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Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Drittes Vierteljahr.

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Die Geschäftsordnung des englischen Parlaments

Niederlage lediglich den Befehlshabern aufbürden wollen. Man spricht so
oft von den tüchtigen Heeren, die nur schlecht geführt waren. Das mag zu¬
treffen unter Verhältnissen, wo im ganzen Heerwesen ein ursprünglicher
Naturalismus herrscht, also bei wilden oder halbwilden Völkern. Dort kann
eine angeborne Tapferkeit von fehlerhafter oder verständnisloser Leitung falsch
verwandt werden. Nicht so bei Kulturstaaten. Dieselben Kräfte, die hier
gute Truppen heranbilden, bringen auch brauchbare Führer an die Spitze.
Das eine ist ohne das andre nicht zu denken. Das Genie macht wohl insofern
eine Ausnahme, als es auch mit schlechten Mitteln Bedeutendes zu leisten
versteht. Im allgemeinen aber darf die Regel gelten, daß eine gute Armee
und gute Führung etwas Unzertrennliches sind, und daß sich die Verantwort¬
lichkeit des einen Teils von der des andern nicht sondern läßt."

In der Zeit der allgemeinen Wehrpflicht, wo im Kriege die Armee das
Volk in Waffen darstellt, aber möge die ganze Nation der Worte von
Clausewitz eingedenk sein, die General von der Goltz als Motto seinem Buche
voranstellt, und die demnächst auf dem Breslauer Clausewitzdenkmal ihren
Platz finden werden: "Nur wenn Volkscharakter und Kriegsgewohnheit in
bestündiger Wechselwirkung sich gegenseitig tragen, darf ein Volk hoffen, einen
festen Stand in der politischen Welt zu haben."




Die Geschäftsordnung des englischen Parlaments
2

as Unterhaus gibt seine Willensmeinung kund in Oräsrs und
Kösollltions. Die Resolution wird durch die Zustimmung des
Oberhauses Gesetz <Ave ok ?s.r1ig,iri6iir. Die Zustimmung des
Königs ist selbstverständlich und reine Form. Das Oberhaus
hat nur noch die Macht, durch Verweigerung seiner Zustimmung
zu hemmen, seitdem, wie Redlich es ausdrückt, die Whigoligarchie, nachdem sie
in der zweiten Revolution eine neue Dynastie eingesetzt hatte, es zweckmäßig
gefunden habe, ihre politische Macht nicht im Oberhause, sondern im Houss ot
Lominons zu betätigen). Durch die Gesetze, die das Haus aus diese Weise
erläßt, wirkt es nach außen. Orders, Befehle, erteilt es seinen Mitgliedern,
seinen Kommissionen und sich selbst zu dem Zwecke, den Geschäftsgang so zu
ordnen, daß es seine Arbeit ungestört und glatt zu verrichten vermag. Die
Orders sind teils Lössiorml Oräsrs, die für die eröffnete Sitzung Komitees ein¬
setzen, den Termin von Nachwahlen anordnen usw., teils 0r6ör8 ok tus as^,
die das Arbeitspensum des Tages bestimmen, teils 8tanäix>hö Oräsrs, die für
alle Zukunft gelten, so lange sie nicht abgeändert werden. Die bei verschiednen


Die Geschäftsordnung des englischen Parlaments

Niederlage lediglich den Befehlshabern aufbürden wollen. Man spricht so
oft von den tüchtigen Heeren, die nur schlecht geführt waren. Das mag zu¬
treffen unter Verhältnissen, wo im ganzen Heerwesen ein ursprünglicher
Naturalismus herrscht, also bei wilden oder halbwilden Völkern. Dort kann
eine angeborne Tapferkeit von fehlerhafter oder verständnisloser Leitung falsch
verwandt werden. Nicht so bei Kulturstaaten. Dieselben Kräfte, die hier
gute Truppen heranbilden, bringen auch brauchbare Führer an die Spitze.
Das eine ist ohne das andre nicht zu denken. Das Genie macht wohl insofern
eine Ausnahme, als es auch mit schlechten Mitteln Bedeutendes zu leisten
versteht. Im allgemeinen aber darf die Regel gelten, daß eine gute Armee
und gute Führung etwas Unzertrennliches sind, und daß sich die Verantwort¬
lichkeit des einen Teils von der des andern nicht sondern läßt."

In der Zeit der allgemeinen Wehrpflicht, wo im Kriege die Armee das
Volk in Waffen darstellt, aber möge die ganze Nation der Worte von
Clausewitz eingedenk sein, die General von der Goltz als Motto seinem Buche
voranstellt, und die demnächst auf dem Breslauer Clausewitzdenkmal ihren
Platz finden werden: „Nur wenn Volkscharakter und Kriegsgewohnheit in
bestündiger Wechselwirkung sich gegenseitig tragen, darf ein Volk hoffen, einen
festen Stand in der politischen Welt zu haben."




Die Geschäftsordnung des englischen Parlaments
2

as Unterhaus gibt seine Willensmeinung kund in Oräsrs und
Kösollltions. Die Resolution wird durch die Zustimmung des
Oberhauses Gesetz <Ave ok ?s.r1ig,iri6iir. Die Zustimmung des
Königs ist selbstverständlich und reine Form. Das Oberhaus
hat nur noch die Macht, durch Verweigerung seiner Zustimmung
zu hemmen, seitdem, wie Redlich es ausdrückt, die Whigoligarchie, nachdem sie
in der zweiten Revolution eine neue Dynastie eingesetzt hatte, es zweckmäßig
gefunden habe, ihre politische Macht nicht im Oberhause, sondern im Houss ot
Lominons zu betätigen). Durch die Gesetze, die das Haus aus diese Weise
erläßt, wirkt es nach außen. Orders, Befehle, erteilt es seinen Mitgliedern,
seinen Kommissionen und sich selbst zu dem Zwecke, den Geschäftsgang so zu
ordnen, daß es seine Arbeit ungestört und glatt zu verrichten vermag. Die
Orders sind teils Lössiorml Oräsrs, die für die eröffnete Sitzung Komitees ein¬
setzen, den Termin von Nachwahlen anordnen usw., teils 0r6ör8 ok tus as^,
die das Arbeitspensum des Tages bestimmen, teils 8tanäix>hö Oräsrs, die für
alle Zukunft gelten, so lange sie nicht abgeändert werden. Die bei verschiednen


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[0562] Die Geschäftsordnung des englischen Parlaments Niederlage lediglich den Befehlshabern aufbürden wollen. Man spricht so oft von den tüchtigen Heeren, die nur schlecht geführt waren. Das mag zu¬ treffen unter Verhältnissen, wo im ganzen Heerwesen ein ursprünglicher Naturalismus herrscht, also bei wilden oder halbwilden Völkern. Dort kann eine angeborne Tapferkeit von fehlerhafter oder verständnisloser Leitung falsch verwandt werden. Nicht so bei Kulturstaaten. Dieselben Kräfte, die hier gute Truppen heranbilden, bringen auch brauchbare Führer an die Spitze. Das eine ist ohne das andre nicht zu denken. Das Genie macht wohl insofern eine Ausnahme, als es auch mit schlechten Mitteln Bedeutendes zu leisten versteht. Im allgemeinen aber darf die Regel gelten, daß eine gute Armee und gute Führung etwas Unzertrennliches sind, und daß sich die Verantwort¬ lichkeit des einen Teils von der des andern nicht sondern läßt." In der Zeit der allgemeinen Wehrpflicht, wo im Kriege die Armee das Volk in Waffen darstellt, aber möge die ganze Nation der Worte von Clausewitz eingedenk sein, die General von der Goltz als Motto seinem Buche voranstellt, und die demnächst auf dem Breslauer Clausewitzdenkmal ihren Platz finden werden: „Nur wenn Volkscharakter und Kriegsgewohnheit in bestündiger Wechselwirkung sich gegenseitig tragen, darf ein Volk hoffen, einen festen Stand in der politischen Welt zu haben." Die Geschäftsordnung des englischen Parlaments 2 as Unterhaus gibt seine Willensmeinung kund in Oräsrs und Kösollltions. Die Resolution wird durch die Zustimmung des Oberhauses Gesetz <Ave ok ?s.r1ig,iri6iir. Die Zustimmung des Königs ist selbstverständlich und reine Form. Das Oberhaus hat nur noch die Macht, durch Verweigerung seiner Zustimmung zu hemmen, seitdem, wie Redlich es ausdrückt, die Whigoligarchie, nachdem sie in der zweiten Revolution eine neue Dynastie eingesetzt hatte, es zweckmäßig gefunden habe, ihre politische Macht nicht im Oberhause, sondern im Houss ot Lominons zu betätigen). Durch die Gesetze, die das Haus aus diese Weise erläßt, wirkt es nach außen. Orders, Befehle, erteilt es seinen Mitgliedern, seinen Kommissionen und sich selbst zu dem Zwecke, den Geschäftsgang so zu ordnen, daß es seine Arbeit ungestört und glatt zu verrichten vermag. Die Orders sind teils Lössiorml Oräsrs, die für die eröffnete Sitzung Komitees ein¬ setzen, den Termin von Nachwahlen anordnen usw., teils 0r6ör8 ok tus as^, die das Arbeitspensum des Tages bestimmen, teils 8tanäix>hö Oräsrs, die für alle Zukunft gelten, so lange sie nicht abgeändert werden. Die bei verschiednen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341883_299786/562>, abgerufen am 30.04.2024.