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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

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unendlich wichtige und für die Shakespeare-
Übersetzung in Deutschland grundlegende
Übertragung, die seit ihrem ersten Erscheinen
vom Jahre 17S2 ab nicht wieder gedruckt
wurden war.

Einige Bedenken, die wir hegen, seien
freimütig festgestellt; sie sollen, borneweg offen
ausgesprochen, die Freude um dem gro߬
zügigen Werk nicht dauernd verdunkeln. Aus
buchhändlerischen Rücksichten, heißt es, ist man
neuerdings von der Verteilung auf einzelne
Bände abgekommen, wie die "Prolegomena"
sie vorgesehen hatten. Das ist zu bedauern.
Die Einteilung war feinsinnig berechnet
und vermied klug und günstig manche
Schwierigkeit, die sich aus der Rücksicht auf
den Umfang der Bände, auf zeitliche Folge
der einzelnen Schriften einerseits und
das Zusammenhalten verwandter Gruppen
anderseits notwendig ergibt. Nun hat uns
die Änderung des ursprünglichen Planes statt
der früheren schlanken und handsamen Bände
die üblicheren und übleren dicken Bücher
gebracht. Um die höhere Bogenzahl zu
erreichen, sind auch unsachliche Verschiebungen
nötig geworden; so ist dem dritten Bande
der Poetischen Jugendwerke (zu 298 Seiten)
die umfängliche Abhandlung vom Noah
(220 Seiten) als "Anhang" beigegeben worden.
In übermäßiger Sparsamkeit erscheint ferner
der Raum so sehr ausgenutzt, daß man in den
Werken nicht einmal große Dichtungen stets
auf einer eigenen Seite anheben ließ, von
kleineren Stücken wie den Vvrberichten u.ä.ganz
abgesehen. Darunter leidet die Übersichtlichkeit
ziemlich erheblich. Die Würdigung der ein¬
zelnen Bände wollen wir zunächst versparen,
um sie in sachlichen Gruppen vorzunehmen,
sobald der kritische Apparat uns eine Beur¬
teilung ermöglicht. Er soll die Lesarten, eine
kurze Textgeschichte und knappe Anmerkungen
bringen und wird erfreulicherweise in eigenen
Heften oder Büchern ausgegeben. Bis heute
ist mich kein Heft der Lesarten erschienen.
Dieser Mangel wird nun allerdings durch den
großen Vorteil aufgewogen, daß die Ausgabe
durch dieeifrigeBemühung Erich Schmidts über-
hmipt schon soweit gediehen ist; dies Verdienst
kann kaum hoch genug angeschlagen werden.

Erst jetzt wird, nicht nur dem Ferner¬
stehenden, die unendliche Leistung Wielands

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für unsere Literatur allmählich klar werden.
Blieb doch seine Tätigkeit als Rezensent in den
Erfurter Gelehrten Anzeigen oder als Heraus¬
geber des Teutschen Merkur bislang überhaupt
so gut wie völlig im Dunkel. Die wissenschaft¬
liche Forschung wird allenthalben neuen Stoff
und neue Anregung vorfinden. Eine Wieland-
Biographie, die wir von Seuffert erhoffen,
wäre freilich der schönste dauernde Erfolg.

So wird die neue Ausgabe ihrer gesamten
Anlage nach nicht minder als ihres wissen¬
schaftlichen Wertes halber eines der hervor¬
ragendsten und kostbarsten Werke auf dem
Gebiete der deutschen Literatur und ihrer
Literarhistorie werden, für Wieland die erste
und die einzige vollständige, die Ausgabe
kurzweg, die jedermann künftig wird benutzen
müssen, der sich ernsthaft um den klassischen
p- Sänger der Grazien bemüht.

Naturwissenschaften Ein Blumenglöckchen
Vom Boden hervor
War früh gesprosset
Im lieblichen Flor;
Da kam ein Bienchen
Und naschte fein: --
Die müssen Wohl beide
Füreinander sein. Goethe

Das Studium der Wechselbeziehungen, in
denen Blumen und Insekten zueinander stehen,
hat durch Erfolge neuerer Forschung auf dem
Gebiete der Blütenbiulogie in mannigfaltiger
Beziehung an Interesse gewonnen. In dem
jüngst erschienenen Werke "Blumen und In¬
sekten, ihre Anpassung und ihre gegenseitige
Abhängigkeit" (Leipzig, B. G. Teubner. Preis
M. 6,60) führt Prof. O. v. Kirchner, ein auf
diesem Gebiete bekannter Forscher, zunächst
auch den Anfänger auf historischer Grundlage
mit außerordentlicher Klarheit in die Be-
fruchtungs- und Vererbungslehre der Blüten¬
pflanzen ein und gibt dann die nötigen ento¬
mologischen Erläuterungen, die zum Ver¬
ständnis deS Körperbaus und der Gewohnheiten
der Blumcninsekten erforderlich sind. Im
Mittelpunkt derKirchnerschenUntersuchung steht
die Beantwortung der Frage, in welcher Weise
die Bestäubung, die Übertragung von wirk¬
samen Blütenstaub auf eine geschlechtsreife
Narbe, vor sich geht. Die Ansicht der alten

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

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unendlich wichtige und für die Shakespeare-
Übersetzung in Deutschland grundlegende
Übertragung, die seit ihrem ersten Erscheinen
vom Jahre 17S2 ab nicht wieder gedruckt
wurden war.

Einige Bedenken, die wir hegen, seien
freimütig festgestellt; sie sollen, borneweg offen
ausgesprochen, die Freude um dem gro߬
zügigen Werk nicht dauernd verdunkeln. Aus
buchhändlerischen Rücksichten, heißt es, ist man
neuerdings von der Verteilung auf einzelne
Bände abgekommen, wie die „Prolegomena"
sie vorgesehen hatten. Das ist zu bedauern.
Die Einteilung war feinsinnig berechnet
und vermied klug und günstig manche
Schwierigkeit, die sich aus der Rücksicht auf
den Umfang der Bände, auf zeitliche Folge
der einzelnen Schriften einerseits und
das Zusammenhalten verwandter Gruppen
anderseits notwendig ergibt. Nun hat uns
die Änderung des ursprünglichen Planes statt
der früheren schlanken und handsamen Bände
die üblicheren und übleren dicken Bücher
gebracht. Um die höhere Bogenzahl zu
erreichen, sind auch unsachliche Verschiebungen
nötig geworden; so ist dem dritten Bande
der Poetischen Jugendwerke (zu 298 Seiten)
die umfängliche Abhandlung vom Noah
(220 Seiten) als „Anhang" beigegeben worden.
In übermäßiger Sparsamkeit erscheint ferner
der Raum so sehr ausgenutzt, daß man in den
Werken nicht einmal große Dichtungen stets
auf einer eigenen Seite anheben ließ, von
kleineren Stücken wie den Vvrberichten u.ä.ganz
abgesehen. Darunter leidet die Übersichtlichkeit
ziemlich erheblich. Die Würdigung der ein¬
zelnen Bände wollen wir zunächst versparen,
um sie in sachlichen Gruppen vorzunehmen,
sobald der kritische Apparat uns eine Beur¬
teilung ermöglicht. Er soll die Lesarten, eine
kurze Textgeschichte und knappe Anmerkungen
bringen und wird erfreulicherweise in eigenen
Heften oder Büchern ausgegeben. Bis heute
ist mich kein Heft der Lesarten erschienen.
Dieser Mangel wird nun allerdings durch den
großen Vorteil aufgewogen, daß die Ausgabe
durch dieeifrigeBemühung Erich Schmidts über-
hmipt schon soweit gediehen ist; dies Verdienst
kann kaum hoch genug angeschlagen werden.

Erst jetzt wird, nicht nur dem Ferner¬
stehenden, die unendliche Leistung Wielands

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für unsere Literatur allmählich klar werden.
Blieb doch seine Tätigkeit als Rezensent in den
Erfurter Gelehrten Anzeigen oder als Heraus¬
geber des Teutschen Merkur bislang überhaupt
so gut wie völlig im Dunkel. Die wissenschaft¬
liche Forschung wird allenthalben neuen Stoff
und neue Anregung vorfinden. Eine Wieland-
Biographie, die wir von Seuffert erhoffen,
wäre freilich der schönste dauernde Erfolg.

So wird die neue Ausgabe ihrer gesamten
Anlage nach nicht minder als ihres wissen¬
schaftlichen Wertes halber eines der hervor¬
ragendsten und kostbarsten Werke auf dem
Gebiete der deutschen Literatur und ihrer
Literarhistorie werden, für Wieland die erste
und die einzige vollständige, die Ausgabe
kurzweg, die jedermann künftig wird benutzen
müssen, der sich ernsthaft um den klassischen
p- Sänger der Grazien bemüht.

Naturwissenschaften Ein Blumenglöckchen
Vom Boden hervor
War früh gesprosset
Im lieblichen Flor;
Da kam ein Bienchen
Und naschte fein: —
Die müssen Wohl beide
Füreinander sein. Goethe

Das Studium der Wechselbeziehungen, in
denen Blumen und Insekten zueinander stehen,
hat durch Erfolge neuerer Forschung auf dem
Gebiete der Blütenbiulogie in mannigfaltiger
Beziehung an Interesse gewonnen. In dem
jüngst erschienenen Werke „Blumen und In¬
sekten, ihre Anpassung und ihre gegenseitige
Abhängigkeit" (Leipzig, B. G. Teubner. Preis
M. 6,60) führt Prof. O. v. Kirchner, ein auf
diesem Gebiete bekannter Forscher, zunächst
auch den Anfänger auf historischer Grundlage
mit außerordentlicher Klarheit in die Be-
fruchtungs- und Vererbungslehre der Blüten¬
pflanzen ein und gibt dann die nötigen ento¬
mologischen Erläuterungen, die zum Ver¬
ständnis deS Körperbaus und der Gewohnheiten
der Blumcninsekten erforderlich sind. Im
Mittelpunkt derKirchnerschenUntersuchung steht
die Beantwortung der Frage, in welcher Weise
die Bestäubung, die Übertragung von wirk¬
samen Blütenstaub auf eine geschlechtsreife
Narbe, vor sich geht. Die Ansicht der alten

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[0286] Maßgebliches und Unmaßgebliches unendlich wichtige und für die Shakespeare- Übersetzung in Deutschland grundlegende Übertragung, die seit ihrem ersten Erscheinen vom Jahre 17S2 ab nicht wieder gedruckt wurden war. Einige Bedenken, die wir hegen, seien freimütig festgestellt; sie sollen, borneweg offen ausgesprochen, die Freude um dem gro߬ zügigen Werk nicht dauernd verdunkeln. Aus buchhändlerischen Rücksichten, heißt es, ist man neuerdings von der Verteilung auf einzelne Bände abgekommen, wie die „Prolegomena" sie vorgesehen hatten. Das ist zu bedauern. Die Einteilung war feinsinnig berechnet und vermied klug und günstig manche Schwierigkeit, die sich aus der Rücksicht auf den Umfang der Bände, auf zeitliche Folge der einzelnen Schriften einerseits und das Zusammenhalten verwandter Gruppen anderseits notwendig ergibt. Nun hat uns die Änderung des ursprünglichen Planes statt der früheren schlanken und handsamen Bände die üblicheren und übleren dicken Bücher gebracht. Um die höhere Bogenzahl zu erreichen, sind auch unsachliche Verschiebungen nötig geworden; so ist dem dritten Bande der Poetischen Jugendwerke (zu 298 Seiten) die umfängliche Abhandlung vom Noah (220 Seiten) als „Anhang" beigegeben worden. In übermäßiger Sparsamkeit erscheint ferner der Raum so sehr ausgenutzt, daß man in den Werken nicht einmal große Dichtungen stets auf einer eigenen Seite anheben ließ, von kleineren Stücken wie den Vvrberichten u.ä.ganz abgesehen. Darunter leidet die Übersichtlichkeit ziemlich erheblich. Die Würdigung der ein¬ zelnen Bände wollen wir zunächst versparen, um sie in sachlichen Gruppen vorzunehmen, sobald der kritische Apparat uns eine Beur¬ teilung ermöglicht. Er soll die Lesarten, eine kurze Textgeschichte und knappe Anmerkungen bringen und wird erfreulicherweise in eigenen Heften oder Büchern ausgegeben. Bis heute ist mich kein Heft der Lesarten erschienen. Dieser Mangel wird nun allerdings durch den großen Vorteil aufgewogen, daß die Ausgabe durch dieeifrigeBemühung Erich Schmidts über- hmipt schon soweit gediehen ist; dies Verdienst kann kaum hoch genug angeschlagen werden. Erst jetzt wird, nicht nur dem Ferner¬ stehenden, die unendliche Leistung Wielands für unsere Literatur allmählich klar werden. Blieb doch seine Tätigkeit als Rezensent in den Erfurter Gelehrten Anzeigen oder als Heraus¬ geber des Teutschen Merkur bislang überhaupt so gut wie völlig im Dunkel. Die wissenschaft¬ liche Forschung wird allenthalben neuen Stoff und neue Anregung vorfinden. Eine Wieland- Biographie, die wir von Seuffert erhoffen, wäre freilich der schönste dauernde Erfolg. So wird die neue Ausgabe ihrer gesamten Anlage nach nicht minder als ihres wissen¬ schaftlichen Wertes halber eines der hervor¬ ragendsten und kostbarsten Werke auf dem Gebiete der deutschen Literatur und ihrer Literarhistorie werden, für Wieland die erste und die einzige vollständige, die Ausgabe kurzweg, die jedermann künftig wird benutzen müssen, der sich ernsthaft um den klassischen p- Sänger der Grazien bemüht. Naturwissenschaften Ein Blumenglöckchen Vom Boden hervor War früh gesprosset Im lieblichen Flor; Da kam ein Bienchen Und naschte fein: — Die müssen Wohl beide Füreinander sein. Goethe Das Studium der Wechselbeziehungen, in denen Blumen und Insekten zueinander stehen, hat durch Erfolge neuerer Forschung auf dem Gebiete der Blütenbiulogie in mannigfaltiger Beziehung an Interesse gewonnen. In dem jüngst erschienenen Werke „Blumen und In¬ sekten, ihre Anpassung und ihre gegenseitige Abhängigkeit" (Leipzig, B. G. Teubner. Preis M. 6,60) führt Prof. O. v. Kirchner, ein auf diesem Gebiete bekannter Forscher, zunächst auch den Anfänger auf historischer Grundlage mit außerordentlicher Klarheit in die Be- fruchtungs- und Vererbungslehre der Blüten¬ pflanzen ein und gibt dann die nötigen ento¬ mologischen Erläuterungen, die zum Ver¬ ständnis deS Körperbaus und der Gewohnheiten der Blumcninsekten erforderlich sind. Im Mittelpunkt derKirchnerschenUntersuchung steht die Beantwortung der Frage, in welcher Weise die Bestäubung, die Übertragung von wirk¬ samen Blütenstaub auf eine geschlechtsreife Narbe, vor sich geht. Die Ansicht der alten

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_318282/286>, abgerufen am 19.05.2024.