Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Viertes Vierteljahr.Heimatsehnsucht trauen auf den Schutz durch die Behörden kennzeichnet bei einem Empfang So ist denn unser Aufenthalt in Baku nicht von langer Dauer gewesen, Heimatsehnsucht Jassy Torrnno Novelle von le sind doch gewiß glücklich, wieder in Ihre alte Heimat zurückzu¬ Sie wollte mit einer gleichgiltigen Phrase antworten, wie sie Nein, sagte sie -- und man merkte die lang zurückgedrängte Heftigkeit --, Heimatsehnsucht trauen auf den Schutz durch die Behörden kennzeichnet bei einem Empfang So ist denn unser Aufenthalt in Baku nicht von langer Dauer gewesen, Heimatsehnsucht Jassy Torrnno Novelle von le sind doch gewiß glücklich, wieder in Ihre alte Heimat zurückzu¬ Sie wollte mit einer gleichgiltigen Phrase antworten, wie sie Nein, sagte sie — und man merkte die lang zurückgedrängte Heftigkeit —, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0327" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/300826"/> <fw type="header" place="top"> Heimatsehnsucht</fw><lb/> <p xml:id="ID_1327" prev="#ID_1326"> trauen auf den Schutz durch die Behörden kennzeichnet bei einem Empfang<lb/> mehrerer Industrieller durch den Gouverneur, der die Ausländer an ihre Konsuln<lb/> empfahl, die Frage eines Russen: „Wo ist denn unser Konsul?"</p><lb/> <p xml:id="ID_1328"> So ist denn unser Aufenthalt in Baku nicht von langer Dauer gewesen,<lb/> und die Besichtigung der historischen Denkmäler mußte ebenso unterbleiben wie<lb/> ein Besuch der Petroleumwerke, zu denen wir in diesen Tagen keinen Zutritt<lb/> erhalten haben würden. Einige angenehme Stunden in dem teppichgeschmückten<lb/> Heim unsers Konsuls, seine und seiner Gemahlin Gastfreundschaft mußten uns<lb/> entschädigen, und seine und seiner Angestellten Bemühungen, uns durch Adressen<lb/> und Empfehlungen unsre weitern Wege zu ebnen, verpflichten uns zu aufrichtiger<lb/> Dankbarkeit. Wir schieden nicht ohne Bedauern von Baku, hinterließen einige<lb/> unabsichtliche Andenken, wie Regenschirm und Gummischuhe, und vertrauten uns<lb/> einigermaßen skeptisch dem ehrwürdigen Raddampfer an, der sicher schon manchen<lb/> Sturm erlebt hatte. Während er an den vielen Fahrzeugen der Handels- und<lb/> Fischereiflotte vorbei auf die äußerste Spitze der Halbinsel Apscheron zu hielt,<lb/> hatten wir Muße, das schöne Bild der nächtlich beleuchteten, amphitheatralisch<lb/> vom Hafen aufsteigenden Stadt und ihrer industriellen Vororte zu bewundern.<lb/> Dann überließen wir es dem alten Kasten, sich durch die fischreichen grünlichen<lb/> Fluten des Kaspischen Meeres hindurchzuarbeiten, freuten uns, daß sich Dampfer<lb/> und Meer im Verein sehr anständig benahmen, und saßen bei Skat und Tee,<lb/> bis die nötige Bettstimmung kommen wollte. Was sich von Beamten, Frauen<lb/> und Kindern in dem engen Salon und Eßrcmm zusammengefunden hatte, lockte<lb/> nicht zur Anknüpfung von Bekanntschaften. Was des Studierens wert gewesen<lb/> wäre, schlief. So lag keine Veranlassung vor, die letzte Nachtruhe auf dem<lb/> Wasser übermäßig zu kürzen.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Heimatsehnsucht<lb/><note type="byline"> Jassy Torrnno</note> Novelle von</head><lb/> <p xml:id="ID_1329"> le sind doch gewiß glücklich, wieder in Ihre alte Heimat zurückzu¬<lb/> kehren, gnädige Frau?</p><lb/> <p xml:id="ID_1330"> Sie wollte mit einer gleichgiltigen Phrase antworten, wie sie<lb/> es hundertmal zuvor andern Bekannten gegenüber bei der gleichen<lb/> Frage getan hatte. Aber sie besann sich anders. Diesem Manne<lb/> gegenüber, der der Jugendfreund ihres Gatten war, der in Zukunft,<lb/> wie Heinrich gesagt, sehr viel bei ihnen verkehren würde — und vor allem, dem<lb/> sympathischen Klang seiner Stimme, seinen klugen, aufmerksamen, ehrlichen Angen<lb/> gegenüber mochte sie weder lügen noch feige ausweichen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1331" next="#ID_1332"> Nein, sagte sie — und man merkte die lang zurückgedrängte Heftigkeit —,<lb/> 'es habe diese Versetzung noch weniger gewünscht als mein Man». Im Gegenteil,</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0327]
Heimatsehnsucht
trauen auf den Schutz durch die Behörden kennzeichnet bei einem Empfang
mehrerer Industrieller durch den Gouverneur, der die Ausländer an ihre Konsuln
empfahl, die Frage eines Russen: „Wo ist denn unser Konsul?"
So ist denn unser Aufenthalt in Baku nicht von langer Dauer gewesen,
und die Besichtigung der historischen Denkmäler mußte ebenso unterbleiben wie
ein Besuch der Petroleumwerke, zu denen wir in diesen Tagen keinen Zutritt
erhalten haben würden. Einige angenehme Stunden in dem teppichgeschmückten
Heim unsers Konsuls, seine und seiner Gemahlin Gastfreundschaft mußten uns
entschädigen, und seine und seiner Angestellten Bemühungen, uns durch Adressen
und Empfehlungen unsre weitern Wege zu ebnen, verpflichten uns zu aufrichtiger
Dankbarkeit. Wir schieden nicht ohne Bedauern von Baku, hinterließen einige
unabsichtliche Andenken, wie Regenschirm und Gummischuhe, und vertrauten uns
einigermaßen skeptisch dem ehrwürdigen Raddampfer an, der sicher schon manchen
Sturm erlebt hatte. Während er an den vielen Fahrzeugen der Handels- und
Fischereiflotte vorbei auf die äußerste Spitze der Halbinsel Apscheron zu hielt,
hatten wir Muße, das schöne Bild der nächtlich beleuchteten, amphitheatralisch
vom Hafen aufsteigenden Stadt und ihrer industriellen Vororte zu bewundern.
Dann überließen wir es dem alten Kasten, sich durch die fischreichen grünlichen
Fluten des Kaspischen Meeres hindurchzuarbeiten, freuten uns, daß sich Dampfer
und Meer im Verein sehr anständig benahmen, und saßen bei Skat und Tee,
bis die nötige Bettstimmung kommen wollte. Was sich von Beamten, Frauen
und Kindern in dem engen Salon und Eßrcmm zusammengefunden hatte, lockte
nicht zur Anknüpfung von Bekanntschaften. Was des Studierens wert gewesen
wäre, schlief. So lag keine Veranlassung vor, die letzte Nachtruhe auf dem
Wasser übermäßig zu kürzen.
Heimatsehnsucht
Jassy Torrnno Novelle von
le sind doch gewiß glücklich, wieder in Ihre alte Heimat zurückzu¬
kehren, gnädige Frau?
Sie wollte mit einer gleichgiltigen Phrase antworten, wie sie
es hundertmal zuvor andern Bekannten gegenüber bei der gleichen
Frage getan hatte. Aber sie besann sich anders. Diesem Manne
gegenüber, der der Jugendfreund ihres Gatten war, der in Zukunft,
wie Heinrich gesagt, sehr viel bei ihnen verkehren würde — und vor allem, dem
sympathischen Klang seiner Stimme, seinen klugen, aufmerksamen, ehrlichen Angen
gegenüber mochte sie weder lügen noch feige ausweichen.
Nein, sagte sie — und man merkte die lang zurückgedrängte Heftigkeit —,
'es habe diese Versetzung noch weniger gewünscht als mein Man». Im Gegenteil,
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