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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr.

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Reform der inneren Verwaltung

nur natürlich, versinnbildlicht aber gleichzeitig treffend die ionische Kultur und
die Vielgestaltigkeit ihrer Wurzeln").

Der ionischen Kultur entstammt als herrliche Blüte das griechische Epos,
das, Erinnerungen der kretisch-mykenischen Heidenzeit bewahrend, vornehmlich
die Zustände seiner Entstehungszeit schildert.

Der Bogen des Odysseus. dessen Handhabung den Freiern so große
Schwierigkeiten bereitete, erhält überraschenderweise von China aus seine Er¬
klärung. Um die Haltbarkeit des Holzes und seine Elastizität zu steigern, ward
der Bogen schon in früher Zeit mit ausgekochten Tiersehnen umwickelt und an
der Innenseite mit Horn belegt. Dieser "zusammengesetzte" oder "verstärkte"
Bogen, dessen Spitzen nach außen gekehrt sind, bedarf zum Spannen einer
außerordentlichen Kraft und Übung. Homers Schilderung seiner Aufbewahrung
und Handhabung paßt genau auf diese noch jetzt in China verwendete voll¬
kommenste Bogenart. die aus dem westlichsten Asten bereits im zwölften Jahr¬
hundert v, Chr. in China eingeführt wurde.




Reform der inneren Verwaltung

s liegt nicht in unserer Absicht, mehrere oder wenige der vielen
Einzelfragen, welche bei der Reform der Verwaltung des Innern
in Betracht kommen, zu erörtern, wie dies schon vielfach geschehen
ist. Sollen solche Erörterungen überhaupt Wert haben, so müßten
sie auch zu sehr in die Technik der Verwaltung selbst eindringen,
was aber nicht geschehen könnte, ohne über den Nahmen dieser allgemein zu
haltenden Abhandlung hinauszugehen. Überdies hängt jede Einzelfrage mehr
oder weniger mit dem Reformwerk als Ganzem eng zusammen und kann nur
dann richtig beurteilt werden, wenn sie sozusagen als Folgerung der für das
Ganze maßgebenden Gesichtspunkte erscheint.

Solche Gesichtspunkte allgemeiner Natur sind es aber, welche die Reform
einer Verwaltung überhaupt erst rechtfertigen. Es ist daher erforderlich, daß
einerseits Mängel prinzipieller Art in den bisherigen Einrichtungen erkannt,
anderseits das Bedürfnis gefühlt worden ist, diese Mängel nach bestimmten
Prinzipien zu beseitigen, ehe die Voraussetzungen für eine Reform gegeben sind.



*) Für die Kunst siehe F. Poulsen: "Der Orient und die frühgriechische Kunst", Leipzig
und Berlin 1912.
Grenzboten IV 191? 20
Reform der inneren Verwaltung

nur natürlich, versinnbildlicht aber gleichzeitig treffend die ionische Kultur und
die Vielgestaltigkeit ihrer Wurzeln").

Der ionischen Kultur entstammt als herrliche Blüte das griechische Epos,
das, Erinnerungen der kretisch-mykenischen Heidenzeit bewahrend, vornehmlich
die Zustände seiner Entstehungszeit schildert.

Der Bogen des Odysseus. dessen Handhabung den Freiern so große
Schwierigkeiten bereitete, erhält überraschenderweise von China aus seine Er¬
klärung. Um die Haltbarkeit des Holzes und seine Elastizität zu steigern, ward
der Bogen schon in früher Zeit mit ausgekochten Tiersehnen umwickelt und an
der Innenseite mit Horn belegt. Dieser „zusammengesetzte" oder „verstärkte"
Bogen, dessen Spitzen nach außen gekehrt sind, bedarf zum Spannen einer
außerordentlichen Kraft und Übung. Homers Schilderung seiner Aufbewahrung
und Handhabung paßt genau auf diese noch jetzt in China verwendete voll¬
kommenste Bogenart. die aus dem westlichsten Asten bereits im zwölften Jahr¬
hundert v, Chr. in China eingeführt wurde.




Reform der inneren Verwaltung

s liegt nicht in unserer Absicht, mehrere oder wenige der vielen
Einzelfragen, welche bei der Reform der Verwaltung des Innern
in Betracht kommen, zu erörtern, wie dies schon vielfach geschehen
ist. Sollen solche Erörterungen überhaupt Wert haben, so müßten
sie auch zu sehr in die Technik der Verwaltung selbst eindringen,
was aber nicht geschehen könnte, ohne über den Nahmen dieser allgemein zu
haltenden Abhandlung hinauszugehen. Überdies hängt jede Einzelfrage mehr
oder weniger mit dem Reformwerk als Ganzem eng zusammen und kann nur
dann richtig beurteilt werden, wenn sie sozusagen als Folgerung der für das
Ganze maßgebenden Gesichtspunkte erscheint.

Solche Gesichtspunkte allgemeiner Natur sind es aber, welche die Reform
einer Verwaltung überhaupt erst rechtfertigen. Es ist daher erforderlich, daß
einerseits Mängel prinzipieller Art in den bisherigen Einrichtungen erkannt,
anderseits das Bedürfnis gefühlt worden ist, diese Mängel nach bestimmten
Prinzipien zu beseitigen, ehe die Voraussetzungen für eine Reform gegeben sind.



*) Für die Kunst siehe F. Poulsen: „Der Orient und die frühgriechische Kunst", Leipzig
und Berlin 1912.
Grenzboten IV 191? 20
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[0317] Reform der inneren Verwaltung nur natürlich, versinnbildlicht aber gleichzeitig treffend die ionische Kultur und die Vielgestaltigkeit ihrer Wurzeln"). Der ionischen Kultur entstammt als herrliche Blüte das griechische Epos, das, Erinnerungen der kretisch-mykenischen Heidenzeit bewahrend, vornehmlich die Zustände seiner Entstehungszeit schildert. Der Bogen des Odysseus. dessen Handhabung den Freiern so große Schwierigkeiten bereitete, erhält überraschenderweise von China aus seine Er¬ klärung. Um die Haltbarkeit des Holzes und seine Elastizität zu steigern, ward der Bogen schon in früher Zeit mit ausgekochten Tiersehnen umwickelt und an der Innenseite mit Horn belegt. Dieser „zusammengesetzte" oder „verstärkte" Bogen, dessen Spitzen nach außen gekehrt sind, bedarf zum Spannen einer außerordentlichen Kraft und Übung. Homers Schilderung seiner Aufbewahrung und Handhabung paßt genau auf diese noch jetzt in China verwendete voll¬ kommenste Bogenart. die aus dem westlichsten Asten bereits im zwölften Jahr¬ hundert v, Chr. in China eingeführt wurde. Reform der inneren Verwaltung s liegt nicht in unserer Absicht, mehrere oder wenige der vielen Einzelfragen, welche bei der Reform der Verwaltung des Innern in Betracht kommen, zu erörtern, wie dies schon vielfach geschehen ist. Sollen solche Erörterungen überhaupt Wert haben, so müßten sie auch zu sehr in die Technik der Verwaltung selbst eindringen, was aber nicht geschehen könnte, ohne über den Nahmen dieser allgemein zu haltenden Abhandlung hinauszugehen. Überdies hängt jede Einzelfrage mehr oder weniger mit dem Reformwerk als Ganzem eng zusammen und kann nur dann richtig beurteilt werden, wenn sie sozusagen als Folgerung der für das Ganze maßgebenden Gesichtspunkte erscheint. Solche Gesichtspunkte allgemeiner Natur sind es aber, welche die Reform einer Verwaltung überhaupt erst rechtfertigen. Es ist daher erforderlich, daß einerseits Mängel prinzipieller Art in den bisherigen Einrichtungen erkannt, anderseits das Bedürfnis gefühlt worden ist, diese Mängel nach bestimmten Prinzipien zu beseitigen, ehe die Voraussetzungen für eine Reform gegeben sind. *) Für die Kunst siehe F. Poulsen: „Der Orient und die frühgriechische Kunst", Leipzig und Berlin 1912. Grenzboten IV 191? 20

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_326811/317>, abgerufen am 28.04.2024.