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Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Viertes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

halten müssen, d. h. nur von dem Orte und der Unterschrift Kenntnis nehmen dürfen.
Wer einmal einen mit der blauen Siegelmarke der Eröffnungskommission geschmückten
Brief zurück erhalten hat oder zurück erhalt, kann ganz ruhig sein, die vereidigte
B Lrnst Niemann rust dieser Beamten ist dreifach mit Erz gepanzert.


Ein amerikanischer Idealist.

Im 4. Bande 1904 haben wir das Buch:
In Harmonie mit dem Unendlichen, von Ralph Waldo Trine, empfohlen. Der Über¬
setzer, Dr. Max Christlich, vermittelt dem deutschen Publikum (im Verlag von
I. Engelhorn in Stuttgart, 1906) zwei weitere Schriften des Verfassers: Was
alle Welt sucht? und: Das Größte, was wir kennen. Beide sind Variationen
über das Thema des Harmoniebuchs: Der Mensch ist Geist, ist eins mit Gott, und
sobald er sich zur Erkenntnis dieses seines Wesens durchgerungen hat, ist er erlöst
von allen Übeln und glücklich. In der zu zweit genannten kleinen Schrift beruft
sich Trine auf Fichte, dem er in der Tat seelenverwandt ist. In der andern, größern,
stellt er die beiden Regeln auf: Wer sein Leben verliert im Dienste des Nächsten,
der wird es finden, und: Es gibt keine Möglichkeit, wahres Glück auf die Weise
zu erlangen, daß man unmittelbar danach strebt. Die Richtigkeit dieser Regeln
beleuchtet er mit hübschen Beispielen aus dem Leben. Auf Seite 88 erfahren wir
übrigens, daß "er" eine Frau ist, was mau von vornherein vermuten konnte.
Kritische Bemerkungen, die sich uus beim Lesen aufdrängten, unterdrücken wir, um
die vielen, die aus Trines Büchern Erbauung schöpfe", nicht zu verletzen. In
unsrer Anzeige des Harmoniebuchs muß es übrigens heißen: "Wohl gibt es Un¬
gläubige und Atheisten gegenüber manchen Vorstellungen, die sich die Menschen
von Gott machen -- und Gott sei Dank, daß es solche gibt." Trine meint dasselbe,
was Plutarch in seiner Schrift über den Aberglauben ausführt: Der Atheismus ist
freilich ein schädlicher Irrtum, aber gegenüber dem noch schädlichem Aberglauben
muß man sagen, die Atheisten haben Recht, wenn sie erklären: Lieber gar keinen
Gott als eure Götter!


Katholische Studenten.^)

Goethe erklärt einmal: Nicht jeder Roman braucht
ein Liebesrvmnn zu sein. Das innerlichste Erleben der tiefsten Lebensfragen überhaupt
-- unter denen die Liebe ja selbst nur eine, wenn auch besonders ernste und heilige
ist -- ist einer Entwicklung und Spannung fähig, die den, der auf sie zu lauschen
weiß, mit mächtigster ästhetischer Gewalt zu packen, und die, noch künstlerisch dargestellt,
jeden für Kunst und Lebensvertiefung empfänglichen im Innersten zu fesseln vermag.

Aus der Zeit innerlich "geboren" und doch nicht mit äußerer Rücksicht auf
sie "gemacht" -- um eine Lessingsche Unterscheidung anzuwenden --, so mutet uns
eine philosophisch tief schürfende und doch zugleich auch ästhetisch wertvolle Dar¬
stellung des Problems der "Katholischen Studenten" an.

Aus den einfachsten Anfängen wächst es empor. In der Familie ruht sein
Keim. Seine Wurzeln reichen zurück in die Schule, und nun soll es hervorsprießen
auf dem Boden und in dem Lebensklima der Universität. Nicht in abstrakten Formeln
legt es sich uns dar, sondern in konkreter Anschaulichkeit, in Personen von Fleisch
und Blut wird das Problem selbst erlebt und gelebt, und nicht ohne Teilnahme
erleben wir es mit.

Da wird der eine, Jnseen, gefestigt durch eine glaubensstarke Erziehung, selbst
zu starkem Glauben geneigt, mit kräftiger Willensrichtung vor die ernste Frage
gestellt: Wie hat er sich als Katholik innerhalb des allgemeinen Geisteslebens, in
das er eintreten soll, zu führen und zu richten? Er nimmt die Frage nicht leicht.
Im Gegenteil, er nimmt sie ernst, sehr ernst. Aber er findet die Entscheidung
rasch: sein Glaube gibt ihm alle und jede Richtschnur. Aber in seinem Freunde
Sander schon ringt ein ungestillter Wahrheits- und Erkenntnisdurst, der sich bis
zur Grübelei versteigt, mit tiefer Innigkeit, ja Überschwenglichkeit des Gefühls, die



*) Katholische Studenten. Roman von August Friedwalt. Stuttgart, Verlag von Greiner
>-ud, Pfeiffer.
Maßgebliches und Unmaßgebliches

halten müssen, d. h. nur von dem Orte und der Unterschrift Kenntnis nehmen dürfen.
Wer einmal einen mit der blauen Siegelmarke der Eröffnungskommission geschmückten
Brief zurück erhalten hat oder zurück erhalt, kann ganz ruhig sein, die vereidigte
B Lrnst Niemann rust dieser Beamten ist dreifach mit Erz gepanzert.


Ein amerikanischer Idealist.

Im 4. Bande 1904 haben wir das Buch:
In Harmonie mit dem Unendlichen, von Ralph Waldo Trine, empfohlen. Der Über¬
setzer, Dr. Max Christlich, vermittelt dem deutschen Publikum (im Verlag von
I. Engelhorn in Stuttgart, 1906) zwei weitere Schriften des Verfassers: Was
alle Welt sucht? und: Das Größte, was wir kennen. Beide sind Variationen
über das Thema des Harmoniebuchs: Der Mensch ist Geist, ist eins mit Gott, und
sobald er sich zur Erkenntnis dieses seines Wesens durchgerungen hat, ist er erlöst
von allen Übeln und glücklich. In der zu zweit genannten kleinen Schrift beruft
sich Trine auf Fichte, dem er in der Tat seelenverwandt ist. In der andern, größern,
stellt er die beiden Regeln auf: Wer sein Leben verliert im Dienste des Nächsten,
der wird es finden, und: Es gibt keine Möglichkeit, wahres Glück auf die Weise
zu erlangen, daß man unmittelbar danach strebt. Die Richtigkeit dieser Regeln
beleuchtet er mit hübschen Beispielen aus dem Leben. Auf Seite 88 erfahren wir
übrigens, daß „er" eine Frau ist, was mau von vornherein vermuten konnte.
Kritische Bemerkungen, die sich uus beim Lesen aufdrängten, unterdrücken wir, um
die vielen, die aus Trines Büchern Erbauung schöpfe», nicht zu verletzen. In
unsrer Anzeige des Harmoniebuchs muß es übrigens heißen: „Wohl gibt es Un¬
gläubige und Atheisten gegenüber manchen Vorstellungen, die sich die Menschen
von Gott machen — und Gott sei Dank, daß es solche gibt." Trine meint dasselbe,
was Plutarch in seiner Schrift über den Aberglauben ausführt: Der Atheismus ist
freilich ein schädlicher Irrtum, aber gegenüber dem noch schädlichem Aberglauben
muß man sagen, die Atheisten haben Recht, wenn sie erklären: Lieber gar keinen
Gott als eure Götter!


Katholische Studenten.^)

Goethe erklärt einmal: Nicht jeder Roman braucht
ein Liebesrvmnn zu sein. Das innerlichste Erleben der tiefsten Lebensfragen überhaupt
— unter denen die Liebe ja selbst nur eine, wenn auch besonders ernste und heilige
ist — ist einer Entwicklung und Spannung fähig, die den, der auf sie zu lauschen
weiß, mit mächtigster ästhetischer Gewalt zu packen, und die, noch künstlerisch dargestellt,
jeden für Kunst und Lebensvertiefung empfänglichen im Innersten zu fesseln vermag.

Aus der Zeit innerlich „geboren" und doch nicht mit äußerer Rücksicht auf
sie „gemacht" — um eine Lessingsche Unterscheidung anzuwenden —, so mutet uns
eine philosophisch tief schürfende und doch zugleich auch ästhetisch wertvolle Dar¬
stellung des Problems der „Katholischen Studenten" an.

Aus den einfachsten Anfängen wächst es empor. In der Familie ruht sein
Keim. Seine Wurzeln reichen zurück in die Schule, und nun soll es hervorsprießen
auf dem Boden und in dem Lebensklima der Universität. Nicht in abstrakten Formeln
legt es sich uns dar, sondern in konkreter Anschaulichkeit, in Personen von Fleisch
und Blut wird das Problem selbst erlebt und gelebt, und nicht ohne Teilnahme
erleben wir es mit.

Da wird der eine, Jnseen, gefestigt durch eine glaubensstarke Erziehung, selbst
zu starkem Glauben geneigt, mit kräftiger Willensrichtung vor die ernste Frage
gestellt: Wie hat er sich als Katholik innerhalb des allgemeinen Geisteslebens, in
das er eintreten soll, zu führen und zu richten? Er nimmt die Frage nicht leicht.
Im Gegenteil, er nimmt sie ernst, sehr ernst. Aber er findet die Entscheidung
rasch: sein Glaube gibt ihm alle und jede Richtschnur. Aber in seinem Freunde
Sander schon ringt ein ungestillter Wahrheits- und Erkenntnisdurst, der sich bis
zur Grübelei versteigt, mit tiefer Innigkeit, ja Überschwenglichkeit des Gefühls, die



*) Katholische Studenten. Roman von August Friedwalt. Stuttgart, Verlag von Greiner
>-ud, Pfeiffer.
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[0570] Maßgebliches und Unmaßgebliches halten müssen, d. h. nur von dem Orte und der Unterschrift Kenntnis nehmen dürfen. Wer einmal einen mit der blauen Siegelmarke der Eröffnungskommission geschmückten Brief zurück erhalten hat oder zurück erhalt, kann ganz ruhig sein, die vereidigte B Lrnst Niemann rust dieser Beamten ist dreifach mit Erz gepanzert. Ein amerikanischer Idealist. Im 4. Bande 1904 haben wir das Buch: In Harmonie mit dem Unendlichen, von Ralph Waldo Trine, empfohlen. Der Über¬ setzer, Dr. Max Christlich, vermittelt dem deutschen Publikum (im Verlag von I. Engelhorn in Stuttgart, 1906) zwei weitere Schriften des Verfassers: Was alle Welt sucht? und: Das Größte, was wir kennen. Beide sind Variationen über das Thema des Harmoniebuchs: Der Mensch ist Geist, ist eins mit Gott, und sobald er sich zur Erkenntnis dieses seines Wesens durchgerungen hat, ist er erlöst von allen Übeln und glücklich. In der zu zweit genannten kleinen Schrift beruft sich Trine auf Fichte, dem er in der Tat seelenverwandt ist. In der andern, größern, stellt er die beiden Regeln auf: Wer sein Leben verliert im Dienste des Nächsten, der wird es finden, und: Es gibt keine Möglichkeit, wahres Glück auf die Weise zu erlangen, daß man unmittelbar danach strebt. Die Richtigkeit dieser Regeln beleuchtet er mit hübschen Beispielen aus dem Leben. Auf Seite 88 erfahren wir übrigens, daß „er" eine Frau ist, was mau von vornherein vermuten konnte. Kritische Bemerkungen, die sich uus beim Lesen aufdrängten, unterdrücken wir, um die vielen, die aus Trines Büchern Erbauung schöpfe», nicht zu verletzen. In unsrer Anzeige des Harmoniebuchs muß es übrigens heißen: „Wohl gibt es Un¬ gläubige und Atheisten gegenüber manchen Vorstellungen, die sich die Menschen von Gott machen — und Gott sei Dank, daß es solche gibt." Trine meint dasselbe, was Plutarch in seiner Schrift über den Aberglauben ausführt: Der Atheismus ist freilich ein schädlicher Irrtum, aber gegenüber dem noch schädlichem Aberglauben muß man sagen, die Atheisten haben Recht, wenn sie erklären: Lieber gar keinen Gott als eure Götter! Katholische Studenten.^) Goethe erklärt einmal: Nicht jeder Roman braucht ein Liebesrvmnn zu sein. Das innerlichste Erleben der tiefsten Lebensfragen überhaupt — unter denen die Liebe ja selbst nur eine, wenn auch besonders ernste und heilige ist — ist einer Entwicklung und Spannung fähig, die den, der auf sie zu lauschen weiß, mit mächtigster ästhetischer Gewalt zu packen, und die, noch künstlerisch dargestellt, jeden für Kunst und Lebensvertiefung empfänglichen im Innersten zu fesseln vermag. Aus der Zeit innerlich „geboren" und doch nicht mit äußerer Rücksicht auf sie „gemacht" — um eine Lessingsche Unterscheidung anzuwenden —, so mutet uns eine philosophisch tief schürfende und doch zugleich auch ästhetisch wertvolle Dar¬ stellung des Problems der „Katholischen Studenten" an. Aus den einfachsten Anfängen wächst es empor. In der Familie ruht sein Keim. Seine Wurzeln reichen zurück in die Schule, und nun soll es hervorsprießen auf dem Boden und in dem Lebensklima der Universität. Nicht in abstrakten Formeln legt es sich uns dar, sondern in konkreter Anschaulichkeit, in Personen von Fleisch und Blut wird das Problem selbst erlebt und gelebt, und nicht ohne Teilnahme erleben wir es mit. Da wird der eine, Jnseen, gefestigt durch eine glaubensstarke Erziehung, selbst zu starkem Glauben geneigt, mit kräftiger Willensrichtung vor die ernste Frage gestellt: Wie hat er sich als Katholik innerhalb des allgemeinen Geisteslebens, in das er eintreten soll, zu führen und zu richten? Er nimmt die Frage nicht leicht. Im Gegenteil, er nimmt sie ernst, sehr ernst. Aber er findet die Entscheidung rasch: sein Glaube gibt ihm alle und jede Richtschnur. Aber in seinem Freunde Sander schon ringt ein ungestillter Wahrheits- und Erkenntnisdurst, der sich bis zur Grübelei versteigt, mit tiefer Innigkeit, ja Überschwenglichkeit des Gefühls, die *) Katholische Studenten. Roman von August Friedwalt. Stuttgart, Verlag von Greiner >-ud, Pfeiffer.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_296010/570>, abgerufen am 07.05.2024.