Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Drittes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Maßgebliches und Unmaßgebliches

Die Umstände, unter denen hier wiederum die Brücke zwischen England und
Österreich-Ungarn geschlagen wird, können der deutschen Politik nur zur Genug¬
tuung gereichen. Deutschland hat kein Interesse an der Uneinigkeit andrer Mächte,
und vor allem nicht seiner Verbündeten mit Mächten, mit denen auch wir in Frieden
zu leben wünschen. Die hier erwähnte Annäherung erfüllt uns um so mehr mit
Befriedigung, als sie der deutschen Politik Recht gibt und Fehler der englischen
Politik korrigiert, die vielleicht vermieden worden wären, wenn die öffentliche
Meinung in England auch Deutschland gegenüber weniger von Mißtrauen und Eifer¬
sucht beherrscht gewesen wäre. Noch bemerkenswerter ist sür uns der Schlußsatz
des Fremdenblattartikels: "Der Wille zur Selbständigkeit, den die Times als Haupt¬
merkmal der Politik Aehrenthals hervorhebt, wird dem (nämlich dem bessern Ver¬
ständnis zwischen Österreich-Ungarn und England) nicht im Wege stehn, voraus¬
gesetzt, daß man eine solche Politik der Monarchie in England nicht in einem Sinne
interpretiert, den wir ihr im Hinblick auf unsern deutschen Verbündeten nicht zu
geben wünschen." Das ist deutlich, und besonders deutlich, weil dieses Wort an
die Adresse der Times gerichtet ist. Der Verantwortliche Leiter der österreichisch¬
ungarischen auswärtigen Politik ist übrigens gerade dieser Tage anläßlich der Feier
des neunundsiebzigsten Geburtstags des Kaisers Franz Joseph in besondrer Weise
allsgezeichnet worden; er ist am 18. August in den erblichen Grafenstand erhoben
worden. Graf Aehrenthal wird bei dieser Gelegenheit die Sympathien erfahren
haben, die man auch in Deutschland dem verdienten Staatsmann des befreundeten
Nachbarreichs entgegenbringt. Die Dankesbezeugung seines Monarchen hat auch
bei uns herzliche Freude erregt und einen lebhaften Widerhall gefunden.

Auch von unsrer Westgrenze läßt sich einmal etwas Erfreuliches berichten.
Mit einer ernsten und würdigen Gedenkfeier ist am 19. August auf französischem
Boden bei Mars-la-Tour das Denkmal enthüllt worden, das die Stelle des be¬
rühmten Reitercmgrisfs des ersten Garde-Dragoner-Regiments am 16. August 1870
bezeichnet. Die Feier bedeutet einen nicht unwesentlichen Fortschritt in den deutsch-
französischen Beziehungen. Freilich darf man die Tragweite solcher Anzeichen nicht
überschätzen, muß vielmehr die Dinge in Geduld reifen lassen. Aber gern wird
man sich bei diesem Anlaß, wo zum erstenmal deutsche Offiziere in Uniform die
französische Grenze zu einer Erinnerungsfeier an 1870 überschreiten durften, der
Höflichkeit, des Entgegenkommens und der würdigen Haltung der französischen
Behörden, des sympathischen Verhaltens der Bevölkerung und der ritterlichen und
vorurteilsfreien Stellungnahme der französischen Presse erinnern.

In unsrer innern Politik hat die Woche kaum etwas Neues gebracht. Die
Presse beschäftigt sich zwar viel mit der Bewegung, die sich innerhalb der Zentrums-
pcirtei entwickelt hat, und die den Führern der Partei und den größern Partei¬
blättern anscheinend den Kopf warm macht. Bekanntlich hält das Zentrum offiziell
den feinen Unterschied aufrecht, daß es keine konfessionelle Partei sein will, sondern
eine politische, die aber vermöge ihrer besondern Auffassung von den Rechten der
Religionsgemeinschaften gegenüber dem Staate vor allem den deutschen Katholiken
Gelegenheit gibt, ihre besondre Weltanschauung politisch zu vertreten, und dadurch
gewissermaßen von selbst und zufällig zu einer Vertretung der deutschen Katholiken
geworden ist. Die neue Bewegung, an deren Spitze die Herren Dr. Bitter und
Noeren stehn, will nun von dem theoretisch neuerdings stärker betonten interkon¬
fessionellen Charakter des Zentrums nichts wissen, sondern sieht das Heil in einer
engern und offen zu bekennenden Gemeinschaft mit den Organen der katholischen
Kirche. Man sollte meinen, für alle, die außerhalb des Zentrums stehn, kommt
dieser Streit recht wenig in Betracht. Praktisch ist und bleibt das Zentrum eine
konfessionelle Partei, deren ganzes Wirken darauf hinausgeht, die konfessionellen
Gegensätze in unserm Vaterlande zu verschärfen und zu vertiefen und religiöse
Überzeugungen zu politischen Zwecken zu mißbrauchen. Welche mehr oder weniger


Maßgebliches und Unmaßgebliches

Die Umstände, unter denen hier wiederum die Brücke zwischen England und
Österreich-Ungarn geschlagen wird, können der deutschen Politik nur zur Genug¬
tuung gereichen. Deutschland hat kein Interesse an der Uneinigkeit andrer Mächte,
und vor allem nicht seiner Verbündeten mit Mächten, mit denen auch wir in Frieden
zu leben wünschen. Die hier erwähnte Annäherung erfüllt uns um so mehr mit
Befriedigung, als sie der deutschen Politik Recht gibt und Fehler der englischen
Politik korrigiert, die vielleicht vermieden worden wären, wenn die öffentliche
Meinung in England auch Deutschland gegenüber weniger von Mißtrauen und Eifer¬
sucht beherrscht gewesen wäre. Noch bemerkenswerter ist sür uns der Schlußsatz
des Fremdenblattartikels: „Der Wille zur Selbständigkeit, den die Times als Haupt¬
merkmal der Politik Aehrenthals hervorhebt, wird dem (nämlich dem bessern Ver¬
ständnis zwischen Österreich-Ungarn und England) nicht im Wege stehn, voraus¬
gesetzt, daß man eine solche Politik der Monarchie in England nicht in einem Sinne
interpretiert, den wir ihr im Hinblick auf unsern deutschen Verbündeten nicht zu
geben wünschen." Das ist deutlich, und besonders deutlich, weil dieses Wort an
die Adresse der Times gerichtet ist. Der Verantwortliche Leiter der österreichisch¬
ungarischen auswärtigen Politik ist übrigens gerade dieser Tage anläßlich der Feier
des neunundsiebzigsten Geburtstags des Kaisers Franz Joseph in besondrer Weise
allsgezeichnet worden; er ist am 18. August in den erblichen Grafenstand erhoben
worden. Graf Aehrenthal wird bei dieser Gelegenheit die Sympathien erfahren
haben, die man auch in Deutschland dem verdienten Staatsmann des befreundeten
Nachbarreichs entgegenbringt. Die Dankesbezeugung seines Monarchen hat auch
bei uns herzliche Freude erregt und einen lebhaften Widerhall gefunden.

Auch von unsrer Westgrenze läßt sich einmal etwas Erfreuliches berichten.
Mit einer ernsten und würdigen Gedenkfeier ist am 19. August auf französischem
Boden bei Mars-la-Tour das Denkmal enthüllt worden, das die Stelle des be¬
rühmten Reitercmgrisfs des ersten Garde-Dragoner-Regiments am 16. August 1870
bezeichnet. Die Feier bedeutet einen nicht unwesentlichen Fortschritt in den deutsch-
französischen Beziehungen. Freilich darf man die Tragweite solcher Anzeichen nicht
überschätzen, muß vielmehr die Dinge in Geduld reifen lassen. Aber gern wird
man sich bei diesem Anlaß, wo zum erstenmal deutsche Offiziere in Uniform die
französische Grenze zu einer Erinnerungsfeier an 1870 überschreiten durften, der
Höflichkeit, des Entgegenkommens und der würdigen Haltung der französischen
Behörden, des sympathischen Verhaltens der Bevölkerung und der ritterlichen und
vorurteilsfreien Stellungnahme der französischen Presse erinnern.

In unsrer innern Politik hat die Woche kaum etwas Neues gebracht. Die
Presse beschäftigt sich zwar viel mit der Bewegung, die sich innerhalb der Zentrums-
pcirtei entwickelt hat, und die den Führern der Partei und den größern Partei¬
blättern anscheinend den Kopf warm macht. Bekanntlich hält das Zentrum offiziell
den feinen Unterschied aufrecht, daß es keine konfessionelle Partei sein will, sondern
eine politische, die aber vermöge ihrer besondern Auffassung von den Rechten der
Religionsgemeinschaften gegenüber dem Staate vor allem den deutschen Katholiken
Gelegenheit gibt, ihre besondre Weltanschauung politisch zu vertreten, und dadurch
gewissermaßen von selbst und zufällig zu einer Vertretung der deutschen Katholiken
geworden ist. Die neue Bewegung, an deren Spitze die Herren Dr. Bitter und
Noeren stehn, will nun von dem theoretisch neuerdings stärker betonten interkon¬
fessionellen Charakter des Zentrums nichts wissen, sondern sieht das Heil in einer
engern und offen zu bekennenden Gemeinschaft mit den Organen der katholischen
Kirche. Man sollte meinen, für alle, die außerhalb des Zentrums stehn, kommt
dieser Streit recht wenig in Betracht. Praktisch ist und bleibt das Zentrum eine
konfessionelle Partei, deren ganzes Wirken darauf hinausgeht, die konfessionellen
Gegensätze in unserm Vaterlande zu verschärfen und zu vertiefen und religiöse
Überzeugungen zu politischen Zwecken zu mißbrauchen. Welche mehr oder weniger


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0441" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/314144"/>
            <fw type="header" place="top"> Maßgebliches und Unmaßgebliches</fw><lb/>
            <p xml:id="ID_2159"> Die Umstände, unter denen hier wiederum die Brücke zwischen England und<lb/>
Österreich-Ungarn geschlagen wird, können der deutschen Politik nur zur Genug¬<lb/>
tuung gereichen. Deutschland hat kein Interesse an der Uneinigkeit andrer Mächte,<lb/>
und vor allem nicht seiner Verbündeten mit Mächten, mit denen auch wir in Frieden<lb/>
zu leben wünschen. Die hier erwähnte Annäherung erfüllt uns um so mehr mit<lb/>
Befriedigung, als sie der deutschen Politik Recht gibt und Fehler der englischen<lb/>
Politik korrigiert, die vielleicht vermieden worden wären, wenn die öffentliche<lb/>
Meinung in England auch Deutschland gegenüber weniger von Mißtrauen und Eifer¬<lb/>
sucht beherrscht gewesen wäre. Noch bemerkenswerter ist sür uns der Schlußsatz<lb/>
des Fremdenblattartikels: &#x201E;Der Wille zur Selbständigkeit, den die Times als Haupt¬<lb/>
merkmal der Politik Aehrenthals hervorhebt, wird dem (nämlich dem bessern Ver¬<lb/>
ständnis zwischen Österreich-Ungarn und England) nicht im Wege stehn, voraus¬<lb/>
gesetzt, daß man eine solche Politik der Monarchie in England nicht in einem Sinne<lb/>
interpretiert, den wir ihr im Hinblick auf unsern deutschen Verbündeten nicht zu<lb/>
geben wünschen." Das ist deutlich, und besonders deutlich, weil dieses Wort an<lb/>
die Adresse der Times gerichtet ist. Der Verantwortliche Leiter der österreichisch¬<lb/>
ungarischen auswärtigen Politik ist übrigens gerade dieser Tage anläßlich der Feier<lb/>
des neunundsiebzigsten Geburtstags des Kaisers Franz Joseph in besondrer Weise<lb/>
allsgezeichnet worden; er ist am 18. August in den erblichen Grafenstand erhoben<lb/>
worden. Graf Aehrenthal wird bei dieser Gelegenheit die Sympathien erfahren<lb/>
haben, die man auch in Deutschland dem verdienten Staatsmann des befreundeten<lb/>
Nachbarreichs entgegenbringt. Die Dankesbezeugung seines Monarchen hat auch<lb/>
bei uns herzliche Freude erregt und einen lebhaften Widerhall gefunden.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_2160"> Auch von unsrer Westgrenze läßt sich einmal etwas Erfreuliches berichten.<lb/>
Mit einer ernsten und würdigen Gedenkfeier ist am 19. August auf französischem<lb/>
Boden bei Mars-la-Tour das Denkmal enthüllt worden, das die Stelle des be¬<lb/>
rühmten Reitercmgrisfs des ersten Garde-Dragoner-Regiments am 16. August 1870<lb/>
bezeichnet. Die Feier bedeutet einen nicht unwesentlichen Fortschritt in den deutsch-<lb/>
französischen Beziehungen. Freilich darf man die Tragweite solcher Anzeichen nicht<lb/>
überschätzen, muß vielmehr die Dinge in Geduld reifen lassen. Aber gern wird<lb/>
man sich bei diesem Anlaß, wo zum erstenmal deutsche Offiziere in Uniform die<lb/>
französische Grenze zu einer Erinnerungsfeier an 1870 überschreiten durften, der<lb/>
Höflichkeit, des Entgegenkommens und der würdigen Haltung der französischen<lb/>
Behörden, des sympathischen Verhaltens der Bevölkerung und der ritterlichen und<lb/>
vorurteilsfreien Stellungnahme der französischen Presse erinnern.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_2161" next="#ID_2162"> In unsrer innern Politik hat die Woche kaum etwas Neues gebracht. Die<lb/>
Presse beschäftigt sich zwar viel mit der Bewegung, die sich innerhalb der Zentrums-<lb/>
pcirtei entwickelt hat, und die den Führern der Partei und den größern Partei¬<lb/>
blättern anscheinend den Kopf warm macht. Bekanntlich hält das Zentrum offiziell<lb/>
den feinen Unterschied aufrecht, daß es keine konfessionelle Partei sein will, sondern<lb/>
eine politische, die aber vermöge ihrer besondern Auffassung von den Rechten der<lb/>
Religionsgemeinschaften gegenüber dem Staate vor allem den deutschen Katholiken<lb/>
Gelegenheit gibt, ihre besondre Weltanschauung politisch zu vertreten, und dadurch<lb/>
gewissermaßen von selbst und zufällig zu einer Vertretung der deutschen Katholiken<lb/>
geworden ist. Die neue Bewegung, an deren Spitze die Herren Dr. Bitter und<lb/>
Noeren stehn, will nun von dem theoretisch neuerdings stärker betonten interkon¬<lb/>
fessionellen Charakter des Zentrums nichts wissen, sondern sieht das Heil in einer<lb/>
engern und offen zu bekennenden Gemeinschaft mit den Organen der katholischen<lb/>
Kirche. Man sollte meinen, für alle, die außerhalb des Zentrums stehn, kommt<lb/>
dieser Streit recht wenig in Betracht. Praktisch ist und bleibt das Zentrum eine<lb/>
konfessionelle Partei, deren ganzes Wirken darauf hinausgeht, die konfessionellen<lb/>
Gegensätze in unserm Vaterlande zu verschärfen und zu vertiefen und religiöse<lb/>
Überzeugungen zu politischen Zwecken zu mißbrauchen. Welche mehr oder weniger</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0441] Maßgebliches und Unmaßgebliches Die Umstände, unter denen hier wiederum die Brücke zwischen England und Österreich-Ungarn geschlagen wird, können der deutschen Politik nur zur Genug¬ tuung gereichen. Deutschland hat kein Interesse an der Uneinigkeit andrer Mächte, und vor allem nicht seiner Verbündeten mit Mächten, mit denen auch wir in Frieden zu leben wünschen. Die hier erwähnte Annäherung erfüllt uns um so mehr mit Befriedigung, als sie der deutschen Politik Recht gibt und Fehler der englischen Politik korrigiert, die vielleicht vermieden worden wären, wenn die öffentliche Meinung in England auch Deutschland gegenüber weniger von Mißtrauen und Eifer¬ sucht beherrscht gewesen wäre. Noch bemerkenswerter ist sür uns der Schlußsatz des Fremdenblattartikels: „Der Wille zur Selbständigkeit, den die Times als Haupt¬ merkmal der Politik Aehrenthals hervorhebt, wird dem (nämlich dem bessern Ver¬ ständnis zwischen Österreich-Ungarn und England) nicht im Wege stehn, voraus¬ gesetzt, daß man eine solche Politik der Monarchie in England nicht in einem Sinne interpretiert, den wir ihr im Hinblick auf unsern deutschen Verbündeten nicht zu geben wünschen." Das ist deutlich, und besonders deutlich, weil dieses Wort an die Adresse der Times gerichtet ist. Der Verantwortliche Leiter der österreichisch¬ ungarischen auswärtigen Politik ist übrigens gerade dieser Tage anläßlich der Feier des neunundsiebzigsten Geburtstags des Kaisers Franz Joseph in besondrer Weise allsgezeichnet worden; er ist am 18. August in den erblichen Grafenstand erhoben worden. Graf Aehrenthal wird bei dieser Gelegenheit die Sympathien erfahren haben, die man auch in Deutschland dem verdienten Staatsmann des befreundeten Nachbarreichs entgegenbringt. Die Dankesbezeugung seines Monarchen hat auch bei uns herzliche Freude erregt und einen lebhaften Widerhall gefunden. Auch von unsrer Westgrenze läßt sich einmal etwas Erfreuliches berichten. Mit einer ernsten und würdigen Gedenkfeier ist am 19. August auf französischem Boden bei Mars-la-Tour das Denkmal enthüllt worden, das die Stelle des be¬ rühmten Reitercmgrisfs des ersten Garde-Dragoner-Regiments am 16. August 1870 bezeichnet. Die Feier bedeutet einen nicht unwesentlichen Fortschritt in den deutsch- französischen Beziehungen. Freilich darf man die Tragweite solcher Anzeichen nicht überschätzen, muß vielmehr die Dinge in Geduld reifen lassen. Aber gern wird man sich bei diesem Anlaß, wo zum erstenmal deutsche Offiziere in Uniform die französische Grenze zu einer Erinnerungsfeier an 1870 überschreiten durften, der Höflichkeit, des Entgegenkommens und der würdigen Haltung der französischen Behörden, des sympathischen Verhaltens der Bevölkerung und der ritterlichen und vorurteilsfreien Stellungnahme der französischen Presse erinnern. In unsrer innern Politik hat die Woche kaum etwas Neues gebracht. Die Presse beschäftigt sich zwar viel mit der Bewegung, die sich innerhalb der Zentrums- pcirtei entwickelt hat, und die den Führern der Partei und den größern Partei¬ blättern anscheinend den Kopf warm macht. Bekanntlich hält das Zentrum offiziell den feinen Unterschied aufrecht, daß es keine konfessionelle Partei sein will, sondern eine politische, die aber vermöge ihrer besondern Auffassung von den Rechten der Religionsgemeinschaften gegenüber dem Staate vor allem den deutschen Katholiken Gelegenheit gibt, ihre besondre Weltanschauung politisch zu vertreten, und dadurch gewissermaßen von selbst und zufällig zu einer Vertretung der deutschen Katholiken geworden ist. Die neue Bewegung, an deren Spitze die Herren Dr. Bitter und Noeren stehn, will nun von dem theoretisch neuerdings stärker betonten interkon¬ fessionellen Charakter des Zentrums nichts wissen, sondern sieht das Heil in einer engern und offen zu bekennenden Gemeinschaft mit den Organen der katholischen Kirche. Man sollte meinen, für alle, die außerhalb des Zentrums stehn, kommt dieser Streit recht wenig in Betracht. Praktisch ist und bleibt das Zentrum eine konfessionelle Partei, deren ganzes Wirken darauf hinausgeht, die konfessionellen Gegensätze in unserm Vaterlande zu verschärfen und zu vertiefen und religiöse Überzeugungen zu politischen Zwecken zu mißbrauchen. Welche mehr oder weniger

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341889_313702
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341889_313702/441
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 68, 1909, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341889_313702/441>, abgerufen am 12.05.2024.