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Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Erstes Vierteljahr.

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Ein Später Derer van Doorn
von Lark Hauptmann
Fünftes Kapitel

Unterdessen war Frühling geworden. Krabben lagen am Strande und
sonnten sich. Die See gewann blauen Glase weit in die Ferne. Da waren
im Fischerkruge alte, lange, umfräste Gesichter laut über die Aussichten der
beginnenden Fänge. Und in dem Strandschlößchen der Kroens hatte man
gelüftet und die Vorhänge ausgezogen. Und bald war das Leben über Fries¬
decken und Teppiche neu.hereingesprungen, und Frau Hartjes klingendes
Gelächter und Herrn Kroens sehr männliche Stimme hallten in Zimmern und
Gängen.

Es war auch Besuch in das Kroensche Haus mit eingezogen.

Eine alte, vornehme, breite Dame, eine gräfliche Dame, die die Mutter
von Frau Kroen war, und ein junges lustiges Fräulein, die Jüngste der alten
Gräfin, die also Frau Hartjes Schwester und jetzt eine rechte Spielgefährtin war.

Aber obwohl jetzt auch der Garten voll von Blüten Sproß, die Büsche sich
mit Grün bedingen und die jungen Augen, die hell in die Welt sahen, von
der hellen Sonne noch lebendiger widerglänzten, in den Augen der Frau
Hartje blieb etwas ungestillt.

Hieronymus van Doorn, der junge Priester, war noch nicht ins Kroensche
Haus gekommen.

Man vergnügte sich.

Herr und Frau Kroen mit der jungen Komtesse ritten täglich am Strande
hin. Sie ritten durchs Dorf, wo mitten die Kirche lag. Sie sahen dem jungen
Pfarrer wiederholt in die Fenster. Der schlanke, heilige Mann, wie ihn nun
auch Herr Kroen bezeichnete, war ihnen nirgends in den Weg gelaufen.

Und einer direkten Aufforderung, die ihm Herr Kroen auf Hartjes Wunsch
einmal zugesandt, hatte er seine allzu reichlichen Pflichten in seinem Priesteramte
entgegengesetzt.

Herr Kroen sah seine junge Schwägerin mit dem Monokel drollig an und
machte spöttische Bemerkungen.

"Ein junger Priester fürchtet sich immer vor jungen Damen. Aber da
tut auch ein junger Priester sehr recht," sagte er schon jetzt ein paarmal, wenn
auf den hohen, bleichen Hieronymus die Rede wieder einmal gekommen war.




Ein Später Derer van Doorn
von Lark Hauptmann
Fünftes Kapitel

Unterdessen war Frühling geworden. Krabben lagen am Strande und
sonnten sich. Die See gewann blauen Glase weit in die Ferne. Da waren
im Fischerkruge alte, lange, umfräste Gesichter laut über die Aussichten der
beginnenden Fänge. Und in dem Strandschlößchen der Kroens hatte man
gelüftet und die Vorhänge ausgezogen. Und bald war das Leben über Fries¬
decken und Teppiche neu.hereingesprungen, und Frau Hartjes klingendes
Gelächter und Herrn Kroens sehr männliche Stimme hallten in Zimmern und
Gängen.

Es war auch Besuch in das Kroensche Haus mit eingezogen.

Eine alte, vornehme, breite Dame, eine gräfliche Dame, die die Mutter
von Frau Kroen war, und ein junges lustiges Fräulein, die Jüngste der alten
Gräfin, die also Frau Hartjes Schwester und jetzt eine rechte Spielgefährtin war.

Aber obwohl jetzt auch der Garten voll von Blüten Sproß, die Büsche sich
mit Grün bedingen und die jungen Augen, die hell in die Welt sahen, von
der hellen Sonne noch lebendiger widerglänzten, in den Augen der Frau
Hartje blieb etwas ungestillt.

Hieronymus van Doorn, der junge Priester, war noch nicht ins Kroensche
Haus gekommen.

Man vergnügte sich.

Herr und Frau Kroen mit der jungen Komtesse ritten täglich am Strande
hin. Sie ritten durchs Dorf, wo mitten die Kirche lag. Sie sahen dem jungen
Pfarrer wiederholt in die Fenster. Der schlanke, heilige Mann, wie ihn nun
auch Herr Kroen bezeichnete, war ihnen nirgends in den Weg gelaufen.

Und einer direkten Aufforderung, die ihm Herr Kroen auf Hartjes Wunsch
einmal zugesandt, hatte er seine allzu reichlichen Pflichten in seinem Priesteramte
entgegengesetzt.

Herr Kroen sah seine junge Schwägerin mit dem Monokel drollig an und
machte spöttische Bemerkungen.

„Ein junger Priester fürchtet sich immer vor jungen Damen. Aber da
tut auch ein junger Priester sehr recht," sagte er schon jetzt ein paarmal, wenn
auf den hohen, bleichen Hieronymus die Rede wieder einmal gekommen war.


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[0243] [Abbildung] Ein Später Derer van Doorn von Lark Hauptmann Fünftes Kapitel Unterdessen war Frühling geworden. Krabben lagen am Strande und sonnten sich. Die See gewann blauen Glase weit in die Ferne. Da waren im Fischerkruge alte, lange, umfräste Gesichter laut über die Aussichten der beginnenden Fänge. Und in dem Strandschlößchen der Kroens hatte man gelüftet und die Vorhänge ausgezogen. Und bald war das Leben über Fries¬ decken und Teppiche neu.hereingesprungen, und Frau Hartjes klingendes Gelächter und Herrn Kroens sehr männliche Stimme hallten in Zimmern und Gängen. Es war auch Besuch in das Kroensche Haus mit eingezogen. Eine alte, vornehme, breite Dame, eine gräfliche Dame, die die Mutter von Frau Kroen war, und ein junges lustiges Fräulein, die Jüngste der alten Gräfin, die also Frau Hartjes Schwester und jetzt eine rechte Spielgefährtin war. Aber obwohl jetzt auch der Garten voll von Blüten Sproß, die Büsche sich mit Grün bedingen und die jungen Augen, die hell in die Welt sahen, von der hellen Sonne noch lebendiger widerglänzten, in den Augen der Frau Hartje blieb etwas ungestillt. Hieronymus van Doorn, der junge Priester, war noch nicht ins Kroensche Haus gekommen. Man vergnügte sich. Herr und Frau Kroen mit der jungen Komtesse ritten täglich am Strande hin. Sie ritten durchs Dorf, wo mitten die Kirche lag. Sie sahen dem jungen Pfarrer wiederholt in die Fenster. Der schlanke, heilige Mann, wie ihn nun auch Herr Kroen bezeichnete, war ihnen nirgends in den Weg gelaufen. Und einer direkten Aufforderung, die ihm Herr Kroen auf Hartjes Wunsch einmal zugesandt, hatte er seine allzu reichlichen Pflichten in seinem Priesteramte entgegengesetzt. Herr Kroen sah seine junge Schwägerin mit dem Monokel drollig an und machte spöttische Bemerkungen. „Ein junger Priester fürchtet sich immer vor jungen Damen. Aber da tut auch ein junger Priester sehr recht," sagte er schon jetzt ein paarmal, wenn auf den hohen, bleichen Hieronymus die Rede wieder einmal gekommen war.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_320416/243>, abgerufen am 29.04.2024.