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Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Drittes Vierteljahr.

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Wie unsere vorfahren Besitz ergriffen

letta, Catania, Cerignola, Genua, Neapel, Pisa, Poreia, Rom, Sinu, Toskana,
Venedig, Vittoria und anderen Städten zu verzeichnen waren. In Neapel
erklärten im Februar 1915 die organisierten Arbeiter infolge der Brotteuerung
den Generalstreik.

Die Ursache des hohen Preisganges für Brot und Fleisch in Italien ist
wohl in erster Linie in der mangelnden Getreidezufuhr zu suchen. Die rück¬
ständige italienische Landwirtschaft bedingt die Einfuhr großer Mengen Getreides
(1913: für 465 Millionen Mark). Der Schiffsverkehr wurde durch den seit
Kriegsbeginn eingetretenen Kohlenmangel stark beeinflußt. So herrscht beispiels¬
weise in den Häfen von Genua und Venedig eine fast völlige Unterbrechung
des Hafenverkehrs. Hinzu kommt ferner noch der Eisenbahnwagen- und Wagen¬
deckenmangel. Bestimmenden Einfluß hat hier aber ohne alle Frage auch die
Privatspekulation ausgeübt. Die behördlichen Maßnahmen, wie beispielsweise
die gänzliche Aufhebung des Weizenzolles, die Einführung eines Kriegsbrotes usw.
haben hier keine Änderung der Verhältnisse bewirken können, wenigstens lassen
die noch immer in der Presse auftauchenden Berichte über Hungerkrawalle und
Hungerrevolten in Italien nicht auf gegenteiliges schließen.

(Schluß folgt,




Wie unsere Vorfahren Besitz ergriffen
Dr. Johannes Rleinpaul von

n einer der letzten Sitzungen des preußischen Abgeordnetenhauses
vor dem Beginne des Krieges stellte der Abgeordnete Krause den
Antrag, das Haus wolle beschließen: die königliche Staatsregierung
zu ersuchen, möglichst bald eine systematische Aufstellung sämtlicher
gegenwärtig in Preußen in Geltung befindlicher Rechtsnormen,
die sich auf das Eigentum und die übrigen Rechtsverhältnisse an Meeresbusen
und am Meeresstrande beziehen, vornehmen zu lassen, und diese Aufstellung
dem Abgeordnetenhause vorzulegen.

Die Erfüllung dieses Antrags hat ein sehr weitgehendes Interesse. Eine
Fülle der wichtigsten und eigenartigsten Gepflogenheiten unserer Vorfahren, von
denen sich nur noch weniges, und das meist nur in unscheinbarer und un¬
verstandener Form bis auf den heutigen Tag erhalten hat, käme dadurch ans
Licht, und sie ergäbe in ihrer Gesamtheit ein außerordentlich kennzeichnendes


Wie unsere vorfahren Besitz ergriffen

letta, Catania, Cerignola, Genua, Neapel, Pisa, Poreia, Rom, Sinu, Toskana,
Venedig, Vittoria und anderen Städten zu verzeichnen waren. In Neapel
erklärten im Februar 1915 die organisierten Arbeiter infolge der Brotteuerung
den Generalstreik.

Die Ursache des hohen Preisganges für Brot und Fleisch in Italien ist
wohl in erster Linie in der mangelnden Getreidezufuhr zu suchen. Die rück¬
ständige italienische Landwirtschaft bedingt die Einfuhr großer Mengen Getreides
(1913: für 465 Millionen Mark). Der Schiffsverkehr wurde durch den seit
Kriegsbeginn eingetretenen Kohlenmangel stark beeinflußt. So herrscht beispiels¬
weise in den Häfen von Genua und Venedig eine fast völlige Unterbrechung
des Hafenverkehrs. Hinzu kommt ferner noch der Eisenbahnwagen- und Wagen¬
deckenmangel. Bestimmenden Einfluß hat hier aber ohne alle Frage auch die
Privatspekulation ausgeübt. Die behördlichen Maßnahmen, wie beispielsweise
die gänzliche Aufhebung des Weizenzolles, die Einführung eines Kriegsbrotes usw.
haben hier keine Änderung der Verhältnisse bewirken können, wenigstens lassen
die noch immer in der Presse auftauchenden Berichte über Hungerkrawalle und
Hungerrevolten in Italien nicht auf gegenteiliges schließen.

(Schluß folgt,




Wie unsere Vorfahren Besitz ergriffen
Dr. Johannes Rleinpaul von

n einer der letzten Sitzungen des preußischen Abgeordnetenhauses
vor dem Beginne des Krieges stellte der Abgeordnete Krause den
Antrag, das Haus wolle beschließen: die königliche Staatsregierung
zu ersuchen, möglichst bald eine systematische Aufstellung sämtlicher
gegenwärtig in Preußen in Geltung befindlicher Rechtsnormen,
die sich auf das Eigentum und die übrigen Rechtsverhältnisse an Meeresbusen
und am Meeresstrande beziehen, vornehmen zu lassen, und diese Aufstellung
dem Abgeordnetenhause vorzulegen.

Die Erfüllung dieses Antrags hat ein sehr weitgehendes Interesse. Eine
Fülle der wichtigsten und eigenartigsten Gepflogenheiten unserer Vorfahren, von
denen sich nur noch weniges, und das meist nur in unscheinbarer und un¬
verstandener Form bis auf den heutigen Tag erhalten hat, käme dadurch ans
Licht, und sie ergäbe in ihrer Gesamtheit ein außerordentlich kennzeichnendes


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[0091] Wie unsere vorfahren Besitz ergriffen letta, Catania, Cerignola, Genua, Neapel, Pisa, Poreia, Rom, Sinu, Toskana, Venedig, Vittoria und anderen Städten zu verzeichnen waren. In Neapel erklärten im Februar 1915 die organisierten Arbeiter infolge der Brotteuerung den Generalstreik. Die Ursache des hohen Preisganges für Brot und Fleisch in Italien ist wohl in erster Linie in der mangelnden Getreidezufuhr zu suchen. Die rück¬ ständige italienische Landwirtschaft bedingt die Einfuhr großer Mengen Getreides (1913: für 465 Millionen Mark). Der Schiffsverkehr wurde durch den seit Kriegsbeginn eingetretenen Kohlenmangel stark beeinflußt. So herrscht beispiels¬ weise in den Häfen von Genua und Venedig eine fast völlige Unterbrechung des Hafenverkehrs. Hinzu kommt ferner noch der Eisenbahnwagen- und Wagen¬ deckenmangel. Bestimmenden Einfluß hat hier aber ohne alle Frage auch die Privatspekulation ausgeübt. Die behördlichen Maßnahmen, wie beispielsweise die gänzliche Aufhebung des Weizenzolles, die Einführung eines Kriegsbrotes usw. haben hier keine Änderung der Verhältnisse bewirken können, wenigstens lassen die noch immer in der Presse auftauchenden Berichte über Hungerkrawalle und Hungerrevolten in Italien nicht auf gegenteiliges schließen. (Schluß folgt, Wie unsere Vorfahren Besitz ergriffen Dr. Johannes Rleinpaul von n einer der letzten Sitzungen des preußischen Abgeordnetenhauses vor dem Beginne des Krieges stellte der Abgeordnete Krause den Antrag, das Haus wolle beschließen: die königliche Staatsregierung zu ersuchen, möglichst bald eine systematische Aufstellung sämtlicher gegenwärtig in Preußen in Geltung befindlicher Rechtsnormen, die sich auf das Eigentum und die übrigen Rechtsverhältnisse an Meeresbusen und am Meeresstrande beziehen, vornehmen zu lassen, und diese Aufstellung dem Abgeordnetenhause vorzulegen. Die Erfüllung dieses Antrags hat ein sehr weitgehendes Interesse. Eine Fülle der wichtigsten und eigenartigsten Gepflogenheiten unserer Vorfahren, von denen sich nur noch weniges, und das meist nur in unscheinbarer und un¬ verstandener Form bis auf den heutigen Tag erhalten hat, käme dadurch ans Licht, und sie ergäbe in ihrer Gesamtheit ein außerordentlich kennzeichnendes

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 74, 1915, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341901_323972/91>, abgerufen am 18.05.2024.