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Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Drittes Vierteljahr.

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Nochmals der höhere Verwaltungsdienst in Preußen

ÄWW
'MM-MF^sM! le 1903 hat die Negierung auch jetzt ihr Bestreben, den Eintritt
der Juristen in die Verwaltungslaufbahn zu erleichtern, damit
begründet, daß es sonst nicht möglich sei, solche Beamte in ge¬
nügender Anzahl zum Übertritt in die Verwaltung zu bewegen.
! Demgegenüber muß es eigentümlich berühren, daß amtliche An¬
gaben über die Zahl der höhern Justizbeamten in der allgemeinen Verwaltung
nicht bekannt geworden sind. Man hat danach sowohl in der Kommission des
Herrenhauses als in der des Abgeordnetenhauses gefragt, aber aus keinem der
beiden Kommissionsberichte ergibt sich, daß diese Frage beantwortet worden ist.
Wahrscheinlich ist es geschehen, aber man hat dafür gesorgt, daß nichts in den
Bericht gekommen ist. Aus alle Fälle läßt also dieser Vorgang tief blicken. Ich
muß jedenfalls dabei bleiben, daß die Verwaltung schon bisher mit Juristen
geradezu überschwemmt worden ist. In Zukunft wird der Zufluß aber noch weit
stärker werden. Man wird schon wegen der Verschlechterung der juristischen Vor¬
bildung der zukünftigen Verwaltungsbeamten später gezwungen sein, mehr Juristen
zu übernehmen, wie die Regierung mit anerkennenswerter Offenheit nun selbst zu¬
gestanden hat.*) Und diese Entwicklung wird durch eine Bewegung unter den
Juristen selbst sehr gefördert werden. Einem aufmerksamen Beobachter mußte es
schon längst auffallen, daß die Herren Kollegen von der Justiz in den letzten
Jahren eifrig bemüht waren, die Verwaltung für sich zu erobern -- indem man
bei jeder Gelegenheit der Verwaltung klar zu machen suchte, daß sie nichts besseres
tun könne, als möglichst viele Juristen unter ihre Beamten aufzunehmen.
Dieser Gedanke ging zum Beispiel wie ein roter Faden durch die Verhand¬
lungen des 25. Deutschen Juristentags über die Neuordnung des juristischen
Vorbereitungsdienstes in Deutschland. Seiner Begründung war ferner gewidmet
ein wissenschaftlicher Vortrag des damaligen Vortragenden Rats im Justiz¬
ministerium, jetzigen Oberlandesgerichtspräsidenten Vierhaus worin er geradezu
vorschlug, weniger beschäftigten Amtsrichtern auf dem Lande einzelne Ver¬
waltungsgeschäfte zu übertragen, natürlich nur, um der Bevölkerung entgegen¬
zukommen und die mit Arbeit überhäuften Landräte zu entlasten. Vor allem
standen fast alle juristischen Landtagsmitglieder, die sich bei der Beratung der




*) Begründung des Entwurfs von 1905, S. 10.
Gerichtsbarkeit und Verwaltungshoheit. Verwaltungsarchiv, Bd. 11, S. 222 ff.


Nochmals der höhere Verwaltungsdienst in Preußen

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'MM-MF^sM! le 1903 hat die Negierung auch jetzt ihr Bestreben, den Eintritt
der Juristen in die Verwaltungslaufbahn zu erleichtern, damit
begründet, daß es sonst nicht möglich sei, solche Beamte in ge¬
nügender Anzahl zum Übertritt in die Verwaltung zu bewegen.
! Demgegenüber muß es eigentümlich berühren, daß amtliche An¬
gaben über die Zahl der höhern Justizbeamten in der allgemeinen Verwaltung
nicht bekannt geworden sind. Man hat danach sowohl in der Kommission des
Herrenhauses als in der des Abgeordnetenhauses gefragt, aber aus keinem der
beiden Kommissionsberichte ergibt sich, daß diese Frage beantwortet worden ist.
Wahrscheinlich ist es geschehen, aber man hat dafür gesorgt, daß nichts in den
Bericht gekommen ist. Aus alle Fälle läßt also dieser Vorgang tief blicken. Ich
muß jedenfalls dabei bleiben, daß die Verwaltung schon bisher mit Juristen
geradezu überschwemmt worden ist. In Zukunft wird der Zufluß aber noch weit
stärker werden. Man wird schon wegen der Verschlechterung der juristischen Vor¬
bildung der zukünftigen Verwaltungsbeamten später gezwungen sein, mehr Juristen
zu übernehmen, wie die Regierung mit anerkennenswerter Offenheit nun selbst zu¬
gestanden hat.*) Und diese Entwicklung wird durch eine Bewegung unter den
Juristen selbst sehr gefördert werden. Einem aufmerksamen Beobachter mußte es
schon längst auffallen, daß die Herren Kollegen von der Justiz in den letzten
Jahren eifrig bemüht waren, die Verwaltung für sich zu erobern — indem man
bei jeder Gelegenheit der Verwaltung klar zu machen suchte, daß sie nichts besseres
tun könne, als möglichst viele Juristen unter ihre Beamten aufzunehmen.
Dieser Gedanke ging zum Beispiel wie ein roter Faden durch die Verhand¬
lungen des 25. Deutschen Juristentags über die Neuordnung des juristischen
Vorbereitungsdienstes in Deutschland. Seiner Begründung war ferner gewidmet
ein wissenschaftlicher Vortrag des damaligen Vortragenden Rats im Justiz¬
ministerium, jetzigen Oberlandesgerichtspräsidenten Vierhaus worin er geradezu
vorschlug, weniger beschäftigten Amtsrichtern auf dem Lande einzelne Ver¬
waltungsgeschäfte zu übertragen, natürlich nur, um der Bevölkerung entgegen¬
zukommen und die mit Arbeit überhäuften Landräte zu entlasten. Vor allem
standen fast alle juristischen Landtagsmitglieder, die sich bei der Beratung der




*) Begründung des Entwurfs von 1905, S. 10.
Gerichtsbarkeit und Verwaltungshoheit. Verwaltungsarchiv, Bd. 11, S. 222 ff.
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[0174] [Abbildung] Nochmals der höhere Verwaltungsdienst in Preußen ÄWW 'MM-MF^sM! le 1903 hat die Negierung auch jetzt ihr Bestreben, den Eintritt der Juristen in die Verwaltungslaufbahn zu erleichtern, damit begründet, daß es sonst nicht möglich sei, solche Beamte in ge¬ nügender Anzahl zum Übertritt in die Verwaltung zu bewegen. ! Demgegenüber muß es eigentümlich berühren, daß amtliche An¬ gaben über die Zahl der höhern Justizbeamten in der allgemeinen Verwaltung nicht bekannt geworden sind. Man hat danach sowohl in der Kommission des Herrenhauses als in der des Abgeordnetenhauses gefragt, aber aus keinem der beiden Kommissionsberichte ergibt sich, daß diese Frage beantwortet worden ist. Wahrscheinlich ist es geschehen, aber man hat dafür gesorgt, daß nichts in den Bericht gekommen ist. Aus alle Fälle läßt also dieser Vorgang tief blicken. Ich muß jedenfalls dabei bleiben, daß die Verwaltung schon bisher mit Juristen geradezu überschwemmt worden ist. In Zukunft wird der Zufluß aber noch weit stärker werden. Man wird schon wegen der Verschlechterung der juristischen Vor¬ bildung der zukünftigen Verwaltungsbeamten später gezwungen sein, mehr Juristen zu übernehmen, wie die Regierung mit anerkennenswerter Offenheit nun selbst zu¬ gestanden hat.*) Und diese Entwicklung wird durch eine Bewegung unter den Juristen selbst sehr gefördert werden. Einem aufmerksamen Beobachter mußte es schon längst auffallen, daß die Herren Kollegen von der Justiz in den letzten Jahren eifrig bemüht waren, die Verwaltung für sich zu erobern — indem man bei jeder Gelegenheit der Verwaltung klar zu machen suchte, daß sie nichts besseres tun könne, als möglichst viele Juristen unter ihre Beamten aufzunehmen. Dieser Gedanke ging zum Beispiel wie ein roter Faden durch die Verhand¬ lungen des 25. Deutschen Juristentags über die Neuordnung des juristischen Vorbereitungsdienstes in Deutschland. Seiner Begründung war ferner gewidmet ein wissenschaftlicher Vortrag des damaligen Vortragenden Rats im Justiz¬ ministerium, jetzigen Oberlandesgerichtspräsidenten Vierhaus worin er geradezu vorschlug, weniger beschäftigten Amtsrichtern auf dem Lande einzelne Ver¬ waltungsgeschäfte zu übertragen, natürlich nur, um der Bevölkerung entgegen¬ zukommen und die mit Arbeit überhäuften Landräte zu entlasten. Vor allem standen fast alle juristischen Landtagsmitglieder, die sich bei der Beratung der *) Begründung des Entwurfs von 1905, S. 10. Gerichtsbarkeit und Verwaltungshoheit. Verwaltungsarchiv, Bd. 11, S. 222 ff.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 66, 1907, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341885_302701/174>, abgerufen am 28.04.2024.