Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Viertes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Elektrische Ülierlcmdzentrcilen

bekannt wurde, mit Leidenschaft auf die irische Frage geworfen. Aber da die¬
selben Blätter unmittelbar vorher, in der Erwartung, daß die Konferenz sich
auch über die Homerulefrage einigen werde, bereit waren, die Forderungen der
Nationalisten zu erfüllen, wenn man nur der Sache einen anderen Namen gäbe,
so dürfte diese plötzliche Schwenkung keinen großen Eindruck auf ihr Publikum
machen. Gestern sagten sie, Mr. Redmond könne ebensogut Premierminister
von Irland werden, wie General Bodha Premierminister von Südafrika, und
heute erklären sie ihn für den Erbfeind, der mit amerikanischen Hilfsgeldern
das Reich vernichten will!

Die Wahlen stehen unmittelbar bevor, und sie werden, falls die Konser¬
vativen unterliegen, über die Verfassungsfrage entscheiden. Damit ist die
Möglichkeit einer wesentlich engeren Koalition zwischen den Liberalen und den
Nationalisten gegeben; und wenn die drei verbündeten Parteien in derselben
Stärke zurückkehren, so wird die Krone schwerlich ihre Zustimmung zu dem großen
Peerschub versagen -- und vielleicht wird schon die Zustimmung allein die ent¬
sprechende Wirkung auf das Oberhaus haben, ohne daß man zur Ausführung
schreiten müßte.




Elektrische Überlandzentralen
von Regierungs- und Gcwcrberat Lesse

^W^>^)
MMn den letzten Jahren hat eine lebhafte Bewegung für die Errichtung
von elektrischen Überlandzentralen eingesetzt. Neuerdings stemmt
sich ihr nicht nur in der Presse, sondern auch in den Parlamenten
eine ebenso starke Gegenagitation entgegen. Die Bewegung für
die Überlandzentralen geht von den Elektrizitätsfirmen aus, die
Beschäftigung suchen. Elektrische Beleuchtung ist eingeführt, wo es irgend
möglich war; das Gas gewinnt zurzeit sogar einen Teil des verlorenen
Bodens zurück; die Elektrisierung der Straßenbahnen ist vollendet, und die der
Hauptbahnen will keine rechten Fortschritte machen. Das wird in erster Linie
an der Schwerfälligkeit des vorhandenen Apparates liegen. Unsere Eisenbahnen
bilden ungeheure, einheitlich organisierte Verwaltungsbezirke, und es wird nicht
nur technische, sondern auch Verwaltungsschwierigkeiten machen, wenn man
einzelne Linien absondern und mit einem neuen, von dem der anderen Linien
abweichenden Betriebsmittel versehen will. Es wird auch nicht möglich sein,
die einzelnen Linien nacheinander je nach den örtlichen Verhältnissen und den
vorhandenen Mitteln umzubauen, sondern es handelt sich darum, mit weit-


Grenzboten IV 1910 46
Elektrische Ülierlcmdzentrcilen

bekannt wurde, mit Leidenschaft auf die irische Frage geworfen. Aber da die¬
selben Blätter unmittelbar vorher, in der Erwartung, daß die Konferenz sich
auch über die Homerulefrage einigen werde, bereit waren, die Forderungen der
Nationalisten zu erfüllen, wenn man nur der Sache einen anderen Namen gäbe,
so dürfte diese plötzliche Schwenkung keinen großen Eindruck auf ihr Publikum
machen. Gestern sagten sie, Mr. Redmond könne ebensogut Premierminister
von Irland werden, wie General Bodha Premierminister von Südafrika, und
heute erklären sie ihn für den Erbfeind, der mit amerikanischen Hilfsgeldern
das Reich vernichten will!

Die Wahlen stehen unmittelbar bevor, und sie werden, falls die Konser¬
vativen unterliegen, über die Verfassungsfrage entscheiden. Damit ist die
Möglichkeit einer wesentlich engeren Koalition zwischen den Liberalen und den
Nationalisten gegeben; und wenn die drei verbündeten Parteien in derselben
Stärke zurückkehren, so wird die Krone schwerlich ihre Zustimmung zu dem großen
Peerschub versagen — und vielleicht wird schon die Zustimmung allein die ent¬
sprechende Wirkung auf das Oberhaus haben, ohne daß man zur Ausführung
schreiten müßte.




Elektrische Überlandzentralen
von Regierungs- und Gcwcrberat Lesse

^W^>^)
MMn den letzten Jahren hat eine lebhafte Bewegung für die Errichtung
von elektrischen Überlandzentralen eingesetzt. Neuerdings stemmt
sich ihr nicht nur in der Presse, sondern auch in den Parlamenten
eine ebenso starke Gegenagitation entgegen. Die Bewegung für
die Überlandzentralen geht von den Elektrizitätsfirmen aus, die
Beschäftigung suchen. Elektrische Beleuchtung ist eingeführt, wo es irgend
möglich war; das Gas gewinnt zurzeit sogar einen Teil des verlorenen
Bodens zurück; die Elektrisierung der Straßenbahnen ist vollendet, und die der
Hauptbahnen will keine rechten Fortschritte machen. Das wird in erster Linie
an der Schwerfälligkeit des vorhandenen Apparates liegen. Unsere Eisenbahnen
bilden ungeheure, einheitlich organisierte Verwaltungsbezirke, und es wird nicht
nur technische, sondern auch Verwaltungsschwierigkeiten machen, wenn man
einzelne Linien absondern und mit einem neuen, von dem der anderen Linien
abweichenden Betriebsmittel versehen will. Es wird auch nicht möglich sein,
die einzelnen Linien nacheinander je nach den örtlichen Verhältnissen und den
vorhandenen Mitteln umzubauen, sondern es handelt sich darum, mit weit-


Grenzboten IV 1910 46
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0373" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/317324"/>
          <fw type="header" place="top"> Elektrische Ülierlcmdzentrcilen</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_1688" prev="#ID_1687"> bekannt wurde, mit Leidenschaft auf die irische Frage geworfen. Aber da die¬<lb/>
selben Blätter unmittelbar vorher, in der Erwartung, daß die Konferenz sich<lb/>
auch über die Homerulefrage einigen werde, bereit waren, die Forderungen der<lb/>
Nationalisten zu erfüllen, wenn man nur der Sache einen anderen Namen gäbe,<lb/>
so dürfte diese plötzliche Schwenkung keinen großen Eindruck auf ihr Publikum<lb/>
machen. Gestern sagten sie, Mr. Redmond könne ebensogut Premierminister<lb/>
von Irland werden, wie General Bodha Premierminister von Südafrika, und<lb/>
heute erklären sie ihn für den Erbfeind, der mit amerikanischen Hilfsgeldern<lb/>
das Reich vernichten will!</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1689"> Die Wahlen stehen unmittelbar bevor, und sie werden, falls die Konser¬<lb/>
vativen unterliegen, über die Verfassungsfrage entscheiden. Damit ist die<lb/>
Möglichkeit einer wesentlich engeren Koalition zwischen den Liberalen und den<lb/>
Nationalisten gegeben; und wenn die drei verbündeten Parteien in derselben<lb/>
Stärke zurückkehren, so wird die Krone schwerlich ihre Zustimmung zu dem großen<lb/>
Peerschub versagen &#x2014; und vielleicht wird schon die Zustimmung allein die ent¬<lb/>
sprechende Wirkung auf das Oberhaus haben, ohne daß man zur Ausführung<lb/>
schreiten müßte.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Elektrische Überlandzentralen<lb/><note type="byline"> von Regierungs- und Gcwcrberat Lesse</note></head><lb/>
          <p xml:id="ID_1690" next="#ID_1691"> ^W^&gt;^)<lb/>
MMn den letzten Jahren hat eine lebhafte Bewegung für die Errichtung<lb/>
von elektrischen Überlandzentralen eingesetzt. Neuerdings stemmt<lb/>
sich ihr nicht nur in der Presse, sondern auch in den Parlamenten<lb/>
eine ebenso starke Gegenagitation entgegen. Die Bewegung für<lb/>
die Überlandzentralen geht von den Elektrizitätsfirmen aus, die<lb/>
Beschäftigung suchen. Elektrische Beleuchtung ist eingeführt, wo es irgend<lb/>
möglich war; das Gas gewinnt zurzeit sogar einen Teil des verlorenen<lb/>
Bodens zurück; die Elektrisierung der Straßenbahnen ist vollendet, und die der<lb/>
Hauptbahnen will keine rechten Fortschritte machen. Das wird in erster Linie<lb/>
an der Schwerfälligkeit des vorhandenen Apparates liegen. Unsere Eisenbahnen<lb/>
bilden ungeheure, einheitlich organisierte Verwaltungsbezirke, und es wird nicht<lb/>
nur technische, sondern auch Verwaltungsschwierigkeiten machen, wenn man<lb/>
einzelne Linien absondern und mit einem neuen, von dem der anderen Linien<lb/>
abweichenden Betriebsmittel versehen will. Es wird auch nicht möglich sein,<lb/>
die einzelnen Linien nacheinander je nach den örtlichen Verhältnissen und den<lb/>
vorhandenen Mitteln umzubauen, sondern es handelt sich darum, mit weit-</p><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten IV 1910 46</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0373] Elektrische Ülierlcmdzentrcilen bekannt wurde, mit Leidenschaft auf die irische Frage geworfen. Aber da die¬ selben Blätter unmittelbar vorher, in der Erwartung, daß die Konferenz sich auch über die Homerulefrage einigen werde, bereit waren, die Forderungen der Nationalisten zu erfüllen, wenn man nur der Sache einen anderen Namen gäbe, so dürfte diese plötzliche Schwenkung keinen großen Eindruck auf ihr Publikum machen. Gestern sagten sie, Mr. Redmond könne ebensogut Premierminister von Irland werden, wie General Bodha Premierminister von Südafrika, und heute erklären sie ihn für den Erbfeind, der mit amerikanischen Hilfsgeldern das Reich vernichten will! Die Wahlen stehen unmittelbar bevor, und sie werden, falls die Konser¬ vativen unterliegen, über die Verfassungsfrage entscheiden. Damit ist die Möglichkeit einer wesentlich engeren Koalition zwischen den Liberalen und den Nationalisten gegeben; und wenn die drei verbündeten Parteien in derselben Stärke zurückkehren, so wird die Krone schwerlich ihre Zustimmung zu dem großen Peerschub versagen — und vielleicht wird schon die Zustimmung allein die ent¬ sprechende Wirkung auf das Oberhaus haben, ohne daß man zur Ausführung schreiten müßte. Elektrische Überlandzentralen von Regierungs- und Gcwcrberat Lesse ^W^>^) MMn den letzten Jahren hat eine lebhafte Bewegung für die Errichtung von elektrischen Überlandzentralen eingesetzt. Neuerdings stemmt sich ihr nicht nur in der Presse, sondern auch in den Parlamenten eine ebenso starke Gegenagitation entgegen. Die Bewegung für die Überlandzentralen geht von den Elektrizitätsfirmen aus, die Beschäftigung suchen. Elektrische Beleuchtung ist eingeführt, wo es irgend möglich war; das Gas gewinnt zurzeit sogar einen Teil des verlorenen Bodens zurück; die Elektrisierung der Straßenbahnen ist vollendet, und die der Hauptbahnen will keine rechten Fortschritte machen. Das wird in erster Linie an der Schwerfälligkeit des vorhandenen Apparates liegen. Unsere Eisenbahnen bilden ungeheure, einheitlich organisierte Verwaltungsbezirke, und es wird nicht nur technische, sondern auch Verwaltungsschwierigkeiten machen, wenn man einzelne Linien absondern und mit einem neuen, von dem der anderen Linien abweichenden Betriebsmittel versehen will. Es wird auch nicht möglich sein, die einzelnen Linien nacheinander je nach den örtlichen Verhältnissen und den vorhandenen Mitteln umzubauen, sondern es handelt sich darum, mit weit- Grenzboten IV 1910 46

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341891_316950
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341891_316950/373
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341891_316950/373>, abgerufen am 29.04.2024.