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Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Viertes Vierteljahr.

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Die Besiedlung der Ostmarken durch deutsche Bauern

ußer der Bekämpfung der kulturfeindlichen Strömung, die Staat,
Familie und Religion mit Vernichtung bedroht, gibt es keine
wichtigere und schwierigere Aufgabe für die preußische Staatskunst,
als die Sicherung unsrer Ostprovinzen gegen die zum Glück jetzt
in ihrer ganzen Größe erkannte slawische Gefahr. Deshalb er-
^gen auch die Debatten über unsre Pvlenpolitik, die alljährlich im Hause
^ Abgeordneten stattfinden, wenn die Besprechung des Jahresberichts der
^'"glichen Ansiedlungskommission auf der Tagesordnung steht, ein ganz außer-
roentliches Interesse sogar über die Grenzen Preußens weit hinaus.

Keine Waffe in den Händen der preußischen Negierung zur Bekämpfung der
-Polengefahr in den am meisten gefährdeten Provinzen Westpreußen und Posen
^>t auch nur entfernt die Wucht und Schärfe wie die Verpflanzung deutscher
dauern nach den hartnmstrittnen Gauen im Osten unsers Vaterlandes,

b s s I^vis Jahre lang hatten sich die Abwehrmaßregeln der Polen darauf
schränkt, hin und wieder ein Gut zu parzellieren, um polnische Arbeiter zu
Ueuien Grundbesitzern zu machen. Eine ernsthafte Störung des Ankaufgeschüfts
er Ansiedlungskommission fand zunächst nicht statt, da dieser immer noch mehr
Güter angeboten wurden, als sie zu kaufen imstande war. Heftiger fing der
^ampf ein zu entbrennen, als die Polen zu der Erkenntnis kamen, daß die
lsher aufgewandten Mittel unzulänglich wären, und mit Energie daran gingen,
Me Agrarbanken und deren Fonds gewaltig zu vermehren. Jetzt wurde die
polnische Konkurrenz bei dem Erwerb von Grund und Boden recht fühlbar,
besonders da die Polen es darauf absahen, nach Möglichkeit polnische Kolonien
Mischen die neuen deutschen Dörfer einzuschieben, und es kam dem Ansiedlungs-
sehr zustatten, daß im Jahre 1904 ein Gesetz erlassen wurde, das die
^estimmung traf, daß neue Siedlungen nur dann zu genehmigen wären, wenn
^re Gründung den Zielen des Ansiedlungsgesetzes von 1886 nicht widerspräche.
Damit war den Parzellierungsbanken das Handwerk gelegt, aber noch warfen


Grenzboten IV 1906 66


Die Besiedlung der Ostmarken durch deutsche Bauern

ußer der Bekämpfung der kulturfeindlichen Strömung, die Staat,
Familie und Religion mit Vernichtung bedroht, gibt es keine
wichtigere und schwierigere Aufgabe für die preußische Staatskunst,
als die Sicherung unsrer Ostprovinzen gegen die zum Glück jetzt
in ihrer ganzen Größe erkannte slawische Gefahr. Deshalb er-
^gen auch die Debatten über unsre Pvlenpolitik, die alljährlich im Hause
^ Abgeordneten stattfinden, wenn die Besprechung des Jahresberichts der
^'"glichen Ansiedlungskommission auf der Tagesordnung steht, ein ganz außer-
roentliches Interesse sogar über die Grenzen Preußens weit hinaus.

Keine Waffe in den Händen der preußischen Negierung zur Bekämpfung der
-Polengefahr in den am meisten gefährdeten Provinzen Westpreußen und Posen
^>t auch nur entfernt die Wucht und Schärfe wie die Verpflanzung deutscher
dauern nach den hartnmstrittnen Gauen im Osten unsers Vaterlandes,

b s s I^vis Jahre lang hatten sich die Abwehrmaßregeln der Polen darauf
schränkt, hin und wieder ein Gut zu parzellieren, um polnische Arbeiter zu
Ueuien Grundbesitzern zu machen. Eine ernsthafte Störung des Ankaufgeschüfts
er Ansiedlungskommission fand zunächst nicht statt, da dieser immer noch mehr
Güter angeboten wurden, als sie zu kaufen imstande war. Heftiger fing der
^ampf ein zu entbrennen, als die Polen zu der Erkenntnis kamen, daß die
lsher aufgewandten Mittel unzulänglich wären, und mit Energie daran gingen,
Me Agrarbanken und deren Fonds gewaltig zu vermehren. Jetzt wurde die
polnische Konkurrenz bei dem Erwerb von Grund und Boden recht fühlbar,
besonders da die Polen es darauf absahen, nach Möglichkeit polnische Kolonien
Mischen die neuen deutschen Dörfer einzuschieben, und es kam dem Ansiedlungs-
sehr zustatten, daß im Jahre 1904 ein Gesetz erlassen wurde, das die
^estimmung traf, daß neue Siedlungen nur dann zu genehmigen wären, wenn
^re Gründung den Zielen des Ansiedlungsgesetzes von 1886 nicht widerspräche.
Damit war den Parzellierungsbanken das Handwerk gelegt, aber noch warfen


Grenzboten IV 1906 66
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[0517] [Abbildung] Die Besiedlung der Ostmarken durch deutsche Bauern ußer der Bekämpfung der kulturfeindlichen Strömung, die Staat, Familie und Religion mit Vernichtung bedroht, gibt es keine wichtigere und schwierigere Aufgabe für die preußische Staatskunst, als die Sicherung unsrer Ostprovinzen gegen die zum Glück jetzt in ihrer ganzen Größe erkannte slawische Gefahr. Deshalb er- ^gen auch die Debatten über unsre Pvlenpolitik, die alljährlich im Hause ^ Abgeordneten stattfinden, wenn die Besprechung des Jahresberichts der ^'"glichen Ansiedlungskommission auf der Tagesordnung steht, ein ganz außer- roentliches Interesse sogar über die Grenzen Preußens weit hinaus. Keine Waffe in den Händen der preußischen Negierung zur Bekämpfung der -Polengefahr in den am meisten gefährdeten Provinzen Westpreußen und Posen ^>t auch nur entfernt die Wucht und Schärfe wie die Verpflanzung deutscher dauern nach den hartnmstrittnen Gauen im Osten unsers Vaterlandes, b s s I^vis Jahre lang hatten sich die Abwehrmaßregeln der Polen darauf schränkt, hin und wieder ein Gut zu parzellieren, um polnische Arbeiter zu Ueuien Grundbesitzern zu machen. Eine ernsthafte Störung des Ankaufgeschüfts er Ansiedlungskommission fand zunächst nicht statt, da dieser immer noch mehr Güter angeboten wurden, als sie zu kaufen imstande war. Heftiger fing der ^ampf ein zu entbrennen, als die Polen zu der Erkenntnis kamen, daß die lsher aufgewandten Mittel unzulänglich wären, und mit Energie daran gingen, Me Agrarbanken und deren Fonds gewaltig zu vermehren. Jetzt wurde die polnische Konkurrenz bei dem Erwerb von Grund und Boden recht fühlbar, besonders da die Polen es darauf absahen, nach Möglichkeit polnische Kolonien Mischen die neuen deutschen Dörfer einzuschieben, und es kam dem Ansiedlungs- sehr zustatten, daß im Jahre 1904 ein Gesetz erlassen wurde, das die ^estimmung traf, daß neue Siedlungen nur dann zu genehmigen wären, wenn ^re Gründung den Zielen des Ansiedlungsgesetzes von 1886 nicht widerspräche. Damit war den Parzellierungsbanken das Handwerk gelegt, aber noch warfen Grenzboten IV 1906 66

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341883_300500/517>, abgerufen am 29.04.2024.