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Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Drittes Vierteljahr.

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(An deutscher Reichsvolkswirtschaftsrat
Amtsgerichtsrat Gustav Schneider von

n dem Aufsatz "Eduard von Hartmanns Vorschläge zur Wahl¬
reform" (Ur. 24 der "Grenzboten". 1916) hat der Verfasser
Dr. Plotke in dankenswerter Weise darauf hingewiesen, daß wir
Deutschen früher -- im letzten Drittel des neunzehnten Jahrhunderts
-- einen Mann besessen haben, der als getreuer Eckart seines Volkes
dreieinhalb Jahrzehnte lang seine mahnende, warnende, belehrende, ratende und
überall anregende Stimme erhob, wo es galt, seinem Volke erstrebenswerte Ziele
zu zeigen, es vor Fehlern und Mißgriffen zu schützen und ihm bis ins einzelne
ausgearbeitete Reformvorschläge zu unterbreiten. E. von Hartmann hat selbst
von den zwei sich in seinem Innern durchkreuzenden Willensrichtungen ge¬
sprochen: seinem Hang zu einsamem Sinnen und Denken und seinem Willen,
für sein Volk zu wirken und zu schaffen. Verdanken wir dem großen Denker
so einerseits seine tiefsinnigen Werke auf allen philosophischen Gebieten, deren
Gehalt erst die kommenden Jahrzehnte und Jahrhunderte ganz ausschöpfen
werden, so schulden wir ihm andererseits als Deutsche unseren Dank für seine
zahlreichen Schriften, in denen er eine Fülle politischer, sozialer und sozial¬
ethischer Fragen in klarster Weise behandelt und regelmäßig den Nagel auf den
Kopf getroffen hat.

Außer dem schon vor Dr. Plotke angeführten Werke Hartmanns "Zwei
Jahrzehnte deutscher Politik und die gegenwärtige Weltlage" nenne ich von
der zuletzt erwähnten Gruppe besonders noch die "Tagesfragen" (1896),
"Zur Zeitgeschichte" (1900), "Moderne Probleme" (1886) und "Die sozialen
Kernfragen", deren 2. Auflage in der "Deutschen Bücherei" 1906 in einer
billigen Ausgabe erschienen ist. In dem zuerst angeführten Werke entwickelt
Hartmann (unter Ur. IX Ziff. 1) auch einen Gedanken, dessen Verwirklichung
meiner Ansicht nach ein geradezu dringendes Bedürfnis für die Zeit nach dem
Kriege sein wird: daß nämlich ein deutscher Reichsvolkswirtschaftsrat als ein in
gewissem Sinne berufsständiges Parlament mit den weitesten wirtschaftlichen
Befugnissen neben dem Reichstage geschaffen werden müsse.

In einer Kundgebung der "Freien Vaterländischen Vereinigung" über
"Wirtschaftliche Lage und Volkseinigkeit". die am 13. Mai 1916 im Ab¬
geordnetenhause in Berlin stattfand, sprach außer dem Vorsitzenden Professor
Kahl, Exzellenz Dernburg und dem Verbandssekretär Tischendörfer auch der




(An deutscher Reichsvolkswirtschaftsrat
Amtsgerichtsrat Gustav Schneider von

n dem Aufsatz „Eduard von Hartmanns Vorschläge zur Wahl¬
reform" (Ur. 24 der „Grenzboten". 1916) hat der Verfasser
Dr. Plotke in dankenswerter Weise darauf hingewiesen, daß wir
Deutschen früher — im letzten Drittel des neunzehnten Jahrhunderts
— einen Mann besessen haben, der als getreuer Eckart seines Volkes
dreieinhalb Jahrzehnte lang seine mahnende, warnende, belehrende, ratende und
überall anregende Stimme erhob, wo es galt, seinem Volke erstrebenswerte Ziele
zu zeigen, es vor Fehlern und Mißgriffen zu schützen und ihm bis ins einzelne
ausgearbeitete Reformvorschläge zu unterbreiten. E. von Hartmann hat selbst
von den zwei sich in seinem Innern durchkreuzenden Willensrichtungen ge¬
sprochen: seinem Hang zu einsamem Sinnen und Denken und seinem Willen,
für sein Volk zu wirken und zu schaffen. Verdanken wir dem großen Denker
so einerseits seine tiefsinnigen Werke auf allen philosophischen Gebieten, deren
Gehalt erst die kommenden Jahrzehnte und Jahrhunderte ganz ausschöpfen
werden, so schulden wir ihm andererseits als Deutsche unseren Dank für seine
zahlreichen Schriften, in denen er eine Fülle politischer, sozialer und sozial¬
ethischer Fragen in klarster Weise behandelt und regelmäßig den Nagel auf den
Kopf getroffen hat.

Außer dem schon vor Dr. Plotke angeführten Werke Hartmanns „Zwei
Jahrzehnte deutscher Politik und die gegenwärtige Weltlage" nenne ich von
der zuletzt erwähnten Gruppe besonders noch die „Tagesfragen" (1896),
„Zur Zeitgeschichte" (1900), „Moderne Probleme" (1886) und „Die sozialen
Kernfragen", deren 2. Auflage in der „Deutschen Bücherei" 1906 in einer
billigen Ausgabe erschienen ist. In dem zuerst angeführten Werke entwickelt
Hartmann (unter Ur. IX Ziff. 1) auch einen Gedanken, dessen Verwirklichung
meiner Ansicht nach ein geradezu dringendes Bedürfnis für die Zeit nach dem
Kriege sein wird: daß nämlich ein deutscher Reichsvolkswirtschaftsrat als ein in
gewissem Sinne berufsständiges Parlament mit den weitesten wirtschaftlichen
Befugnissen neben dem Reichstage geschaffen werden müsse.

In einer Kundgebung der „Freien Vaterländischen Vereinigung" über
„Wirtschaftliche Lage und Volkseinigkeit". die am 13. Mai 1916 im Ab¬
geordnetenhause in Berlin stattfand, sprach außer dem Vorsitzenden Professor
Kahl, Exzellenz Dernburg und dem Verbandssekretär Tischendörfer auch der


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 75, 1916, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341903_330533/214>, abgerufen am 06.05.2024.