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Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Viertes Vierteljahr.

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Graf Julius Andrassy
v Dr. I. von Newald on

ur Geschichte Österreichs seit dein Nevolutionsjcchre gibt es nicht
allzu viel Darstellungen, die den Namen von pragmatischen ver¬
dienen. So konnte man es von vornherein mit Genugtuung
begrüßen, daß ein Historiker vom Range Wertheimers daran ging,
das Leben desjenigen Mannes zu schildern, dessen Name mit der
Umgestaltung des alten Österreich in das neue Österreich-Ungarn so innig ver¬
knüpft ist wie kaum ein anderer'"). Es war zu erwarten, daß das Buch Wert¬
heimers über den Begriff einer Biographie im engeren Sinne hinausgehen, daß
der Historiker seinen Helden aus der geschichtlichen Umgebung heraus zu schildern,
daß er "in den Geist der Zeit und in die Absichten der leitenden Männer ein¬
zudringen" versuchen werde. Tatsächlich tritt die Person Andrafsys in manchen
Partien des Buches hinter der Schilderung einer Entwicklung zurück, die, als
zum Österreich von heute führend, auch eine europäische Wichtigkeit gewonnen
hat. Den: Ungar Wertheimer ist Andrassy begreiflicherweise immer der Mann,
der sich durch und durch als Ungar fühlte und auf den stolz zu sein seine
Landsleute alle Ursache haben. Uns scheint es aber von weit größerer Be¬
deutung, daß Andren eben mehr war als nur der glühende magyarische
Patriot, daß er die Notwendigkeit einer mächtigen, nach außen einheitlichen
Monarchie erkannte.

Ausführlich schildert Wertheimer die Jugendcntwicklung Julius Andrassys,
der aus uraltem Szekler Adelsgeschlechte als der Sohn eines geistreichen Vaters
und einer temperamentvollen Mutter am 3. März 1823 zu Kaschau geboren



") "Graf Julius Andrüssy. Sein Leben und seine Zeit." Ruch ungedruckten Quellen von
Eduard bon Wertheimer. I. Band. Bis zur Ernennung zum Minister des Äußern, Stuttgart,
Deutsche Berlagsanstalt. 1910. 660 Seiten. Ein Porträt.
Grenzboten IV 1910 69


Graf Julius Andrassy
v Dr. I. von Newald on

ur Geschichte Österreichs seit dein Nevolutionsjcchre gibt es nicht
allzu viel Darstellungen, die den Namen von pragmatischen ver¬
dienen. So konnte man es von vornherein mit Genugtuung
begrüßen, daß ein Historiker vom Range Wertheimers daran ging,
das Leben desjenigen Mannes zu schildern, dessen Name mit der
Umgestaltung des alten Österreich in das neue Österreich-Ungarn so innig ver¬
knüpft ist wie kaum ein anderer'"). Es war zu erwarten, daß das Buch Wert¬
heimers über den Begriff einer Biographie im engeren Sinne hinausgehen, daß
der Historiker seinen Helden aus der geschichtlichen Umgebung heraus zu schildern,
daß er „in den Geist der Zeit und in die Absichten der leitenden Männer ein¬
zudringen" versuchen werde. Tatsächlich tritt die Person Andrafsys in manchen
Partien des Buches hinter der Schilderung einer Entwicklung zurück, die, als
zum Österreich von heute führend, auch eine europäische Wichtigkeit gewonnen
hat. Den: Ungar Wertheimer ist Andrassy begreiflicherweise immer der Mann,
der sich durch und durch als Ungar fühlte und auf den stolz zu sein seine
Landsleute alle Ursache haben. Uns scheint es aber von weit größerer Be¬
deutung, daß Andren eben mehr war als nur der glühende magyarische
Patriot, daß er die Notwendigkeit einer mächtigen, nach außen einheitlichen
Monarchie erkannte.

Ausführlich schildert Wertheimer die Jugendcntwicklung Julius Andrassys,
der aus uraltem Szekler Adelsgeschlechte als der Sohn eines geistreichen Vaters
und einer temperamentvollen Mutter am 3. März 1823 zu Kaschau geboren



") „Graf Julius Andrüssy. Sein Leben und seine Zeit." Ruch ungedruckten Quellen von
Eduard bon Wertheimer. I. Band. Bis zur Ernennung zum Minister des Äußern, Stuttgart,
Deutsche Berlagsanstalt. 1910. 660 Seiten. Ein Porträt.
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[0557] [Abbildung] Graf Julius Andrassy v Dr. I. von Newald on ur Geschichte Österreichs seit dein Nevolutionsjcchre gibt es nicht allzu viel Darstellungen, die den Namen von pragmatischen ver¬ dienen. So konnte man es von vornherein mit Genugtuung begrüßen, daß ein Historiker vom Range Wertheimers daran ging, das Leben desjenigen Mannes zu schildern, dessen Name mit der Umgestaltung des alten Österreich in das neue Österreich-Ungarn so innig ver¬ knüpft ist wie kaum ein anderer'"). Es war zu erwarten, daß das Buch Wert¬ heimers über den Begriff einer Biographie im engeren Sinne hinausgehen, daß der Historiker seinen Helden aus der geschichtlichen Umgebung heraus zu schildern, daß er „in den Geist der Zeit und in die Absichten der leitenden Männer ein¬ zudringen" versuchen werde. Tatsächlich tritt die Person Andrafsys in manchen Partien des Buches hinter der Schilderung einer Entwicklung zurück, die, als zum Österreich von heute führend, auch eine europäische Wichtigkeit gewonnen hat. Den: Ungar Wertheimer ist Andrassy begreiflicherweise immer der Mann, der sich durch und durch als Ungar fühlte und auf den stolz zu sein seine Landsleute alle Ursache haben. Uns scheint es aber von weit größerer Be¬ deutung, daß Andren eben mehr war als nur der glühende magyarische Patriot, daß er die Notwendigkeit einer mächtigen, nach außen einheitlichen Monarchie erkannte. Ausführlich schildert Wertheimer die Jugendcntwicklung Julius Andrassys, der aus uraltem Szekler Adelsgeschlechte als der Sohn eines geistreichen Vaters und einer temperamentvollen Mutter am 3. März 1823 zu Kaschau geboren ") „Graf Julius Andrüssy. Sein Leben und seine Zeit." Ruch ungedruckten Quellen von Eduard bon Wertheimer. I. Band. Bis zur Ernennung zum Minister des Äußern, Stuttgart, Deutsche Berlagsanstalt. 1910. 660 Seiten. Ein Porträt. Grenzboten IV 1910 69

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341891_316950/557>, abgerufen am 29.04.2024.