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Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Drittes Vierteljahr.

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Zum Ursprung des Märchens

Die römisch-katholische Kirche kann sich keine festere Stütze und keinen
bessern Hüter ihrer Interessen wünschen. Seine reichen Wissensschätze, seine
scharfe Denkkraft hat ihn nirgends mit der Kirchenlehre in Konflikt verwickelt.
Als er 1902 in einem Vortrag: I,e, ?roZre8 rsliZisux (in Florenz) die Starr¬
heit des Dogmas in Abrede stellte, sprach er aus der vollen Überzeugung
eines redlichen Denkers heraus, der selbst den anscheinend toten Buchstaben¬
glauben fruchtbringend in Bewegung gesetzt hat. Unerschrocken weist er seinem
Lieblingsschriftsteller Bossuet Anklänge an Calvins Institution enrstisnns nach,
offenherzig widmet er dem Genfer Reformator das redliche Apostelwort:
oxortst ng,srk86L Sö8s. Er hatte immer den Mut seiner Überzeugung. Neben¬
buhlerschaft, Neid, Sophismus blieben seiner Seele fern. Frankreich aber hat
in der schweren Krisis seines Kulturkampfes einen treuen Sohn verloren,
dessen redliche Stimme im Kampfe der Parteien verhallte. Viele haben ihm
nicht vergessen, daß er der I^i^us as ig?Ätris trg.ncMss beigetreten war; er
selbst hatte die neue Ära, die nach dem Tode Leos des Dreizehnter im
Vatikan angebrochen ist, nicht mehr verstanden. Die versöhnliche Milde
der Kirche, auf die er bis kurz vor seinem Tode hoffte, war sein letzter --
Trugschluß.

Sein stark entwickeltes Nationalgefühl (nicht Nationaleitelkeit) tritt am
schönsten zutage in einer kritischen Anzeige vom Jahre 1900, die den Titel
Amen-log-imo trägt. Die Vaterlandsfreunde aller Nationen könnten von
ihm lernen, wenn er einsichtsvoll äußert, daß ein Herd, von dem geistiger
und insbesondre moralischer Einfluß ausgehn soll, um so mehr Wärme aus¬
strahlen wird, je intensiver seine Flamme unterhalten wird, "ü'sse pourquoi,
ein ^.insriqus, c"u ailleurs, si mens voulons <zus ig. tali^us se I'ssxrit traue/ais
8? rspanäsut, us non8 vrooeeuvvns tant ach wo^eus as iss rs'nÄnärs an
llöliors ans as 1iZ8 inNntcmir sux-mSins8, et su?rsnos, clam8 Is 8su8 as Isur
ti'g,clition.




Zum Ursprung des Märchens
Paul Arfert vonin
3

! cum im folgenden einige Andeutungen über die ersten Entwicklungs-
stadien des Märchens gegeben werden, so kann es sich dabei
nur um Möglichkeiten handeln, und zwar um Möglichkeiten, die
nur aus gewissen innern Tendenzen des Märchens erschlossen
! werden können. Über die äußerlichen Entwicklungsgesetze kann
ich hier nur einige kurze Bemerkungen vorausschicken. Als den ursprüng¬
lichen Kern der Märchen haben wir kürzere, formlose Geschichtchen voraus-


Zum Ursprung des Märchens

Die römisch-katholische Kirche kann sich keine festere Stütze und keinen
bessern Hüter ihrer Interessen wünschen. Seine reichen Wissensschätze, seine
scharfe Denkkraft hat ihn nirgends mit der Kirchenlehre in Konflikt verwickelt.
Als er 1902 in einem Vortrag: I,e, ?roZre8 rsliZisux (in Florenz) die Starr¬
heit des Dogmas in Abrede stellte, sprach er aus der vollen Überzeugung
eines redlichen Denkers heraus, der selbst den anscheinend toten Buchstaben¬
glauben fruchtbringend in Bewegung gesetzt hat. Unerschrocken weist er seinem
Lieblingsschriftsteller Bossuet Anklänge an Calvins Institution enrstisnns nach,
offenherzig widmet er dem Genfer Reformator das redliche Apostelwort:
oxortst ng,srk86L Sö8s. Er hatte immer den Mut seiner Überzeugung. Neben¬
buhlerschaft, Neid, Sophismus blieben seiner Seele fern. Frankreich aber hat
in der schweren Krisis seines Kulturkampfes einen treuen Sohn verloren,
dessen redliche Stimme im Kampfe der Parteien verhallte. Viele haben ihm
nicht vergessen, daß er der I^i^us as ig?Ätris trg.ncMss beigetreten war; er
selbst hatte die neue Ära, die nach dem Tode Leos des Dreizehnter im
Vatikan angebrochen ist, nicht mehr verstanden. Die versöhnliche Milde
der Kirche, auf die er bis kurz vor seinem Tode hoffte, war sein letzter —
Trugschluß.

Sein stark entwickeltes Nationalgefühl (nicht Nationaleitelkeit) tritt am
schönsten zutage in einer kritischen Anzeige vom Jahre 1900, die den Titel
Amen-log-imo trägt. Die Vaterlandsfreunde aller Nationen könnten von
ihm lernen, wenn er einsichtsvoll äußert, daß ein Herd, von dem geistiger
und insbesondre moralischer Einfluß ausgehn soll, um so mehr Wärme aus¬
strahlen wird, je intensiver seine Flamme unterhalten wird, «ü'sse pourquoi,
ein ^.insriqus, c»u ailleurs, si mens voulons <zus ig. tali^us se I'ssxrit traue/ais
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Zum Ursprung des Märchens
Paul Arfert vonin
3

! cum im folgenden einige Andeutungen über die ersten Entwicklungs-
stadien des Märchens gegeben werden, so kann es sich dabei
nur um Möglichkeiten handeln, und zwar um Möglichkeiten, die
nur aus gewissen innern Tendenzen des Märchens erschlossen
! werden können. Über die äußerlichen Entwicklungsgesetze kann
ich hier nur einige kurze Bemerkungen vorausschicken. Als den ursprüng¬
lichen Kern der Märchen haben wir kürzere, formlose Geschichtchen voraus-


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[0146] Zum Ursprung des Märchens Die römisch-katholische Kirche kann sich keine festere Stütze und keinen bessern Hüter ihrer Interessen wünschen. Seine reichen Wissensschätze, seine scharfe Denkkraft hat ihn nirgends mit der Kirchenlehre in Konflikt verwickelt. Als er 1902 in einem Vortrag: I,e, ?roZre8 rsliZisux (in Florenz) die Starr¬ heit des Dogmas in Abrede stellte, sprach er aus der vollen Überzeugung eines redlichen Denkers heraus, der selbst den anscheinend toten Buchstaben¬ glauben fruchtbringend in Bewegung gesetzt hat. Unerschrocken weist er seinem Lieblingsschriftsteller Bossuet Anklänge an Calvins Institution enrstisnns nach, offenherzig widmet er dem Genfer Reformator das redliche Apostelwort: oxortst ng,srk86L Sö8s. Er hatte immer den Mut seiner Überzeugung. Neben¬ buhlerschaft, Neid, Sophismus blieben seiner Seele fern. Frankreich aber hat in der schweren Krisis seines Kulturkampfes einen treuen Sohn verloren, dessen redliche Stimme im Kampfe der Parteien verhallte. Viele haben ihm nicht vergessen, daß er der I^i^us as ig?Ätris trg.ncMss beigetreten war; er selbst hatte die neue Ära, die nach dem Tode Leos des Dreizehnter im Vatikan angebrochen ist, nicht mehr verstanden. Die versöhnliche Milde der Kirche, auf die er bis kurz vor seinem Tode hoffte, war sein letzter — Trugschluß. Sein stark entwickeltes Nationalgefühl (nicht Nationaleitelkeit) tritt am schönsten zutage in einer kritischen Anzeige vom Jahre 1900, die den Titel Amen-log-imo trägt. Die Vaterlandsfreunde aller Nationen könnten von ihm lernen, wenn er einsichtsvoll äußert, daß ein Herd, von dem geistiger und insbesondre moralischer Einfluß ausgehn soll, um so mehr Wärme aus¬ strahlen wird, je intensiver seine Flamme unterhalten wird, «ü'sse pourquoi, ein ^.insriqus, c»u ailleurs, si mens voulons <zus ig. tali^us se I'ssxrit traue/ais 8? rspanäsut, us non8 vrooeeuvvns tant ach wo^eus as iss rs'nÄnärs an llöliors ans as 1iZ8 inNntcmir sux-mSins8, et su?rsnos, clam8 Is 8su8 as Isur ti'g,clition. Zum Ursprung des Märchens Paul Arfert vonin 3 ! cum im folgenden einige Andeutungen über die ersten Entwicklungs- stadien des Märchens gegeben werden, so kann es sich dabei nur um Möglichkeiten handeln, und zwar um Möglichkeiten, die nur aus gewissen innern Tendenzen des Märchens erschlossen ! werden können. Über die äußerlichen Entwicklungsgesetze kann ich hier nur einige kurze Bemerkungen vorausschicken. Als den ursprüng¬ lichen Kern der Märchen haben wir kürzere, formlose Geschichtchen voraus-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_302701/146>, abgerufen am 29.04.2024.