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Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Viertes Vierteljahr.

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Eine große soziale unter den Malaien
Dr, Linn Larthau von

le große Soziale", das ist auf der einen Seite das bestrickende
und zündende Losungswort von vielen, vielen Tausenden intelligenter
und nicht intelligenter Männer der Arbeit geworden, die sich in
dem großen strudle o5 live entschieden benachteiligt glauben
durch die heute in der bürgerlichen Gesellschaft durch Geld und
Rang herbeigeführten Unterschiede; auf der anderen Seite erscheint für fast alle,
denen diese Unterschiede zugute kommen, in der großen Soziale das blut¬
gefärbte Schreckgespenst verkörpert, welches in nicht zu ferner Zukunft womöglich
"alles gleich machen" wird, um eine neue Gesellschaft erstehen zu lassen, worin
es nach der Redeweise der Sozialdemokraten keine Massenfaulenzerei der begüterten
Klasse neben Massenarmut mehr gibt. Obgleich ich nun an Worte wie die
folgenden: "Wenn einmal das Feigenblatt -- in einer durch kommunistische
Maßregeln in ihrer Kultur zurückgegangenen Zeit -- wieder das allgemeine
menschliche Kostüm geworden ist, dann erst haben die menschlichen Standes¬
unterschiede aufgehört" nicht recht zu glauben vermag, so werden sich doch
meiner Ansicht nach später die geistigen Förderer der großen Soziale vor schwer¬
wiegenden Bedenken sehen, gerade dann wenn sie das große, goldene Ziel, nach
dem sie so eifrig streben, zum Greifen nahe sehen. Nach nicht nur oberflächlichem
Nachdenken über Sozialismus und Kommunismus, namentlich auch mit Berück¬
sichtigung des Fortschrittes der Kultur in unseren Tagen, boten mir meine
langjährigen Reisen in den östlichen Tropen unerwartet die Gelegenheit, an
einem durch Rassenkreuzung und unter dem zeitweiligen Einflüsse zivilisierter
dunkler Arier recht intelligent gewordenen Malaienvolke, welches etwa eine
Million Seelen zählt, die guten und schlechten Folgen einer auf Sozialismus
bezw. Kommunismus begründeten, schon Jahrhunderte bestehenden Gesellschafts¬
ordnung studieren zu können. Geleitet wurde ich dabei durch die mündlichen
Mitteilungen eines ausgezeichneten Kenners jenes Volkes, des Herrn Residenten
Kooreman, welcher neben seinem Freunde Professor Willen schon vor Jahren
genauere Mitteilungen über diese malaiische große Soziale in der wissenschaft¬
lichen Welt der Niederlande verbreitet hat. In folgendem will auch ich nun
die Einrichtung dieser weit reichenden Genossenschaft, deren Glieder an der




Eine große soziale unter den Malaien
Dr, Linn Larthau von

le große Soziale", das ist auf der einen Seite das bestrickende
und zündende Losungswort von vielen, vielen Tausenden intelligenter
und nicht intelligenter Männer der Arbeit geworden, die sich in
dem großen strudle o5 live entschieden benachteiligt glauben
durch die heute in der bürgerlichen Gesellschaft durch Geld und
Rang herbeigeführten Unterschiede; auf der anderen Seite erscheint für fast alle,
denen diese Unterschiede zugute kommen, in der großen Soziale das blut¬
gefärbte Schreckgespenst verkörpert, welches in nicht zu ferner Zukunft womöglich
„alles gleich machen" wird, um eine neue Gesellschaft erstehen zu lassen, worin
es nach der Redeweise der Sozialdemokraten keine Massenfaulenzerei der begüterten
Klasse neben Massenarmut mehr gibt. Obgleich ich nun an Worte wie die
folgenden: „Wenn einmal das Feigenblatt — in einer durch kommunistische
Maßregeln in ihrer Kultur zurückgegangenen Zeit — wieder das allgemeine
menschliche Kostüm geworden ist, dann erst haben die menschlichen Standes¬
unterschiede aufgehört" nicht recht zu glauben vermag, so werden sich doch
meiner Ansicht nach später die geistigen Förderer der großen Soziale vor schwer¬
wiegenden Bedenken sehen, gerade dann wenn sie das große, goldene Ziel, nach
dem sie so eifrig streben, zum Greifen nahe sehen. Nach nicht nur oberflächlichem
Nachdenken über Sozialismus und Kommunismus, namentlich auch mit Berück¬
sichtigung des Fortschrittes der Kultur in unseren Tagen, boten mir meine
langjährigen Reisen in den östlichen Tropen unerwartet die Gelegenheit, an
einem durch Rassenkreuzung und unter dem zeitweiligen Einflüsse zivilisierter
dunkler Arier recht intelligent gewordenen Malaienvolke, welches etwa eine
Million Seelen zählt, die guten und schlechten Folgen einer auf Sozialismus
bezw. Kommunismus begründeten, schon Jahrhunderte bestehenden Gesellschafts¬
ordnung studieren zu können. Geleitet wurde ich dabei durch die mündlichen
Mitteilungen eines ausgezeichneten Kenners jenes Volkes, des Herrn Residenten
Kooreman, welcher neben seinem Freunde Professor Willen schon vor Jahren
genauere Mitteilungen über diese malaiische große Soziale in der wissenschaft¬
lichen Welt der Niederlande verbreitet hat. In folgendem will auch ich nun
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[0227] [Abbildung] Eine große soziale unter den Malaien Dr, Linn Larthau von le große Soziale", das ist auf der einen Seite das bestrickende und zündende Losungswort von vielen, vielen Tausenden intelligenter und nicht intelligenter Männer der Arbeit geworden, die sich in dem großen strudle o5 live entschieden benachteiligt glauben durch die heute in der bürgerlichen Gesellschaft durch Geld und Rang herbeigeführten Unterschiede; auf der anderen Seite erscheint für fast alle, denen diese Unterschiede zugute kommen, in der großen Soziale das blut¬ gefärbte Schreckgespenst verkörpert, welches in nicht zu ferner Zukunft womöglich „alles gleich machen" wird, um eine neue Gesellschaft erstehen zu lassen, worin es nach der Redeweise der Sozialdemokraten keine Massenfaulenzerei der begüterten Klasse neben Massenarmut mehr gibt. Obgleich ich nun an Worte wie die folgenden: „Wenn einmal das Feigenblatt — in einer durch kommunistische Maßregeln in ihrer Kultur zurückgegangenen Zeit — wieder das allgemeine menschliche Kostüm geworden ist, dann erst haben die menschlichen Standes¬ unterschiede aufgehört" nicht recht zu glauben vermag, so werden sich doch meiner Ansicht nach später die geistigen Förderer der großen Soziale vor schwer¬ wiegenden Bedenken sehen, gerade dann wenn sie das große, goldene Ziel, nach dem sie so eifrig streben, zum Greifen nahe sehen. Nach nicht nur oberflächlichem Nachdenken über Sozialismus und Kommunismus, namentlich auch mit Berück¬ sichtigung des Fortschrittes der Kultur in unseren Tagen, boten mir meine langjährigen Reisen in den östlichen Tropen unerwartet die Gelegenheit, an einem durch Rassenkreuzung und unter dem zeitweiligen Einflüsse zivilisierter dunkler Arier recht intelligent gewordenen Malaienvolke, welches etwa eine Million Seelen zählt, die guten und schlechten Folgen einer auf Sozialismus bezw. Kommunismus begründeten, schon Jahrhunderte bestehenden Gesellschafts¬ ordnung studieren zu können. Geleitet wurde ich dabei durch die mündlichen Mitteilungen eines ausgezeichneten Kenners jenes Volkes, des Herrn Residenten Kooreman, welcher neben seinem Freunde Professor Willen schon vor Jahren genauere Mitteilungen über diese malaiische große Soziale in der wissenschaft¬ lichen Welt der Niederlande verbreitet hat. In folgendem will auch ich nun die Einrichtung dieser weit reichenden Genossenschaft, deren Glieder an der

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341891_316950/227>, abgerufen am 29.04.2024.