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Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Zweites Vierteljahr.

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Zur mazedonischen Frage

is am 27 Januar Freiherr von Aehrenthal in der Kommission
der ungarischen Delegation für die auswärtigen Angelegenheiten
seine bekannte Programmrede gehalten hatte, brach ein Sturm
los Die am tollsten schrien, die Russen, beruhigten sich alsbald.
_ als' das Unerwartete geschah und der aus verstaubten Pult
hervorgeholte Plan der Adria - Donaubahn von dem kühnen Österreicher
°"standlos angenommen wurde. Als dann in den ersten Manager Sir
Edward Grev das Wort von dem europäischen Gouverneur Mazedoniens
sprach, erhob sich wieder ein drohendes Murmeln. Man ist namentlich u.
Konstantinopel ..unangenehm überrascht', und man behauptet. das englische
Vorgehen trage nur zur Verwirrung der ohnehin heikeln Situation bei: der
Sultan sei durchaus bereit, die Mandate der Reformbeamten zu verlängern,
und ein so gewaltsamer Schritt sei unnötig und gefährlich.

Die programmatischen Erklärungen der beiden Staatsmänner des öster-
reichischen und des britischen, beleuchten scharf die beiden Wege auf denen sich
die Lösung der mazedonischen Frage zu bewegen hat den verkehrspo nischen
und den staatspolitischen. Kann man auch aum sagen daß der britische
Vorschlag eine unumgängliche Ergänzung des Aehrenthalschen bietet, so ist er
d°es mit Freuden als ein Mittel zu begrüßen , den Erfolg den teuer h^"
"wß. zu erleichtern und zu beschleunigen Dem mit der Geschichte des
Omanischen Reichs nicht vertrauten mag die britische Losung etwas gewaltsam
"scheinen, und der Urteilslose wird geneigt sein , sich dnrch die Larmsignale
°in Goldner Horn ängstlich machen zu lassen. In Wirklichkeit ist diese LoMg
bei nur einigem gutem Willen der Beteiligten die leichteste und einfachste,
und darauf ist. soviel mir bekannt, noch nicht hingewiesen worden, sie hat e.ne
Parallele, die man wohl einen Präzedenzfall nennen darf.

Die Organisation des Libanon, die im Jahre 1845 von der Pfor e in
Einverständnis mit den Mächten geschaffen worden war hatte nicht g ha ten.
was man von ihr erwartet hatte. Immer von neuem kam e- zu Zusammeu-
G


renzboten II 1908


Zur mazedonischen Frage

is am 27 Januar Freiherr von Aehrenthal in der Kommission
der ungarischen Delegation für die auswärtigen Angelegenheiten
seine bekannte Programmrede gehalten hatte, brach ein Sturm
los Die am tollsten schrien, die Russen, beruhigten sich alsbald.
_ als' das Unerwartete geschah und der aus verstaubten Pult
hervorgeholte Plan der Adria - Donaubahn von dem kühnen Österreicher
°"standlos angenommen wurde. Als dann in den ersten Manager Sir
Edward Grev das Wort von dem europäischen Gouverneur Mazedoniens
sprach, erhob sich wieder ein drohendes Murmeln. Man ist namentlich u.
Konstantinopel ..unangenehm überrascht', und man behauptet. das englische
Vorgehen trage nur zur Verwirrung der ohnehin heikeln Situation bei: der
Sultan sei durchaus bereit, die Mandate der Reformbeamten zu verlängern,
und ein so gewaltsamer Schritt sei unnötig und gefährlich.

Die programmatischen Erklärungen der beiden Staatsmänner des öster-
reichischen und des britischen, beleuchten scharf die beiden Wege auf denen sich
die Lösung der mazedonischen Frage zu bewegen hat den verkehrspo nischen
und den staatspolitischen. Kann man auch aum sagen daß der britische
Vorschlag eine unumgängliche Ergänzung des Aehrenthalschen bietet, so ist er
d°es mit Freuden als ein Mittel zu begrüßen , den Erfolg den teuer h^„
"wß. zu erleichtern und zu beschleunigen Dem mit der Geschichte des
Omanischen Reichs nicht vertrauten mag die britische Losung etwas gewaltsam
«scheinen, und der Urteilslose wird geneigt sein , sich dnrch die Larmsignale
°in Goldner Horn ängstlich machen zu lassen. In Wirklichkeit ist diese LoMg
bei nur einigem gutem Willen der Beteiligten die leichteste und einfachste,
und darauf ist. soviel mir bekannt, noch nicht hingewiesen worden, sie hat e.ne
Parallele, die man wohl einen Präzedenzfall nennen darf.

Die Organisation des Libanon, die im Jahre 1845 von der Pfor e in
Einverständnis mit den Mächten geschaffen worden war hatte nicht g ha ten.
was man von ihr erwartet hatte. Immer von neuem kam e- zu Zusammeu-
G


renzboten II 1908
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[0405] [Abbildung] Zur mazedonischen Frage is am 27 Januar Freiherr von Aehrenthal in der Kommission der ungarischen Delegation für die auswärtigen Angelegenheiten seine bekannte Programmrede gehalten hatte, brach ein Sturm los Die am tollsten schrien, die Russen, beruhigten sich alsbald. _ als' das Unerwartete geschah und der aus verstaubten Pult hervorgeholte Plan der Adria - Donaubahn von dem kühnen Österreicher °"standlos angenommen wurde. Als dann in den ersten Manager Sir Edward Grev das Wort von dem europäischen Gouverneur Mazedoniens sprach, erhob sich wieder ein drohendes Murmeln. Man ist namentlich u. Konstantinopel ..unangenehm überrascht', und man behauptet. das englische Vorgehen trage nur zur Verwirrung der ohnehin heikeln Situation bei: der Sultan sei durchaus bereit, die Mandate der Reformbeamten zu verlängern, und ein so gewaltsamer Schritt sei unnötig und gefährlich. Die programmatischen Erklärungen der beiden Staatsmänner des öster- reichischen und des britischen, beleuchten scharf die beiden Wege auf denen sich die Lösung der mazedonischen Frage zu bewegen hat den verkehrspo nischen und den staatspolitischen. Kann man auch aum sagen daß der britische Vorschlag eine unumgängliche Ergänzung des Aehrenthalschen bietet, so ist er d°es mit Freuden als ein Mittel zu begrüßen , den Erfolg den teuer h^„ "wß. zu erleichtern und zu beschleunigen Dem mit der Geschichte des Omanischen Reichs nicht vertrauten mag die britische Losung etwas gewaltsam «scheinen, und der Urteilslose wird geneigt sein , sich dnrch die Larmsignale °in Goldner Horn ängstlich machen zu lassen. In Wirklichkeit ist diese LoMg bei nur einigem gutem Willen der Beteiligten die leichteste und einfachste, und darauf ist. soviel mir bekannt, noch nicht hingewiesen worden, sie hat e.ne Parallele, die man wohl einen Präzedenzfall nennen darf. Die Organisation des Libanon, die im Jahre 1845 von der Pfor e in Einverständnis mit den Mächten geschaffen worden war hatte nicht g ha ten. was man von ihr erwartet hatte. Immer von neuem kam e- zu Zusammeu- G renzboten II 1908

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_311740/405>, abgerufen am 01.05.2024.