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Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Erstes Vierteljahr.

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Die Macht des amerikanischen Präsidenten

des Krieges geführt haben, auch bei unsern Gegnern sich in gleicher Weise be¬
merkbar machen werden. Dasjenige Volk, welches die darin liegende Gefahr
zuerst richtig erkennt und als erstes durch sachgemäße wirksame Gegenmaßnahmen
zu bekämpfen weiß, hat die besten Anwartschaften für die Zukunft. Möchte
auch auf diesem Gebiete unserem deutschen Volke die Siegespalme beschieden sein!




Die Macht des amerikanischen Präsidenten
von Felix Baumann

le Meinungsverschiedenheiten zwischen Deutschland und den Ver¬
einigten Staaten, die die letzten Reden des Präsidenten Wilson,
die als Auftakt zur kommenden amerikanischen Nationalwahl zu
betrachten waren, sowie sein Zerwürfnis mit dem Staatssekretär
Bryan und dem Kriegssekretär Garrison, legen die Frage nahe
wie weit geht eigentlich die Machtbefugnis des Präsidenten?

Der amerikanische Senat hat sich bereits während der zweiten Präsidentschaft
Roosevelts mit dieser Frage beschäftigt, als "der Mann mit dem großen Knüttel"
sich über die ihm in der Verfassung gesetzten Grenzen hinwegsetzte und nach Be¬
lieben handelte. Die Resolution, in der damals verlangt wurde, daß die Amts¬
handlungen des Präsidenten mit den durch die Verfassung vorgeschriebenen
Pflichten übereinstimmen müßten, befürwortete der Senator von Maryland
Rayner mit den Worten: "Zum ersten Male in der Geschichte unseres Landes
leitet der Präsident die Regierungsgeschäfte nach seinem Gutdünken. Seine
Anschauungen und Ideale mögen richtig sein, ja, ich bekenne ganz offen,
daß sie es teilweise sind, aber ich behaupte allen Ernstes, die Sicherheit und
Wohlfahrt der Republik stehen auf dem Spiel, wenn eine solche gefährliche
Politik auch in kritischen Augenblicken getrieben wird."

Klar und deutlich hat Rayner damals zu verstehen gegeben, daß das
jeweilige Oberhaupt der Vereinigten Staaten politische Seitensprünge zu unter¬
lassen und im Sinne der Verfassung, d. h. des amerikanischen Volkes zu
amtieren habe. Und merkwürdigerweise ist Wilson früher derselben Ansicht
gewesen, denn in seinem im Jahre 1885 erschienenen "Congressional Government",
schrieb er: "Das Amt des Präsidenten, obwohl zuweilen schwer, wird gewöhn¬
lich nicht über die Routine hinausgehen. Meistens ist es nur eine Durchschnitts-
Administration, eine einfache Befolgung der Verfügungen des Kongresses. Ab¬
gesehen von seineni Veto ist der Präsident nur als ein bleibender Beamter zu


Die Macht des amerikanischen Präsidenten

des Krieges geführt haben, auch bei unsern Gegnern sich in gleicher Weise be¬
merkbar machen werden. Dasjenige Volk, welches die darin liegende Gefahr
zuerst richtig erkennt und als erstes durch sachgemäße wirksame Gegenmaßnahmen
zu bekämpfen weiß, hat die besten Anwartschaften für die Zukunft. Möchte
auch auf diesem Gebiete unserem deutschen Volke die Siegespalme beschieden sein!




Die Macht des amerikanischen Präsidenten
von Felix Baumann

le Meinungsverschiedenheiten zwischen Deutschland und den Ver¬
einigten Staaten, die die letzten Reden des Präsidenten Wilson,
die als Auftakt zur kommenden amerikanischen Nationalwahl zu
betrachten waren, sowie sein Zerwürfnis mit dem Staatssekretär
Bryan und dem Kriegssekretär Garrison, legen die Frage nahe
wie weit geht eigentlich die Machtbefugnis des Präsidenten?

Der amerikanische Senat hat sich bereits während der zweiten Präsidentschaft
Roosevelts mit dieser Frage beschäftigt, als „der Mann mit dem großen Knüttel"
sich über die ihm in der Verfassung gesetzten Grenzen hinwegsetzte und nach Be¬
lieben handelte. Die Resolution, in der damals verlangt wurde, daß die Amts¬
handlungen des Präsidenten mit den durch die Verfassung vorgeschriebenen
Pflichten übereinstimmen müßten, befürwortete der Senator von Maryland
Rayner mit den Worten: „Zum ersten Male in der Geschichte unseres Landes
leitet der Präsident die Regierungsgeschäfte nach seinem Gutdünken. Seine
Anschauungen und Ideale mögen richtig sein, ja, ich bekenne ganz offen,
daß sie es teilweise sind, aber ich behaupte allen Ernstes, die Sicherheit und
Wohlfahrt der Republik stehen auf dem Spiel, wenn eine solche gefährliche
Politik auch in kritischen Augenblicken getrieben wird."

Klar und deutlich hat Rayner damals zu verstehen gegeben, daß das
jeweilige Oberhaupt der Vereinigten Staaten politische Seitensprünge zu unter¬
lassen und im Sinne der Verfassung, d. h. des amerikanischen Volkes zu
amtieren habe. Und merkwürdigerweise ist Wilson früher derselben Ansicht
gewesen, denn in seinem im Jahre 1885 erschienenen „Congressional Government",
schrieb er: „Das Amt des Präsidenten, obwohl zuweilen schwer, wird gewöhn¬
lich nicht über die Routine hinausgehen. Meistens ist es nur eine Durchschnitts-
Administration, eine einfache Befolgung der Verfügungen des Kongresses. Ab¬
gesehen von seineni Veto ist der Präsident nur als ein bleibender Beamter zu


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[0356] Die Macht des amerikanischen Präsidenten des Krieges geführt haben, auch bei unsern Gegnern sich in gleicher Weise be¬ merkbar machen werden. Dasjenige Volk, welches die darin liegende Gefahr zuerst richtig erkennt und als erstes durch sachgemäße wirksame Gegenmaßnahmen zu bekämpfen weiß, hat die besten Anwartschaften für die Zukunft. Möchte auch auf diesem Gebiete unserem deutschen Volke die Siegespalme beschieden sein! Die Macht des amerikanischen Präsidenten von Felix Baumann le Meinungsverschiedenheiten zwischen Deutschland und den Ver¬ einigten Staaten, die die letzten Reden des Präsidenten Wilson, die als Auftakt zur kommenden amerikanischen Nationalwahl zu betrachten waren, sowie sein Zerwürfnis mit dem Staatssekretär Bryan und dem Kriegssekretär Garrison, legen die Frage nahe wie weit geht eigentlich die Machtbefugnis des Präsidenten? Der amerikanische Senat hat sich bereits während der zweiten Präsidentschaft Roosevelts mit dieser Frage beschäftigt, als „der Mann mit dem großen Knüttel" sich über die ihm in der Verfassung gesetzten Grenzen hinwegsetzte und nach Be¬ lieben handelte. Die Resolution, in der damals verlangt wurde, daß die Amts¬ handlungen des Präsidenten mit den durch die Verfassung vorgeschriebenen Pflichten übereinstimmen müßten, befürwortete der Senator von Maryland Rayner mit den Worten: „Zum ersten Male in der Geschichte unseres Landes leitet der Präsident die Regierungsgeschäfte nach seinem Gutdünken. Seine Anschauungen und Ideale mögen richtig sein, ja, ich bekenne ganz offen, daß sie es teilweise sind, aber ich behaupte allen Ernstes, die Sicherheit und Wohlfahrt der Republik stehen auf dem Spiel, wenn eine solche gefährliche Politik auch in kritischen Augenblicken getrieben wird." Klar und deutlich hat Rayner damals zu verstehen gegeben, daß das jeweilige Oberhaupt der Vereinigten Staaten politische Seitensprünge zu unter¬ lassen und im Sinne der Verfassung, d. h. des amerikanischen Volkes zu amtieren habe. Und merkwürdigerweise ist Wilson früher derselben Ansicht gewesen, denn in seinem im Jahre 1885 erschienenen „Congressional Government", schrieb er: „Das Amt des Präsidenten, obwohl zuweilen schwer, wird gewöhn¬ lich nicht über die Routine hinausgehen. Meistens ist es nur eine Durchschnitts- Administration, eine einfache Befolgung der Verfügungen des Kongresses. Ab¬ gesehen von seineni Veto ist der Präsident nur als ein bleibender Beamter zu

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341903_329665/356>, abgerufen am 30.04.2024.