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Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Drittes Vierteljahr.

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War die zweite englische Ariegsanleihe ein Erfolg?

ngestchts der Tatsachen, daß die Zeichnungen auf die zweite
englische Kriegsanleihe annähernd 600 Millionen Pfund Sterling
betrugen, scheint es auf den ersten Blick merkwürdig, eine derartige
Frage zu stellen, denn zweifellos ist die aufgebrachte Summe
^ eine Rekordleistung, wie sie in der Finanzgeschichte bisher noch
nicht zu verzeichnen gewesen ist. Wir wollen also unsere Frage genauer
präzisieren: war der Ausfall der Anleihe ein Erfolg für die englische
Regierung, erreichte sie das Ziel, was sie sich gesteckt hatte, war endlich die
Emission der Anleihe ein Erfolg in dem Sinn, daß der englische Staatskreoir
nach Herausbringen der Anleihe größer dastand als Vorher, mit anderen Worten:
war es auch ein Erfolg im finanztechnischen Sinn?

Wir glauben, diese Frage verneinen zu müssen, und werden im nach¬
folgenden den Beweis dafür erbringen an Hand der Äußerungen englischer
Staatsmänner und Parlamentarier sowie der Auslassungen der führenden
englischen Zeitungen, aus denen sich klar ergibt, daß man es wohl mit einer
sogenannten Rekordleistung zu tun hat, nicht aber mit einem Erfolg des englischen
Finanzministeriums.

Die Höhe der Anleihe

Das eigentliche Ziel Me Kennas ist weniger ersichtlich aus den offiziellen
Ankündigungen der Anleihe, den großen Annoncen in den englischen Zeitungen
und den in Tausenden von Exemplaren verbreiteten Reklamebroschüren, sondern
vor allem aus den Auslassungen im Parlament, insbesondere am 21. Juni.
Daraus geht insbesondere hervor, daß es sich bei dieser Anleihe durchaus nicht
um einen unlimitierten Betrag handelte, wie dies allerdings in den offiziellen
Auslassungen immer wieder betont wurde; vielmehr war die Anleihe, wenn
auch nicht offiziell, so doch "pi-aetically". wie der Engländer zu sagen pflegt,
normiert auf 1000 Millionen Pfund Sterling. Den Grund, warum diese
Ziffer offiziell nicht genannt wurde, gab Me Kenn" aus eine Anfrage des Ab-


Grenzboten III 191ö 11


War die zweite englische Ariegsanleihe ein Erfolg?

ngestchts der Tatsachen, daß die Zeichnungen auf die zweite
englische Kriegsanleihe annähernd 600 Millionen Pfund Sterling
betrugen, scheint es auf den ersten Blick merkwürdig, eine derartige
Frage zu stellen, denn zweifellos ist die aufgebrachte Summe
^ eine Rekordleistung, wie sie in der Finanzgeschichte bisher noch
nicht zu verzeichnen gewesen ist. Wir wollen also unsere Frage genauer
präzisieren: war der Ausfall der Anleihe ein Erfolg für die englische
Regierung, erreichte sie das Ziel, was sie sich gesteckt hatte, war endlich die
Emission der Anleihe ein Erfolg in dem Sinn, daß der englische Staatskreoir
nach Herausbringen der Anleihe größer dastand als Vorher, mit anderen Worten:
war es auch ein Erfolg im finanztechnischen Sinn?

Wir glauben, diese Frage verneinen zu müssen, und werden im nach¬
folgenden den Beweis dafür erbringen an Hand der Äußerungen englischer
Staatsmänner und Parlamentarier sowie der Auslassungen der führenden
englischen Zeitungen, aus denen sich klar ergibt, daß man es wohl mit einer
sogenannten Rekordleistung zu tun hat, nicht aber mit einem Erfolg des englischen
Finanzministeriums.

Die Höhe der Anleihe

Das eigentliche Ziel Me Kennas ist weniger ersichtlich aus den offiziellen
Ankündigungen der Anleihe, den großen Annoncen in den englischen Zeitungen
und den in Tausenden von Exemplaren verbreiteten Reklamebroschüren, sondern
vor allem aus den Auslassungen im Parlament, insbesondere am 21. Juni.
Daraus geht insbesondere hervor, daß es sich bei dieser Anleihe durchaus nicht
um einen unlimitierten Betrag handelte, wie dies allerdings in den offiziellen
Auslassungen immer wieder betont wurde; vielmehr war die Anleihe, wenn
auch nicht offiziell, so doch „pi-aetically«. wie der Engländer zu sagen pflegt,
normiert auf 1000 Millionen Pfund Sterling. Den Grund, warum diese
Ziffer offiziell nicht genannt wurde, gab Me Kenn« aus eine Anfrage des Ab-


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[0173] [Abbildung] War die zweite englische Ariegsanleihe ein Erfolg? ngestchts der Tatsachen, daß die Zeichnungen auf die zweite englische Kriegsanleihe annähernd 600 Millionen Pfund Sterling betrugen, scheint es auf den ersten Blick merkwürdig, eine derartige Frage zu stellen, denn zweifellos ist die aufgebrachte Summe ^ eine Rekordleistung, wie sie in der Finanzgeschichte bisher noch nicht zu verzeichnen gewesen ist. Wir wollen also unsere Frage genauer präzisieren: war der Ausfall der Anleihe ein Erfolg für die englische Regierung, erreichte sie das Ziel, was sie sich gesteckt hatte, war endlich die Emission der Anleihe ein Erfolg in dem Sinn, daß der englische Staatskreoir nach Herausbringen der Anleihe größer dastand als Vorher, mit anderen Worten: war es auch ein Erfolg im finanztechnischen Sinn? Wir glauben, diese Frage verneinen zu müssen, und werden im nach¬ folgenden den Beweis dafür erbringen an Hand der Äußerungen englischer Staatsmänner und Parlamentarier sowie der Auslassungen der führenden englischen Zeitungen, aus denen sich klar ergibt, daß man es wohl mit einer sogenannten Rekordleistung zu tun hat, nicht aber mit einem Erfolg des englischen Finanzministeriums. Die Höhe der Anleihe Das eigentliche Ziel Me Kennas ist weniger ersichtlich aus den offiziellen Ankündigungen der Anleihe, den großen Annoncen in den englischen Zeitungen und den in Tausenden von Exemplaren verbreiteten Reklamebroschüren, sondern vor allem aus den Auslassungen im Parlament, insbesondere am 21. Juni. Daraus geht insbesondere hervor, daß es sich bei dieser Anleihe durchaus nicht um einen unlimitierten Betrag handelte, wie dies allerdings in den offiziellen Auslassungen immer wieder betont wurde; vielmehr war die Anleihe, wenn auch nicht offiziell, so doch „pi-aetically«. wie der Engländer zu sagen pflegt, normiert auf 1000 Millionen Pfund Sterling. Den Grund, warum diese Ziffer offiziell nicht genannt wurde, gab Me Kenn« aus eine Anfrage des Ab- Grenzboten III 191ö 11

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_323972/173>, abgerufen am 26.05.2024.