Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Drittes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Maßgebliches und Unmaßgebliches

Verzwickter Gedankengänge und welche ausgeklügelten Sophismen diesem letzten, allein
praktisch bedeutsamen Ergebnis zugrunde gelegt werden, das kann allen andern höchst
gleichgiltig sein. Wir haben daher nur zu konstatieren, daß eine Spaltung oder
Schwächung des Zentrums von diesem häuslichen Streit nicht zu erwarten ist.

Interessant waren die Erörterungen, die bei der Hauptversammlung des Zentral¬
verbandes für Handel und Gewerbe, einer die Mittelstnndsinteressen vertretenden
Vereinigung, über das Verhältnis zum Hansabuud gepflogen wurden. Das Ergebnis
war, daß die Frage eigentlich offen blieb und jedem Mitglied die persönliche Stellung¬
nahme freigestellt wurde. Daß der Mittelstand in seiner Gesamtheit, so wie die
Dinge nun einmal liegen, einer aus Großfinanzkreisen angeregten und von ihnen
geleiteten Organisation vorläufig mindestens vorsichtig und abwartend gegenübersteht,
ist nicht wunderbar. Aber die Agrarkonservativen hatten, als die Frage des künftigen
Verhältnisses zwischen Zcntralverbcmd und Hansabnnd aufgeworfen und zur Er¬
örterung gestellt wurde, anscheinend mehr erwartet. Sie hatten wohl ans eine ent-
schiedne Absage an den Hausabund gerechnet. Aber davon ließ die Stimmung auf
der Lübecker Hauptversammlung nichts merken. Gewiß wurde auch manche mi߬
trauische Warnung vor dem Hansabund laut, aber man hörte much unter dem Beifall
der Versammlung sehr entschiedne Zeugnisse für das Zusammengehn zwischen Mittel¬
stand und Hansabund, keineswegs jedoch für die Neigung, die Bestrebungen des
Mittelstandes mit denen der Agrarkonservativen zu verquicken. Für die weitere
Entwicklung des Hansabundes und seine Fähigkeit, diese Kreise zu gewinnen, lasse"
sich freilich daraus noch keine Schlüsse ziehen.




Geniezüchtung.

Ei
nen interessanten Versuch, die Anlagen und Charaktere
der Menschen und Völker physiologisch zu erklären, bietet uns Dr. Albert Reibmayr
in seinem (1908 bei I. F. Lehmann in München erschienenen) Buche: Die Ent¬
wicklungsgeschichte des Talentes und Genies. Erster Band: Die Züchtung
des individuellen Talentes und Genies in Familien und Kasten. (Mit drei
Karten.) Er zieht allerdings auch das Milieu und geistige Einflüsse zur Erklärung
heran, aber Grundursache aller Erscheinungen dieses Gebietes bleibt ihm doch das
Keimplasma, das Blut, die Vererbung und Blutmischung. Darum sind ihm die
Sorge für Gesundheit und für reines Blut höchste Pflichten. Reines Blut be¬
deutet nicht ungemischtes; vielmehr wird gerade zur Hervorbringung des Genies
Mischung erfordert, aber eine Mischung verschieden beanlagter Personen derselben
Rasse oder verwandter Nassen. Die Mischlinge ganz verschiedner Nassen fallen
schlecht aus. Die Hervorbringung von Genies ist aber eine Lebensfrage für die
Nationen, denn von der Zahl und Art ihrer Talente und Genies hangen ihre
Kulturhöhe und ihre Macht ab; nur Genies bringen die Völker vorwärts. In
der Definition von Talent und Genie stimmt der Verfasser mit der allgemeinen
Ansicht überein: das erste ist eine den Durchschnitt übersteigende Begabung, das
zweite die schöpferische, die Erfindergabe. Beide Begabungen offenbaren sich in
ihrer Betätigung, in den Künsten, die der Begabte ausübt. Der Versasser uuter-
scheidet primäre und sekundäre Künste. Primäre nennt er die für den Staat not¬
wendigen: "die Herrscherkunst, die religiöse Kunst, die Kriegskunst, die juridische,
medizinische und Handelskunst"; die das Leben verschönernden und veredelnden
schönen Künste bezeichnet er als die sekundäre". Da das Regieren eine Sache
des Talents und Genies ist, können Demokratien, die diesen Namen wirklich ver¬
dienen, was bei den meisten nicht der Fall ist, weder gedeihen noch Bestand haben.
Gesunde "Wurzelcharaktere" in der für den Staat erforderlichen Menge liefern
nur die Stände der Ackerbauer und der Seefahrer. Es wird nun die "Züchtung"
der Talente und Genies in Familien, Kasten und Ländern beschrieben, das oft
tragische Schicksal des Genies hauptsächlich auf den Neid des Talents zurückge¬
führt und gezeigt, wie man sich das alte Griechenland (mit seinen Kolonien),


Maßgebliches und Unmaßgebliches

Verzwickter Gedankengänge und welche ausgeklügelten Sophismen diesem letzten, allein
praktisch bedeutsamen Ergebnis zugrunde gelegt werden, das kann allen andern höchst
gleichgiltig sein. Wir haben daher nur zu konstatieren, daß eine Spaltung oder
Schwächung des Zentrums von diesem häuslichen Streit nicht zu erwarten ist.

Interessant waren die Erörterungen, die bei der Hauptversammlung des Zentral¬
verbandes für Handel und Gewerbe, einer die Mittelstnndsinteressen vertretenden
Vereinigung, über das Verhältnis zum Hansabuud gepflogen wurden. Das Ergebnis
war, daß die Frage eigentlich offen blieb und jedem Mitglied die persönliche Stellung¬
nahme freigestellt wurde. Daß der Mittelstand in seiner Gesamtheit, so wie die
Dinge nun einmal liegen, einer aus Großfinanzkreisen angeregten und von ihnen
geleiteten Organisation vorläufig mindestens vorsichtig und abwartend gegenübersteht,
ist nicht wunderbar. Aber die Agrarkonservativen hatten, als die Frage des künftigen
Verhältnisses zwischen Zcntralverbcmd und Hansabnnd aufgeworfen und zur Er¬
örterung gestellt wurde, anscheinend mehr erwartet. Sie hatten wohl ans eine ent-
schiedne Absage an den Hausabund gerechnet. Aber davon ließ die Stimmung auf
der Lübecker Hauptversammlung nichts merken. Gewiß wurde auch manche mi߬
trauische Warnung vor dem Hansabund laut, aber man hörte much unter dem Beifall
der Versammlung sehr entschiedne Zeugnisse für das Zusammengehn zwischen Mittel¬
stand und Hansabund, keineswegs jedoch für die Neigung, die Bestrebungen des
Mittelstandes mit denen der Agrarkonservativen zu verquicken. Für die weitere
Entwicklung des Hansabundes und seine Fähigkeit, diese Kreise zu gewinnen, lasse»
sich freilich daraus noch keine Schlüsse ziehen.




Geniezüchtung.

Ei
nen interessanten Versuch, die Anlagen und Charaktere
der Menschen und Völker physiologisch zu erklären, bietet uns Dr. Albert Reibmayr
in seinem (1908 bei I. F. Lehmann in München erschienenen) Buche: Die Ent¬
wicklungsgeschichte des Talentes und Genies. Erster Band: Die Züchtung
des individuellen Talentes und Genies in Familien und Kasten. (Mit drei
Karten.) Er zieht allerdings auch das Milieu und geistige Einflüsse zur Erklärung
heran, aber Grundursache aller Erscheinungen dieses Gebietes bleibt ihm doch das
Keimplasma, das Blut, die Vererbung und Blutmischung. Darum sind ihm die
Sorge für Gesundheit und für reines Blut höchste Pflichten. Reines Blut be¬
deutet nicht ungemischtes; vielmehr wird gerade zur Hervorbringung des Genies
Mischung erfordert, aber eine Mischung verschieden beanlagter Personen derselben
Rasse oder verwandter Nassen. Die Mischlinge ganz verschiedner Nassen fallen
schlecht aus. Die Hervorbringung von Genies ist aber eine Lebensfrage für die
Nationen, denn von der Zahl und Art ihrer Talente und Genies hangen ihre
Kulturhöhe und ihre Macht ab; nur Genies bringen die Völker vorwärts. In
der Definition von Talent und Genie stimmt der Verfasser mit der allgemeinen
Ansicht überein: das erste ist eine den Durchschnitt übersteigende Begabung, das
zweite die schöpferische, die Erfindergabe. Beide Begabungen offenbaren sich in
ihrer Betätigung, in den Künsten, die der Begabte ausübt. Der Versasser uuter-
scheidet primäre und sekundäre Künste. Primäre nennt er die für den Staat not¬
wendigen: „die Herrscherkunst, die religiöse Kunst, die Kriegskunst, die juridische,
medizinische und Handelskunst"; die das Leben verschönernden und veredelnden
schönen Künste bezeichnet er als die sekundäre». Da das Regieren eine Sache
des Talents und Genies ist, können Demokratien, die diesen Namen wirklich ver¬
dienen, was bei den meisten nicht der Fall ist, weder gedeihen noch Bestand haben.
Gesunde „Wurzelcharaktere" in der für den Staat erforderlichen Menge liefern
nur die Stände der Ackerbauer und der Seefahrer. Es wird nun die „Züchtung"
der Talente und Genies in Familien, Kasten und Ländern beschrieben, das oft
tragische Schicksal des Genies hauptsächlich auf den Neid des Talents zurückge¬
führt und gezeigt, wie man sich das alte Griechenland (mit seinen Kolonien),


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0442" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/314145"/>
            <fw type="header" place="top"> Maßgebliches und Unmaßgebliches</fw><lb/>
            <p xml:id="ID_2162" prev="#ID_2161"> Verzwickter Gedankengänge und welche ausgeklügelten Sophismen diesem letzten, allein<lb/>
praktisch bedeutsamen Ergebnis zugrunde gelegt werden, das kann allen andern höchst<lb/>
gleichgiltig sein. Wir haben daher nur zu konstatieren, daß eine Spaltung oder<lb/>
Schwächung des Zentrums von diesem häuslichen Streit nicht zu erwarten ist.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_2163"> Interessant waren die Erörterungen, die bei der Hauptversammlung des Zentral¬<lb/>
verbandes für Handel und Gewerbe, einer die Mittelstnndsinteressen vertretenden<lb/>
Vereinigung, über das Verhältnis zum Hansabuud gepflogen wurden. Das Ergebnis<lb/>
war, daß die Frage eigentlich offen blieb und jedem Mitglied die persönliche Stellung¬<lb/>
nahme freigestellt wurde. Daß der Mittelstand in seiner Gesamtheit, so wie die<lb/>
Dinge nun einmal liegen, einer aus Großfinanzkreisen angeregten und von ihnen<lb/>
geleiteten Organisation vorläufig mindestens vorsichtig und abwartend gegenübersteht,<lb/>
ist nicht wunderbar. Aber die Agrarkonservativen hatten, als die Frage des künftigen<lb/>
Verhältnisses zwischen Zcntralverbcmd und Hansabnnd aufgeworfen und zur Er¬<lb/>
örterung gestellt wurde, anscheinend mehr erwartet. Sie hatten wohl ans eine ent-<lb/>
schiedne Absage an den Hausabund gerechnet. Aber davon ließ die Stimmung auf<lb/>
der Lübecker Hauptversammlung nichts merken. Gewiß wurde auch manche mi߬<lb/>
trauische Warnung vor dem Hansabund laut, aber man hörte much unter dem Beifall<lb/>
der Versammlung sehr entschiedne Zeugnisse für das Zusammengehn zwischen Mittel¬<lb/>
stand und Hansabund, keineswegs jedoch für die Neigung, die Bestrebungen des<lb/>
Mittelstandes mit denen der Agrarkonservativen zu verquicken. Für die weitere<lb/>
Entwicklung des Hansabundes und seine Fähigkeit, diese Kreise zu gewinnen, lasse»<lb/>
sich freilich daraus noch keine Schlüsse ziehen.</p><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          </div>
          <div n="2">
            <head> Geniezüchtung.</head>
            <p xml:id="ID_2164" next="#ID_2165"> Ei<lb/>
nen interessanten Versuch, die Anlagen und Charaktere<lb/>
der Menschen und Völker physiologisch zu erklären, bietet uns Dr. Albert Reibmayr<lb/>
in seinem (1908 bei I. F. Lehmann in München erschienenen) Buche: Die Ent¬<lb/>
wicklungsgeschichte des Talentes und Genies. Erster Band: Die Züchtung<lb/>
des individuellen Talentes und Genies in Familien und Kasten. (Mit drei<lb/>
Karten.) Er zieht allerdings auch das Milieu und geistige Einflüsse zur Erklärung<lb/>
heran, aber Grundursache aller Erscheinungen dieses Gebietes bleibt ihm doch das<lb/>
Keimplasma, das Blut, die Vererbung und Blutmischung. Darum sind ihm die<lb/>
Sorge für Gesundheit und für reines Blut höchste Pflichten. Reines Blut be¬<lb/>
deutet nicht ungemischtes; vielmehr wird gerade zur Hervorbringung des Genies<lb/>
Mischung erfordert, aber eine Mischung verschieden beanlagter Personen derselben<lb/>
Rasse oder verwandter Nassen. Die Mischlinge ganz verschiedner Nassen fallen<lb/>
schlecht aus. Die Hervorbringung von Genies ist aber eine Lebensfrage für die<lb/>
Nationen, denn von der Zahl und Art ihrer Talente und Genies hangen ihre<lb/>
Kulturhöhe und ihre Macht ab; nur Genies bringen die Völker vorwärts. In<lb/>
der Definition von Talent und Genie stimmt der Verfasser mit der allgemeinen<lb/>
Ansicht überein: das erste ist eine den Durchschnitt übersteigende Begabung, das<lb/>
zweite die schöpferische, die Erfindergabe. Beide Begabungen offenbaren sich in<lb/>
ihrer Betätigung, in den Künsten, die der Begabte ausübt. Der Versasser uuter-<lb/>
scheidet primäre und sekundäre Künste. Primäre nennt er die für den Staat not¬<lb/>
wendigen: &#x201E;die Herrscherkunst, die religiöse Kunst, die Kriegskunst, die juridische,<lb/>
medizinische und Handelskunst"; die das Leben verschönernden und veredelnden<lb/>
schönen Künste bezeichnet er als die sekundäre». Da das Regieren eine Sache<lb/>
des Talents und Genies ist, können Demokratien, die diesen Namen wirklich ver¬<lb/>
dienen, was bei den meisten nicht der Fall ist, weder gedeihen noch Bestand haben.<lb/>
Gesunde &#x201E;Wurzelcharaktere" in der für den Staat erforderlichen Menge liefern<lb/>
nur die Stände der Ackerbauer und der Seefahrer. Es wird nun die &#x201E;Züchtung"<lb/>
der Talente und Genies in Familien, Kasten und Ländern beschrieben, das oft<lb/>
tragische Schicksal des Genies hauptsächlich auf den Neid des Talents zurückge¬<lb/>
führt und gezeigt, wie man sich das alte Griechenland (mit seinen Kolonien),</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0442] Maßgebliches und Unmaßgebliches Verzwickter Gedankengänge und welche ausgeklügelten Sophismen diesem letzten, allein praktisch bedeutsamen Ergebnis zugrunde gelegt werden, das kann allen andern höchst gleichgiltig sein. Wir haben daher nur zu konstatieren, daß eine Spaltung oder Schwächung des Zentrums von diesem häuslichen Streit nicht zu erwarten ist. Interessant waren die Erörterungen, die bei der Hauptversammlung des Zentral¬ verbandes für Handel und Gewerbe, einer die Mittelstnndsinteressen vertretenden Vereinigung, über das Verhältnis zum Hansabuud gepflogen wurden. Das Ergebnis war, daß die Frage eigentlich offen blieb und jedem Mitglied die persönliche Stellung¬ nahme freigestellt wurde. Daß der Mittelstand in seiner Gesamtheit, so wie die Dinge nun einmal liegen, einer aus Großfinanzkreisen angeregten und von ihnen geleiteten Organisation vorläufig mindestens vorsichtig und abwartend gegenübersteht, ist nicht wunderbar. Aber die Agrarkonservativen hatten, als die Frage des künftigen Verhältnisses zwischen Zcntralverbcmd und Hansabnnd aufgeworfen und zur Er¬ örterung gestellt wurde, anscheinend mehr erwartet. Sie hatten wohl ans eine ent- schiedne Absage an den Hausabund gerechnet. Aber davon ließ die Stimmung auf der Lübecker Hauptversammlung nichts merken. Gewiß wurde auch manche mi߬ trauische Warnung vor dem Hansabund laut, aber man hörte much unter dem Beifall der Versammlung sehr entschiedne Zeugnisse für das Zusammengehn zwischen Mittel¬ stand und Hansabund, keineswegs jedoch für die Neigung, die Bestrebungen des Mittelstandes mit denen der Agrarkonservativen zu verquicken. Für die weitere Entwicklung des Hansabundes und seine Fähigkeit, diese Kreise zu gewinnen, lasse» sich freilich daraus noch keine Schlüsse ziehen. Geniezüchtung. Ei nen interessanten Versuch, die Anlagen und Charaktere der Menschen und Völker physiologisch zu erklären, bietet uns Dr. Albert Reibmayr in seinem (1908 bei I. F. Lehmann in München erschienenen) Buche: Die Ent¬ wicklungsgeschichte des Talentes und Genies. Erster Band: Die Züchtung des individuellen Talentes und Genies in Familien und Kasten. (Mit drei Karten.) Er zieht allerdings auch das Milieu und geistige Einflüsse zur Erklärung heran, aber Grundursache aller Erscheinungen dieses Gebietes bleibt ihm doch das Keimplasma, das Blut, die Vererbung und Blutmischung. Darum sind ihm die Sorge für Gesundheit und für reines Blut höchste Pflichten. Reines Blut be¬ deutet nicht ungemischtes; vielmehr wird gerade zur Hervorbringung des Genies Mischung erfordert, aber eine Mischung verschieden beanlagter Personen derselben Rasse oder verwandter Nassen. Die Mischlinge ganz verschiedner Nassen fallen schlecht aus. Die Hervorbringung von Genies ist aber eine Lebensfrage für die Nationen, denn von der Zahl und Art ihrer Talente und Genies hangen ihre Kulturhöhe und ihre Macht ab; nur Genies bringen die Völker vorwärts. In der Definition von Talent und Genie stimmt der Verfasser mit der allgemeinen Ansicht überein: das erste ist eine den Durchschnitt übersteigende Begabung, das zweite die schöpferische, die Erfindergabe. Beide Begabungen offenbaren sich in ihrer Betätigung, in den Künsten, die der Begabte ausübt. Der Versasser uuter- scheidet primäre und sekundäre Künste. Primäre nennt er die für den Staat not¬ wendigen: „die Herrscherkunst, die religiöse Kunst, die Kriegskunst, die juridische, medizinische und Handelskunst"; die das Leben verschönernden und veredelnden schönen Künste bezeichnet er als die sekundäre». Da das Regieren eine Sache des Talents und Genies ist, können Demokratien, die diesen Namen wirklich ver¬ dienen, was bei den meisten nicht der Fall ist, weder gedeihen noch Bestand haben. Gesunde „Wurzelcharaktere" in der für den Staat erforderlichen Menge liefern nur die Stände der Ackerbauer und der Seefahrer. Es wird nun die „Züchtung" der Talente und Genies in Familien, Kasten und Ländern beschrieben, das oft tragische Schicksal des Genies hauptsächlich auf den Neid des Talents zurückge¬ führt und gezeigt, wie man sich das alte Griechenland (mit seinen Kolonien),

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341889_313702
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341889_313702/442
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341889_313702/442>, abgerufen am 28.04.2024.