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Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Drittes Vierteljahr.

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Englische lveltpolitik und Weltverkehrsfragen
vor dem Kriege
Dr. Wütschke von

entstehenden
durch, daßielbewußt steuert seit dem letzten Drittel des neunzehnten Jahr¬
hunderts der englische Imperialismus, dessen Parole 1868 mit
dem Schlagwort des "Greater Britain" ausgegeben wurde, seinem
Hauptziele zu: der Errichtung eines die Welt umspannenden
British Empire. Chamberlains Politik sah in diesem neu zu
Reich die glückverheißenden Geschicke der Welt sich erfüllen. Da-
man den allmählich erstandenen Großkolonien mit überwiegend
englischer Bevölkerung, Kanada, Südafrika und Australien, größere Selb¬
ständigkeit zubilligte, ihnen Rechte verlieh, die ihre Bewohner das Gefühl von
Bürgern zweiter Ordnung im Reiche vergessen ließ, und ihnen eine annähernd
gleiche politische Stellung im Empire einräumte wie denen des Mutterlandes,
Hvsfte man dem British Empire den festen Boden des Zusammengehörigkeits¬
gefühls, des gemeinsamen politischen Vertrauens zwischen Mutterland und
Kolonien geben zu können.

Man muß dieser englischen Politik das Lob zugestehen, daß sie mit Ziel-
Bewußtheit und Weitblick die Erreichung ihres Endzieles durchzusetzen wußte.
Deutlich kann man drei Entwicklungsabschnitte dieser imperialistischen Politik
unterscheiden.

Aus den Kämpfen um die Wende des achtzehnten zum neunzehnten Jahr-
hundert ging das Inselreich als die einzige wirkliche Großmacht hervor. Der
erste Gedanke eines engsten Zusammenschlusses der Kolonien mit dem Mutter¬
land aber tauchte bereits zu Napoleons Zeiten mit dem Plan der Durchstechung


Grenzboten III 1916 Le


Englische lveltpolitik und Weltverkehrsfragen
vor dem Kriege
Dr. Wütschke von

entstehenden
durch, daßielbewußt steuert seit dem letzten Drittel des neunzehnten Jahr¬
hunderts der englische Imperialismus, dessen Parole 1868 mit
dem Schlagwort des „Greater Britain" ausgegeben wurde, seinem
Hauptziele zu: der Errichtung eines die Welt umspannenden
British Empire. Chamberlains Politik sah in diesem neu zu
Reich die glückverheißenden Geschicke der Welt sich erfüllen. Da-
man den allmählich erstandenen Großkolonien mit überwiegend
englischer Bevölkerung, Kanada, Südafrika und Australien, größere Selb¬
ständigkeit zubilligte, ihnen Rechte verlieh, die ihre Bewohner das Gefühl von
Bürgern zweiter Ordnung im Reiche vergessen ließ, und ihnen eine annähernd
gleiche politische Stellung im Empire einräumte wie denen des Mutterlandes,
Hvsfte man dem British Empire den festen Boden des Zusammengehörigkeits¬
gefühls, des gemeinsamen politischen Vertrauens zwischen Mutterland und
Kolonien geben zu können.

Man muß dieser englischen Politik das Lob zugestehen, daß sie mit Ziel-
Bewußtheit und Weitblick die Erreichung ihres Endzieles durchzusetzen wußte.
Deutlich kann man drei Entwicklungsabschnitte dieser imperialistischen Politik
unterscheiden.

Aus den Kämpfen um die Wende des achtzehnten zum neunzehnten Jahr-
hundert ging das Inselreich als die einzige wirkliche Großmacht hervor. Der
erste Gedanke eines engsten Zusammenschlusses der Kolonien mit dem Mutter¬
land aber tauchte bereits zu Napoleons Zeiten mit dem Plan der Durchstechung


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[0333] [Abbildung] Englische lveltpolitik und Weltverkehrsfragen vor dem Kriege Dr. Wütschke von entstehenden durch, daßielbewußt steuert seit dem letzten Drittel des neunzehnten Jahr¬ hunderts der englische Imperialismus, dessen Parole 1868 mit dem Schlagwort des „Greater Britain" ausgegeben wurde, seinem Hauptziele zu: der Errichtung eines die Welt umspannenden British Empire. Chamberlains Politik sah in diesem neu zu Reich die glückverheißenden Geschicke der Welt sich erfüllen. Da- man den allmählich erstandenen Großkolonien mit überwiegend englischer Bevölkerung, Kanada, Südafrika und Australien, größere Selb¬ ständigkeit zubilligte, ihnen Rechte verlieh, die ihre Bewohner das Gefühl von Bürgern zweiter Ordnung im Reiche vergessen ließ, und ihnen eine annähernd gleiche politische Stellung im Empire einräumte wie denen des Mutterlandes, Hvsfte man dem British Empire den festen Boden des Zusammengehörigkeits¬ gefühls, des gemeinsamen politischen Vertrauens zwischen Mutterland und Kolonien geben zu können. Man muß dieser englischen Politik das Lob zugestehen, daß sie mit Ziel- Bewußtheit und Weitblick die Erreichung ihres Endzieles durchzusetzen wußte. Deutlich kann man drei Entwicklungsabschnitte dieser imperialistischen Politik unterscheiden. Aus den Kämpfen um die Wende des achtzehnten zum neunzehnten Jahr- hundert ging das Inselreich als die einzige wirkliche Großmacht hervor. Der erste Gedanke eines engsten Zusammenschlusses der Kolonien mit dem Mutter¬ land aber tauchte bereits zu Napoleons Zeiten mit dem Plan der Durchstechung Grenzboten III 1916 Le

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_323972/333>, abgerufen am 26.05.2024.