Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Viertes Vierteljahr.Die Entwicklung der optischen Telegraphie Politischen Konventikeln rumorte die Sache weiter, einmal ein öffentlicher Stelle Die Entwicklung der optischen Telegraphie R. Hcnnig i von n öglichste Schnelligkeit in der Übermittlung wichtiger Nachrichten Grenzboten IV IMß 74
Die Entwicklung der optischen Telegraphie Politischen Konventikeln rumorte die Sache weiter, einmal ein öffentlicher Stelle Die Entwicklung der optischen Telegraphie R. Hcnnig i von n öglichste Schnelligkeit in der Übermittlung wichtiger Nachrichten Grenzboten IV IMß 74
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0583" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/301082"/> <fw type="header" place="top"> Die Entwicklung der optischen Telegraphie</fw><lb/> <p xml:id="ID_2421" prev="#ID_2420"> Politischen Konventikeln rumorte die Sache weiter, einmal ein öffentlicher Stelle<lb/> aufgerührt, konnte der Erörterung darüber nicht gut ausgewichen werden.<lb/> Nun zeigte sich freilich, wie unreif der ganze Plan noch war, und daß man<lb/> es nicht für gut hielt, sich öffentlich sehr für ihn zu erwärmen, da sogar von<lb/> einer in großem Stil angelegten Agitation für ein Ministerium Schmerling<lb/> bei der augenblicklichen Stimmung in den maßgebenden Kreisen nichts zu<lb/> erwarten war. Die klugen Leute taten darum, als wüßten sie von nichts,<lb/> und binnen wenig Tagen war die seit Monaten alles Ernstes betriebne<lb/> Schmerlingaffäre der Lächerlichkeit verfallen. Einige Tage nach dem Bankett<lb/> traf einer der „Hofrüte" der Verfasfungspartei, der immer nach der Sonnen¬<lb/> seite strebte, den Vizepräsidenten des Ministeriums im Couloir des Abgeordneten¬<lb/> hauses und wollte seine Treue, die in den letzten Wochen durchaus nicht<lb/> felsenfest gestanden hatte, von neuem glänzen lassen. Lasser mochte indessen<lb/> der verunglückten Verschwörung nicht noch nachträglich Bedeutung beigelegt<lb/> sehen. „Aber Schmerling hat doch schon eine Programmrede gehalten", ver¬<lb/> sicherte der Hofrat. „Ja Wissens, lieber Hofrat, erwiderte Baron Lasfer, mit<lb/> sechzig Jahren wird man ein alter Mann, aber mit siebzig Jahren ist man<lb/> ein altes Weib", und ließ den verdutzten Hofrat stehn. Lasser wußte ganz<lb/> genau, daß eine Intrigue von Journalisten, Börsenmünnern und mißvergnügten<lb/> Abgeordneten das Ministerium Auersperg nicht stürzen werde, auch nicht,<lb/> wenn sie die Alterseitelkeit Schmerlings zur Hilfe nähme. Der Vorfall zeigt<lb/> aber, daß schon wenig Jahre nach dem Jnslebentreten des deutschen Ministeriums<lb/> Auersperg das Bestreben der deutschliberalen Partei, sich in der Richtung des<lb/> Extrems fortzuentwickeln, am Sturz des Ministeriums arbeitete.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Die Entwicklung der optischen Telegraphie<lb/><note type="byline"> R. Hcnnig i</note> von n </head><lb/> <p xml:id="ID_2422"> öglichste Schnelligkeit in der Übermittlung wichtiger Nachrichten<lb/> ist natürlich von jeher ein Ideal der Menschen gewesen. Heute,<lb/> wo wir uns die Elektrizität dienstbar gemacht haben, um binnen<lb/> wenig Stunden fast an jeden Ort der kultivierten Erde Nach¬<lb/> richten gelangen zu lassen oder Nachrichten von dort zu empfangen,<lb/> vermögen wir uns kaum uoch ein richtiges, klares Bild von dem frühern, jahr¬<lb/> tausendelangen Zustande zu machen, wo sogar die Kunde von welterschütternden<lb/> Ereignissen Wochen und Monate bedürfte, bis sie auch nur in die Nachbar¬<lb/> länder drang. Und doch sind erst wenig Jahrzehnte vergangen, seit die<lb/> Menschheit gelernt hat, andre Verständigungsmittel als Licht und Schall an¬<lb/> zuwenden, um auf die Gesichts- oder Gehörssphäre eines andern Menschen ein¬<lb/> zuwirken, mit dem man eine Verständigung herbeizuführen wünscht.</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten IV IMß 74</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0583]
Die Entwicklung der optischen Telegraphie
Politischen Konventikeln rumorte die Sache weiter, einmal ein öffentlicher Stelle
aufgerührt, konnte der Erörterung darüber nicht gut ausgewichen werden.
Nun zeigte sich freilich, wie unreif der ganze Plan noch war, und daß man
es nicht für gut hielt, sich öffentlich sehr für ihn zu erwärmen, da sogar von
einer in großem Stil angelegten Agitation für ein Ministerium Schmerling
bei der augenblicklichen Stimmung in den maßgebenden Kreisen nichts zu
erwarten war. Die klugen Leute taten darum, als wüßten sie von nichts,
und binnen wenig Tagen war die seit Monaten alles Ernstes betriebne
Schmerlingaffäre der Lächerlichkeit verfallen. Einige Tage nach dem Bankett
traf einer der „Hofrüte" der Verfasfungspartei, der immer nach der Sonnen¬
seite strebte, den Vizepräsidenten des Ministeriums im Couloir des Abgeordneten¬
hauses und wollte seine Treue, die in den letzten Wochen durchaus nicht
felsenfest gestanden hatte, von neuem glänzen lassen. Lasser mochte indessen
der verunglückten Verschwörung nicht noch nachträglich Bedeutung beigelegt
sehen. „Aber Schmerling hat doch schon eine Programmrede gehalten", ver¬
sicherte der Hofrat. „Ja Wissens, lieber Hofrat, erwiderte Baron Lasfer, mit
sechzig Jahren wird man ein alter Mann, aber mit siebzig Jahren ist man
ein altes Weib", und ließ den verdutzten Hofrat stehn. Lasser wußte ganz
genau, daß eine Intrigue von Journalisten, Börsenmünnern und mißvergnügten
Abgeordneten das Ministerium Auersperg nicht stürzen werde, auch nicht,
wenn sie die Alterseitelkeit Schmerlings zur Hilfe nähme. Der Vorfall zeigt
aber, daß schon wenig Jahre nach dem Jnslebentreten des deutschen Ministeriums
Auersperg das Bestreben der deutschliberalen Partei, sich in der Richtung des
Extrems fortzuentwickeln, am Sturz des Ministeriums arbeitete.
Die Entwicklung der optischen Telegraphie
R. Hcnnig i von n
öglichste Schnelligkeit in der Übermittlung wichtiger Nachrichten
ist natürlich von jeher ein Ideal der Menschen gewesen. Heute,
wo wir uns die Elektrizität dienstbar gemacht haben, um binnen
wenig Stunden fast an jeden Ort der kultivierten Erde Nach¬
richten gelangen zu lassen oder Nachrichten von dort zu empfangen,
vermögen wir uns kaum uoch ein richtiges, klares Bild von dem frühern, jahr¬
tausendelangen Zustande zu machen, wo sogar die Kunde von welterschütternden
Ereignissen Wochen und Monate bedürfte, bis sie auch nur in die Nachbar¬
länder drang. Und doch sind erst wenig Jahrzehnte vergangen, seit die
Menschheit gelernt hat, andre Verständigungsmittel als Licht und Schall an¬
zuwenden, um auf die Gesichts- oder Gehörssphäre eines andern Menschen ein¬
zuwirken, mit dem man eine Verständigung herbeizuführen wünscht.
Grenzboten IV IMß 74
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