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Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Erstes Vierteljahr.

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Reichsspiegel

der Vorsitzende des "Altdeutschen Verbandes" mehrfach zitiert. Herr
Rechtsanwalt Clasj erklärt nunmehr, dasz er an allen Aussagen über
den Inhalt von Unterredungen, die er mit Herren des Auswärtigen
Amtes gehabt habe, völlig unbeteiligt sei . . . ."

Der Vollständigkeit halber sei noch nachgetragen, daß nach Herrn Dr. Lufft
auch Herr Abgeordneter Erzberger der von meinen Gegnern als Zeuge gegen
die Angaben des Herrn von Kiderlen im Reichstage benannt wurde, sich in
dieser Frage in einem Dementi auf die Seite des Staatssekretärs gestellt hat.

Es sei daran erinnert, daß sowohl im Berliner wie im Essener Prozeß
meine Gegner es so hinstellten, als lauerten ihre Zeugen nur auf die
Gelegenheit, mit ihren Aussagen den Staatssekretär Lügen zu strafen.


G, Lleinow
Bank und Geld

Der Geldmarkt -- Der Mißerfolg der Anleihesubskription ^ Politische Besorgnisse --
Die Guthaben des englischen Staates -- Die Diskontpolitik der Neichsbank -- Hypo¬
thekenbanken und Pfandbriefabsatz -- Die Konkurrenz am Hypothekenmarkt -- Kom¬
munale Bodenkreditanstalten -- Die Börse

Die Verhältnisse des Geldmarkts verdienen gespanntere Aufmerksamkeit. Die
widerspruchsvollen Erscheinungen großer Geldflüssigkeit am offenen Markt, eines
hohen Bankdiskonts, steifer Devisenkurse und eines schlechten Anlagemarktes
heischen nähere Untersuchung und Erklärung. Auf die Tatsachen selbst haben
wir schon jüngst hingewiesen- sie sind mittlerweile noch augenfälliger in Er¬
scheinung getreten. Namentlich die Schwäche des Anlagemarktes, die schon
durch den stockenden Absatz der Hypothekenbankpfandbriefe dokumentiert wird,
ist für jedermann sichtbar geworden durch den Mißerfolg, den die Subskription
auf deutsche Staatsanleihen aufzuweisen hatte. Die Württembergische Anleihe
von 25 Millionen ist nicht einmal voll gezeichnet worden: hier liegt der Mi߬
erfolg offen zutage. Die 600 Millionen-Anleihe des Reichs und Preußens
hat zwar einen geringen Überschuß von 50 Millionen Subskriptionsergebnis
geliefert, aber gerade in der Geringfügigkeit dieser Mehrzeichnungen offenbart
sich für den Eingeweihten deutlich der mangelnde Erfolg. Die Großbanken
pflegten bei den Subskriptionen auf Reichsanleihe und Konsols sonst ihren Stolz
darin zu setzen, mit möglichst großen Zeichnungsergebnissen zu paradieren; ist
doch in früheren Fällen der ganze aufgelegte Betrag von der Deutschen Bank
allein gezeichnet worden. Die auf diese Weise zustande gekommene Über¬
zeichnung war freilich ein Scheinergebnis; aber wenn man heute das knappe
Resultat der Subskription durch die bessere Qualität der Zeichnungen heraus¬
zustreichen versucht, so ist dies bestenfalls eine Selbsttäuschung. Es kann doch
keinem Zweifel unterliegen, daß unsere Großbanken, die genauesten Kenner der
Geldverhältnisse und des Aulagemarltes es nicht für geraten hielten, sich allzu¬
sehr durch eigene Übernahme bei der neuen Anleihe zu engagieren. Dies ist
um so bezeichnender, als die konkurrierenden ausländischen Anleihen, die der


Reichsspiegel

der Vorsitzende des „Altdeutschen Verbandes" mehrfach zitiert. Herr
Rechtsanwalt Clasj erklärt nunmehr, dasz er an allen Aussagen über
den Inhalt von Unterredungen, die er mit Herren des Auswärtigen
Amtes gehabt habe, völlig unbeteiligt sei . . . ."

Der Vollständigkeit halber sei noch nachgetragen, daß nach Herrn Dr. Lufft
auch Herr Abgeordneter Erzberger der von meinen Gegnern als Zeuge gegen
die Angaben des Herrn von Kiderlen im Reichstage benannt wurde, sich in
dieser Frage in einem Dementi auf die Seite des Staatssekretärs gestellt hat.

Es sei daran erinnert, daß sowohl im Berliner wie im Essener Prozeß
meine Gegner es so hinstellten, als lauerten ihre Zeugen nur auf die
Gelegenheit, mit ihren Aussagen den Staatssekretär Lügen zu strafen.


G, Lleinow
Bank und Geld

Der Geldmarkt — Der Mißerfolg der Anleihesubskription ^ Politische Besorgnisse —
Die Guthaben des englischen Staates — Die Diskontpolitik der Neichsbank — Hypo¬
thekenbanken und Pfandbriefabsatz — Die Konkurrenz am Hypothekenmarkt — Kom¬
munale Bodenkreditanstalten — Die Börse

Die Verhältnisse des Geldmarkts verdienen gespanntere Aufmerksamkeit. Die
widerspruchsvollen Erscheinungen großer Geldflüssigkeit am offenen Markt, eines
hohen Bankdiskonts, steifer Devisenkurse und eines schlechten Anlagemarktes
heischen nähere Untersuchung und Erklärung. Auf die Tatsachen selbst haben
wir schon jüngst hingewiesen- sie sind mittlerweile noch augenfälliger in Er¬
scheinung getreten. Namentlich die Schwäche des Anlagemarktes, die schon
durch den stockenden Absatz der Hypothekenbankpfandbriefe dokumentiert wird,
ist für jedermann sichtbar geworden durch den Mißerfolg, den die Subskription
auf deutsche Staatsanleihen aufzuweisen hatte. Die Württembergische Anleihe
von 25 Millionen ist nicht einmal voll gezeichnet worden: hier liegt der Mi߬
erfolg offen zutage. Die 600 Millionen-Anleihe des Reichs und Preußens
hat zwar einen geringen Überschuß von 50 Millionen Subskriptionsergebnis
geliefert, aber gerade in der Geringfügigkeit dieser Mehrzeichnungen offenbart
sich für den Eingeweihten deutlich der mangelnde Erfolg. Die Großbanken
pflegten bei den Subskriptionen auf Reichsanleihe und Konsols sonst ihren Stolz
darin zu setzen, mit möglichst großen Zeichnungsergebnissen zu paradieren; ist
doch in früheren Fällen der ganze aufgelegte Betrag von der Deutschen Bank
allein gezeichnet worden. Die auf diese Weise zustande gekommene Über¬
zeichnung war freilich ein Scheinergebnis; aber wenn man heute das knappe
Resultat der Subskription durch die bessere Qualität der Zeichnungen heraus¬
zustreichen versucht, so ist dies bestenfalls eine Selbsttäuschung. Es kann doch
keinem Zweifel unterliegen, daß unsere Großbanken, die genauesten Kenner der
Geldverhältnisse und des Aulagemarltes es nicht für geraten hielten, sich allzu¬
sehr durch eigene Übernahme bei der neuen Anleihe zu engagieren. Dies ist
um so bezeichnender, als die konkurrierenden ausländischen Anleihen, die der


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[0308] Reichsspiegel der Vorsitzende des „Altdeutschen Verbandes" mehrfach zitiert. Herr Rechtsanwalt Clasj erklärt nunmehr, dasz er an allen Aussagen über den Inhalt von Unterredungen, die er mit Herren des Auswärtigen Amtes gehabt habe, völlig unbeteiligt sei . . . ." Der Vollständigkeit halber sei noch nachgetragen, daß nach Herrn Dr. Lufft auch Herr Abgeordneter Erzberger der von meinen Gegnern als Zeuge gegen die Angaben des Herrn von Kiderlen im Reichstage benannt wurde, sich in dieser Frage in einem Dementi auf die Seite des Staatssekretärs gestellt hat. Es sei daran erinnert, daß sowohl im Berliner wie im Essener Prozeß meine Gegner es so hinstellten, als lauerten ihre Zeugen nur auf die Gelegenheit, mit ihren Aussagen den Staatssekretär Lügen zu strafen. G, Lleinow Bank und Geld Der Geldmarkt — Der Mißerfolg der Anleihesubskription ^ Politische Besorgnisse — Die Guthaben des englischen Staates — Die Diskontpolitik der Neichsbank — Hypo¬ thekenbanken und Pfandbriefabsatz — Die Konkurrenz am Hypothekenmarkt — Kom¬ munale Bodenkreditanstalten — Die Börse Die Verhältnisse des Geldmarkts verdienen gespanntere Aufmerksamkeit. Die widerspruchsvollen Erscheinungen großer Geldflüssigkeit am offenen Markt, eines hohen Bankdiskonts, steifer Devisenkurse und eines schlechten Anlagemarktes heischen nähere Untersuchung und Erklärung. Auf die Tatsachen selbst haben wir schon jüngst hingewiesen- sie sind mittlerweile noch augenfälliger in Er¬ scheinung getreten. Namentlich die Schwäche des Anlagemarktes, die schon durch den stockenden Absatz der Hypothekenbankpfandbriefe dokumentiert wird, ist für jedermann sichtbar geworden durch den Mißerfolg, den die Subskription auf deutsche Staatsanleihen aufzuweisen hatte. Die Württembergische Anleihe von 25 Millionen ist nicht einmal voll gezeichnet worden: hier liegt der Mi߬ erfolg offen zutage. Die 600 Millionen-Anleihe des Reichs und Preußens hat zwar einen geringen Überschuß von 50 Millionen Subskriptionsergebnis geliefert, aber gerade in der Geringfügigkeit dieser Mehrzeichnungen offenbart sich für den Eingeweihten deutlich der mangelnde Erfolg. Die Großbanken pflegten bei den Subskriptionen auf Reichsanleihe und Konsols sonst ihren Stolz darin zu setzen, mit möglichst großen Zeichnungsergebnissen zu paradieren; ist doch in früheren Fällen der ganze aufgelegte Betrag von der Deutschen Bank allein gezeichnet worden. Die auf diese Weise zustande gekommene Über¬ zeichnung war freilich ein Scheinergebnis; aber wenn man heute das knappe Resultat der Subskription durch die bessere Qualität der Zeichnungen heraus¬ zustreichen versucht, so ist dies bestenfalls eine Selbsttäuschung. Es kann doch keinem Zweifel unterliegen, daß unsere Großbanken, die genauesten Kenner der Geldverhältnisse und des Aulagemarltes es nicht für geraten hielten, sich allzu¬ sehr durch eigene Übernahme bei der neuen Anleihe zu engagieren. Dies ist um so bezeichnender, als die konkurrierenden ausländischen Anleihen, die der

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_320416/308>, abgerufen am 29.04.2024.