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Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Erstes Vierteljahr.

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"Kreuzer Königsberg ist blockiert.
Jungs. wir lassen uns nicht erwürgen:
Geschütze herunterI Ins Land marschiert
Vom Rufiji nach Dar-es-Salair
Und weiter, weiter!" Atemlos schürzen
Deutsche Blaujacken in flirrendem Brand
Schiffskanonen über den Strand.
Tanga! -- "Jungs, die Geschütze gericht't:
Inder und Briten kriegen uns nicht!"
stählerne Höllendrachen tauchen
Aus der See: ihre Blitze fauchen
Gegen die deutschen Söhne. Ein Heer
Briten und Inder speit das Meer
Auf den flutenbefreiten Sand.
"Jungs, wir schützen neudeutsches Land!"
Donnerndes Jawort sprüht und lobt;
"Stolz weht die Flagge schwarz-weiß, rot!
Ariegskarten
Albrecht Vühr von

^^ö^'och herrscht, wenn man jetzt im Publikum umhört, seltsame
Unklarheit über Raumgrößen und Entfernungsmaße, über landes¬
kundliche Tatsachen und Lageverhältnisse. Gewiß widmet sich
mancher dem sonst minder gewohnten Geschäft des Kartenlesens;
aber unter der Menge von rasch auf den Markt geworfenen
Kartenskizzen findet sich selten eine ausreichende Geländezeichnung, aus der sich
Sinn und Zweck, Aufgabe und Erfolg der Truppenbewegungen heraus erkennen
ließe. Eine klare Anschauung von der Landesnatur der Gebiete, in denen
unsere Heere sich mühen, ist unter den Daheimgebliebenen dringend erwünscht;
denn nur, wenn sie deutlich sehen und sicher urteilen, vermögen sie ruhige
Haltung zu bewahren und dadurch ein Rückgrat auch für die Spannkraft
unserer Truppen draußen darzustellen, sittlich, wirtschaftlich und politisch.
Länderkundliches Wisse" gilt es entgegenzuhalten dem wunderlichen Nebel¬
gewölk der Meinungen (über Ratsamkeit oder Nichtratsamkeit von Einver¬
leibungen). Politisch-geographisches Urteilsvermögen wird Träger der Welt¬
geltung sein müssen, die uns dieser Kampf sichern soll."

Diese Sätze des ausgezeichneten Methodikers der Erdkunde, des Professors
Felix Lampe, in seinen höchst anregenden "Geographischen Betrachtungen über
die Kriegsschauplatze" (Geogr. Anzeiger 1915. Heft 1. S. 8) veranlaßten mich,
einmal die erschienenen Kriegskarten auf ihre Brauchbarkeit in jenem höheren
Sinne zu prüfen und der Allgemeinheit einige Winke zu geben.

Ich fand bestätigt, daß der größere Teil der erschienenen Kriegskarten
wirklich jegliche Geländezeichnung vermissen läßt; sie beschränken sich darauf,
dem Zeitungleser gewissermaßen nur einen mehr oder weniger ausführlichen
und zuverlässigen Lageplan mit Flüssen. Ortschaften. Straßen. Eisenbahnen zu
geben, der allenfalls ermöglicht, die Kurven der Stellungen, die Richtung des
Vormarsches, die Marschlänge. Entfernungen verschiedener Art. auch wohl
gewisse Hemmungen des Bewässerungssystems festzustellen; er wird aber nimmer
oder nur in seltenen Fällen gestatten, das strategische und taktische Wie und
Warum zu begreifen. Schlüsse auf die Weiterentwicklung zu ziehen. Einsicht in
Maßnahmen der eigenen oder der feindlichen Heeresleitung zu gewinnen. Und
das wird und muß doch der Wunsch eines jeden denkenden Zeitunglesers sein!
Wer noch nicht so anspruchsvoll ist, wer überhaupt in der rechten Weise Kriegs-




„Kreuzer Königsberg ist blockiert.
Jungs. wir lassen uns nicht erwürgen:
Geschütze herunterI Ins Land marschiert
Vom Rufiji nach Dar-es-Salair
Und weiter, weiter!" Atemlos schürzen
Deutsche Blaujacken in flirrendem Brand
Schiffskanonen über den Strand.
Tanga! — „Jungs, die Geschütze gericht't:
Inder und Briten kriegen uns nicht!"
stählerne Höllendrachen tauchen
Aus der See: ihre Blitze fauchen
Gegen die deutschen Söhne. Ein Heer
Briten und Inder speit das Meer
Auf den flutenbefreiten Sand.
„Jungs, wir schützen neudeutsches Land!"
Donnerndes Jawort sprüht und lobt;
„Stolz weht die Flagge schwarz-weiß, rot!
Ariegskarten
Albrecht Vühr von

^^ö^'och herrscht, wenn man jetzt im Publikum umhört, seltsame
Unklarheit über Raumgrößen und Entfernungsmaße, über landes¬
kundliche Tatsachen und Lageverhältnisse. Gewiß widmet sich
mancher dem sonst minder gewohnten Geschäft des Kartenlesens;
aber unter der Menge von rasch auf den Markt geworfenen
Kartenskizzen findet sich selten eine ausreichende Geländezeichnung, aus der sich
Sinn und Zweck, Aufgabe und Erfolg der Truppenbewegungen heraus erkennen
ließe. Eine klare Anschauung von der Landesnatur der Gebiete, in denen
unsere Heere sich mühen, ist unter den Daheimgebliebenen dringend erwünscht;
denn nur, wenn sie deutlich sehen und sicher urteilen, vermögen sie ruhige
Haltung zu bewahren und dadurch ein Rückgrat auch für die Spannkraft
unserer Truppen draußen darzustellen, sittlich, wirtschaftlich und politisch.
Länderkundliches Wisse» gilt es entgegenzuhalten dem wunderlichen Nebel¬
gewölk der Meinungen (über Ratsamkeit oder Nichtratsamkeit von Einver¬
leibungen). Politisch-geographisches Urteilsvermögen wird Träger der Welt¬
geltung sein müssen, die uns dieser Kampf sichern soll."

Diese Sätze des ausgezeichneten Methodikers der Erdkunde, des Professors
Felix Lampe, in seinen höchst anregenden „Geographischen Betrachtungen über
die Kriegsschauplatze" (Geogr. Anzeiger 1915. Heft 1. S. 8) veranlaßten mich,
einmal die erschienenen Kriegskarten auf ihre Brauchbarkeit in jenem höheren
Sinne zu prüfen und der Allgemeinheit einige Winke zu geben.

Ich fand bestätigt, daß der größere Teil der erschienenen Kriegskarten
wirklich jegliche Geländezeichnung vermissen läßt; sie beschränken sich darauf,
dem Zeitungleser gewissermaßen nur einen mehr oder weniger ausführlichen
und zuverlässigen Lageplan mit Flüssen. Ortschaften. Straßen. Eisenbahnen zu
geben, der allenfalls ermöglicht, die Kurven der Stellungen, die Richtung des
Vormarsches, die Marschlänge. Entfernungen verschiedener Art. auch wohl
gewisse Hemmungen des Bewässerungssystems festzustellen; er wird aber nimmer
oder nur in seltenen Fällen gestatten, das strategische und taktische Wie und
Warum zu begreifen. Schlüsse auf die Weiterentwicklung zu ziehen. Einsicht in
Maßnahmen der eigenen oder der feindlichen Heeresleitung zu gewinnen. Und
das wird und muß doch der Wunsch eines jeden denkenden Zeitunglesers sein!
Wer noch nicht so anspruchsvoll ist, wer überhaupt in der rechten Weise Kriegs-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_323097/421>, abgerufen am 28.04.2024.