Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Zweites Vierteljahr.Reichsspiegel vativer Seite ein, die gegen ihn den preußischen Herrn Finanzminister ausspielte, Es ist ein Trost, daß schon mehr als einmal unitarische Bestrebungen sich Mr. Roosevelts Wandlungen Schon vor einem Vierteljahrhundert hat die republikanische Partei der Reichsspiegel vativer Seite ein, die gegen ihn den preußischen Herrn Finanzminister ausspielte, Es ist ein Trost, daß schon mehr als einmal unitarische Bestrebungen sich Mr. Roosevelts Wandlungen Schon vor einem Vierteljahrhundert hat die republikanische Partei der <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0312" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/321395"/> <fw type="header" place="top"> Reichsspiegel</fw><lb/> <p xml:id="ID_1311" prev="#ID_1310"> vativer Seite ein, die gegen ihn den preußischen Herrn Finanzminister ausspielte,<lb/> der ebenso wie sein Herr Kollege im Eisenbahnministerium die Meinung hegt,<lb/> daß unsere Eisenbahnorganisation ausgezeichnet ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_1312"> Es ist ein Trost, daß schon mehr als einmal unitarische Bestrebungen sich<lb/> trotz des Widerstandes der Konservativen durchgesetzt haben. Auch die Ver¬<lb/> einheitlichung der Eisenbahnen wird sich durchsetzen, wenn auch aus keinem<lb/> anderen Grunde als dem der wirtschaftlichen Notwendigkeit, die heute namentlich<lb/> in Süddeutschland lebhaft empfunden wird. Daß nur ein dorniger Weg zu<lb/> dem gewünschten Ziele führt ist unbedingt zuzugeben, da staatsrechtliche und<lb/> finanzielle Hindernisse zu beseitigen sind. Das größte Hindernis liegt jedoch<lb/> einstweilen noch in dem entschiedenen Widerspruche Preußens, das um die Ein¬<lb/> nahmen aus seineu Eisenbahnen besorgt ist. Sobald man in Preußen anderen<lb/> Sinnes wird, ist der Weg frei. Preußens Stellung ist verständlich; aber nicht<lb/> zu billigen ist, daß der preußische Partikularismus nicht den Mut zu einer<lb/> öffentlichen und rein staatlichen Erörterung der Frage findet. Die Initiative<lb/> zur Einberufung einer Sachverständigenkonferenz, die völlig unabhängig und<lb/> objektiv die Möglichkeit einer Eisenbahngemeinschaft auf föderativer Grundlage<lb/> prüft, ist das wenigste, was von Preußen erwartet werden könnte. Das<lb/> Ergebnis der Konferenz und die sich aus ihm ergebenden Konsequenzen könnten<lb/><note type="byline"> Monzanbano</note> dann in Ruhe abgewartet werden. </p><lb/> </div> <div n="2"> <head> Mr. Roosevelts Wandlungen</head><lb/> <p xml:id="ID_1313"> Schon vor einem Vierteljahrhundert hat die republikanische Partei der<lb/> Vereinigten Staaten von Nordamerika erkannt, daß die Trusts die kleineren<lb/> freien Unternehmer zu verschlingen und in allen Industriezweigen Privatmonopole<lb/> zu errichten drohten. Sie hat damals das Shermansche Antitrustgesetz erlassen,<lb/> das noch heute maßgebend ist, das jedoch nichts anderes darstellt als eine<lb/> Kulisse zur Täuschung über den wahren Sachverhalt. Fünfundzwanzig Jahre<lb/> hindurch hat sich das Trustwesen ungehindert entfalten können; das Shermansche<lb/> Gesetz hat ihm bei seiner ungeheuren Entwicklung nicht im Wege stehen können.<lb/> Dabei hat die republikanische Partei aber niemals offen auf feiten der Trusts<lb/> gestanden; wenn sie das getan hätte, wären ihr große Wählerscharen untreu<lb/> geworden. Sie hat mit den Demokraten um die Wette gescholten, aber sie hat<lb/> sich mit peinlichster Sorgfalt gehütet, dasjenige Mittel gegen sie anzuwenden,<lb/> das allein Erfolg versprochen hätte: die Zulassung billiger europäischer Waren<lb/> zu niedrigen Zöllen, womit den Trusts die Aufrechterhaltung ihrer Monopol¬<lb/> preise unmöglich gemacht wäre. Statt dessen hat sie sich auf den Erlaß von<lb/> Strafgesetzen beschränkt, die nicht angewendet werden, wie das gegen die Ge-<lb/> mühruug und Annahme geheimer Frachtrabatte der Eisenbahnen, auf Grund<lb/> dessen der Petroleumtrust zu der ungeheuerlichen, im Wege des Kompetenz¬<lb/> konflikts jedoch ausgewischten Strafe von 29 Millionen Dollars verurteilt wurde.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0312]
Reichsspiegel
vativer Seite ein, die gegen ihn den preußischen Herrn Finanzminister ausspielte,
der ebenso wie sein Herr Kollege im Eisenbahnministerium die Meinung hegt,
daß unsere Eisenbahnorganisation ausgezeichnet ist.
Es ist ein Trost, daß schon mehr als einmal unitarische Bestrebungen sich
trotz des Widerstandes der Konservativen durchgesetzt haben. Auch die Ver¬
einheitlichung der Eisenbahnen wird sich durchsetzen, wenn auch aus keinem
anderen Grunde als dem der wirtschaftlichen Notwendigkeit, die heute namentlich
in Süddeutschland lebhaft empfunden wird. Daß nur ein dorniger Weg zu
dem gewünschten Ziele führt ist unbedingt zuzugeben, da staatsrechtliche und
finanzielle Hindernisse zu beseitigen sind. Das größte Hindernis liegt jedoch
einstweilen noch in dem entschiedenen Widerspruche Preußens, das um die Ein¬
nahmen aus seineu Eisenbahnen besorgt ist. Sobald man in Preußen anderen
Sinnes wird, ist der Weg frei. Preußens Stellung ist verständlich; aber nicht
zu billigen ist, daß der preußische Partikularismus nicht den Mut zu einer
öffentlichen und rein staatlichen Erörterung der Frage findet. Die Initiative
zur Einberufung einer Sachverständigenkonferenz, die völlig unabhängig und
objektiv die Möglichkeit einer Eisenbahngemeinschaft auf föderativer Grundlage
prüft, ist das wenigste, was von Preußen erwartet werden könnte. Das
Ergebnis der Konferenz und die sich aus ihm ergebenden Konsequenzen könnten
Monzanbano dann in Ruhe abgewartet werden.
Mr. Roosevelts Wandlungen
Schon vor einem Vierteljahrhundert hat die republikanische Partei der
Vereinigten Staaten von Nordamerika erkannt, daß die Trusts die kleineren
freien Unternehmer zu verschlingen und in allen Industriezweigen Privatmonopole
zu errichten drohten. Sie hat damals das Shermansche Antitrustgesetz erlassen,
das noch heute maßgebend ist, das jedoch nichts anderes darstellt als eine
Kulisse zur Täuschung über den wahren Sachverhalt. Fünfundzwanzig Jahre
hindurch hat sich das Trustwesen ungehindert entfalten können; das Shermansche
Gesetz hat ihm bei seiner ungeheuren Entwicklung nicht im Wege stehen können.
Dabei hat die republikanische Partei aber niemals offen auf feiten der Trusts
gestanden; wenn sie das getan hätte, wären ihr große Wählerscharen untreu
geworden. Sie hat mit den Demokraten um die Wette gescholten, aber sie hat
sich mit peinlichster Sorgfalt gehütet, dasjenige Mittel gegen sie anzuwenden,
das allein Erfolg versprochen hätte: die Zulassung billiger europäischer Waren
zu niedrigen Zöllen, womit den Trusts die Aufrechterhaltung ihrer Monopol¬
preise unmöglich gemacht wäre. Statt dessen hat sie sich auf den Erlaß von
Strafgesetzen beschränkt, die nicht angewendet werden, wie das gegen die Ge-
mühruug und Annahme geheimer Frachtrabatte der Eisenbahnen, auf Grund
dessen der Petroleumtrust zu der ungeheuerlichen, im Wege des Kompetenz¬
konflikts jedoch ausgewischten Strafe von 29 Millionen Dollars verurteilt wurde.
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