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Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Drittes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

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nur bei den Zeitübeln zu suchen ist. So
folgt man dieser aufrichtigen Bemühung, den
gedanklichen Kern der Hauptwerke moderner
Dramatik zu erfassen und dann die Beziehung
der leitenden Absicht zu maurerischen Prin¬
zipien festzulegen, mit wirklichem Anteil, und
verzichtet sogar gern auf die manchmal nahe¬
kommende Erörterung des Anspruchs in¬
tellektueller Priorität, den Welcker für seinen
Zirkel dabei als selbstverständlich erhebt. Von
Bedeutung ist der Vorschlag, einen Frei¬
maurerpreis für Dramatiker zu schaffen, und
zwar gleichsam als guten Anfang zu einer
künftig lebendigeren Fühlungnahme des Frei-
maurertums mit der Kunst überhaupt. Aller¬
dings geht dies zunächst Kunst und Künstler
nur wenig, sondern ganz vorwiegend die
Bruderschaft selber an. Ihr Mangel an ideeller
wie praktischer Initiative, durch anachronisti¬
sches Mysterienwesen umschirmt, hat ja eben
den Skeptizismus der Draußenstehenden fort¬
während bestärkt. Noch andere Bedenken her¬
vorzukehren würde erst geboten sein, wenn es
dieser Welckerschen Anregung in der Tat ge¬
lingen sollte, dem Logenverbcmde begreiflich
zu machen, daß jetzt allerdings ein Ehren-
Punkt ins Spiel gebracht worden ist. Auch
der Verfasser ahnt einige der späteren Jn-
konvenienzen voraus, und andere läßt er er¬
kennen, ohne es selbst zu wollen. Zum Bei¬
spiel Seite 58, wo Fuldas "Talisman"
einfach empfohlen wird; bei der Rettung
von tzcmptmanns "Vor Sonnenaufgang"
kann einem bange werden. Als vor einem
Jahre ein bekannter Berliner Großtheologe
zum Fall Jatho das Wort genommen
und kunstreich um die Differenzen herum¬
geredet hatte, bemerkte die Germania trocken,
das sei die Theorie: Wenn auch obgleich je
nachdem. Sie kam auch hi>>r wieder einmal
L. N. zur Anwendung.

Schulfragen -- Frauenfrage
Höheres Lchrcriimensciiliiiar oder Stn-

dienanstalt.

Wohin die Auswüchse des Frauen-
rechtlerinnentumS führen, zeigen die englischen
Suffragetten. Auch bei uns treten die gleichen
Bestrebungen überall hervor, Bestrebungen,
die der Ansicht entspringen, daß Mann und
Weib nicht nur gleichwertig seien, sondern
nach allen Seiten hin genau gleiches leisten

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könnten und müßten, daß dementsprechend
die Vorbildung der Knaben und Mädchen
genau dieselbe zu sein hätte. Wenn diese,
wie von den Frauenrechtlerinnen behauptet
Wird, berechtigte Forderung erfüllt würde, so
würde sich bald zeigen, daß auf keinem Gebiete
das Weib hinter dem Manne zurückstehe, daß
ihm jedes Berufsgebiet gleicherweise liege, daß
es jede Lebensstellung genau so gut ausfüllen
könne wie der Mann.

Es soll hier nicht darauf eingegangen
werden, daß dem Manne für sich solche Ge¬
danken nicht kommen, denn er kennt die
Grenzen, die ihm die Natur gezogen hat, er
erkennt die Überlegenheit der Frau auf so
manchem Gebiete des Lebens nicht nur vor¬
urteilsfrei, sondern willig und gern an; es
soll vielmehr darauf hingewiesen werden, daß
die Studienanstalt ein Kind jener gleich-
macherischen Forderung ist. Die Studien¬
anstalt ist genau den höheren Knabenschulen
nachgebildet: wir finden auch hier das Gym¬
nasium, das Realgymnasium und die Ober¬
realschule. Nun soll keineswegs geleugnet
werden, daß es Mädchen gibt, die sich ihrer
Anlage nach zur Ärztin usw. eignen, aber bei
Betrachtung der großen Masse der Vertrete¬
rinnen des weiblichen Geschlechts wird Wohl
zugegeben werden müssen, daß es sich hier
um Ausnahmen handelt. Der Beruf, der
dem Mädchen, das nicht heiratet, um nächsten
liegt, ist der Beruf der Lehrerin. Die An¬
stalten aber, die zu diesem Beruf um besten
vorbereiten, sind offenbar die Lehrerinnen-
seminare. Diese Anstalten haben sich ganz
selbstständig entwickelt, nicht etwa im Anschluß
an die Lehrerseminare. Sie tragen der weib¬
lichen Eigenart weitgehend Rechnung. Aber
gerade darum sind sie den Frauenrechtlerinnen
ein Dorn im Auge. Mit Wort und Schrift
werden sie von ihnen bekämpft und es ist
nur zu bedauern, daß sich auch mancher Mann
von der oft blendenden Dialektik jener Damen
beeinflussen läßt.

Ein unveräußerliches Vorrecht der weib¬
lichen Natur ist das Gefühl, hilflosen Wesen,
vor allem den Kindern den nötigen Beistand
zu leisten. Dieses Gefühl wird aber weder
durch die gymnasialen, noch durch die real-
gymnnsialen, noch durch die Oberrealschul¬
kurse der Studienanstalt (vgl. die preußischen

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

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nur bei den Zeitübeln zu suchen ist. So
folgt man dieser aufrichtigen Bemühung, den
gedanklichen Kern der Hauptwerke moderner
Dramatik zu erfassen und dann die Beziehung
der leitenden Absicht zu maurerischen Prin¬
zipien festzulegen, mit wirklichem Anteil, und
verzichtet sogar gern auf die manchmal nahe¬
kommende Erörterung des Anspruchs in¬
tellektueller Priorität, den Welcker für seinen
Zirkel dabei als selbstverständlich erhebt. Von
Bedeutung ist der Vorschlag, einen Frei¬
maurerpreis für Dramatiker zu schaffen, und
zwar gleichsam als guten Anfang zu einer
künftig lebendigeren Fühlungnahme des Frei-
maurertums mit der Kunst überhaupt. Aller¬
dings geht dies zunächst Kunst und Künstler
nur wenig, sondern ganz vorwiegend die
Bruderschaft selber an. Ihr Mangel an ideeller
wie praktischer Initiative, durch anachronisti¬
sches Mysterienwesen umschirmt, hat ja eben
den Skeptizismus der Draußenstehenden fort¬
während bestärkt. Noch andere Bedenken her¬
vorzukehren würde erst geboten sein, wenn es
dieser Welckerschen Anregung in der Tat ge¬
lingen sollte, dem Logenverbcmde begreiflich
zu machen, daß jetzt allerdings ein Ehren-
Punkt ins Spiel gebracht worden ist. Auch
der Verfasser ahnt einige der späteren Jn-
konvenienzen voraus, und andere läßt er er¬
kennen, ohne es selbst zu wollen. Zum Bei¬
spiel Seite 58, wo Fuldas „Talisman"
einfach empfohlen wird; bei der Rettung
von tzcmptmanns „Vor Sonnenaufgang"
kann einem bange werden. Als vor einem
Jahre ein bekannter Berliner Großtheologe
zum Fall Jatho das Wort genommen
und kunstreich um die Differenzen herum¬
geredet hatte, bemerkte die Germania trocken,
das sei die Theorie: Wenn auch obgleich je
nachdem. Sie kam auch hi>>r wieder einmal
L. N. zur Anwendung.

Schulfragen — Frauenfrage
Höheres Lchrcriimensciiliiiar oder Stn-

dienanstalt.

Wohin die Auswüchse des Frauen-
rechtlerinnentumS führen, zeigen die englischen
Suffragetten. Auch bei uns treten die gleichen
Bestrebungen überall hervor, Bestrebungen,
die der Ansicht entspringen, daß Mann und
Weib nicht nur gleichwertig seien, sondern
nach allen Seiten hin genau gleiches leisten

[Spaltenumbruch]

könnten und müßten, daß dementsprechend
die Vorbildung der Knaben und Mädchen
genau dieselbe zu sein hätte. Wenn diese,
wie von den Frauenrechtlerinnen behauptet
Wird, berechtigte Forderung erfüllt würde, so
würde sich bald zeigen, daß auf keinem Gebiete
das Weib hinter dem Manne zurückstehe, daß
ihm jedes Berufsgebiet gleicherweise liege, daß
es jede Lebensstellung genau so gut ausfüllen
könne wie der Mann.

Es soll hier nicht darauf eingegangen
werden, daß dem Manne für sich solche Ge¬
danken nicht kommen, denn er kennt die
Grenzen, die ihm die Natur gezogen hat, er
erkennt die Überlegenheit der Frau auf so
manchem Gebiete des Lebens nicht nur vor¬
urteilsfrei, sondern willig und gern an; es
soll vielmehr darauf hingewiesen werden, daß
die Studienanstalt ein Kind jener gleich-
macherischen Forderung ist. Die Studien¬
anstalt ist genau den höheren Knabenschulen
nachgebildet: wir finden auch hier das Gym¬
nasium, das Realgymnasium und die Ober¬
realschule. Nun soll keineswegs geleugnet
werden, daß es Mädchen gibt, die sich ihrer
Anlage nach zur Ärztin usw. eignen, aber bei
Betrachtung der großen Masse der Vertrete¬
rinnen des weiblichen Geschlechts wird Wohl
zugegeben werden müssen, daß es sich hier
um Ausnahmen handelt. Der Beruf, der
dem Mädchen, das nicht heiratet, um nächsten
liegt, ist der Beruf der Lehrerin. Die An¬
stalten aber, die zu diesem Beruf um besten
vorbereiten, sind offenbar die Lehrerinnen-
seminare. Diese Anstalten haben sich ganz
selbstständig entwickelt, nicht etwa im Anschluß
an die Lehrerseminare. Sie tragen der weib¬
lichen Eigenart weitgehend Rechnung. Aber
gerade darum sind sie den Frauenrechtlerinnen
ein Dorn im Auge. Mit Wort und Schrift
werden sie von ihnen bekämpft und es ist
nur zu bedauern, daß sich auch mancher Mann
von der oft blendenden Dialektik jener Damen
beeinflussen läßt.

Ein unveräußerliches Vorrecht der weib¬
lichen Natur ist das Gefühl, hilflosen Wesen,
vor allem den Kindern den nötigen Beistand
zu leisten. Dieses Gefühl wird aber weder
durch die gymnasialen, noch durch die real-
gymnnsialen, noch durch die Oberrealschul¬
kurse der Studienanstalt (vgl. die preußischen

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[0439] Maßgebliches und Unmaßgebliches nur bei den Zeitübeln zu suchen ist. So folgt man dieser aufrichtigen Bemühung, den gedanklichen Kern der Hauptwerke moderner Dramatik zu erfassen und dann die Beziehung der leitenden Absicht zu maurerischen Prin¬ zipien festzulegen, mit wirklichem Anteil, und verzichtet sogar gern auf die manchmal nahe¬ kommende Erörterung des Anspruchs in¬ tellektueller Priorität, den Welcker für seinen Zirkel dabei als selbstverständlich erhebt. Von Bedeutung ist der Vorschlag, einen Frei¬ maurerpreis für Dramatiker zu schaffen, und zwar gleichsam als guten Anfang zu einer künftig lebendigeren Fühlungnahme des Frei- maurertums mit der Kunst überhaupt. Aller¬ dings geht dies zunächst Kunst und Künstler nur wenig, sondern ganz vorwiegend die Bruderschaft selber an. Ihr Mangel an ideeller wie praktischer Initiative, durch anachronisti¬ sches Mysterienwesen umschirmt, hat ja eben den Skeptizismus der Draußenstehenden fort¬ während bestärkt. Noch andere Bedenken her¬ vorzukehren würde erst geboten sein, wenn es dieser Welckerschen Anregung in der Tat ge¬ lingen sollte, dem Logenverbcmde begreiflich zu machen, daß jetzt allerdings ein Ehren- Punkt ins Spiel gebracht worden ist. Auch der Verfasser ahnt einige der späteren Jn- konvenienzen voraus, und andere läßt er er¬ kennen, ohne es selbst zu wollen. Zum Bei¬ spiel Seite 58, wo Fuldas „Talisman" einfach empfohlen wird; bei der Rettung von tzcmptmanns „Vor Sonnenaufgang" kann einem bange werden. Als vor einem Jahre ein bekannter Berliner Großtheologe zum Fall Jatho das Wort genommen und kunstreich um die Differenzen herum¬ geredet hatte, bemerkte die Germania trocken, das sei die Theorie: Wenn auch obgleich je nachdem. Sie kam auch hi>>r wieder einmal L. N. zur Anwendung. Schulfragen — Frauenfrage Höheres Lchrcriimensciiliiiar oder Stn- dienanstalt. Wohin die Auswüchse des Frauen- rechtlerinnentumS führen, zeigen die englischen Suffragetten. Auch bei uns treten die gleichen Bestrebungen überall hervor, Bestrebungen, die der Ansicht entspringen, daß Mann und Weib nicht nur gleichwertig seien, sondern nach allen Seiten hin genau gleiches leisten könnten und müßten, daß dementsprechend die Vorbildung der Knaben und Mädchen genau dieselbe zu sein hätte. Wenn diese, wie von den Frauenrechtlerinnen behauptet Wird, berechtigte Forderung erfüllt würde, so würde sich bald zeigen, daß auf keinem Gebiete das Weib hinter dem Manne zurückstehe, daß ihm jedes Berufsgebiet gleicherweise liege, daß es jede Lebensstellung genau so gut ausfüllen könne wie der Mann. Es soll hier nicht darauf eingegangen werden, daß dem Manne für sich solche Ge¬ danken nicht kommen, denn er kennt die Grenzen, die ihm die Natur gezogen hat, er erkennt die Überlegenheit der Frau auf so manchem Gebiete des Lebens nicht nur vor¬ urteilsfrei, sondern willig und gern an; es soll vielmehr darauf hingewiesen werden, daß die Studienanstalt ein Kind jener gleich- macherischen Forderung ist. Die Studien¬ anstalt ist genau den höheren Knabenschulen nachgebildet: wir finden auch hier das Gym¬ nasium, das Realgymnasium und die Ober¬ realschule. Nun soll keineswegs geleugnet werden, daß es Mädchen gibt, die sich ihrer Anlage nach zur Ärztin usw. eignen, aber bei Betrachtung der großen Masse der Vertrete¬ rinnen des weiblichen Geschlechts wird Wohl zugegeben werden müssen, daß es sich hier um Ausnahmen handelt. Der Beruf, der dem Mädchen, das nicht heiratet, um nächsten liegt, ist der Beruf der Lehrerin. Die An¬ stalten aber, die zu diesem Beruf um besten vorbereiten, sind offenbar die Lehrerinnen- seminare. Diese Anstalten haben sich ganz selbstständig entwickelt, nicht etwa im Anschluß an die Lehrerseminare. Sie tragen der weib¬ lichen Eigenart weitgehend Rechnung. Aber gerade darum sind sie den Frauenrechtlerinnen ein Dorn im Auge. Mit Wort und Schrift werden sie von ihnen bekämpft und es ist nur zu bedauern, daß sich auch mancher Mann von der oft blendenden Dialektik jener Damen beeinflussen läßt. Ein unveräußerliches Vorrecht der weib¬ lichen Natur ist das Gefühl, hilflosen Wesen, vor allem den Kindern den nötigen Beistand zu leisten. Dieses Gefühl wird aber weder durch die gymnasialen, noch durch die real- gymnnsialen, noch durch die Oberrealschul¬ kurse der Studienanstalt (vgl. die preußischen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_321746/439>, abgerufen am 05.05.2024.