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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Zweites Vierteljahr.

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Reformvorschläge für die deutschen Universitäten

von dein Genuß der Kolleghonorare gänzlich allsgeschlossen werden, für das
zweckmäßigste. Anderseits ivird die auf den meisten Technischen Hochschulen des
Deutschen Reiches bestehende Übung für ausreichend erachtet, wo die besoldeten
Dozenten nur eine Quote ihrer Kolleggelder allsgezahlt erhalten, während der
Rest einbehalten und entweder für Hochschulzwecke verwendet oder auch teilweise
gleichmäßig unter alle Dozenten der Hochschule verteilt wird. Die preußische
Regierung hat einen dritten Weg eingeschlagen, indem sie nur die einen
bestimmten Betrag übersteigenden Kolleggelder der besoldeten Dozenten zur Hälfte
einbehält und in bestimmter Weise für Universitätszwecke verwendet. Aber welchen
dieser Wege man auch wählen mag, immer ist eins zu beachten. Jede Auf¬
hebung oder Einschränkung der Kolleggeldereinnahmen der Professoren, wenn
sie nicht für alle Universitäten deutscher Zunge übereinstimmend gilt, muß die
Anziehungskraft solcher Universitäten, wo sie stattfindet, gegenüber solchen, wo
dies nicht der Fall ist, schwächen, weil naturgemäß die Höhe der zu erwartenden
Einnahme die Vorliebe der Universitätslehrer für diese oder jene Hochschule mit
beeinflussen wird. Unstreitig rührt es zum Teil daher, wenn in den letzten
Jahrzehnten die Fälle, in denen Professoren österreichischer Universitäten einem
Rufe an deutsche Universitäten, namentlich an solche mit ungeschmälerten Honorar¬
bezug, Folge geleistet haben, ziemlich zahlreich gewesen sind, während umgekehrt
nur selten Lehrer von deutschen Universitäten auf österreichische übergingen. Auch
die preußische Unterrichtsverwaltung ist bei Berufungen von Professoren aus
anderen deutschen Bundesstaaten Schwierigkeiten begegnet, die sie nur durch
Gewährleistung von Honorareinnahmen in einer bestimmten, mindestens deren
im bisherigen Amte bezogenen Betrag erreichenden Höhe überwinden konnte.
Diese Schwierigkeiten würden sich selbstverständlich für die Unterrichtsverwaltungen
kleinerer deutscher Bundesstaaten, die nur eine oder einige Universitäten zu ver¬
walten haben, noch empfindlicher geltend machen als für die preußische, die über
den akademischen Nachwuchs und die Honorarüberschüsse von zehn Universitäten
verfügt. Denn die kleineren Unterrichtsverwaltungen würden fast immer genötigt
sein, Dozenten aus anderen Verwältungsgebieten zu berufen. Das preußischerseits
beliebte Auskunftsmittel aber würden sie um deswillen weniger leicht verwenden
können, weil die Honorareinnahmen an einer einzelnen Universität mitunter
Schwankungen unterliegen, die versprochene Garantiesumme aber die Staats¬
finanzen dauernd belasten würde. Auf Grund dieser Erwägung ist eine Ein¬
schränkung des Bezugs von Kolleghonoraren bei den Professoren nichtpreußischer
Universitäten der deutschen kleineren Bundesstaaten nur dann unbedenklich, wenn
sie übereinstimmend für alle deutschen Universitäten erfolgt.


V.

Auch bei den als dritte Einnahmequelle der Universitätslehrer oben erwähnten
Promotionsgebühren treten dieselben Bedenken wie bei den Kolleggeldern in ver¬
stärktem Maße hervor. Da nämlich heute sür diejenigen, die eine Staatsprüfung


Grenzboten it 1911 I!Z
Reformvorschläge für die deutschen Universitäten

von dein Genuß der Kolleghonorare gänzlich allsgeschlossen werden, für das
zweckmäßigste. Anderseits ivird die auf den meisten Technischen Hochschulen des
Deutschen Reiches bestehende Übung für ausreichend erachtet, wo die besoldeten
Dozenten nur eine Quote ihrer Kolleggelder allsgezahlt erhalten, während der
Rest einbehalten und entweder für Hochschulzwecke verwendet oder auch teilweise
gleichmäßig unter alle Dozenten der Hochschule verteilt wird. Die preußische
Regierung hat einen dritten Weg eingeschlagen, indem sie nur die einen
bestimmten Betrag übersteigenden Kolleggelder der besoldeten Dozenten zur Hälfte
einbehält und in bestimmter Weise für Universitätszwecke verwendet. Aber welchen
dieser Wege man auch wählen mag, immer ist eins zu beachten. Jede Auf¬
hebung oder Einschränkung der Kolleggeldereinnahmen der Professoren, wenn
sie nicht für alle Universitäten deutscher Zunge übereinstimmend gilt, muß die
Anziehungskraft solcher Universitäten, wo sie stattfindet, gegenüber solchen, wo
dies nicht der Fall ist, schwächen, weil naturgemäß die Höhe der zu erwartenden
Einnahme die Vorliebe der Universitätslehrer für diese oder jene Hochschule mit
beeinflussen wird. Unstreitig rührt es zum Teil daher, wenn in den letzten
Jahrzehnten die Fälle, in denen Professoren österreichischer Universitäten einem
Rufe an deutsche Universitäten, namentlich an solche mit ungeschmälerten Honorar¬
bezug, Folge geleistet haben, ziemlich zahlreich gewesen sind, während umgekehrt
nur selten Lehrer von deutschen Universitäten auf österreichische übergingen. Auch
die preußische Unterrichtsverwaltung ist bei Berufungen von Professoren aus
anderen deutschen Bundesstaaten Schwierigkeiten begegnet, die sie nur durch
Gewährleistung von Honorareinnahmen in einer bestimmten, mindestens deren
im bisherigen Amte bezogenen Betrag erreichenden Höhe überwinden konnte.
Diese Schwierigkeiten würden sich selbstverständlich für die Unterrichtsverwaltungen
kleinerer deutscher Bundesstaaten, die nur eine oder einige Universitäten zu ver¬
walten haben, noch empfindlicher geltend machen als für die preußische, die über
den akademischen Nachwuchs und die Honorarüberschüsse von zehn Universitäten
verfügt. Denn die kleineren Unterrichtsverwaltungen würden fast immer genötigt
sein, Dozenten aus anderen Verwältungsgebieten zu berufen. Das preußischerseits
beliebte Auskunftsmittel aber würden sie um deswillen weniger leicht verwenden
können, weil die Honorareinnahmen an einer einzelnen Universität mitunter
Schwankungen unterliegen, die versprochene Garantiesumme aber die Staats¬
finanzen dauernd belasten würde. Auf Grund dieser Erwägung ist eine Ein¬
schränkung des Bezugs von Kolleghonoraren bei den Professoren nichtpreußischer
Universitäten der deutschen kleineren Bundesstaaten nur dann unbedenklich, wenn
sie übereinstimmend für alle deutschen Universitäten erfolgt.


V.

Auch bei den als dritte Einnahmequelle der Universitätslehrer oben erwähnten
Promotionsgebühren treten dieselben Bedenken wie bei den Kolleggeldern in ver¬
stärktem Maße hervor. Da nämlich heute sür diejenigen, die eine Staatsprüfung


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[0269] Reformvorschläge für die deutschen Universitäten von dein Genuß der Kolleghonorare gänzlich allsgeschlossen werden, für das zweckmäßigste. Anderseits ivird die auf den meisten Technischen Hochschulen des Deutschen Reiches bestehende Übung für ausreichend erachtet, wo die besoldeten Dozenten nur eine Quote ihrer Kolleggelder allsgezahlt erhalten, während der Rest einbehalten und entweder für Hochschulzwecke verwendet oder auch teilweise gleichmäßig unter alle Dozenten der Hochschule verteilt wird. Die preußische Regierung hat einen dritten Weg eingeschlagen, indem sie nur die einen bestimmten Betrag übersteigenden Kolleggelder der besoldeten Dozenten zur Hälfte einbehält und in bestimmter Weise für Universitätszwecke verwendet. Aber welchen dieser Wege man auch wählen mag, immer ist eins zu beachten. Jede Auf¬ hebung oder Einschränkung der Kolleggeldereinnahmen der Professoren, wenn sie nicht für alle Universitäten deutscher Zunge übereinstimmend gilt, muß die Anziehungskraft solcher Universitäten, wo sie stattfindet, gegenüber solchen, wo dies nicht der Fall ist, schwächen, weil naturgemäß die Höhe der zu erwartenden Einnahme die Vorliebe der Universitätslehrer für diese oder jene Hochschule mit beeinflussen wird. Unstreitig rührt es zum Teil daher, wenn in den letzten Jahrzehnten die Fälle, in denen Professoren österreichischer Universitäten einem Rufe an deutsche Universitäten, namentlich an solche mit ungeschmälerten Honorar¬ bezug, Folge geleistet haben, ziemlich zahlreich gewesen sind, während umgekehrt nur selten Lehrer von deutschen Universitäten auf österreichische übergingen. Auch die preußische Unterrichtsverwaltung ist bei Berufungen von Professoren aus anderen deutschen Bundesstaaten Schwierigkeiten begegnet, die sie nur durch Gewährleistung von Honorareinnahmen in einer bestimmten, mindestens deren im bisherigen Amte bezogenen Betrag erreichenden Höhe überwinden konnte. Diese Schwierigkeiten würden sich selbstverständlich für die Unterrichtsverwaltungen kleinerer deutscher Bundesstaaten, die nur eine oder einige Universitäten zu ver¬ walten haben, noch empfindlicher geltend machen als für die preußische, die über den akademischen Nachwuchs und die Honorarüberschüsse von zehn Universitäten verfügt. Denn die kleineren Unterrichtsverwaltungen würden fast immer genötigt sein, Dozenten aus anderen Verwältungsgebieten zu berufen. Das preußischerseits beliebte Auskunftsmittel aber würden sie um deswillen weniger leicht verwenden können, weil die Honorareinnahmen an einer einzelnen Universität mitunter Schwankungen unterliegen, die versprochene Garantiesumme aber die Staats¬ finanzen dauernd belasten würde. Auf Grund dieser Erwägung ist eine Ein¬ schränkung des Bezugs von Kolleghonoraren bei den Professoren nichtpreußischer Universitäten der deutschen kleineren Bundesstaaten nur dann unbedenklich, wenn sie übereinstimmend für alle deutschen Universitäten erfolgt. V. Auch bei den als dritte Einnahmequelle der Universitätslehrer oben erwähnten Promotionsgebühren treten dieselben Bedenken wie bei den Kolleggeldern in ver¬ stärktem Maße hervor. Da nämlich heute sür diejenigen, die eine Staatsprüfung Grenzboten it 1911 I!Z

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_318282/269>, abgerufen am 26.05.2024.