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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

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Vorbedingung würde die Bestimmung einer
Instanz -- also etwa des Haager Schieds-
gerichtshofcs -- sein,welche zu entscheiden hätte,
gegen wen und wann die Exekution zu voll¬
ziehen wäre, und außerdem die Bereitwillig¬
keit der maßgebenden Staaten, sie durch ihre
Flotten auszuführen.

Wir glauben, daß die grundsätzliche Zu¬
stimmung im voraus nicht leicht zu erreichen
sein wird. Handelt es sich doch um nichts
geringeres als um Aufgabe der Souveränität,
mich welcher die Staaten keinem höheren
irdischen Wille" unterworfen sind als ihrem
eigenen, zum mindesten um Beschränkung des
Bestimmungsrechts des Staates über einen
Teil seiner Wehrmacht auf unbestimmte Zeit
und zu einem Zweck, der sich nicht immer
decken wird mit seinen politischen Zielen oder
der von ihm verfolgten Politik vielleicht gerade
dem Staate gegenüber, gegen den die Exekution
durchgeführt werden soll. Selbst wenn es
aber gelingen sollte, diese Schwierigkeiten zu
überwinden, wie stellt man sich die A"s-
führung vor?

Wir haben in der Geschichte Beispiele, wo
eine Mottendemonstration einer oder mehrerer
Mächte hingereicht hat, kleinere Staaten zur
Nachgiebigkeit zu zwingen; wir wollen auch
zugeben, daß der Druck des Schwergewichts
der Weltflotte genügen würde, größere Staaten
mit hochentwickelter Industrie und bedeuten¬
dem überseeischen Handel zur Nachgiebigkeit
zu bewegen. Wir haben aber auch Staaten,
die infolge ihrer geographischen Lage, der
Ausdehnung ihres Gebiets, Beschaffenheit ihrer
Grenzen und ihrer ökonomischen Entwicklung
nicht nachzugeben brauchen.

Was soll z, B, die Weltflotte gegen Nu߬
land, China oder selbst gegen die Vereinigten
Staaten ausrichte"?

Sie kann die feindliche Flotte zerstören,
die Häfen blockieren, den Handel unterbinden,
würde damit aber nicht den Lebensnerv dieser
Staaten treffen.

Erachtet ein Staat seine vitalen Interessen
oder seine Ehre gefährdet, so wird er sich bis
zum äußersten wehren; ein Zwang zur Nach¬
giebigkeit tritt für ihn erst dann ein, wenn
alle seine Widerstandsmittcl erschöpft sind.
Diese zu brechen, reicht vielen Staaten gegen¬
über die Kraft einer Flotte allein nicht aus,

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dazu bedarf es der Mitwirkung einer Land¬
armee, welche das feindliche Reich oder min¬
destens Teile von ihm erobert.

Wir müssen also feststellen, daß die Wir¬
kungssphäre auch einer Weltflotte eine be¬
schränkte, ihre Macht keine absolute, sondern
eine relative ist und daß sie die Rolle, welche
ihr hier als Friedensmstrument zugedacht ist,
nicht immer erfolgreich wird spielen können.
Entweder die Flottenaktion versagt, dann
waren alle Anstrengungen, Kosten usw, um¬
sonst, oder sie muß zu einer Wellerpcditiou
(See- und Landkrieg) erweitert werden, dann
tritt das ein, was man gerade vermeiden
wollte -- der Völkerkrieg!

Internationale Aussprachen über die Ein-
schränkung der Rüstungen und Erörterungen
über die Möglichkeit, KriegSursnchen zu min¬
der", sind berechtigt und werden nicht ganz
ergebnislos verlaufen -- das Gesetz der Ent¬
wicklung wird sicki auch hier bemerkbar mache".
Insofern sind die Anregungen der BennettbiU
zu begrüßen; das Friedensprvblem wird durch
sie aber noch nicht gelöst werden.

Man könnte sogar die Frage auswerfen,
ob es überhaupt je gelöst werdeu wird und
ob jetzt schon der ewige Friede dem Interesse
der Höherentwicklung der Menschheit diene"
würde.

Möglich würde der allgemeine Friede Wohl
"ur in einem WelteinheitSstnate sei"; aber
auch in ihm würden sich auf unserer jetzigen
Kulturstufe die Gegensätze Wohl bald zuBürger-
kricge" zuspitzen. Bisher sind noch alle so¬
genannte" Weltreiche wieder zerfallen. Der
ewige Friede ist el" Problei", welches viel¬
leicht gelöst werde" kam, tue"" die Menschheit
eine ideale Höhe geistiger und sittlicher Voll¬
kommenheit erreicht hat.

Bis dahin dürfte unser großer Moltke
recht behalten, wenn er sagt:

"Der ewige Friede ist ein Traum
Und nicht einmal ein schöner."
Gberst a. D. v, Kornatzki-
Justiz und Verwaltung

Präjndizienkultus. Entscheidungen üver-
geordneterGerichtebindenden deutschen Richter
nicht. Gleichwohl bieten die "Präjudizien" un¬
serer oberen Gerichtshöfe ein nicht zu missendes
Mittel zur Belehrung des Praktikers und Ver-

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

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Vorbedingung würde die Bestimmung einer
Instanz — also etwa des Haager Schieds-
gerichtshofcs — sein,welche zu entscheiden hätte,
gegen wen und wann die Exekution zu voll¬
ziehen wäre, und außerdem die Bereitwillig¬
keit der maßgebenden Staaten, sie durch ihre
Flotten auszuführen.

Wir glauben, daß die grundsätzliche Zu¬
stimmung im voraus nicht leicht zu erreichen
sein wird. Handelt es sich doch um nichts
geringeres als um Aufgabe der Souveränität,
mich welcher die Staaten keinem höheren
irdischen Wille» unterworfen sind als ihrem
eigenen, zum mindesten um Beschränkung des
Bestimmungsrechts des Staates über einen
Teil seiner Wehrmacht auf unbestimmte Zeit
und zu einem Zweck, der sich nicht immer
decken wird mit seinen politischen Zielen oder
der von ihm verfolgten Politik vielleicht gerade
dem Staate gegenüber, gegen den die Exekution
durchgeführt werden soll. Selbst wenn es
aber gelingen sollte, diese Schwierigkeiten zu
überwinden, wie stellt man sich die A»s-
führung vor?

Wir haben in der Geschichte Beispiele, wo
eine Mottendemonstration einer oder mehrerer
Mächte hingereicht hat, kleinere Staaten zur
Nachgiebigkeit zu zwingen; wir wollen auch
zugeben, daß der Druck des Schwergewichts
der Weltflotte genügen würde, größere Staaten
mit hochentwickelter Industrie und bedeuten¬
dem überseeischen Handel zur Nachgiebigkeit
zu bewegen. Wir haben aber auch Staaten,
die infolge ihrer geographischen Lage, der
Ausdehnung ihres Gebiets, Beschaffenheit ihrer
Grenzen und ihrer ökonomischen Entwicklung
nicht nachzugeben brauchen.

Was soll z, B, die Weltflotte gegen Nu߬
land, China oder selbst gegen die Vereinigten
Staaten ausrichte»?

Sie kann die feindliche Flotte zerstören,
die Häfen blockieren, den Handel unterbinden,
würde damit aber nicht den Lebensnerv dieser
Staaten treffen.

Erachtet ein Staat seine vitalen Interessen
oder seine Ehre gefährdet, so wird er sich bis
zum äußersten wehren; ein Zwang zur Nach¬
giebigkeit tritt für ihn erst dann ein, wenn
alle seine Widerstandsmittcl erschöpft sind.
Diese zu brechen, reicht vielen Staaten gegen¬
über die Kraft einer Flotte allein nicht aus,

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dazu bedarf es der Mitwirkung einer Land¬
armee, welche das feindliche Reich oder min¬
destens Teile von ihm erobert.

Wir müssen also feststellen, daß die Wir¬
kungssphäre auch einer Weltflotte eine be¬
schränkte, ihre Macht keine absolute, sondern
eine relative ist und daß sie die Rolle, welche
ihr hier als Friedensmstrument zugedacht ist,
nicht immer erfolgreich wird spielen können.
Entweder die Flottenaktion versagt, dann
waren alle Anstrengungen, Kosten usw, um¬
sonst, oder sie muß zu einer Wellerpcditiou
(See- und Landkrieg) erweitert werden, dann
tritt das ein, was man gerade vermeiden
wollte — der Völkerkrieg!

Internationale Aussprachen über die Ein-
schränkung der Rüstungen und Erörterungen
über die Möglichkeit, KriegSursnchen zu min¬
der», sind berechtigt und werden nicht ganz
ergebnislos verlaufen — das Gesetz der Ent¬
wicklung wird sicki auch hier bemerkbar mache».
Insofern sind die Anregungen der BennettbiU
zu begrüßen; das Friedensprvblem wird durch
sie aber noch nicht gelöst werden.

Man könnte sogar die Frage auswerfen,
ob es überhaupt je gelöst werdeu wird und
ob jetzt schon der ewige Friede dem Interesse
der Höherentwicklung der Menschheit diene»
würde.

Möglich würde der allgemeine Friede Wohl
»ur in einem WelteinheitSstnate sei»; aber
auch in ihm würden sich auf unserer jetzigen
Kulturstufe die Gegensätze Wohl bald zuBürger-
kricge» zuspitzen. Bisher sind noch alle so¬
genannte» Weltreiche wieder zerfallen. Der
ewige Friede ist el» Problei», welches viel¬
leicht gelöst werde» kam, tue»» die Menschheit
eine ideale Höhe geistiger und sittlicher Voll¬
kommenheit erreicht hat.

Bis dahin dürfte unser großer Moltke
recht behalten, wenn er sagt:

„Der ewige Friede ist ein Traum
Und nicht einmal ein schöner."
Gberst a. D. v, Kornatzki-
Justiz und Verwaltung

Präjndizienkultus. Entscheidungen üver-
geordneterGerichtebindenden deutschen Richter
nicht. Gleichwohl bieten die „Präjudizien" un¬
serer oberen Gerichtshöfe ein nicht zu missendes
Mittel zur Belehrung des Praktikers und Ver-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_318282/140>, abgerufen am 26.05.2024.