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Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Drittes Vierteljahr.

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Die Blumen des Florentin Uley

sofort auf den Standpunkt, daß die Arbeit der Kommission sich hauptsächlich
auf innere administrative Reformen zu beschränken haben werde.

Innerhalb dieses Standpunktes kam er auf eine den General von Wilden¬
bruch und mich gleich überraschende Weise, und ich möchte sagen, fast wörtlich
auf diejenigen Ansichten hinaus, die in der mir allergnädigst erteilten Instruktion
für den Fall aufgestellt sind, daß sich erbliche Fürsten für jetzt nicht erreichen
ließen: die möglichste Beschränkung der Wahl des Fürsten auf Lebenszeit,
Vorschlag von drei Kandidaten, wenn der Fürst keinen Sohn habe, der sich
zur Nachfolge eigne; sei dies der Fall, so sei dieser zu berücksichtigen; auch
wegen der Bestellung des Nachfolgers schon zu Lebzeiten des Fürsten kamen
seine Ideen mit denen meiner Instruktion in dem Abschnitt "Über die Caimakamie"
sehr nahe zusammen.

Das größte Gewicht legte er auf die Verbesserung des Standes der Land¬
bauern durch angemessene Regulierung ihrer Verhältnisse zum Gutsherrn im Wege
eines Ablösungsverfahrens. Er bemerkte indes, daß Baron Koller erst die
näheren Instruktionen hierüber mitbringen werde, denn seine vorstehenden
Ideen, die er bereits bei den Verhandlungen im Februar d. Is. geäußert,
seien, wenn auch nicht verworfen, doch damals zu keiner bestimmten Entscheidung
gebracht worden wegen des allgemeinen Abbruches der hiesigen Konferenzen
zwischen Österreich, England, Frankreich und der Türkei, nachdem sie von den
allgemeinen Friedensverhandlungen absorbiert worden wären; er beklagte, daß
beim Pariser Frieden nicht wenigstens einige feste Grundsätze hierüber aus¬
gesprochen worden wären, wenn auch über die größeren politischen Fragen der
Vereinigung usw. keine allgemeine Einigung erzielt werden konnte."

(Fortsetzung folgt)




Die Vlumen des Florentin Uley
Margarete Windthorst Novelle vonII.

Das Haus des Kiep war modemen gebaut, in Art eines ländlichen Klein¬
bürgerhauses. Vorn waren die Stuben, rechts die Visiten- und Radstube, links
dem Florentin seine, mit seinem Bett und Schreibarbeitstisch, und die Küchen¬
stube. Zu den Kammern der Frauen führte eine Treppe hinan, und die vom
Wieschen lag unter dem Schrägdach. Im Anbau hinten war die Tenne, eine
Tür mit verhangener Fensterscheibe führte aus dem Wohnhause dahin. In den
Ställen grunzten Ferkel und stießen mit der Schnauze unter die Trogklappe,
ungeduldig der Fütterung wartend. Die Tür zum Kuhstall stand offen, man
hörte das behagliche Wiederkauen der einzigen Braunen, dazwischen ein freundlich


Die Blumen des Florentin Uley

sofort auf den Standpunkt, daß die Arbeit der Kommission sich hauptsächlich
auf innere administrative Reformen zu beschränken haben werde.

Innerhalb dieses Standpunktes kam er auf eine den General von Wilden¬
bruch und mich gleich überraschende Weise, und ich möchte sagen, fast wörtlich
auf diejenigen Ansichten hinaus, die in der mir allergnädigst erteilten Instruktion
für den Fall aufgestellt sind, daß sich erbliche Fürsten für jetzt nicht erreichen
ließen: die möglichste Beschränkung der Wahl des Fürsten auf Lebenszeit,
Vorschlag von drei Kandidaten, wenn der Fürst keinen Sohn habe, der sich
zur Nachfolge eigne; sei dies der Fall, so sei dieser zu berücksichtigen; auch
wegen der Bestellung des Nachfolgers schon zu Lebzeiten des Fürsten kamen
seine Ideen mit denen meiner Instruktion in dem Abschnitt „Über die Caimakamie"
sehr nahe zusammen.

Das größte Gewicht legte er auf die Verbesserung des Standes der Land¬
bauern durch angemessene Regulierung ihrer Verhältnisse zum Gutsherrn im Wege
eines Ablösungsverfahrens. Er bemerkte indes, daß Baron Koller erst die
näheren Instruktionen hierüber mitbringen werde, denn seine vorstehenden
Ideen, die er bereits bei den Verhandlungen im Februar d. Is. geäußert,
seien, wenn auch nicht verworfen, doch damals zu keiner bestimmten Entscheidung
gebracht worden wegen des allgemeinen Abbruches der hiesigen Konferenzen
zwischen Österreich, England, Frankreich und der Türkei, nachdem sie von den
allgemeinen Friedensverhandlungen absorbiert worden wären; er beklagte, daß
beim Pariser Frieden nicht wenigstens einige feste Grundsätze hierüber aus¬
gesprochen worden wären, wenn auch über die größeren politischen Fragen der
Vereinigung usw. keine allgemeine Einigung erzielt werden konnte."

(Fortsetzung folgt)




Die Vlumen des Florentin Uley
Margarete Windthorst Novelle vonII.

Das Haus des Kiep war modemen gebaut, in Art eines ländlichen Klein¬
bürgerhauses. Vorn waren die Stuben, rechts die Visiten- und Radstube, links
dem Florentin seine, mit seinem Bett und Schreibarbeitstisch, und die Küchen¬
stube. Zu den Kammern der Frauen führte eine Treppe hinan, und die vom
Wieschen lag unter dem Schrägdach. Im Anbau hinten war die Tenne, eine
Tür mit verhangener Fensterscheibe führte aus dem Wohnhause dahin. In den
Ställen grunzten Ferkel und stießen mit der Schnauze unter die Trogklappe,
ungeduldig der Fütterung wartend. Die Tür zum Kuhstall stand offen, man
hörte das behagliche Wiederkauen der einzigen Braunen, dazwischen ein freundlich


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[0092] Die Blumen des Florentin Uley sofort auf den Standpunkt, daß die Arbeit der Kommission sich hauptsächlich auf innere administrative Reformen zu beschränken haben werde. Innerhalb dieses Standpunktes kam er auf eine den General von Wilden¬ bruch und mich gleich überraschende Weise, und ich möchte sagen, fast wörtlich auf diejenigen Ansichten hinaus, die in der mir allergnädigst erteilten Instruktion für den Fall aufgestellt sind, daß sich erbliche Fürsten für jetzt nicht erreichen ließen: die möglichste Beschränkung der Wahl des Fürsten auf Lebenszeit, Vorschlag von drei Kandidaten, wenn der Fürst keinen Sohn habe, der sich zur Nachfolge eigne; sei dies der Fall, so sei dieser zu berücksichtigen; auch wegen der Bestellung des Nachfolgers schon zu Lebzeiten des Fürsten kamen seine Ideen mit denen meiner Instruktion in dem Abschnitt „Über die Caimakamie" sehr nahe zusammen. Das größte Gewicht legte er auf die Verbesserung des Standes der Land¬ bauern durch angemessene Regulierung ihrer Verhältnisse zum Gutsherrn im Wege eines Ablösungsverfahrens. Er bemerkte indes, daß Baron Koller erst die näheren Instruktionen hierüber mitbringen werde, denn seine vorstehenden Ideen, die er bereits bei den Verhandlungen im Februar d. Is. geäußert, seien, wenn auch nicht verworfen, doch damals zu keiner bestimmten Entscheidung gebracht worden wegen des allgemeinen Abbruches der hiesigen Konferenzen zwischen Österreich, England, Frankreich und der Türkei, nachdem sie von den allgemeinen Friedensverhandlungen absorbiert worden wären; er beklagte, daß beim Pariser Frieden nicht wenigstens einige feste Grundsätze hierüber aus¬ gesprochen worden wären, wenn auch über die größeren politischen Fragen der Vereinigung usw. keine allgemeine Einigung erzielt werden konnte." (Fortsetzung folgt) Die Vlumen des Florentin Uley Margarete Windthorst Novelle vonII. Das Haus des Kiep war modemen gebaut, in Art eines ländlichen Klein¬ bürgerhauses. Vorn waren die Stuben, rechts die Visiten- und Radstube, links dem Florentin seine, mit seinem Bett und Schreibarbeitstisch, und die Küchen¬ stube. Zu den Kammern der Frauen führte eine Treppe hinan, und die vom Wieschen lag unter dem Schrägdach. Im Anbau hinten war die Tenne, eine Tür mit verhangener Fensterscheibe führte aus dem Wohnhause dahin. In den Ställen grunzten Ferkel und stießen mit der Schnauze unter die Trogklappe, ungeduldig der Fütterung wartend. Die Tür zum Kuhstall stand offen, man hörte das behagliche Wiederkauen der einzigen Braunen, dazwischen ein freundlich

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_321746/92>, abgerufen am 05.05.2024.