Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Viertes Vierteljahr.Die Türkenherrschaft und ihre Folgen*) Prof. Ul'. M. Murko vonin yzanz mit seiner die Südslawen beherrschenden Kultur ging lcnigsam *) Aus dein bei C. F. Amelangs Verlag in Leipzig demnächst erscheinenden interessanten
Buche: Geschichte der älteren südslawischen Literaturen, das wir bei dieser Gelegenheit unsern Lesern empfehlen möchten. Die Türkenherrschaft und ihre Folgen*) Prof. Ul'. M. Murko vonin yzanz mit seiner die Südslawen beherrschenden Kultur ging lcnigsam *) Aus dein bei C. F. Amelangs Verlag in Leipzig demnächst erscheinenden interessanten
Buche: Geschichte der älteren südslawischen Literaturen, das wir bei dieser Gelegenheit unsern Lesern empfehlen möchten. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0066" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/310477"/> <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341887_310410/figures/grenzboten_341887_310410_310477_000.jpg"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Die Türkenherrschaft und ihre Folgen*)<lb/><note type="byline"> Prof. Ul'. M. Murko </note> vonin</head><lb/> <p xml:id="ID_308" next="#ID_309"> yzanz mit seiner die Südslawen beherrschenden Kultur ging lcnigsam<lb/> seiner Auflösung entgegen, aber seine Erben wurden weder die<lb/> orthodoxen Bulgaren oder Serben noch die katholischen „Lateiner",<lb/> sondern die mohammedanischen osmanischen Türken, die ursprüng¬<lb/> lich von Byzanz als Bundesgenossen aus Kleinasien nach Europa<lb/> gelockt worden wäre» und sich nach vorübergehenden Streifzügen auf der Burg<lb/> Tzympe (1352) und durch die Einnahme von Kallipolis (1354) daselbst dauernd<lb/> festgesetzt hatten. Im Laufe einiger Jahrzehnte stand ihnen schon die ganze<lb/> Balkanhalbinsel offen, denn die Macht Serbiens, das im vierzehnten Jahr¬<lb/> hundert ihre Geschicke lenkte, wurde durch die Schlacht am Kosovo polje (1389)<lb/> gebrochen, ein auserlesenes westeuropäisches christliches Heer aber bei Nikopolis<lb/> aufs Haupt geschlagen (1396). Die Zertrümmerung des Osmciucnreichs in der<lb/> Riesenschlacht von Angora (1402) durch Timur, gegen den schon die Serben<lb/> unter Stefan Lazarevie tapfer auf feiten der Türken mitkämpften, und die nach¬<lb/> folgenden Familienstreitigkeiten verstanden weder Byzanz und die Balkanstaatcn<lb/> noch die übrigen zunächst interessierten christlichen Mächte auszunützen, um die<lb/> eroberungssüchtigen Bekenner des Islams aus dem Südosten von Europa zu<lb/> verdrängen, was damals ganz gut möglich gewesen wäre. Auch für die Folge¬<lb/> zeit darf mau die Schuld für das siegreiche Vordringen der durch ihre militärische<lb/> Organisation überlegnen Türken nicht bloß den Balkanstaaten zuschiebe», die<lb/> durch den Byzantinismus, Feudalismus und Partikularismus sowie durch die<lb/> religiösen Wirren zerrüttet lind nnter sich uneinig waren. Trotz aller Er¬<lb/> mahnungen der Päpste wurde die europäische Christenheit schon durch die<lb/> leichtsinnig heraufbeschworene und ungenügend vorbereitete Schlacht bei Warna<lb/> (1444) fast bis zum Ende des siebzehnten Jahrhunderts in eine bloße Defensiv-<lb/> stellung gegen den die europäische Kultur bedrohenden Islam gedrängt und<lb/> tat selbst in dieser Hinsicht nicht ihre Pflicht (vgl. bezüglich der Saumseligkeit<lb/> der deutschen Fürsten bloß die Klagen Luthers), ganz abgesehen davon, daß</p><lb/> <note xml:id="FID_8" place="foot"> *) Aus dein bei C. F. Amelangs Verlag in Leipzig demnächst erscheinenden interessanten<lb/> Buche: Geschichte der älteren südslawischen Literaturen, das wir bei dieser Gelegenheit unsern<lb/> Lesern empfehlen möchten.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0066]
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Die Türkenherrschaft und ihre Folgen*)
Prof. Ul'. M. Murko vonin
yzanz mit seiner die Südslawen beherrschenden Kultur ging lcnigsam
seiner Auflösung entgegen, aber seine Erben wurden weder die
orthodoxen Bulgaren oder Serben noch die katholischen „Lateiner",
sondern die mohammedanischen osmanischen Türken, die ursprüng¬
lich von Byzanz als Bundesgenossen aus Kleinasien nach Europa
gelockt worden wäre» und sich nach vorübergehenden Streifzügen auf der Burg
Tzympe (1352) und durch die Einnahme von Kallipolis (1354) daselbst dauernd
festgesetzt hatten. Im Laufe einiger Jahrzehnte stand ihnen schon die ganze
Balkanhalbinsel offen, denn die Macht Serbiens, das im vierzehnten Jahr¬
hundert ihre Geschicke lenkte, wurde durch die Schlacht am Kosovo polje (1389)
gebrochen, ein auserlesenes westeuropäisches christliches Heer aber bei Nikopolis
aufs Haupt geschlagen (1396). Die Zertrümmerung des Osmciucnreichs in der
Riesenschlacht von Angora (1402) durch Timur, gegen den schon die Serben
unter Stefan Lazarevie tapfer auf feiten der Türken mitkämpften, und die nach¬
folgenden Familienstreitigkeiten verstanden weder Byzanz und die Balkanstaatcn
noch die übrigen zunächst interessierten christlichen Mächte auszunützen, um die
eroberungssüchtigen Bekenner des Islams aus dem Südosten von Europa zu
verdrängen, was damals ganz gut möglich gewesen wäre. Auch für die Folge¬
zeit darf mau die Schuld für das siegreiche Vordringen der durch ihre militärische
Organisation überlegnen Türken nicht bloß den Balkanstaaten zuschiebe», die
durch den Byzantinismus, Feudalismus und Partikularismus sowie durch die
religiösen Wirren zerrüttet lind nnter sich uneinig waren. Trotz aller Er¬
mahnungen der Päpste wurde die europäische Christenheit schon durch die
leichtsinnig heraufbeschworene und ungenügend vorbereitete Schlacht bei Warna
(1444) fast bis zum Ende des siebzehnten Jahrhunderts in eine bloße Defensiv-
stellung gegen den die europäische Kultur bedrohenden Islam gedrängt und
tat selbst in dieser Hinsicht nicht ihre Pflicht (vgl. bezüglich der Saumseligkeit
der deutschen Fürsten bloß die Klagen Luthers), ganz abgesehen davon, daß
*) Aus dein bei C. F. Amelangs Verlag in Leipzig demnächst erscheinenden interessanten
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