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Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Zweites Vierteljahr.

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Der Prozeß gegen Unholde und Sauberische Personen

Rettungsverfahrens schien ihm die Möglichkeit zu bieten, mit der Verbesserung
der Rettungseinrichtungen die Versorgung invalider Artillerieoffiziere zu ver¬
binden. Nach einem Schreiben der Königsberger Regierung an die Memeler
Hafenpolizeikommission sprach er im Jahre 1829 die Absicht aus, einen inva¬
liden Artillerieoffizier in Memel zu stationieren, der bei Übungen und Rettungs¬
versuchen die Anwendung des Mörserapparats zu leiten hätte. Leider enthalten
die Akten keinen Anhaltspunkt dafür, daß dieses Vorhaben in Memel oder an
einem andern Küstenpunkte ausgeführt worden ist. Zwei Jahrzehnte später
übernahm ein Artillerieoffizier vom Platz in Stralsund freiwillig die Geschäfte
eines Artillerieoffiziers vom Strand in Vorpommern und auf Rügen.

An dem Strande, den einst die Preußische Artilleriebrigade bewachte,
stehn jetzt vier Feldartillerieregimenter und zwei Fußartillerieregimenter, die zu
einem großen Teil direkt von ihr abstammen. In der Geschichte dieser Regi¬
menter verdient der Anteil, den die Stammbrigade an der Förderung der
Rettuugseinrichtungen nahm, ein eignes Blatt. Auch dieses Blatt erzählt vou
Treue und Tapferkeit.




Der Prozeß gegen Unholde und Zauberische Personen

WvT.! em in Ur. 32 und 34 der Grenzboten 1906 näher erwähnten, 1710
in Ulm erschienenen Kommentar Fröhlichs zu Kaiser Karls des
Fünften Peinlicher Halsgerichtsordnung ist ein kulturgeschichtlich
^merkwürdiges und jetzt sehr seltenes Werk an die Seite zu stellen,
sitas 1630 in Rinteln an der Weser erschienen ist.

Dieser Schweinslederoktcivband nennt sich "^roosssus ^uriäiou8 contra sag-as
se vsnsüe,o8, das ist: Rechtlicher Proceß, Wie man gegen Unholdten und
Zauberische Personen verfahren soll. Mit Ermöglichen Exempeln und wunder¬
baren Geschichten, welche sich durch Hexerey zugetragen, cmßführlich erkläret.
Uns. euw, DgoisiombnZ Huasstionnm mano ufte-riam, psrtinontwm". Als
Verfasser nennt sich Herman Göhausen, Doktor und der Pandekten Professor
an der Universität Rinteln, einer der ersten Lehrer, die 1621 gleich bei ihrer
Gründung durch Ernst den Dritten, Grafen zu Schaumburg und Holstein,
dorthin berufen wurden. Er stammte aus Vrakel, war gräflich schaumburgischer
Rat und eine Koryphäe in allen Fragen der Hexenprozesse. Kaum hatte er 1630
diesen Prozeß gegen die Zauberer und Giftmischer geschrieben, so wurden die
betreffenden Stiftungen von Benediktinermöncheu unter Berufung auf das
Restitutionsedikt in Besitz genommen, und die Professoren, denen sie den Gehalt
abnahmen, wurden Vertrieben. Wohl infolge dieser Wirren ist das in Rede
stehende Werk, das noch in der akademischen Druckerei hergestellt ist, zu geringerer


Der Prozeß gegen Unholde und Sauberische Personen

Rettungsverfahrens schien ihm die Möglichkeit zu bieten, mit der Verbesserung
der Rettungseinrichtungen die Versorgung invalider Artillerieoffiziere zu ver¬
binden. Nach einem Schreiben der Königsberger Regierung an die Memeler
Hafenpolizeikommission sprach er im Jahre 1829 die Absicht aus, einen inva¬
liden Artillerieoffizier in Memel zu stationieren, der bei Übungen und Rettungs¬
versuchen die Anwendung des Mörserapparats zu leiten hätte. Leider enthalten
die Akten keinen Anhaltspunkt dafür, daß dieses Vorhaben in Memel oder an
einem andern Küstenpunkte ausgeführt worden ist. Zwei Jahrzehnte später
übernahm ein Artillerieoffizier vom Platz in Stralsund freiwillig die Geschäfte
eines Artillerieoffiziers vom Strand in Vorpommern und auf Rügen.

An dem Strande, den einst die Preußische Artilleriebrigade bewachte,
stehn jetzt vier Feldartillerieregimenter und zwei Fußartillerieregimenter, die zu
einem großen Teil direkt von ihr abstammen. In der Geschichte dieser Regi¬
menter verdient der Anteil, den die Stammbrigade an der Förderung der
Rettuugseinrichtungen nahm, ein eignes Blatt. Auch dieses Blatt erzählt vou
Treue und Tapferkeit.




Der Prozeß gegen Unholde und Zauberische Personen

WvT.! em in Ur. 32 und 34 der Grenzboten 1906 näher erwähnten, 1710
in Ulm erschienenen Kommentar Fröhlichs zu Kaiser Karls des
Fünften Peinlicher Halsgerichtsordnung ist ein kulturgeschichtlich
^merkwürdiges und jetzt sehr seltenes Werk an die Seite zu stellen,
sitas 1630 in Rinteln an der Weser erschienen ist.

Dieser Schweinslederoktcivband nennt sich „^roosssus ^uriäiou8 contra sag-as
se vsnsüe,o8, das ist: Rechtlicher Proceß, Wie man gegen Unholdten und
Zauberische Personen verfahren soll. Mit Ermöglichen Exempeln und wunder¬
baren Geschichten, welche sich durch Hexerey zugetragen, cmßführlich erkläret.
Uns. euw, DgoisiombnZ Huasstionnm mano ufte-riam, psrtinontwm". Als
Verfasser nennt sich Herman Göhausen, Doktor und der Pandekten Professor
an der Universität Rinteln, einer der ersten Lehrer, die 1621 gleich bei ihrer
Gründung durch Ernst den Dritten, Grafen zu Schaumburg und Holstein,
dorthin berufen wurden. Er stammte aus Vrakel, war gräflich schaumburgischer
Rat und eine Koryphäe in allen Fragen der Hexenprozesse. Kaum hatte er 1630
diesen Prozeß gegen die Zauberer und Giftmischer geschrieben, so wurden die
betreffenden Stiftungen von Benediktinermöncheu unter Berufung auf das
Restitutionsedikt in Besitz genommen, und die Professoren, denen sie den Gehalt
abnahmen, wurden Vertrieben. Wohl infolge dieser Wirren ist das in Rede
stehende Werk, das noch in der akademischen Druckerei hergestellt ist, zu geringerer


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_311740/134>, abgerufen am 01.05.2024.