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Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Maßgebliches und Unmaßgebliches
Neichsspiegel.

Welche Zwischenfälle die marokkanische Frage auch noch
zeitigen mag -- und sie werden nicht ausbleiben, da sie zu sehr im französischen
Interesse liegen --, so wird man doch niemals aufhören dürfen, diese Angelegen¬
heit in ihrem engen Zusammenhang mit der gesamten internationalen Lage zu be¬
trachten. Es müssen doch besondre Umstände gewesen sein, die England bewogen
huben, von einem Kardinalpunkt der britischen Politik abzusehen, für die es ehedem
eine Lebensfrage war, das Mittelmeer nicht zu einem französischen See werden zu
lassen. Mit dem Supremat in Marokko würde Frankreich diesem alten Ziele
wesentlich näher gekommen sein. Wohl läuft eine englische Etappenlinie von Aden
über Cypern und Malta nach Gibraltar, aber deren Wert würde durch eine so
ausgreifende Verstärkung der Stellung Frankreichs auf der Südküste nicht unwesent¬
lich beeinflußt werden. Jedenfalls würde die bis jetzt unbestrittue Beherrschung
des kürzesten Seewegs nach Indien fortan im Falle eines Konflikts mit Frank¬
reich unter viel ungünstigern Bedingungen der bewaffneten Entscheidung unterliegen.
Ob England dann -- wie es heute glauben mag -- dieser Entscheidung unter
allen Umständen sicher sein würde, hängt von völlig unberechenbaren Znkunftskon-
stellationen, vou der Gruppierung der europäischen, asiatischen und amerikanischen
Mächte ab. Auf alle Fälle bedeutet es eine grundlegende Änderung in der eng¬
lischen Politik, wenn Großbritannien einem möglichen Zukunftsgegner, der schon im
Besitz der nördlichen Flanke dieser Etappenstraße ist, nun auch noch die südliche
einräumt. Allerdings hat Frankreich dafür seinen endgiltigen Rückzug aus Ägypten
zugestanden. Aber seine Bedeutung war dort ohnehin längst sehr gering geworden,
sein Rückzug ist für England mehr die Beseitigung einer theoretischen als einer
tatsächlichen Unbequemlichkeit. Viel mehr als eine "Unbequemlichkeit" war Frank¬
reich in Ägypten für England längst nicht mehr, für Frankreich selbst war sein
Verbleiben nur noch eine oussticm ä'amour-proxro. Da war es denn naheliegend,
daß England der Republik ihren Entschluß durch eine Gegeukouzession erleichterte,
die längst in der Richtung der französischen Wünsche und -- auf derselben afri¬
kanischen Küste lag. Freilich war es ein Danaergeschenk, denn Frankreich bleibt
in Marokko immer von dem guten Willen Englands abhängig. Sowohl dieser
Gedanke als auch der andre, daß Frankreich durch die von ihm beanspruchte
Stellung in Marokko natürlich in Differenzen mit den Madrider Signatarmächten
von 1880 -- ganz abgesehen von den Marokkanern selbst -- geraten mußte, also
auch nach dieser Richtung hin der guten Dienste Englands bedarf, mag für Gro߬
britannien mitbestimmend gewesen sein. Aber mehr noch. Je mehr sich Frankreich
in Marokko engagiert, um so verwundbarer wird es, und damit zunächst um so
weniger fähig, in der ostasiatischen Entwicklung eine für England unbequeme
Stellung zu nehmen. Mit der Verscheukung Marokkos, das ihm nicht gehörte,
holte England somit tatsächlich eine Art Abdankung Frankreichs innerhalb des ge¬
samten englischen Jnteressentreises erkauft. Billiger konnte das Geschäft nicht für
England, demütigender nicht für Frankreich sein. Man wird unwillkürlich an das
bekannte Bild "die Jagd nach dem Glück" erinnert.

Ans einen weitern Zweck der englischen Politik ist schon im vorigen Heft an
dieser Stelle hingewiesen worden; indem Rußland seine Ostseeflotte in Asien ein¬
setzte, und Frankreich, das eine Isolierung in Enropa befürchtete, leichten Kaufs
sür eine Entente mit England eingefangen wurde, zerstörte die britische Diplomatie
"uf lange Zeit hinaus die Möglichkeit einer gegen England gerichteten europäischen
Nottenkoalition. Einer solchen deutsch - französisch - russischen Koalition die Spitze
Mieter zu können, ist nach wiederholten amtlichen Erklärungen die Basis des eng-
eschen Flottenplcms, der ja allerdings eine sehr starke Rüstung für England ver¬
engt. Indem Von der befürchteten Zukuuftskoalition Deutschland allein übrig
^eb, konnte England sich zunächst einige Erleichterungen gönnen und zugleich


Grenzboten II 1S0K 36
Maßgebliches und Unmaßgebliches

Maßgebliches und Unmaßgebliches
Neichsspiegel.

Welche Zwischenfälle die marokkanische Frage auch noch
zeitigen mag — und sie werden nicht ausbleiben, da sie zu sehr im französischen
Interesse liegen —, so wird man doch niemals aufhören dürfen, diese Angelegen¬
heit in ihrem engen Zusammenhang mit der gesamten internationalen Lage zu be¬
trachten. Es müssen doch besondre Umstände gewesen sein, die England bewogen
huben, von einem Kardinalpunkt der britischen Politik abzusehen, für die es ehedem
eine Lebensfrage war, das Mittelmeer nicht zu einem französischen See werden zu
lassen. Mit dem Supremat in Marokko würde Frankreich diesem alten Ziele
wesentlich näher gekommen sein. Wohl läuft eine englische Etappenlinie von Aden
über Cypern und Malta nach Gibraltar, aber deren Wert würde durch eine so
ausgreifende Verstärkung der Stellung Frankreichs auf der Südküste nicht unwesent¬
lich beeinflußt werden. Jedenfalls würde die bis jetzt unbestrittue Beherrschung
des kürzesten Seewegs nach Indien fortan im Falle eines Konflikts mit Frank¬
reich unter viel ungünstigern Bedingungen der bewaffneten Entscheidung unterliegen.
Ob England dann — wie es heute glauben mag — dieser Entscheidung unter
allen Umständen sicher sein würde, hängt von völlig unberechenbaren Znkunftskon-
stellationen, vou der Gruppierung der europäischen, asiatischen und amerikanischen
Mächte ab. Auf alle Fälle bedeutet es eine grundlegende Änderung in der eng¬
lischen Politik, wenn Großbritannien einem möglichen Zukunftsgegner, der schon im
Besitz der nördlichen Flanke dieser Etappenstraße ist, nun auch noch die südliche
einräumt. Allerdings hat Frankreich dafür seinen endgiltigen Rückzug aus Ägypten
zugestanden. Aber seine Bedeutung war dort ohnehin längst sehr gering geworden,
sein Rückzug ist für England mehr die Beseitigung einer theoretischen als einer
tatsächlichen Unbequemlichkeit. Viel mehr als eine „Unbequemlichkeit" war Frank¬
reich in Ägypten für England längst nicht mehr, für Frankreich selbst war sein
Verbleiben nur noch eine oussticm ä'amour-proxro. Da war es denn naheliegend,
daß England der Republik ihren Entschluß durch eine Gegeukouzession erleichterte,
die längst in der Richtung der französischen Wünsche und — auf derselben afri¬
kanischen Küste lag. Freilich war es ein Danaergeschenk, denn Frankreich bleibt
in Marokko immer von dem guten Willen Englands abhängig. Sowohl dieser
Gedanke als auch der andre, daß Frankreich durch die von ihm beanspruchte
Stellung in Marokko natürlich in Differenzen mit den Madrider Signatarmächten
von 1880 — ganz abgesehen von den Marokkanern selbst — geraten mußte, also
auch nach dieser Richtung hin der guten Dienste Englands bedarf, mag für Gro߬
britannien mitbestimmend gewesen sein. Aber mehr noch. Je mehr sich Frankreich
in Marokko engagiert, um so verwundbarer wird es, und damit zunächst um so
weniger fähig, in der ostasiatischen Entwicklung eine für England unbequeme
Stellung zu nehmen. Mit der Verscheukung Marokkos, das ihm nicht gehörte,
holte England somit tatsächlich eine Art Abdankung Frankreichs innerhalb des ge¬
samten englischen Jnteressentreises erkauft. Billiger konnte das Geschäft nicht für
England, demütigender nicht für Frankreich sein. Man wird unwillkürlich an das
bekannte Bild „die Jagd nach dem Glück" erinnert.

Ans einen weitern Zweck der englischen Politik ist schon im vorigen Heft an
dieser Stelle hingewiesen worden; indem Rußland seine Ostseeflotte in Asien ein¬
setzte, und Frankreich, das eine Isolierung in Enropa befürchtete, leichten Kaufs
sür eine Entente mit England eingefangen wurde, zerstörte die britische Diplomatie
"uf lange Zeit hinaus die Möglichkeit einer gegen England gerichteten europäischen
Nottenkoalition. Einer solchen deutsch - französisch - russischen Koalition die Spitze
Mieter zu können, ist nach wiederholten amtlichen Erklärungen die Basis des eng-
eschen Flottenplcms, der ja allerdings eine sehr starke Rüstung für England ver¬
engt. Indem Von der befürchteten Zukuuftskoalition Deutschland allein übrig
^eb, konnte England sich zunächst einige Erleichterungen gönnen und zugleich


Grenzboten II 1S0K 36
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[0285] Maßgebliches und Unmaßgebliches Maßgebliches und Unmaßgebliches Neichsspiegel. Welche Zwischenfälle die marokkanische Frage auch noch zeitigen mag — und sie werden nicht ausbleiben, da sie zu sehr im französischen Interesse liegen —, so wird man doch niemals aufhören dürfen, diese Angelegen¬ heit in ihrem engen Zusammenhang mit der gesamten internationalen Lage zu be¬ trachten. Es müssen doch besondre Umstände gewesen sein, die England bewogen huben, von einem Kardinalpunkt der britischen Politik abzusehen, für die es ehedem eine Lebensfrage war, das Mittelmeer nicht zu einem französischen See werden zu lassen. Mit dem Supremat in Marokko würde Frankreich diesem alten Ziele wesentlich näher gekommen sein. Wohl läuft eine englische Etappenlinie von Aden über Cypern und Malta nach Gibraltar, aber deren Wert würde durch eine so ausgreifende Verstärkung der Stellung Frankreichs auf der Südküste nicht unwesent¬ lich beeinflußt werden. Jedenfalls würde die bis jetzt unbestrittue Beherrschung des kürzesten Seewegs nach Indien fortan im Falle eines Konflikts mit Frank¬ reich unter viel ungünstigern Bedingungen der bewaffneten Entscheidung unterliegen. Ob England dann — wie es heute glauben mag — dieser Entscheidung unter allen Umständen sicher sein würde, hängt von völlig unberechenbaren Znkunftskon- stellationen, vou der Gruppierung der europäischen, asiatischen und amerikanischen Mächte ab. Auf alle Fälle bedeutet es eine grundlegende Änderung in der eng¬ lischen Politik, wenn Großbritannien einem möglichen Zukunftsgegner, der schon im Besitz der nördlichen Flanke dieser Etappenstraße ist, nun auch noch die südliche einräumt. Allerdings hat Frankreich dafür seinen endgiltigen Rückzug aus Ägypten zugestanden. Aber seine Bedeutung war dort ohnehin längst sehr gering geworden, sein Rückzug ist für England mehr die Beseitigung einer theoretischen als einer tatsächlichen Unbequemlichkeit. Viel mehr als eine „Unbequemlichkeit" war Frank¬ reich in Ägypten für England längst nicht mehr, für Frankreich selbst war sein Verbleiben nur noch eine oussticm ä'amour-proxro. Da war es denn naheliegend, daß England der Republik ihren Entschluß durch eine Gegeukouzession erleichterte, die längst in der Richtung der französischen Wünsche und — auf derselben afri¬ kanischen Küste lag. Freilich war es ein Danaergeschenk, denn Frankreich bleibt in Marokko immer von dem guten Willen Englands abhängig. Sowohl dieser Gedanke als auch der andre, daß Frankreich durch die von ihm beanspruchte Stellung in Marokko natürlich in Differenzen mit den Madrider Signatarmächten von 1880 — ganz abgesehen von den Marokkanern selbst — geraten mußte, also auch nach dieser Richtung hin der guten Dienste Englands bedarf, mag für Gro߬ britannien mitbestimmend gewesen sein. Aber mehr noch. Je mehr sich Frankreich in Marokko engagiert, um so verwundbarer wird es, und damit zunächst um so weniger fähig, in der ostasiatischen Entwicklung eine für England unbequeme Stellung zu nehmen. Mit der Verscheukung Marokkos, das ihm nicht gehörte, holte England somit tatsächlich eine Art Abdankung Frankreichs innerhalb des ge¬ samten englischen Jnteressentreises erkauft. Billiger konnte das Geschäft nicht für England, demütigender nicht für Frankreich sein. Man wird unwillkürlich an das bekannte Bild „die Jagd nach dem Glück" erinnert. Ans einen weitern Zweck der englischen Politik ist schon im vorigen Heft an dieser Stelle hingewiesen worden; indem Rußland seine Ostseeflotte in Asien ein¬ setzte, und Frankreich, das eine Isolierung in Enropa befürchtete, leichten Kaufs sür eine Entente mit England eingefangen wurde, zerstörte die britische Diplomatie "uf lange Zeit hinaus die Möglichkeit einer gegen England gerichteten europäischen Nottenkoalition. Einer solchen deutsch - französisch - russischen Koalition die Spitze Mieter zu können, ist nach wiederholten amtlichen Erklärungen die Basis des eng- eschen Flottenplcms, der ja allerdings eine sehr starke Rüstung für England ver¬ engt. Indem Von der befürchteten Zukuuftskoalition Deutschland allein übrig ^eb, konnte England sich zunächst einige Erleichterungen gönnen und zugleich Grenzboten II 1S0K 36

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_296764/285>, abgerufen am 07.05.2024.