Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Zweites Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Das vorgoethische Weimar

bis 1827 in den Akten kein Strandungsfall verzeichnet war, und die Zeitungs¬
berichte nur bis zum Jahre 1835 zurückgingen, war das Bild, das sich ergab,
sehr unvollständig. Aber auch so war es düster genug.

Nach den Akten waren zwischen 1828 und 1847 an dem verhältnismäßig
kurzen Küstenstreifen des Bezirks 43 Schiffe gestrandet, hinzu kamen, nach den
Zeitungsberichten, zwischen 1835 und 1845 29 Strandungsfälle. Der von
Darsserort ostwärts sich erstreckende Untiefenhaken, überhaupt die Küsten der
Halbinseln Darß und Zingst, ferner die Küsten der rügischen Halbinseln
Jasmund und Mönchgut waren nach dieser Zusammenstellung mit 14. 17. 9,
7 Strandungsfüllen die gefährlichsten Punkte des Stralsunder Küstenbezirks.*)

Nach diesem Verzeichnisse erschien der Regierung die Errichtung von
Rettungsstationen an der Ostküste von Rügen am notwendigsten. Wieder
wählte man Glowe als Stationsort, da es dort nicht an Bedienungsmann¬
schaften fehlte.

(Schluß folgt)




Das vorgoethische Weimar

in es im Herzogtum Sachsen-Weimar und besonders in dessen
Residenz zu der Zeit aussah, wo hier Karl August regierte und
die großen Dichter wirkten, wissen wir aus Hunderten von Literatur¬
geschichten, Biographien, Tagebüchern und Briefwechseln und aus
Tausenden von Spezialarbeiten- Dank der reichen Überlieferung
und der unermüdlichen Forschung sind wir über das Weimarische Leben in der
klassischen Periode so genau unterrichtet, daß wir beinahe über zeden einzelnen
Tag den ausführlichsten Bericht erstatten könnten, einen Bericht, aus dem zu
ersehen wäre, was bei Hofe geschah, was sich in der Sode ereigne^ welcher
Fremde ankam oder abreiste, womit Goethe sich be chafttgte. wie Schillers Ge¬
sundheitszustand war. wer dem greisen Wieland seine Aufwartung machte und
mit wem Herder korrespondierte. .

Diese Zeit beginnt mit Karl Augusts Regierungsantritt oder, was so ziemlich
auf eins herauskommt, mit Goethes Erscheinen in Weimar. Was diesem Wende-
Punkt vorangeht, versinkt für die meisten in ein trübes Dämmerlicht, aus dem
im besten Falle ein paar Namen und Daten hervorleuchten. Und doch ist es



*) Nach einer spätern Zusammenstellung der Verluste an Menschenleben hatten in der
Zeit von 1836 bis 1847 im Prerower, Zingster und Pramorter Revier 29 Menschen bei
6 SlrandungsMm den Tod gefunden.
Das vorgoethische Weimar

bis 1827 in den Akten kein Strandungsfall verzeichnet war, und die Zeitungs¬
berichte nur bis zum Jahre 1835 zurückgingen, war das Bild, das sich ergab,
sehr unvollständig. Aber auch so war es düster genug.

Nach den Akten waren zwischen 1828 und 1847 an dem verhältnismäßig
kurzen Küstenstreifen des Bezirks 43 Schiffe gestrandet, hinzu kamen, nach den
Zeitungsberichten, zwischen 1835 und 1845 29 Strandungsfälle. Der von
Darsserort ostwärts sich erstreckende Untiefenhaken, überhaupt die Küsten der
Halbinseln Darß und Zingst, ferner die Küsten der rügischen Halbinseln
Jasmund und Mönchgut waren nach dieser Zusammenstellung mit 14. 17. 9,
7 Strandungsfüllen die gefährlichsten Punkte des Stralsunder Küstenbezirks.*)

Nach diesem Verzeichnisse erschien der Regierung die Errichtung von
Rettungsstationen an der Ostküste von Rügen am notwendigsten. Wieder
wählte man Glowe als Stationsort, da es dort nicht an Bedienungsmann¬
schaften fehlte.

(Schluß folgt)




Das vorgoethische Weimar

in es im Herzogtum Sachsen-Weimar und besonders in dessen
Residenz zu der Zeit aussah, wo hier Karl August regierte und
die großen Dichter wirkten, wissen wir aus Hunderten von Literatur¬
geschichten, Biographien, Tagebüchern und Briefwechseln und aus
Tausenden von Spezialarbeiten- Dank der reichen Überlieferung
und der unermüdlichen Forschung sind wir über das Weimarische Leben in der
klassischen Periode so genau unterrichtet, daß wir beinahe über zeden einzelnen
Tag den ausführlichsten Bericht erstatten könnten, einen Bericht, aus dem zu
ersehen wäre, was bei Hofe geschah, was sich in der Sode ereigne^ welcher
Fremde ankam oder abreiste, womit Goethe sich be chafttgte. wie Schillers Ge¬
sundheitszustand war. wer dem greisen Wieland seine Aufwartung machte und
mit wem Herder korrespondierte. .

Diese Zeit beginnt mit Karl Augusts Regierungsantritt oder, was so ziemlich
auf eins herauskommt, mit Goethes Erscheinen in Weimar. Was diesem Wende-
Punkt vorangeht, versinkt für die meisten in ein trübes Dämmerlicht, aus dem
im besten Falle ein paar Namen und Daten hervorleuchten. Und doch ist es



*) Nach einer spätern Zusammenstellung der Verluste an Menschenleben hatten in der
Zeit von 1836 bis 1847 im Prerower, Zingster und Pramorter Revier 29 Menschen bei
6 SlrandungsMm den Tod gefunden.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0417" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/312102"/>
          <fw type="header" place="top"> Das vorgoethische Weimar</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_1661" prev="#ID_1660"> bis 1827 in den Akten kein Strandungsfall verzeichnet war, und die Zeitungs¬<lb/>
berichte nur bis zum Jahre 1835 zurückgingen, war das Bild, das sich ergab,<lb/>
sehr unvollständig.  Aber auch so war es düster genug.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1662"> Nach den Akten waren zwischen 1828 und 1847 an dem verhältnismäßig<lb/>
kurzen Küstenstreifen des Bezirks 43 Schiffe gestrandet, hinzu kamen, nach den<lb/>
Zeitungsberichten, zwischen 1835 und 1845 29 Strandungsfälle. Der von<lb/>
Darsserort ostwärts sich erstreckende Untiefenhaken, überhaupt die Küsten der<lb/>
Halbinseln Darß und Zingst, ferner die Küsten der rügischen Halbinseln<lb/>
Jasmund und Mönchgut waren nach dieser Zusammenstellung mit 14. 17. 9,<lb/>
7 Strandungsfüllen die gefährlichsten Punkte des Stralsunder Küstenbezirks.*)</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1663"> Nach diesem Verzeichnisse erschien der Regierung die Errichtung von<lb/>
Rettungsstationen an der Ostküste von Rügen am notwendigsten. Wieder<lb/>
wählte man Glowe als Stationsort, da es dort nicht an Bedienungsmann¬<lb/>
schaften fehlte.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1664"> (Schluß folgt)</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Das vorgoethische Weimar</head><lb/>
          <p xml:id="ID_1665"> in es im Herzogtum Sachsen-Weimar und besonders in dessen<lb/>
Residenz zu der Zeit aussah, wo hier Karl August regierte und<lb/>
die großen Dichter wirkten, wissen wir aus Hunderten von Literatur¬<lb/>
geschichten, Biographien, Tagebüchern und Briefwechseln und aus<lb/>
Tausenden von Spezialarbeiten- Dank der reichen Überlieferung<lb/>
und der unermüdlichen Forschung sind wir über das Weimarische Leben in der<lb/>
klassischen Periode so genau unterrichtet, daß wir beinahe über zeden einzelnen<lb/>
Tag den ausführlichsten Bericht erstatten könnten, einen Bericht, aus dem zu<lb/>
ersehen wäre, was bei Hofe geschah, was sich in der Sode ereigne^ welcher<lb/>
Fremde ankam oder abreiste, womit Goethe sich be chafttgte. wie Schillers Ge¬<lb/>
sundheitszustand war. wer dem greisen Wieland seine Aufwartung machte und<lb/>
mit wem Herder korrespondierte. .</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1666" next="#ID_1667"> Diese Zeit beginnt mit Karl Augusts Regierungsantritt oder, was so ziemlich<lb/>
auf eins herauskommt, mit Goethes Erscheinen in Weimar. Was diesem Wende-<lb/>
Punkt vorangeht, versinkt für die meisten in ein trübes Dämmerlicht, aus dem<lb/>
im besten Falle ein paar Namen und Daten hervorleuchten. Und doch ist es</p><lb/>
          <note xml:id="FID_56" place="foot"> *) Nach einer spätern Zusammenstellung der Verluste an Menschenleben hatten in der<lb/>
Zeit von 1836 bis 1847 im Prerower, Zingster und Pramorter Revier 29 Menschen bei<lb/>
6 SlrandungsMm den Tod gefunden.</note><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0417] Das vorgoethische Weimar bis 1827 in den Akten kein Strandungsfall verzeichnet war, und die Zeitungs¬ berichte nur bis zum Jahre 1835 zurückgingen, war das Bild, das sich ergab, sehr unvollständig. Aber auch so war es düster genug. Nach den Akten waren zwischen 1828 und 1847 an dem verhältnismäßig kurzen Küstenstreifen des Bezirks 43 Schiffe gestrandet, hinzu kamen, nach den Zeitungsberichten, zwischen 1835 und 1845 29 Strandungsfälle. Der von Darsserort ostwärts sich erstreckende Untiefenhaken, überhaupt die Küsten der Halbinseln Darß und Zingst, ferner die Küsten der rügischen Halbinseln Jasmund und Mönchgut waren nach dieser Zusammenstellung mit 14. 17. 9, 7 Strandungsfüllen die gefährlichsten Punkte des Stralsunder Küstenbezirks.*) Nach diesem Verzeichnisse erschien der Regierung die Errichtung von Rettungsstationen an der Ostküste von Rügen am notwendigsten. Wieder wählte man Glowe als Stationsort, da es dort nicht an Bedienungsmann¬ schaften fehlte. (Schluß folgt) Das vorgoethische Weimar in es im Herzogtum Sachsen-Weimar und besonders in dessen Residenz zu der Zeit aussah, wo hier Karl August regierte und die großen Dichter wirkten, wissen wir aus Hunderten von Literatur¬ geschichten, Biographien, Tagebüchern und Briefwechseln und aus Tausenden von Spezialarbeiten- Dank der reichen Überlieferung und der unermüdlichen Forschung sind wir über das Weimarische Leben in der klassischen Periode so genau unterrichtet, daß wir beinahe über zeden einzelnen Tag den ausführlichsten Bericht erstatten könnten, einen Bericht, aus dem zu ersehen wäre, was bei Hofe geschah, was sich in der Sode ereigne^ welcher Fremde ankam oder abreiste, womit Goethe sich be chafttgte. wie Schillers Ge¬ sundheitszustand war. wer dem greisen Wieland seine Aufwartung machte und mit wem Herder korrespondierte. . Diese Zeit beginnt mit Karl Augusts Regierungsantritt oder, was so ziemlich auf eins herauskommt, mit Goethes Erscheinen in Weimar. Was diesem Wende- Punkt vorangeht, versinkt für die meisten in ein trübes Dämmerlicht, aus dem im besten Falle ein paar Namen und Daten hervorleuchten. Und doch ist es *) Nach einer spätern Zusammenstellung der Verluste an Menschenleben hatten in der Zeit von 1836 bis 1847 im Prerower, Zingster und Pramorter Revier 29 Menschen bei 6 SlrandungsMm den Tod gefunden.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_311740
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_311740/417
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 67, 1908, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341887_311740/417>, abgerufen am 01.05.2024.