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Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Zweites Vierteljahr.

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also in absehbarer Zeit einer neuen Belastungsprobe ausgesetzt sein, denn die
Summe der amerikanischen Guthaben ist mit 400 Millionen Mark wohl kaum
zu hoch beziffert. Das Manko zu decken, ist nicht leicht, und es begreift sich,
daß die fernere Entwicklung sorgenvolle Betrachtungen hervorruft. Diese sind
um so mehr gerechtfertigt, als die Ansprüche der Börse wieder im Wachsen
begriffen sind. Die allgemeine Situation begünstigt trotz aller Geldsorgen eine
spekulative Aufwärtsbewegung. Mit Vernunftgründen ist dem einmal entfachten
Spekulationsfieber nicht beizukommen, und ob die Banken geneigt und imstande
sein werden, durch Regressiv maßregeln abzuhelfen, ist sehr zweifelhaft. Ist doch
das Verlangen der Reichsbank nach einer kräftigen Erhöhung der Einschüsse bei
spekulativen Engagements gerade der Punkt gewesen, über den sich eine Einigung
im Kreise der Banken nicht hat erzielen lassen.

Die deutsche Schiffahrtsindustrie beschäftigen Aufsehen erregende
Projekte. Anscheinend hat der Fürstentrust sich durch seine Mißerfolge auf
anderen Gebieten nicht abschrecken lassen und plant die Errichtung einer neuen
Auswandererlinie Emden-New Uork als eine Konkurrenz gegen die Hamburg-
Amerikalinie und den Norddeutschen Lloyd. Dadurch fällt nachträglich Licht auf
den kürzlichen Austritt der Hamburgischen Schiffahrtsinteressenten aus dem
Aufsichtsrat der Levantelinie. An dem Projekt ist noch vieles in Dunkel gehüllt.
Denn ein solches Unternehmen würde die Aufbringung erheblicher Kapitalien
notwendig machen und von vornherein, wenn im Gegensatz zu den hanseatischen
Gesellschaften errichtet, mit erheblichen Schwierigkeiten zu kämpfen haben, es sei
denn, daß es gelänge, ihm irgendwelche Sonderoorteile seitens der Regierung
zu sichern. Auf ein Hand-in-Hand-gehen mit der letzteren scheint in der Tat
der Plan angelegt zu sein, wenn sich zurzeit auch nicht erraten läßt, welche
Begünstigung man dabei in Rechnung stellt. Daß es aber anscheinend Ernst
ist, ergibt sich daraus, daß der norddeutsche Lloyd sich bereits auf den bevor¬
stehenden Konkurrenzkampf rüstet. Er hat, nachdem er jahrelang sich in seiner
Bautätigkeit die größte Reserve auferlegt hatte, ein neues großes Auswanderer¬
schiff der Schichauwerft in Auftrag gegeben. Man wird daher die weitere
Entwicklung dieser für die deutschen Schiffahrtsinteressen bedeutungsvollen
A spectator ngelegenheit mit Aufmerksamkeit verfolgen müssen.







Lerantwortliche Schriftleiter! für den politischen Teil der Herausgeber George Tleinow in Schöneberg, für
den ltterarischen Teil und die Redaktion Heinz Amelung in Wilmersdorf, -- Manustriptsendungen und Brief"
werden erbeten unter der Adresse: "" den Herausgeber der Grcnzbotc" in Friedenau bei Berlin, Hcbwigstr. 1".
Fernsprecher der Schristl-itung: Amt Pfalzburg 5718. des Verlags: Amt Lützow "610.
"erlag- Verlag der Grenzboten B, in. b. H. in Berlin SV. 11.
Druck: "Der R-ichSbote" B. in. b. H. in Berlin SV. II, Dessauer Straße SS/S7.
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also in absehbarer Zeit einer neuen Belastungsprobe ausgesetzt sein, denn die
Summe der amerikanischen Guthaben ist mit 400 Millionen Mark wohl kaum
zu hoch beziffert. Das Manko zu decken, ist nicht leicht, und es begreift sich,
daß die fernere Entwicklung sorgenvolle Betrachtungen hervorruft. Diese sind
um so mehr gerechtfertigt, als die Ansprüche der Börse wieder im Wachsen
begriffen sind. Die allgemeine Situation begünstigt trotz aller Geldsorgen eine
spekulative Aufwärtsbewegung. Mit Vernunftgründen ist dem einmal entfachten
Spekulationsfieber nicht beizukommen, und ob die Banken geneigt und imstande
sein werden, durch Regressiv maßregeln abzuhelfen, ist sehr zweifelhaft. Ist doch
das Verlangen der Reichsbank nach einer kräftigen Erhöhung der Einschüsse bei
spekulativen Engagements gerade der Punkt gewesen, über den sich eine Einigung
im Kreise der Banken nicht hat erzielen lassen.

Die deutsche Schiffahrtsindustrie beschäftigen Aufsehen erregende
Projekte. Anscheinend hat der Fürstentrust sich durch seine Mißerfolge auf
anderen Gebieten nicht abschrecken lassen und plant die Errichtung einer neuen
Auswandererlinie Emden-New Uork als eine Konkurrenz gegen die Hamburg-
Amerikalinie und den Norddeutschen Lloyd. Dadurch fällt nachträglich Licht auf
den kürzlichen Austritt der Hamburgischen Schiffahrtsinteressenten aus dem
Aufsichtsrat der Levantelinie. An dem Projekt ist noch vieles in Dunkel gehüllt.
Denn ein solches Unternehmen würde die Aufbringung erheblicher Kapitalien
notwendig machen und von vornherein, wenn im Gegensatz zu den hanseatischen
Gesellschaften errichtet, mit erheblichen Schwierigkeiten zu kämpfen haben, es sei
denn, daß es gelänge, ihm irgendwelche Sonderoorteile seitens der Regierung
zu sichern. Auf ein Hand-in-Hand-gehen mit der letzteren scheint in der Tat
der Plan angelegt zu sein, wenn sich zurzeit auch nicht erraten läßt, welche
Begünstigung man dabei in Rechnung stellt. Daß es aber anscheinend Ernst
ist, ergibt sich daraus, daß der norddeutsche Lloyd sich bereits auf den bevor¬
stehenden Konkurrenzkampf rüstet. Er hat, nachdem er jahrelang sich in seiner
Bautätigkeit die größte Reserve auferlegt hatte, ein neues großes Auswanderer¬
schiff der Schichauwerft in Auftrag gegeben. Man wird daher die weitere
Entwicklung dieser für die deutschen Schiffahrtsinteressen bedeutungsvollen
A spectator ngelegenheit mit Aufmerksamkeit verfolgen müssen.







Lerantwortliche Schriftleiter! für den politischen Teil der Herausgeber George Tleinow in Schöneberg, für
den ltterarischen Teil und die Redaktion Heinz Amelung in Wilmersdorf, — Manustriptsendungen und Brief«
werden erbeten unter der Adresse: «» den Herausgeber der Grcnzbotc» in Friedenau bei Berlin, Hcbwigstr. 1».
Fernsprecher der Schristl-itung: Amt Pfalzburg 5718. des Verlags: Amt Lützow «610.
»erlag- Verlag der Grenzboten B, in. b. H. in Berlin SV. 11.
Druck: „Der R-ichSbote" B. in. b. H. in Berlin SV. II, Dessauer Straße SS/S7.
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[0164] Reichsspiegcl also in absehbarer Zeit einer neuen Belastungsprobe ausgesetzt sein, denn die Summe der amerikanischen Guthaben ist mit 400 Millionen Mark wohl kaum zu hoch beziffert. Das Manko zu decken, ist nicht leicht, und es begreift sich, daß die fernere Entwicklung sorgenvolle Betrachtungen hervorruft. Diese sind um so mehr gerechtfertigt, als die Ansprüche der Börse wieder im Wachsen begriffen sind. Die allgemeine Situation begünstigt trotz aller Geldsorgen eine spekulative Aufwärtsbewegung. Mit Vernunftgründen ist dem einmal entfachten Spekulationsfieber nicht beizukommen, und ob die Banken geneigt und imstande sein werden, durch Regressiv maßregeln abzuhelfen, ist sehr zweifelhaft. Ist doch das Verlangen der Reichsbank nach einer kräftigen Erhöhung der Einschüsse bei spekulativen Engagements gerade der Punkt gewesen, über den sich eine Einigung im Kreise der Banken nicht hat erzielen lassen. Die deutsche Schiffahrtsindustrie beschäftigen Aufsehen erregende Projekte. Anscheinend hat der Fürstentrust sich durch seine Mißerfolge auf anderen Gebieten nicht abschrecken lassen und plant die Errichtung einer neuen Auswandererlinie Emden-New Uork als eine Konkurrenz gegen die Hamburg- Amerikalinie und den Norddeutschen Lloyd. Dadurch fällt nachträglich Licht auf den kürzlichen Austritt der Hamburgischen Schiffahrtsinteressenten aus dem Aufsichtsrat der Levantelinie. An dem Projekt ist noch vieles in Dunkel gehüllt. Denn ein solches Unternehmen würde die Aufbringung erheblicher Kapitalien notwendig machen und von vornherein, wenn im Gegensatz zu den hanseatischen Gesellschaften errichtet, mit erheblichen Schwierigkeiten zu kämpfen haben, es sei denn, daß es gelänge, ihm irgendwelche Sonderoorteile seitens der Regierung zu sichern. Auf ein Hand-in-Hand-gehen mit der letzteren scheint in der Tat der Plan angelegt zu sein, wenn sich zurzeit auch nicht erraten läßt, welche Begünstigung man dabei in Rechnung stellt. Daß es aber anscheinend Ernst ist, ergibt sich daraus, daß der norddeutsche Lloyd sich bereits auf den bevor¬ stehenden Konkurrenzkampf rüstet. Er hat, nachdem er jahrelang sich in seiner Bautätigkeit die größte Reserve auferlegt hatte, ein neues großes Auswanderer¬ schiff der Schichauwerft in Auftrag gegeben. Man wird daher die weitere Entwicklung dieser für die deutschen Schiffahrtsinteressen bedeutungsvollen A spectator ngelegenheit mit Aufmerksamkeit verfolgen müssen. Lerantwortliche Schriftleiter! für den politischen Teil der Herausgeber George Tleinow in Schöneberg, für den ltterarischen Teil und die Redaktion Heinz Amelung in Wilmersdorf, — Manustriptsendungen und Brief« werden erbeten unter der Adresse: «» den Herausgeber der Grcnzbotc» in Friedenau bei Berlin, Hcbwigstr. 1». Fernsprecher der Schristl-itung: Amt Pfalzburg 5718. des Verlags: Amt Lützow «610. »erlag- Verlag der Grenzboten B, in. b. H. in Berlin SV. 11. Druck: „Der R-ichSbote" B. in. b. H. in Berlin SV. II, Dessauer Straße SS/S7.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_321082/164>, abgerufen am 26.05.2024.