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Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Erstes Vierteljahr.

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Das alte und das neue Blockaderecht

Wer in dem vorstehenden Versuch, die neuen britischen Vlockaderechts-
grundsätze juristisch zu formulieren, eine Übertreibung erblicken sollte, der sei
auf einen klassischen Gegenzeugen verwiesen, nämlich den Marinemitarbeiter der
Times, der Britanniens Nordseesperre mit folgenden Bemerkungen rechtfertigt
(12. November 1914): "Da Minen innerhalb des militärischen Gebietes liegen
müssen, ist es nicht unsere Sache, ihre genaue Lage denjenigen bekanntzumachen, die
"s nicht lassen können, dort umherzufahren. Eine allgemeine Warnung ist erlassen
worden, und wenn etwaige Blockadebrecher auf die Minen auflaufen, dann ist es
eben ihre eigene Schuld. Mir ist ein Vorwurf gemacht worden, weil ich von
Blockadebrechern spreche und weil doch England nicht die Blockade über die
deutschen Küsten verhängt habe. Genau genommen, ist das richtig, aber hier
setzt wieder eine falsche Vorstellung ein. Die Blockade, wie man sie in früheren
Zeiten kannte, ist durch die Mine und den Torpedo abgetan. Wir erklären
nicht mehr die Blockade, die jedem Schiff verbietet, ein bestimmtes, durch die
Anwesenheit eines Blockadegeschwaders kenntlich gemachtes Gebiet zu passiren.
Wir machen bekannt, daß alle ein bestimmtes Seegebiet passierenden Schiffe
das auf eigene Gefahr tun; die Minen tun dann das ihrige. Das sind Aus-
nahmemaßnahmen, die den neuen Bestimmungen, unter denen dieser Krieg
geführt wird, angepaßt sind."


IV.
Bekanntmachung

1. Die Gewässer rings um Großbritannien und Irland, einschließlich
des gesamten englischen Kanals werden hiermit als Kriegsgebiet erklärt.
Vom 18. Februar 1915 an wird jedes in diesem Kriegsgebiet angetroffene
feindliche Kauffahrteischiff zerstört werden, ohne daß es immer möglich sein
wird, die dabei der Besatzung und den Passagieren drohende Gefahr ab¬
zuwenden.

2. Auch neutrale Schiffe laufen im Kriegsgebiet Gefahr, da es angesichts
des von der britischen Regierung am 31. Januar angeordneten Mißbrauchs
neutraler Flaggen und der Zufälligkeiten des Seekrieges nicht immer ver¬
mieden werden kann, daß die auf feindliche Schiffe berechneten Angriffe auch
neutrale Schiffe treffen.

3. Die Schiffahrt nördlich um die Shetlandsinseln. in dem östlichen
Gebiet der Nordsee und in einem Streifen von mindestens 30 Seemeilen
Breite entlang der niederländischen Küste ist nicht gefährdet.


Der Chef des Admiralstabes der Marine,
von Pohl.

Die vorstehende Bekanntmachung bildet eine Ergänzung der Admiralstabs¬
bekanntmachung vom 2. Februar, welche folgendermaßen lautet: "England ist
ini Begriff, zahlreiche Truppen und große Mengen an Kriegsbedarf nach


Das alte und das neue Blockaderecht

Wer in dem vorstehenden Versuch, die neuen britischen Vlockaderechts-
grundsätze juristisch zu formulieren, eine Übertreibung erblicken sollte, der sei
auf einen klassischen Gegenzeugen verwiesen, nämlich den Marinemitarbeiter der
Times, der Britanniens Nordseesperre mit folgenden Bemerkungen rechtfertigt
(12. November 1914): „Da Minen innerhalb des militärischen Gebietes liegen
müssen, ist es nicht unsere Sache, ihre genaue Lage denjenigen bekanntzumachen, die
«s nicht lassen können, dort umherzufahren. Eine allgemeine Warnung ist erlassen
worden, und wenn etwaige Blockadebrecher auf die Minen auflaufen, dann ist es
eben ihre eigene Schuld. Mir ist ein Vorwurf gemacht worden, weil ich von
Blockadebrechern spreche und weil doch England nicht die Blockade über die
deutschen Küsten verhängt habe. Genau genommen, ist das richtig, aber hier
setzt wieder eine falsche Vorstellung ein. Die Blockade, wie man sie in früheren
Zeiten kannte, ist durch die Mine und den Torpedo abgetan. Wir erklären
nicht mehr die Blockade, die jedem Schiff verbietet, ein bestimmtes, durch die
Anwesenheit eines Blockadegeschwaders kenntlich gemachtes Gebiet zu passiren.
Wir machen bekannt, daß alle ein bestimmtes Seegebiet passierenden Schiffe
das auf eigene Gefahr tun; die Minen tun dann das ihrige. Das sind Aus-
nahmemaßnahmen, die den neuen Bestimmungen, unter denen dieser Krieg
geführt wird, angepaßt sind."


IV.
Bekanntmachung

1. Die Gewässer rings um Großbritannien und Irland, einschließlich
des gesamten englischen Kanals werden hiermit als Kriegsgebiet erklärt.
Vom 18. Februar 1915 an wird jedes in diesem Kriegsgebiet angetroffene
feindliche Kauffahrteischiff zerstört werden, ohne daß es immer möglich sein
wird, die dabei der Besatzung und den Passagieren drohende Gefahr ab¬
zuwenden.

2. Auch neutrale Schiffe laufen im Kriegsgebiet Gefahr, da es angesichts
des von der britischen Regierung am 31. Januar angeordneten Mißbrauchs
neutraler Flaggen und der Zufälligkeiten des Seekrieges nicht immer ver¬
mieden werden kann, daß die auf feindliche Schiffe berechneten Angriffe auch
neutrale Schiffe treffen.

3. Die Schiffahrt nördlich um die Shetlandsinseln. in dem östlichen
Gebiet der Nordsee und in einem Streifen von mindestens 30 Seemeilen
Breite entlang der niederländischen Küste ist nicht gefährdet.


Der Chef des Admiralstabes der Marine,
von Pohl.

Die vorstehende Bekanntmachung bildet eine Ergänzung der Admiralstabs¬
bekanntmachung vom 2. Februar, welche folgendermaßen lautet: „England ist
ini Begriff, zahlreiche Truppen und große Mengen an Kriegsbedarf nach


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[0213] Das alte und das neue Blockaderecht Wer in dem vorstehenden Versuch, die neuen britischen Vlockaderechts- grundsätze juristisch zu formulieren, eine Übertreibung erblicken sollte, der sei auf einen klassischen Gegenzeugen verwiesen, nämlich den Marinemitarbeiter der Times, der Britanniens Nordseesperre mit folgenden Bemerkungen rechtfertigt (12. November 1914): „Da Minen innerhalb des militärischen Gebietes liegen müssen, ist es nicht unsere Sache, ihre genaue Lage denjenigen bekanntzumachen, die «s nicht lassen können, dort umherzufahren. Eine allgemeine Warnung ist erlassen worden, und wenn etwaige Blockadebrecher auf die Minen auflaufen, dann ist es eben ihre eigene Schuld. Mir ist ein Vorwurf gemacht worden, weil ich von Blockadebrechern spreche und weil doch England nicht die Blockade über die deutschen Küsten verhängt habe. Genau genommen, ist das richtig, aber hier setzt wieder eine falsche Vorstellung ein. Die Blockade, wie man sie in früheren Zeiten kannte, ist durch die Mine und den Torpedo abgetan. Wir erklären nicht mehr die Blockade, die jedem Schiff verbietet, ein bestimmtes, durch die Anwesenheit eines Blockadegeschwaders kenntlich gemachtes Gebiet zu passiren. Wir machen bekannt, daß alle ein bestimmtes Seegebiet passierenden Schiffe das auf eigene Gefahr tun; die Minen tun dann das ihrige. Das sind Aus- nahmemaßnahmen, die den neuen Bestimmungen, unter denen dieser Krieg geführt wird, angepaßt sind." IV. Bekanntmachung 1. Die Gewässer rings um Großbritannien und Irland, einschließlich des gesamten englischen Kanals werden hiermit als Kriegsgebiet erklärt. Vom 18. Februar 1915 an wird jedes in diesem Kriegsgebiet angetroffene feindliche Kauffahrteischiff zerstört werden, ohne daß es immer möglich sein wird, die dabei der Besatzung und den Passagieren drohende Gefahr ab¬ zuwenden. 2. Auch neutrale Schiffe laufen im Kriegsgebiet Gefahr, da es angesichts des von der britischen Regierung am 31. Januar angeordneten Mißbrauchs neutraler Flaggen und der Zufälligkeiten des Seekrieges nicht immer ver¬ mieden werden kann, daß die auf feindliche Schiffe berechneten Angriffe auch neutrale Schiffe treffen. 3. Die Schiffahrt nördlich um die Shetlandsinseln. in dem östlichen Gebiet der Nordsee und in einem Streifen von mindestens 30 Seemeilen Breite entlang der niederländischen Küste ist nicht gefährdet. Der Chef des Admiralstabes der Marine, von Pohl. Die vorstehende Bekanntmachung bildet eine Ergänzung der Admiralstabs¬ bekanntmachung vom 2. Februar, welche folgendermaßen lautet: „England ist ini Begriff, zahlreiche Truppen und große Mengen an Kriegsbedarf nach

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_323097/213>, abgerufen am 29.04.2024.