menschen geradezu in die Arme werfen — nein!

Warum hatte nur der Hauptmann so furchtbare Eile gehabt, fortzukommen,
ehe sie mit ihrem Kaffee fertig gewesen war? Hatte er vielleicht Angst gehabt,
ein Stück Wegs Gesellschaft zu bekommen? Ach du lieber Gott! — Sie pflegte
nicht zu verlaugei?, daß sie irgend jemand begleitete! . . . Sie war Gott sei Dank
gewohnt, allein durchzukommen.


10

Die gute Frau Briare, die philanthropisch und außerdem auch etwas religiös
angelegt war, hatte noch spät im Herbst einen Nähverein zum Besten der „Weihnachts¬
kobolde" eingerichtet, und die Dame» versammelten sich darum regelmäßig am Mitt¬
woch einmal auf Groß-Markby und das anbrennt in der Villa. „Als gesellige
Zusammenkunft betrachtet — schrieb Elu freimütig an ihre Schwester — sind diese
Nähvereine nicht viel besser als die Kasfeevisiten in Lennsjö. Und überdies wird
verlangt, daß man Strümpfe strickt. Du kannst dir keinen Begriff davon macheu,
was für merkwürdige Fersen daran sind."

Immerhin war die „allgemeine Stimmung" dabei von der Art, von der die gute
Tante Ada zu sagen pflegte: Wenn man nur ein wenig Liebe zur Arbeit mitbringt.

Ja, das ist es ja, was Segen bringen soll, sagte die Pröpstin beistimmend.
Bei solchen Gelegenheiten erinnerte sie sich an die Forderungen, die ihr Titel an
sie stellte. Sonst fiel es ihr ein wenig schwer — dies gab sie vor jedem, der
es hören wollte, offenherzig zu —, die Ansprüche zu erfüllen, die die Zeit an
sie stellte. Der selige Garde, Pflegte sie zu sage», wäre nie so impertinent ge¬
wesen, die Leute nach ihrem Seelenheil zu fragen, was ja heutzutage fast ^ In
riZukur ist.

Aber Mutter, sagte Fräulein Bibbi vorwurfsvoll, das Verlangen nach Ver¬
tiefung und Wahrheit hat sich eben seit jenen Zeiten sehr entwickelt.

Ja ja, erwiderte die alte Dame verletzt. Es ist, wie ich sage: man kommt
nicht mehr mit. Aber dein Vater, mein Kind, ist viele Jahre lang Hofprediger
gewesen, ehe er Propst wurde. Er wußte, was sich schickte. Die Königin Desideria
hat oft Karten mit ihm gespielt.

Solche Einschaltungen waren Ellis Freude an den Nähabenden; sonst hätte
man sich eben nach Lennsjö versetzt glauben können.

Die andern Damen vergnügten sich nicht viel besser als die aufrichtige Elu
über die philanthropischen Kattnnschürzen und all das Gerede über die Fersen. Frau
Olga steckte apathisch die Nadel in ein Stück Dowlas und zog sie ebenso apathisch
wieder heraus, bis sie nahe daran war, vor lauter Gähnen die Mundsperre zu be¬
kommen; und Julie nahte, als gelte es ihr Leben, nur damit sie nicht genötigt
war, aufzusehen oder zu sprechen. Aber niemand hatte den Mut, bei so einem
„Zweck" fern zu bleiben.

Dann gab es Wein und Backwerk — die Pröpstin war wie ein Schulmädchen
auf Süßigkeiten aus —, und wenn die Teestunde kam, erschienen die Herren, und
dann schlug die Stunde der Erlösung.

Den gewohnten Tee mit belegten Brötchen und Kakeh hatte man an diesen
Mittwochen in ein solides Abendessen von drei Gängen und einen reichlichen „kalten
Tisch" als Vorspeise verwandelt. Die Pröpstin machte ja in dieser Beziehung An¬
sprüche, und es ging nicht an, nur mit ein paar belegten Broden aufzuwarten, wenn
sie dasaß und Aal K Daube und als xiseo as rSÄ«tan<:v einen gefüllten Puten
erwartete. Sie machte nämlich kein Hehl daraus, daß sie das „neumodische Hunger¬
system" nicht „goutiere."

nett und sauber wie ein paar echte Kellnerinnen erschienen die beiden jungen
Mädchen, und da war besonders Dagny in ihrem Element.

Darf ich Ihnen nicht noch einmal einschenken, Herr Rechtsanwalt? Sie haben
ja erst eine Tasse getrunken!


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[0294] Die Damen auf N5arti>^> sie, wenn Robert Garde wirklich um sie werben sollte, nicht sofort „ja" sagen wolle. Sich diesem dummen stolzen Menschen geradezu in die Arme werfen — nein! Warum hatte nur der Hauptmann so furchtbare Eile gehabt, fortzukommen, ehe sie mit ihrem Kaffee fertig gewesen war? Hatte er vielleicht Angst gehabt, ein Stück Wegs Gesellschaft zu bekommen? Ach du lieber Gott! — Sie pflegte nicht zu verlaugei?, daß sie irgend jemand begleitete! . . . Sie war Gott sei Dank gewohnt, allein durchzukommen. 10 Die gute Frau Briare, die philanthropisch und außerdem auch etwas religiös angelegt war, hatte noch spät im Herbst einen Nähverein zum Besten der „Weihnachts¬ kobolde" eingerichtet, und die Dame» versammelten sich darum regelmäßig am Mitt¬ woch einmal auf Groß-Markby und das anbrennt in der Villa. „Als gesellige Zusammenkunft betrachtet — schrieb Elu freimütig an ihre Schwester — sind diese Nähvereine nicht viel besser als die Kasfeevisiten in Lennsjö. Und überdies wird verlangt, daß man Strümpfe strickt. Du kannst dir keinen Begriff davon macheu, was für merkwürdige Fersen daran sind." Immerhin war die „allgemeine Stimmung" dabei von der Art, von der die gute Tante Ada zu sagen pflegte: Wenn man nur ein wenig Liebe zur Arbeit mitbringt. Ja, das ist es ja, was Segen bringen soll, sagte die Pröpstin beistimmend. Bei solchen Gelegenheiten erinnerte sie sich an die Forderungen, die ihr Titel an sie stellte. Sonst fiel es ihr ein wenig schwer — dies gab sie vor jedem, der es hören wollte, offenherzig zu —, die Ansprüche zu erfüllen, die die Zeit an sie stellte. Der selige Garde, Pflegte sie zu sage», wäre nie so impertinent ge¬ wesen, die Leute nach ihrem Seelenheil zu fragen, was ja heutzutage fast ^ In riZukur ist. Aber Mutter, sagte Fräulein Bibbi vorwurfsvoll, das Verlangen nach Ver¬ tiefung und Wahrheit hat sich eben seit jenen Zeiten sehr entwickelt. Ja ja, erwiderte die alte Dame verletzt. Es ist, wie ich sage: man kommt nicht mehr mit. Aber dein Vater, mein Kind, ist viele Jahre lang Hofprediger gewesen, ehe er Propst wurde. Er wußte, was sich schickte. Die Königin Desideria hat oft Karten mit ihm gespielt. Solche Einschaltungen waren Ellis Freude an den Nähabenden; sonst hätte man sich eben nach Lennsjö versetzt glauben können. Die andern Damen vergnügten sich nicht viel besser als die aufrichtige Elu über die philanthropischen Kattnnschürzen und all das Gerede über die Fersen. Frau Olga steckte apathisch die Nadel in ein Stück Dowlas und zog sie ebenso apathisch wieder heraus, bis sie nahe daran war, vor lauter Gähnen die Mundsperre zu be¬ kommen; und Julie nahte, als gelte es ihr Leben, nur damit sie nicht genötigt war, aufzusehen oder zu sprechen. Aber niemand hatte den Mut, bei so einem „Zweck" fern zu bleiben. Dann gab es Wein und Backwerk — die Pröpstin war wie ein Schulmädchen auf Süßigkeiten aus —, und wenn die Teestunde kam, erschienen die Herren, und dann schlug die Stunde der Erlösung. Den gewohnten Tee mit belegten Brötchen und Kakeh hatte man an diesen Mittwochen in ein solides Abendessen von drei Gängen und einen reichlichen „kalten Tisch" als Vorspeise verwandelt. Die Pröpstin machte ja in dieser Beziehung An¬ sprüche, und es ging nicht an, nur mit ein paar belegten Broden aufzuwarten, wenn sie dasaß und Aal K Daube und als xiseo as rSÄ«tan<:v einen gefüllten Puten erwartete. Sie machte nämlich kein Hehl daraus, daß sie das „neumodische Hunger¬ system" nicht „goutiere." nett und sauber wie ein paar echte Kellnerinnen erschienen die beiden jungen Mädchen, und da war besonders Dagny in ihrem Element. Darf ich Ihnen nicht noch einmal einschenken, Herr Rechtsanwalt? Sie haben ja erst eine Tasse getrunken!

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_295218/294>, abgerufen am 03.05.2024.