Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Drittes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite


Reichsspiegel
Ban?, Geld und Wirtschaft

Der Geldmarkt am Quartalsende -- Die Reichsbank -- Die Börse -- Der Abschluß
des Phönix -- Die Monopolstellung der A, E. G. -- Hägener Akkumulatoren -- Der Kampf
zwischen Großunternehmung und Kleingewerbe -- Großbank und Privatbanken -- Der Zentral¬
verband deutscher Banken

Der Geldmarkt steht augenblicklich völlig unter dem Einfluß, den das
Herannahen des schwersten Geldtermins ini Jahr ausübt. Beweis dessen ist der
Umstand, daß der Privatdiskont auf die volle Höhe der Bankrate gestiegen ist
und daß angesichts der großen Zurückhaltung der Geldgeber Kapitalien auf kurze
Zeit nur sehr schwierig zu beschaffen sind. Die Ultimogeldsätze für Ende
September werden mit etwa 7 Prozent in Aussicht genommen, also eineni Satz,
der eine bedenkliche Höhe zeigt und die Durchhaltung spekulativer Engagements
außerordentlich erschwert. Man hatte angesichts dieser Gestaltung der Geld-
verhälinisse bereits damit gerechnet, daß die Neichsbank schon am Ende der ersten
Septemberwoche ihren Zinsfuß erhöhen werde und war nur im Zweifel, ob die
Erhöhung ein halbes oder gleich ein volles Prozent betragen werde. Die Bank
hat aber von diesem Schritt einstweilen noch Abstand genommen. Der Wochen>
ausweis hatte sich verhältnismäßig günstig gestaltet; der Rückfluß der ersten
Septemberwoche belief sich auf rund 64 Millionen Mark, während im Vorjahr,
unter dem Einfluß der politischen Schwierigkeiten mit Frankreich, nur eine mini¬
male Erholung zu verzeichnen war. Da also das Institut wieder über eine
steuerfreie Notenreserve von 150 Millionen verfügte, entschloß es sich zu einer
Politik des Abwartens. Mittlerweile haben sich allerdings die Verhältnisse durch
das Anziehen des Privatdiskonts derart zugespitzt, daß das Institut nicht länger
zögern dürfte, die Verteuerung des Zinsfußes auch im offiziellen Banksatz zum
Ausdruck zu bringen. Nach der Gepflogenheit der Bank wird diese Erhöhung
wohl ein ganzes Prozent betragen, schon von dem Gesichtspunkt aus, den Zinsfuß
derart zu bemessen, daß eine nochmalige Erhöhung in den späteren Herbstmonaten
tunlichst vermieden werden kann. Zweifellos ist es Absicht der Bank, allzu
drückende Zinssätze dem Wirtschaftsleben zu ersparen; ob sich diese Absicht durch-




Reichsspiegel
Ban?, Geld und Wirtschaft

Der Geldmarkt am Quartalsende — Die Reichsbank — Die Börse — Der Abschluß
des Phönix — Die Monopolstellung der A, E. G. — Hägener Akkumulatoren — Der Kampf
zwischen Großunternehmung und Kleingewerbe — Großbank und Privatbanken — Der Zentral¬
verband deutscher Banken

Der Geldmarkt steht augenblicklich völlig unter dem Einfluß, den das
Herannahen des schwersten Geldtermins ini Jahr ausübt. Beweis dessen ist der
Umstand, daß der Privatdiskont auf die volle Höhe der Bankrate gestiegen ist
und daß angesichts der großen Zurückhaltung der Geldgeber Kapitalien auf kurze
Zeit nur sehr schwierig zu beschaffen sind. Die Ultimogeldsätze für Ende
September werden mit etwa 7 Prozent in Aussicht genommen, also eineni Satz,
der eine bedenkliche Höhe zeigt und die Durchhaltung spekulativer Engagements
außerordentlich erschwert. Man hatte angesichts dieser Gestaltung der Geld-
verhälinisse bereits damit gerechnet, daß die Neichsbank schon am Ende der ersten
Septemberwoche ihren Zinsfuß erhöhen werde und war nur im Zweifel, ob die
Erhöhung ein halbes oder gleich ein volles Prozent betragen werde. Die Bank
hat aber von diesem Schritt einstweilen noch Abstand genommen. Der Wochen>
ausweis hatte sich verhältnismäßig günstig gestaltet; der Rückfluß der ersten
Septemberwoche belief sich auf rund 64 Millionen Mark, während im Vorjahr,
unter dem Einfluß der politischen Schwierigkeiten mit Frankreich, nur eine mini¬
male Erholung zu verzeichnen war. Da also das Institut wieder über eine
steuerfreie Notenreserve von 150 Millionen verfügte, entschloß es sich zu einer
Politik des Abwartens. Mittlerweile haben sich allerdings die Verhältnisse durch
das Anziehen des Privatdiskonts derart zugespitzt, daß das Institut nicht länger
zögern dürfte, die Verteuerung des Zinsfußes auch im offiziellen Banksatz zum
Ausdruck zu bringen. Nach der Gepflogenheit der Bank wird diese Erhöhung
wohl ein ganzes Prozent betragen, schon von dem Gesichtspunkt aus, den Zinsfuß
derart zu bemessen, daß eine nochmalige Erhöhung in den späteren Herbstmonaten
tunlichst vermieden werden kann. Zweifellos ist es Absicht der Bank, allzu
drückende Zinssätze dem Wirtschaftsleben zu ersparen; ob sich diese Absicht durch-


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <div n="3">
              <pb facs="#f0588" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/322335"/>
              <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341895_321746/figures/grenzboten_341895_321746_322335_000.jpg"/><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Reichsspiegel<lb/></head><lb/>
          <div n="2">
            <head> Ban?, Geld und Wirtschaft</head><lb/>
            <note type="argument"> Der Geldmarkt am Quartalsende &#x2014; Die Reichsbank &#x2014; Die Börse &#x2014; Der Abschluß<lb/>
des Phönix &#x2014; Die Monopolstellung der A, E. G. &#x2014; Hägener Akkumulatoren &#x2014; Der Kampf<lb/>
zwischen Großunternehmung und Kleingewerbe &#x2014; Großbank und Privatbanken &#x2014; Der Zentral¬<lb/>
verband deutscher Banken</note><lb/>
            <p xml:id="ID_2653" next="#ID_2654"> Der Geldmarkt steht augenblicklich völlig unter dem Einfluß, den das<lb/>
Herannahen des schwersten Geldtermins ini Jahr ausübt. Beweis dessen ist der<lb/>
Umstand, daß der Privatdiskont auf die volle Höhe der Bankrate gestiegen ist<lb/>
und daß angesichts der großen Zurückhaltung der Geldgeber Kapitalien auf kurze<lb/>
Zeit nur sehr schwierig zu beschaffen sind. Die Ultimogeldsätze für Ende<lb/>
September werden mit etwa 7 Prozent in Aussicht genommen, also eineni Satz,<lb/>
der eine bedenkliche Höhe zeigt und die Durchhaltung spekulativer Engagements<lb/>
außerordentlich erschwert. Man hatte angesichts dieser Gestaltung der Geld-<lb/>
verhälinisse bereits damit gerechnet, daß die Neichsbank schon am Ende der ersten<lb/>
Septemberwoche ihren Zinsfuß erhöhen werde und war nur im Zweifel, ob die<lb/>
Erhöhung ein halbes oder gleich ein volles Prozent betragen werde. Die Bank<lb/>
hat aber von diesem Schritt einstweilen noch Abstand genommen. Der Wochen&gt;<lb/>
ausweis hatte sich verhältnismäßig günstig gestaltet; der Rückfluß der ersten<lb/>
Septemberwoche belief sich auf rund 64 Millionen Mark, während im Vorjahr,<lb/>
unter dem Einfluß der politischen Schwierigkeiten mit Frankreich, nur eine mini¬<lb/>
male Erholung zu verzeichnen war. Da also das Institut wieder über eine<lb/>
steuerfreie Notenreserve von 150 Millionen verfügte, entschloß es sich zu einer<lb/>
Politik des Abwartens. Mittlerweile haben sich allerdings die Verhältnisse durch<lb/>
das Anziehen des Privatdiskonts derart zugespitzt, daß das Institut nicht länger<lb/>
zögern dürfte, die Verteuerung des Zinsfußes auch im offiziellen Banksatz zum<lb/>
Ausdruck zu bringen. Nach der Gepflogenheit der Bank wird diese Erhöhung<lb/>
wohl ein ganzes Prozent betragen, schon von dem Gesichtspunkt aus, den Zinsfuß<lb/>
derart zu bemessen, daß eine nochmalige Erhöhung in den späteren Herbstmonaten<lb/>
tunlichst vermieden werden kann. Zweifellos ist es Absicht der Bank, allzu<lb/>
drückende Zinssätze dem Wirtschaftsleben zu ersparen; ob sich diese Absicht durch-</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0588] [Abbildung] Reichsspiegel Ban?, Geld und Wirtschaft Der Geldmarkt am Quartalsende — Die Reichsbank — Die Börse — Der Abschluß des Phönix — Die Monopolstellung der A, E. G. — Hägener Akkumulatoren — Der Kampf zwischen Großunternehmung und Kleingewerbe — Großbank und Privatbanken — Der Zentral¬ verband deutscher Banken Der Geldmarkt steht augenblicklich völlig unter dem Einfluß, den das Herannahen des schwersten Geldtermins ini Jahr ausübt. Beweis dessen ist der Umstand, daß der Privatdiskont auf die volle Höhe der Bankrate gestiegen ist und daß angesichts der großen Zurückhaltung der Geldgeber Kapitalien auf kurze Zeit nur sehr schwierig zu beschaffen sind. Die Ultimogeldsätze für Ende September werden mit etwa 7 Prozent in Aussicht genommen, also eineni Satz, der eine bedenkliche Höhe zeigt und die Durchhaltung spekulativer Engagements außerordentlich erschwert. Man hatte angesichts dieser Gestaltung der Geld- verhälinisse bereits damit gerechnet, daß die Neichsbank schon am Ende der ersten Septemberwoche ihren Zinsfuß erhöhen werde und war nur im Zweifel, ob die Erhöhung ein halbes oder gleich ein volles Prozent betragen werde. Die Bank hat aber von diesem Schritt einstweilen noch Abstand genommen. Der Wochen> ausweis hatte sich verhältnismäßig günstig gestaltet; der Rückfluß der ersten Septemberwoche belief sich auf rund 64 Millionen Mark, während im Vorjahr, unter dem Einfluß der politischen Schwierigkeiten mit Frankreich, nur eine mini¬ male Erholung zu verzeichnen war. Da also das Institut wieder über eine steuerfreie Notenreserve von 150 Millionen verfügte, entschloß es sich zu einer Politik des Abwartens. Mittlerweile haben sich allerdings die Verhältnisse durch das Anziehen des Privatdiskonts derart zugespitzt, daß das Institut nicht länger zögern dürfte, die Verteuerung des Zinsfußes auch im offiziellen Banksatz zum Ausdruck zu bringen. Nach der Gepflogenheit der Bank wird diese Erhöhung wohl ein ganzes Prozent betragen, schon von dem Gesichtspunkt aus, den Zinsfuß derart zu bemessen, daß eine nochmalige Erhöhung in den späteren Herbstmonaten tunlichst vermieden werden kann. Zweifellos ist es Absicht der Bank, allzu drückende Zinssätze dem Wirtschaftsleben zu ersparen; ob sich diese Absicht durch-

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_321746
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_321746/588
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_321746/588>, abgerufen am 05.05.2024.