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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Viertes Vierteljahr.

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Glncksinseln und Träume

Demonstration der kalymnischen Schwammfischerflotte im Hafen von Syene
könnte leicht die ganze orientalische Frage aufrollen. Darum wollen wir uns
nicht weiter in die innern Angelegenheiten der beiden Jnselrepubliken mischen,
sie vielmehr dem Genuß ihrer Freiheit überlassen und uns lieber der Betrachtung
der unfreiern Zustände auf den größern agrarischen Nachbarinseln zuwenden.

(Fortsetzung folgt)




Glücksinseln und Träume
Friedrich Ratzel von
Vorbemerkung,

Die Aufzeichnungen, die unter dieser Überschrift in den nächsten Heften
der Grenzboten erscheinen werden, sind Kapitel eines Werkes, das Ratzel seit Jahren plante,
und das nach und nach immer mehr Gestalt gewann. Es sollte ein Gewebe halb aus Dichtung,
halb aus Wahrheit werden, halb ein Roman, halb ein Buch der Erinnerungen, und es sollte
wohl das tiefste, innerste Seelenleben des unvergeßlichen Mannes ausströmen. Gerade wegen
dieses ganz subjektiven Charakters wurde Ratzel immer wieder von Zweifeln befallen, ob er das
Werk werde ausführen können. Es war, als scheue er sich, seine Seele so ganz zu enthüllen,
sich selbst in den Mittelpunkt solcher Schilderungen zu stellen und den Blicken preiszugeben. Das
war auch der Grund, weshalb er auch andre Beiträge in den Grenzboten, in denen er sein
Tiefstes gab, ohne seinen Namen erscheinen ließ. Ich werde eine Zusammenstellung seiner
größern Artikel in einem der nächsten Hefte bringen. Manchmal kamen ihm auch Zweifel an seiner
künstlerischen Gestaltungsfähigkeit: würde es ihm gelingen, ein wahres, rundes Kunstwerk zu
schaffen? Alle diese Bedenken machten nur ihm zu schaffen; wer Ratzel kannte, wußte, daß er
ein Künstler, ein Dichter durch und durch war, und durfte mit froher Hoffnung dein Ausreifen
des Werkes entgegensehen.

Er baute auch unter der Hand immer weiter daran, indem er an verschiednen Punkten
nebeneinander ansetzte. So hatte er zuerst die Kapitel vollendet, die seine Lazaretterinnerungen
aus dem Kriege mit Frankreich schildern. Die Leser der Grenzboten werden sich dieser Kapitel,
die einen Schatz der edelsten Lebensphilosophie enthalten, erinnern; Ratzel gab sie, um ihre
Wirkung zu erproben, in die Grenzboten, aber es durfte niemand außer dein engsten Kreise der
Freunde wissen, daß sie von ihm waren.

In der allerletzten Zeit war es ihm möglich geworden, sich lebhafter mit dieser Arbeit zu
beschäftigen. Er hatte die Eingangskapitel, die seine oder seines Helden Jugendzeit behandeln,
abgeschlossen und mir für die Grenzboten übergeben; den darauffolgenden Teil, die Jahre bis
zur Militärzeit, hoffte er im Laufe des Herbstes vollenden zu können -- die Kriegserinnerungen
sind wohl schon vollständig niedergeschrieben --, und diese Dinge wurden besprochen, als er
mich kurz vor den Ferien und seiner Abreise nach Aminerland noch einmal besuchte ^- er war
voller Schaffensfreude und voll von Plänen. Und wenig Tage darauf war er tot. Sein Werk,
das vielleicht das schönste von allen geworden wäre, die er geschaffen hat, bleibt ein Torso,
und nur müssen uns mit den Blättern zufrieden geben, die er noch hat füllen können. So gern
wir mehr gehabt hätten, wir werden auch für sie dankbar sein und dankbar seiner Stimme
^, A, lauschen, die uns Worte der schönsten Lebensweisheit über das Grab herttberrust.


^. Die Sonnenfinsternis

Eine bleiche, kleine Erinnerung, gleichsam
das erste geistige Fruchtschneeglöckchen aus
dem dunkeln Erdboden der Kindheit.

Jcan Paul

er Boden, auf dem ich vom Kinde zum Knaben herangewachsen bin,
ist ein dürrer und steiniger Boden. Darum war es aber noch
kein unfruchtbarer Boden für mich. Zwischen den alten abgerundeten
Pflastersteinen aus rotem Sandstein sprossen Grasbüschel und an
einigen Stellen sogar winzige Gänseblümchen und verzwergter Löwen¬
zahn hervor. Wenn der grüne Schimmer zu stark wird, der von
ihnen über den gepflasterten Hof ausgeht, beginnt mit stumpfen Küchenmessern und
rostigen Scherenklingen ein Kampf gegen diese niedrigen, genügsamen Gewächse,


Glncksinseln und Träume

Demonstration der kalymnischen Schwammfischerflotte im Hafen von Syene
könnte leicht die ganze orientalische Frage aufrollen. Darum wollen wir uns
nicht weiter in die innern Angelegenheiten der beiden Jnselrepubliken mischen,
sie vielmehr dem Genuß ihrer Freiheit überlassen und uns lieber der Betrachtung
der unfreiern Zustände auf den größern agrarischen Nachbarinseln zuwenden.

(Fortsetzung folgt)




Glücksinseln und Träume
Friedrich Ratzel von
Vorbemerkung,

Die Aufzeichnungen, die unter dieser Überschrift in den nächsten Heften
der Grenzboten erscheinen werden, sind Kapitel eines Werkes, das Ratzel seit Jahren plante,
und das nach und nach immer mehr Gestalt gewann. Es sollte ein Gewebe halb aus Dichtung,
halb aus Wahrheit werden, halb ein Roman, halb ein Buch der Erinnerungen, und es sollte
wohl das tiefste, innerste Seelenleben des unvergeßlichen Mannes ausströmen. Gerade wegen
dieses ganz subjektiven Charakters wurde Ratzel immer wieder von Zweifeln befallen, ob er das
Werk werde ausführen können. Es war, als scheue er sich, seine Seele so ganz zu enthüllen,
sich selbst in den Mittelpunkt solcher Schilderungen zu stellen und den Blicken preiszugeben. Das
war auch der Grund, weshalb er auch andre Beiträge in den Grenzboten, in denen er sein
Tiefstes gab, ohne seinen Namen erscheinen ließ. Ich werde eine Zusammenstellung seiner
größern Artikel in einem der nächsten Hefte bringen. Manchmal kamen ihm auch Zweifel an seiner
künstlerischen Gestaltungsfähigkeit: würde es ihm gelingen, ein wahres, rundes Kunstwerk zu
schaffen? Alle diese Bedenken machten nur ihm zu schaffen; wer Ratzel kannte, wußte, daß er
ein Künstler, ein Dichter durch und durch war, und durfte mit froher Hoffnung dein Ausreifen
des Werkes entgegensehen.

Er baute auch unter der Hand immer weiter daran, indem er an verschiednen Punkten
nebeneinander ansetzte. So hatte er zuerst die Kapitel vollendet, die seine Lazaretterinnerungen
aus dem Kriege mit Frankreich schildern. Die Leser der Grenzboten werden sich dieser Kapitel,
die einen Schatz der edelsten Lebensphilosophie enthalten, erinnern; Ratzel gab sie, um ihre
Wirkung zu erproben, in die Grenzboten, aber es durfte niemand außer dein engsten Kreise der
Freunde wissen, daß sie von ihm waren.

In der allerletzten Zeit war es ihm möglich geworden, sich lebhafter mit dieser Arbeit zu
beschäftigen. Er hatte die Eingangskapitel, die seine oder seines Helden Jugendzeit behandeln,
abgeschlossen und mir für die Grenzboten übergeben; den darauffolgenden Teil, die Jahre bis
zur Militärzeit, hoffte er im Laufe des Herbstes vollenden zu können — die Kriegserinnerungen
sind wohl schon vollständig niedergeschrieben —, und diese Dinge wurden besprochen, als er
mich kurz vor den Ferien und seiner Abreise nach Aminerland noch einmal besuchte ^- er war
voller Schaffensfreude und voll von Plänen. Und wenig Tage darauf war er tot. Sein Werk,
das vielleicht das schönste von allen geworden wäre, die er geschaffen hat, bleibt ein Torso,
und nur müssen uns mit den Blättern zufrieden geben, die er noch hat füllen können. So gern
wir mehr gehabt hätten, wir werden auch für sie dankbar sein und dankbar seiner Stimme
^, A, lauschen, die uns Worte der schönsten Lebensweisheit über das Grab herttberrust.


^. Die Sonnenfinsternis

Eine bleiche, kleine Erinnerung, gleichsam
das erste geistige Fruchtschneeglöckchen aus
dem dunkeln Erdboden der Kindheit.

Jcan Paul

er Boden, auf dem ich vom Kinde zum Knaben herangewachsen bin,
ist ein dürrer und steiniger Boden. Darum war es aber noch
kein unfruchtbarer Boden für mich. Zwischen den alten abgerundeten
Pflastersteinen aus rotem Sandstein sprossen Grasbüschel und an
einigen Stellen sogar winzige Gänseblümchen und verzwergter Löwen¬
zahn hervor. Wenn der grüne Schimmer zu stark wird, der von
ihnen über den gepflasterten Hof ausgeht, beginnt mit stumpfen Küchenmessern und
rostigen Scherenklingen ein Kampf gegen diese niedrigen, genügsamen Gewächse,


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[0043] Glncksinseln und Träume Demonstration der kalymnischen Schwammfischerflotte im Hafen von Syene könnte leicht die ganze orientalische Frage aufrollen. Darum wollen wir uns nicht weiter in die innern Angelegenheiten der beiden Jnselrepubliken mischen, sie vielmehr dem Genuß ihrer Freiheit überlassen und uns lieber der Betrachtung der unfreiern Zustände auf den größern agrarischen Nachbarinseln zuwenden. (Fortsetzung folgt) Glücksinseln und Träume Friedrich Ratzel von Vorbemerkung, Die Aufzeichnungen, die unter dieser Überschrift in den nächsten Heften der Grenzboten erscheinen werden, sind Kapitel eines Werkes, das Ratzel seit Jahren plante, und das nach und nach immer mehr Gestalt gewann. Es sollte ein Gewebe halb aus Dichtung, halb aus Wahrheit werden, halb ein Roman, halb ein Buch der Erinnerungen, und es sollte wohl das tiefste, innerste Seelenleben des unvergeßlichen Mannes ausströmen. Gerade wegen dieses ganz subjektiven Charakters wurde Ratzel immer wieder von Zweifeln befallen, ob er das Werk werde ausführen können. Es war, als scheue er sich, seine Seele so ganz zu enthüllen, sich selbst in den Mittelpunkt solcher Schilderungen zu stellen und den Blicken preiszugeben. Das war auch der Grund, weshalb er auch andre Beiträge in den Grenzboten, in denen er sein Tiefstes gab, ohne seinen Namen erscheinen ließ. Ich werde eine Zusammenstellung seiner größern Artikel in einem der nächsten Hefte bringen. Manchmal kamen ihm auch Zweifel an seiner künstlerischen Gestaltungsfähigkeit: würde es ihm gelingen, ein wahres, rundes Kunstwerk zu schaffen? Alle diese Bedenken machten nur ihm zu schaffen; wer Ratzel kannte, wußte, daß er ein Künstler, ein Dichter durch und durch war, und durfte mit froher Hoffnung dein Ausreifen des Werkes entgegensehen. Er baute auch unter der Hand immer weiter daran, indem er an verschiednen Punkten nebeneinander ansetzte. So hatte er zuerst die Kapitel vollendet, die seine Lazaretterinnerungen aus dem Kriege mit Frankreich schildern. Die Leser der Grenzboten werden sich dieser Kapitel, die einen Schatz der edelsten Lebensphilosophie enthalten, erinnern; Ratzel gab sie, um ihre Wirkung zu erproben, in die Grenzboten, aber es durfte niemand außer dein engsten Kreise der Freunde wissen, daß sie von ihm waren. In der allerletzten Zeit war es ihm möglich geworden, sich lebhafter mit dieser Arbeit zu beschäftigen. Er hatte die Eingangskapitel, die seine oder seines Helden Jugendzeit behandeln, abgeschlossen und mir für die Grenzboten übergeben; den darauffolgenden Teil, die Jahre bis zur Militärzeit, hoffte er im Laufe des Herbstes vollenden zu können — die Kriegserinnerungen sind wohl schon vollständig niedergeschrieben —, und diese Dinge wurden besprochen, als er mich kurz vor den Ferien und seiner Abreise nach Aminerland noch einmal besuchte ^- er war voller Schaffensfreude und voll von Plänen. Und wenig Tage darauf war er tot. Sein Werk, das vielleicht das schönste von allen geworden wäre, die er geschaffen hat, bleibt ein Torso, und nur müssen uns mit den Blättern zufrieden geben, die er noch hat füllen können. So gern wir mehr gehabt hätten, wir werden auch für sie dankbar sein und dankbar seiner Stimme ^, A, lauschen, die uns Worte der schönsten Lebensweisheit über das Grab herttberrust. ^. Die Sonnenfinsternis Eine bleiche, kleine Erinnerung, gleichsam das erste geistige Fruchtschneeglöckchen aus dem dunkeln Erdboden der Kindheit. Jcan Paul er Boden, auf dem ich vom Kinde zum Knaben herangewachsen bin, ist ein dürrer und steiniger Boden. Darum war es aber noch kein unfruchtbarer Boden für mich. Zwischen den alten abgerundeten Pflastersteinen aus rotem Sandstein sprossen Grasbüschel und an einigen Stellen sogar winzige Gänseblümchen und verzwergter Löwen¬ zahn hervor. Wenn der grüne Schimmer zu stark wird, der von ihnen über den gepflasterten Hof ausgeht, beginnt mit stumpfen Küchenmessern und rostigen Scherenklingen ein Kampf gegen diese niedrigen, genügsamen Gewächse,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_295218/43>, abgerufen am 03.05.2024.