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Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Erstes Vierteljahr.

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Ziele des Arieges
Darius von

Die nachfolgenden Darlegungen werden zur Einleitung einer
entsprechenden Erörterung, die täglich dringender wird, gebracht, ohne
daß wir uns mit den Richtlinien in allen Punkten einverstanden erklären
konnten. Besonders in den Fragen des Ostens weichen unsere eigenen
Ausfassungen von denen des geschätzten Autors erheblich ab.
Die Schriftleitung

em, der sich seit langem deutschen imperialistischen Gedanken hin¬
gegeben hatte, ist der Ausbruch des Krieges und sein bisheriger
Verlauf eine große Genugtuung gewesen. Denn nach dem Gang
der Ereignisse in den letzten Jahrzehnten und der Führung unserer
Politik hatte sich mit voller Deutlichkeit die Tatsache ergeben, daß
sich eine Durchsetzung der berechtigten deutschen Ansprüche auf friedlichem Wege
nicht erreichen lassen würde. Es mag dahingestellt bleiben, ob es einer anderen
Bündnispolitik oder einer erfolgreicheren äußeren Politik überhaupt möglich
gewesen wäre, dem Deutschen Reich die gebührende Anerkennung als Weltmacht
und die daraus sich ergebende Handlungsfreiheit zu verschaffen, ohne daß ein
Krieg auf so vielen Fronten nötig geworden wäre.

Allen diesen Erörterungen hat der Krieg ein Ziel gesetzt. Er zwingt einen
jeden von uns mit unerbittlicher Notwendigkeit, uns des Zieles bewußt zu werden
um dessen Erreichung er geführt wird: den Eintritt Deutschlands in die Reihe
der großen imperialistischen Nationen und die Geltendmachung der ihn, als
Weltmacht zustehenden Forderungen. Was wenige von uns bisher ersehnten,
was in vielen unbewußt schlummerte, was unsere Staatsmänner mit nur friedlichen
Mitteln hier und dort anstrebten, was unsere Feinde im stillen fürchteten,
das hämmern die Ereignisse dieser Tage jedem Deutschen unauslöschlich ins
Hirn: dieser Krieg wird darum geführt, daß Deutschland größer und mächtiger


Grenzboten I 19t 5 11


Ziele des Arieges
Darius von

Die nachfolgenden Darlegungen werden zur Einleitung einer
entsprechenden Erörterung, die täglich dringender wird, gebracht, ohne
daß wir uns mit den Richtlinien in allen Punkten einverstanden erklären
konnten. Besonders in den Fragen des Ostens weichen unsere eigenen
Ausfassungen von denen des geschätzten Autors erheblich ab.
Die Schriftleitung

em, der sich seit langem deutschen imperialistischen Gedanken hin¬
gegeben hatte, ist der Ausbruch des Krieges und sein bisheriger
Verlauf eine große Genugtuung gewesen. Denn nach dem Gang
der Ereignisse in den letzten Jahrzehnten und der Führung unserer
Politik hatte sich mit voller Deutlichkeit die Tatsache ergeben, daß
sich eine Durchsetzung der berechtigten deutschen Ansprüche auf friedlichem Wege
nicht erreichen lassen würde. Es mag dahingestellt bleiben, ob es einer anderen
Bündnispolitik oder einer erfolgreicheren äußeren Politik überhaupt möglich
gewesen wäre, dem Deutschen Reich die gebührende Anerkennung als Weltmacht
und die daraus sich ergebende Handlungsfreiheit zu verschaffen, ohne daß ein
Krieg auf so vielen Fronten nötig geworden wäre.

Allen diesen Erörterungen hat der Krieg ein Ziel gesetzt. Er zwingt einen
jeden von uns mit unerbittlicher Notwendigkeit, uns des Zieles bewußt zu werden
um dessen Erreichung er geführt wird: den Eintritt Deutschlands in die Reihe
der großen imperialistischen Nationen und die Geltendmachung der ihn, als
Weltmacht zustehenden Forderungen. Was wenige von uns bisher ersehnten,
was in vielen unbewußt schlummerte, was unsere Staatsmänner mit nur friedlichen
Mitteln hier und dort anstrebten, was unsere Feinde im stillen fürchteten,
das hämmern die Ereignisse dieser Tage jedem Deutschen unauslöschlich ins
Hirn: dieser Krieg wird darum geführt, daß Deutschland größer und mächtiger


Grenzboten I 19t 5 11
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[0173] [Abbildung] Ziele des Arieges Darius von Die nachfolgenden Darlegungen werden zur Einleitung einer entsprechenden Erörterung, die täglich dringender wird, gebracht, ohne daß wir uns mit den Richtlinien in allen Punkten einverstanden erklären konnten. Besonders in den Fragen des Ostens weichen unsere eigenen Ausfassungen von denen des geschätzten Autors erheblich ab. Die Schriftleitung em, der sich seit langem deutschen imperialistischen Gedanken hin¬ gegeben hatte, ist der Ausbruch des Krieges und sein bisheriger Verlauf eine große Genugtuung gewesen. Denn nach dem Gang der Ereignisse in den letzten Jahrzehnten und der Führung unserer Politik hatte sich mit voller Deutlichkeit die Tatsache ergeben, daß sich eine Durchsetzung der berechtigten deutschen Ansprüche auf friedlichem Wege nicht erreichen lassen würde. Es mag dahingestellt bleiben, ob es einer anderen Bündnispolitik oder einer erfolgreicheren äußeren Politik überhaupt möglich gewesen wäre, dem Deutschen Reich die gebührende Anerkennung als Weltmacht und die daraus sich ergebende Handlungsfreiheit zu verschaffen, ohne daß ein Krieg auf so vielen Fronten nötig geworden wäre. Allen diesen Erörterungen hat der Krieg ein Ziel gesetzt. Er zwingt einen jeden von uns mit unerbittlicher Notwendigkeit, uns des Zieles bewußt zu werden um dessen Erreichung er geführt wird: den Eintritt Deutschlands in die Reihe der großen imperialistischen Nationen und die Geltendmachung der ihn, als Weltmacht zustehenden Forderungen. Was wenige von uns bisher ersehnten, was in vielen unbewußt schlummerte, was unsere Staatsmänner mit nur friedlichen Mitteln hier und dort anstrebten, was unsere Feinde im stillen fürchteten, das hämmern die Ereignisse dieser Tage jedem Deutschen unauslöschlich ins Hirn: dieser Krieg wird darum geführt, daß Deutschland größer und mächtiger Grenzboten I 19t 5 11

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_323097/173>, abgerufen am 28.04.2024.