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Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Drittes Vierteljahr.

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koar die zweite englische Rriegsanleihe ein Erfolg?

Besprechung des Anleihe-"Erfolges", jene Zeichnungen seien wohl anders (in
ratker a älkkerent zu beurteilen als die übrigen Zeichnungen; aber
näher darauf einzugehen verbot ihm wohl sein patriotisches Gefühl.

Geht man nun nicht einmal so weit wie die Nation, um anzunehmen,
daß sämtliche Zeichnungen der Bankkundschaft auf Bankkredit aufgebaut sind,
sondern nur, sagen wir einmal die Hälfte (eine durchaus zurückhaltende Schätzung),
so erscheinen 300 Millionen Pfund Sterling des gezeichneten Gesamtbetrages
der Anleihe lediglich als eine Kreditoperation, eine finanzielle Schiebung größten
Stils, die den tatsächlich gezeichneten Gesamtbetrag der Anleihe von etwa
300 Millionen Pfund Sterling auf 600 Millionen Pfund Sterling erhöht.
Mit Recht weist die Nation in der oben angezogenen Nummer auf die
Gefährlichkeit einer derartigen Finanz hin und meint, wenn eine Inflation
wirklich notwendig gewesen wäre, so habe es doch die Regierung billiger haben
können, wenn sie die Notenpresse in Bewegung gesetzt hätte. Die Folgen wären
die gleichen geblieben, aber man habe dann den Banken für diese Operation
nicht viereinhalb Prozent pro Jahr mit der Verpflichtung der Rückzahlung zu
bezahlen brauchen für eine Leistung, die man durch Inanspruchnahme der
Notenpresse umsonst hätte haben können.


Reklame

So sieht also bei näherer Prüfung der Erfolg der englischen Kriegsanleihe
aus, trotz den unzähligen Mitteln und Mittelchen, die die Regierung anwandte,
um weiteste Kreise des Publikums zur Zeichnung zu veranlassen. Tausende
und aber Tausende wurden für Riesenannoncen ausgegeben, deren Text immer
dringender wurde, je mehr der Schluß der Listen herannahte. In den ersten
Tagen hatte man wohl noch geglaubt, ohne derartige Methoden auskommen
zu können. Am 26. Juni fängt man aber an, zu diesen gröberen Mitteln zu
greifen, und weist in immer aufdringlicherer Form darauf hin, daß eine
Beteiligung an der Anleihe nicht nur eine patriotische Tat, sondern auch ein
ausgezeichnetes Geschäft sei. Man wendet sich in besonderen Annoncen an die
einzelnen Berufsklassen, an die Frauen, an die Besitzer der früheren Staats¬
anleihen usw. Gleichzeitig zwingt man die Zeitungen, im redaktionellen Teil
Möglichst Stimmung für die Anleihe zu machen -- ja endlich geht man so
weit (vergleiche Times vom 5. Juli, Leitartikel), dem Publikum anzuraten.
Kredite aufzunehmen, um möglichst viel Anleihe zeichnen zu können. -- Diese
Gedankengünge kehren in fast allen Zeitungen wieder. Dann werden
400000 Briefe, von Asquith, Bonar Law und Henderson unterzeichnet, an die
Arbeitgeber gesandt, um ihre Angestellten zur Zeichnung anzuhalten. Vorher
schon hatten Asquith und Bonar Law in der Citn eindringlich in längeren
Reden auf die Notwendigkeit größtmöglicher Beteiligung an der Anleihe hin¬
gewiesen, und am 1. Juli hatte dann, wie bereits oben erwähnt, Me Kenna
"och einmal persönlich die Banken in vertraulicher Besprechung vorgenommen.


koar die zweite englische Rriegsanleihe ein Erfolg?

Besprechung des Anleihe-„Erfolges", jene Zeichnungen seien wohl anders (in
ratker a älkkerent zu beurteilen als die übrigen Zeichnungen; aber
näher darauf einzugehen verbot ihm wohl sein patriotisches Gefühl.

Geht man nun nicht einmal so weit wie die Nation, um anzunehmen,
daß sämtliche Zeichnungen der Bankkundschaft auf Bankkredit aufgebaut sind,
sondern nur, sagen wir einmal die Hälfte (eine durchaus zurückhaltende Schätzung),
so erscheinen 300 Millionen Pfund Sterling des gezeichneten Gesamtbetrages
der Anleihe lediglich als eine Kreditoperation, eine finanzielle Schiebung größten
Stils, die den tatsächlich gezeichneten Gesamtbetrag der Anleihe von etwa
300 Millionen Pfund Sterling auf 600 Millionen Pfund Sterling erhöht.
Mit Recht weist die Nation in der oben angezogenen Nummer auf die
Gefährlichkeit einer derartigen Finanz hin und meint, wenn eine Inflation
wirklich notwendig gewesen wäre, so habe es doch die Regierung billiger haben
können, wenn sie die Notenpresse in Bewegung gesetzt hätte. Die Folgen wären
die gleichen geblieben, aber man habe dann den Banken für diese Operation
nicht viereinhalb Prozent pro Jahr mit der Verpflichtung der Rückzahlung zu
bezahlen brauchen für eine Leistung, die man durch Inanspruchnahme der
Notenpresse umsonst hätte haben können.


Reklame

So sieht also bei näherer Prüfung der Erfolg der englischen Kriegsanleihe
aus, trotz den unzähligen Mitteln und Mittelchen, die die Regierung anwandte,
um weiteste Kreise des Publikums zur Zeichnung zu veranlassen. Tausende
und aber Tausende wurden für Riesenannoncen ausgegeben, deren Text immer
dringender wurde, je mehr der Schluß der Listen herannahte. In den ersten
Tagen hatte man wohl noch geglaubt, ohne derartige Methoden auskommen
zu können. Am 26. Juni fängt man aber an, zu diesen gröberen Mitteln zu
greifen, und weist in immer aufdringlicherer Form darauf hin, daß eine
Beteiligung an der Anleihe nicht nur eine patriotische Tat, sondern auch ein
ausgezeichnetes Geschäft sei. Man wendet sich in besonderen Annoncen an die
einzelnen Berufsklassen, an die Frauen, an die Besitzer der früheren Staats¬
anleihen usw. Gleichzeitig zwingt man die Zeitungen, im redaktionellen Teil
Möglichst Stimmung für die Anleihe zu machen — ja endlich geht man so
weit (vergleiche Times vom 5. Juli, Leitartikel), dem Publikum anzuraten.
Kredite aufzunehmen, um möglichst viel Anleihe zeichnen zu können. — Diese
Gedankengünge kehren in fast allen Zeitungen wieder. Dann werden
400000 Briefe, von Asquith, Bonar Law und Henderson unterzeichnet, an die
Arbeitgeber gesandt, um ihre Angestellten zur Zeichnung anzuhalten. Vorher
schon hatten Asquith und Bonar Law in der Citn eindringlich in längeren
Reden auf die Notwendigkeit größtmöglicher Beteiligung an der Anleihe hin¬
gewiesen, und am 1. Juli hatte dann, wie bereits oben erwähnt, Me Kenna
«och einmal persönlich die Banken in vertraulicher Besprechung vorgenommen.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_323972/177>, abgerufen am 19.05.2024.